Back in Black

Test: BSM Black Box

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(Bild: Dieter Stork)

Es gibt sicher wenig Positives, was man als Musiker der Corona-Krise abgewinnen kann. Aber wenn Bernd Meiser, der Meis(t)er der Treblebooster, wegen des Lockdowns Zeit findet, ein neues Produkt zu kreieren, dann hat sie vielleicht doch noch etwas Gutes. Herausgekommen ist ein Pedal, das dem legendären Sound von Angus Young huldigt – passend zum 40. Geburtstag von ‚Back In Black‘, dem meistverkauften Rock-Album aller Zeiten.

Hinter der Firma BSM steht Bernd Meiser, der vielen als Autor der Technik-Kolumne „Effektiv“ in Gitarre & Bass bekannt sein dürfte. Aber nicht nur als Technikexperte hat sich Bernd seit langem schon einen guten Namen erarbeitet, sondern auch als Konstrukteur von erstklassigen Effektpedalen. Dabei hat er sich insbesondere auf das Thema Treblebooster spezialisiert und mittlerweile bietet seine Firma BSM sage und schreibe 46 verschiedene Modelle an.

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Ein Eldorado für Vintage-Fans. Denn niemand, der an klassischen Gitarren-Sounds der 60er und 70er Jahre ernsthaft interessiert ist, kommt an dem Thema (Treble-)Booster vorbei. Nahezu alle Gitarrenhelden dieser Zeit haben ihren eher zerrschwachen Verstärkern mit unterschiedlichen Mitteln auf die Sprünge geholfen, um den klassischen englischen Trademark-Sound zu erzielen, der bis heute das Bild oder, besser gesagt, den Sound von Rock und Hardrock prägt.

Wer sich dafür interessiert, wer zu welcher Zeit mit welchem Gerät seine Plexis oder JCMs angefeuert hat, sollte sich die Zeit nehmen und die Internetseite von BSM studieren. So viele Infos … hier beweist jemand, dass er wirklich tief in der Materie steckt und Ahnung von dem hat, was er macht!

TREBLEBOOST AIN‘T NOISE POLLUTION

Eines der positiven Merkmale, die man Boostern gerne attestiert, ist, dass sie das Signal zwar auffrischen, aber ansonsten klanglich neutral arbeiten. Die Frage, die sich da stellt, ist nur: Ist das wirklich immer erstrebenswert? Nein! Gerade in den 60er- und 70erJahren waren tonfärbende Booster der Stand der Dinge. Allen voran die Treblebooster, die besonders die Höhen betonten, wurden dazu eingesetzt, den wenig zerrfreudigen Verstärkern in Richtung Gain auf die Sprünge zu helfen.

Wer also auf der Suche nach den Trademark-Sounds dieser Zeit ist, kommt nicht daran vorbei, neben entsprechenden Vintage-Gitarren und -Verstärkern auch einen oder verschiedene Treblebooster zu verwenden. Selbst wenn die damaligen Rockgitarristen offensichtlich keine Pedale eingesetzt haben, ist nicht auszuschließen, dass hier andere Hilfsmittel zum Einsatz kamen, die letztendlich zum gleichen Ziel führten: mehr Gain!

Das kann dann z. B. auch ein Gitarrensender sein. Tatsächlich verschaffte die erste taugliche Gitarrensende-Anlage, das Schaffer-Vega Diversity System, den Gitarrenhelden der späten 70er nicht nur mehr Bewegungsfreiheit auf den immer größer werdenden Bühnen, sondern veränderte auch den Sound so positiv, dass einige von ihnen das System sogar im Studio einsetzten. Neben David Gilmour, Peter Frampton und Eddie van Halen nutzte auch Angus Young die Sendeanlage, um z. B. den Klassiker ‚Back In Black‘ aufzunehmen.

Im Sommer diesen Jahres feierte der AC/DC-Meilenstein ja seinen 40. Geburtstag. Eine gute Gelegenheit also, um an den genialen, ikonischen Gitarren-Sound von Angus Young zu erinnern, an dem auch das Schaffer-Vega-System seinen nicht unerheblichen Anteil hatte.


TECH-TALK

Schaffer-Vega Diversity System

Die erste wirklich nutzbare Gitarrensendeanlage wurde 1976 von Ken Schaffer entwickelt und von der Firma Vega in El Monte, Kalifornien produziert. Das Funksystem war der damaligen Konkurrenz technisch deutlich überlegen: Schaffer verband zwei unabhängige VHF Receiver miteinander statt nur zwei Antennen parallel zu schalten. Diese „True-Diversity“-Technik verhinderte Signalabbrüche. Interferenzen wurden durch spezielle Filter (Helical Resonator) unterbunden und ein integrierter Compander (Compressor-Expander), der das Signal im Sender komprimierte und im Empfänger wieder erweiterte, reduzierte das Rauschen.

Das kabellose System arbeitete so zuverlässig, dass damalige Rockgrößen es vor allem auf großen Stadionbühnen nutzten. Bekannte Nutzer waren z. B. die Rolling Stones, Aerosmith, Van Halen, Peter Frampton, David Gilmour und Angus Young. Eine der ersten Bands, die das System nutzten, waren Kiss. Kein Wunder – die kabellose Freiheit einer Sendeanlage war wie gemacht für eine Band, die auch für ihre spektakuläre Bühnenshow bekannt war. Es gab für Kiss aber noch einen zweiten Grund, auf das Schaffer-Vega Diversity System zu nutzen: der Lead-Gitarrist Ace Frehley hatte bereits die unangenehme und nicht ungefährliche Erfahrung eines Elektroschocks aufgrund eines Masseschlusses zwischen seiner verkabelten Gitarre und einem metallischen Bühnenelement gemacht. Mit einer Sendeanlage konnte diese Gefahr ausgeschlossen werden.

Ein dritter Grund dürfte auch nicht unerheblich zur Popularität des nicht ganz billigen Systems beigetragen haben: Die zur Rauschunterdrückung vorgesehene Compander-Schaltung der Sendeanlage fügte dem Gitarrenton eine dezente Mittenbetonung zu und boostete den Sound, sodass die verzerrte Gitarre mehr Gain und Druck erhielt – ein angenehmer Nebeneffekt in einer Zeit, als Gitarristen ihren Verstärkern jedes Quäntchen Gain mühsam abringen mussten. Dieser tonfärbende Nebeneffekt war wohl dafür verantwortlich, dass einige Nutzer die Sendeanlage auch im Studio nutzten. Allen voran Angus Young, der über das Schaffer-Vega-System Klassiker wie ‚Highway To Hell‘, ‚Back in Black‘ und ‚For Those About To Rock‘ eingespielt hat.

1981 wurde die Produktion des Gitarrensenders eingestellt. Das Schaffer-Vega-System wich moderneren Sendeanlagen und Ken Schaffer wandte sich dem Bau von Kommunikationssatelliten zu. Vielleicht wäre das Schaffer-System komplett in Vergessenheit geraten, wenn nicht Filippo „Fil“ Olivieri aka SoloDallas auf der Suche nach dem Sound-Geheimnis von Angus Young auch die Bedeutung des Gitarrensenders entdeckt hätte. Details dieser interessanten Geschichte sind auf der Internetseite SoloDallas.com nachzulesen.

Hier nur so viel: Olivieri konnte Ken Schaffer überreden, ihm die letzten beiden Geräte zu verkaufen und suchte sich Unterstützung für den 1:1 Nachbau der tonformenden Schaltung der Sendeanlage. Das Ergebnis ist seit 2015 als Booster-Pedal unter dem Namen SoloDallas Schaffer Replica auf dem Markt und aktuell für derzeit ca. € 250 zu bekommen.


HELLS BELLS IN A BOX

Hinter der BSM Black Box steht die Idee, die tonfärbenden Eigenschaften des Schaffer-Vega-Diversity-Systems in ein Pedal zu packen. Als positive Klangveränderungen der Sendeanlage gelten neben einem Gain-Boost auch eine größere Transparenz und mehr Druck im Mittenbereich. Bernd Meiser nähert sich dem Thema nicht über eine simple Kopie der Originalschaltung, sondern visiert das klangliche Ziel mit einer Kombination aus mildem Treblebooster und kräftiger Transistor-Ausgangsstufe an.

Optimiert ist die Black-Box für Medium-Output-Humbucker und Verstärker, die vornehmlich in Richtung Plexi gehen. Das Pedal funktioniert mit 9 bis 18 Volt und wird über die beiden Potis Crunch und Level geregelt. Ein Fußschalter (True-Bypass) und eine Status-LED komplettieren das Angebot. Mehr braucht es für einen Booster ja auch nicht. Alle Komponenten sind von allerhöchster Qualität und sehr ordentlich verarbeitet. An das eigenwillige BSM-Design, bei dem die Potis seitlich neben den In- und Output-Buchsen sitzen und der Fußschalter im oberen Drittel des Pedals sitzt, gewöhnt man sich schnell. Nachteile bei der Bedienung gibt es dadurch nicht, eher den Vorteil, dass die Potis gut geschützt sind und sich auch nicht so einfach unabsichtlich verstellen.

Die Black Box schafft im 18-Volt-Betrieb einen beeindruckenden 46 dB Boost bei 500 Hz und 15 Vpp. Das ist ziemlich viel – „High Voltage“ könnte man fast sagen. Da das für nachgeschaltete Effekte zu viel des Guten sein könnte, empfiehlt die mitgelieferte englischsprachige Bedienungsanleitung den 9-Volt-Betrieb, wenn das Pedal in einer Effektkette verwendet wird.

Komplettschutz – die Versiegelung verwehrt den Blick in die Elektronik. (Bild: Dieter Stork)

YOU SHOOK ME ALL NIGHT LONG

Na dann, los! Nachdem ich mich mental auf den Test vorbereitet habe, indem ich mir meine alte ‚Back In Black‘-Schallplatte nochmal in aller Ruhe angehört habe, kommt mein JCM 800 (2203) aus der Kellerecke und die SG von der Wand. Die Black Box verkabele ich dazwischen und gewöhne mich bei zunächst ausgeschaltetem Gerät mit ein paar AC/DC-Riffs an den fast vergessenen Sound aus früheren Zeiten. Gain, Bass und Middle voll auf, Treble und Presence etwas zurück und Master Volume so weit, dass es im Keller gerade noch erträglich ist.

Ja, klingt druckvoll und durchsetzungsstark, aber auch ein bisschen zu spitz und kratzig. Auf jeden Fall aber mit zu wenig Gain, um mich in Solo-Passagen richtig wohl zu fühlen. Das ging mir früher schon so, weswegen ein Tube Screamer zu meinem ständigen Begleiter wurde – übrigens auch noch, als dann ein JCM 900 und mittlerweile ein DSL 2000 den 2203 bei mir ablösten. Besser wird es mit der Les Paul, die einen DiMarzio-Super-Distortion am Steg hat. Aber immer noch fehlt ein Quäntchen, damit ich mich so wohl fühle, wie mit meinen DSL.

Also darf jetzt mal die Black Box ran. Erst mal vor den cleanen Amp. Uh, das klingt nicht so toll: schroff und spitz, sodass man sich unwillkürlich auf die Suche nach dem nicht vorhandenen Tone-Regler macht. Aber so wird ein Treblebooster ja auch nicht eingesetzt. Das Pedal gehört vor einen bereits zerrenden Amp. Also ab in den High Input und Gain wieder voll auf … und was soll ich sagen? Die Sonne geht auf!

Noch ein bisschen an den Potis verstellt und schon ist alles da: ausreichend Gain, noch mehr Druck und das leicht Kratzige ist auch weg. Die Riffs kommen immer noch transparent aber einfach fetter und mächtiger über die 4x12er-Box. Großartig! Ich hätte nicht gedacht, dass ich den 2203 nochmal so lieb haben würde. Ob das jetzt noch wie Angus Young klingt, ist mir herzlich egal. Längst schon begeistere ich mich an dem Klang aller klassischen Riffs und Licks, die mir gerade durch den Kopf gehen. Direktvergleiche mit verschiedenen Overdrive-Pedalen, Kompressoren und Boostern bestätigen meinen ersten Eindruck: die Black Box ist eine Klasse für sich.

Selbst mein geliebter Tube Screamer klingt dagegen eher schroff und kratzig. In meiner Begeisterung probiere ich alles durch, was sich in erreichbarer Nähe befindet: Strat, Tele, JCM 900, DSL 15, DSL 100, Laney AOR … sogar vor einem digitalen Zenamp mache ich nicht halt. Und immer gefällt mir der Zerr-Sound mit der Black Box besser. Je höher das Gain des nachfolgenden Verstärkers eingestellt wird, desto geringer ist zwar der Effekt, aber ein Soundplus ist nicht wegzudiskutieren. Das fällt besonders auf, wenn ich das Pedal wieder ausschaltete. Plötzlich klingt alles irgendwie kleiner, dünner und schwachbrüstiger.

Die Nebengeräusche erhöhen sich mit der Black Box v.a. im 9 Volt-Betrieb vergleichsweise wenig und das Pedal reagiert dynamisch auf die Spieltechnik und sensibel auf das Volume-Poti der Gitarre. Im 18-Volt-Betrieb hat das Pedal deutlich mehr Potential und Headroom. Mir gefällt der etwas komprimiertere und Gain-stärkere 9-Volt-Betrieb allerdings besser. Eine gute Ausgangsposition ergibt sich bei der Potistellung Crunch auf 10 Uhr und Level auf 12 Uhr. Meine Lieblingsposition finde ich, wenn ich beide Potis auf 1 Uhr stelle. Ich bin begeistert und verbringe mit der Black Box deutlich mehr Zeit als eingeplant.

RESÜMEE

Eigentlich kann ich Versuchungen recht gut widerstehen: von über 100 Pedalen, die ich in gut 10 Jahren bei Gitarre & Bass getestet habe, habe ich lediglich drei Pedale für mich selbst behalten, oder besser gesagt nachher gekauft. Bernd Meisers Black Box ist das vierte Pedal, das ich nicht mehr hergeben möchte. Meine Bestellung ist schon raus. Ja, ich gebe zu, dass der aufgerufene Preis erst mal sehr hoch erscheint. Aber als Gegenwert bekommt man einen allgemeinen Sound-Verbesserer, der trotz der wenigen Regelmöglichkeiten flexibel einsetzbar ist.

Ich habe in der Black Box vor allem meinen Booster gefunden, der mir für Soli das entscheidende Mehr an Gain und Druck in den Sound legt, damit ich mich wohlfühle. Kein anderes Pedal, das ich über die Jahre dafür ausprobiert habe, macht das so gut wie die Black Box – auch nicht mein Tube Screamer, den ich jetzt in Rente schicke. Ob ich mit der Black Box jetzt auch wie Angus Young klingen kann oder ob das Gerät am besten mit Vintage-Verstärkern und gemäßigten Humbuckern funktioniert, ist mir dabei ziemlich egal. Erlaubt ist schließlich, was gefällt – und die Black Box gefällt mir. Ohne Wenn und Aber!

PLUS

  • Soundqualität
  • Transparenz
  • Dynamik
  • Bauteilequalität
  • Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich habe den Testbericht in der Ausgabe 11/2020 “Gitarre & Bass” gelesen und war sofort neugierig. Im November habe das Pedal bei SPITFIRE AMPS bestellt. Was soll ich sagen, ich bin von dem Pedal sehr fasziniert. Es hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Endlich habe ich den Sound gefunden, nach dem ich über 30 Jahre gesucht habe. Sowohl mit Humbucker als auch mit Single-Coil. Der Sound wird sehr professionell veredelt. Der Grundcharakter bleibt erhalten. Der Sound wird viel größer, wärmer und harmonischer. Egal mit welchem Verstärker oder Gitarre. Das Pedal ist einfach perfekt (Sound/Verarbeitung/Qualität). Ich würde es immer wieder kaufen. Herr Meiser ist ein wahrer Meister der Klangformung. Vielen Dank

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