Von Fisch-Bienen und seekranken Robotern

Test: Beetronics Seabee

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PRAXIS

Mir wurde ganz ohne Wellengang ob der Funktionen erst mal schwindlig, aber das Studium des Handbuchs sowie der auf YouTube verfügbaren Demo-Videos hilft wie immer enorm; „Plug & Play“ ist das Seabee jedoch eher nicht. Am besten ruft man zunächst den Live-Modus auf und experimentiert mit den Soundbeispielen aus dem Handbuch. Dabei lernt man auch die Handhabung schnell. Ich beschreibe die Soundmöglichkeiten am besten mit den Modi. Dem gesamten Geschehen liegt ein fetter, schöner „Bucket Brigade“-Chorus zugrunde.

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ROTO: In diesem Modus steuert man mit Ramp die Geschwindigkeit der Modulation. Von quasi „nicht vorhanden“ über „leiert und blubbert“ bis hin zu Ringmodulator-artigen Tönen.

DEPTH: Hier manipuliert man mit dem Ramp-Schalter die Intensität des Effekts, also von „kaum hörbar“ bis hin zu „ganz schön wet“. Das ist ideal, wenn man nur an ganz bestimmten Stellen im Riff oder Lick kurz einen deutlich hörbaren Chorus oder ein schauriges Vibrato einblenden will.

STING: Hier lässt sich mittels „Ramp“ die Verzögerung, mit der das Signal gedoppelt wird, anpassen. Hinter dem mit Chorus verzierten Signal kann bei Betätigung des Ramp-Tasters gewissermaßen plötzlich ein schaurig-schönes Vibrato-Gehäul daherschleichen. Klingt gruselig? Ist es auch!

Schaltet man den rechten Toggle nun in die „HARMOCHORUS“-Ebene, wird die Sache vollends verrückt. Dieses zweite Hauptfeature des Seabees treibt das Prinzip Chorus auf die Spitze, indem es einen Pitchshifter mit Step Sequencer bzw. Delay und Arpeggiator daraus baut. Je krasser man die Potis stellt, desto mehr schleichen sich auch Bitcrusher-artige verzerrte Töne rein. Ich muss hier mal wieder die viel zitierten „Träume des (seekranken) Roboters“ lautmalerisch erwähnen, aber auch das aus vielen alten Science-Fiction-Streifen wohlbekannte „Alien-Geblubber“.

DUAL: Das Seabee spielt in diesem Modus neben dem Ton noch einen weiteren ab (und wiederholt das je nach Einstellung endlos), der sich in der Höhe vom ursprünglichen Ton unterscheidet. Diese Form des Step Sequencing besteht also aus zwei Tönen, deshalb „Dual“. Wie kaputt das Ganze klingt, regelt man nun mit den Potis oben.

ARP: Dieser Modus geht noch einen Schritt weiter als Dual und fügt dem gespielten Ton mehrere hinzu – auch hier ist von „harmonisch einleuchtend“ bis „der Roboter muss repariert werden“ alles drin. Für diesen Modus empfiehlt sich das genaue Studium der Akkord-Diagramme im Handbuch – damit man weiß, bei welcher Einstellung des Pattern-Potis welche Akkorde ausgespielt werden.

MAD: Wie Arp, allerdings erfolgen die hinzugefügten Tonsprünge völlig chaotisch. Endlich kann ich die Soundkulisse, die ich in meinem Kopf nach einem langen Arbeitstag voller Online-Meetings höre, auch mit der Gitarre nachspielen – hurra!

RESÜMEE

Ich gebe es zu: Zu Beginn hat mich das Seabee etwas überfordert, genau wie zuletzt das Zzombee. Für jemanden mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne ist das Seabee nichts. Eine gewisse Einarbeitungszeit muss man aufbringen, ebenso wie das genaue Studium des englischen Handbuchs. Dann erfolgen viele „Aha-Momente“, und Spaß stellt sich ein. Klanglich bleibt, wie von Beetronics gewohnt, kein Auge trocken. Der Chorus klingt dick und wohlig, die Rotary-Simulation ist mit eine der besten, die ich je gehört habe. Das Herzstück ist für mich das Ramp-Feature, mit dem sich viele tolle Sachen mitten im Riff machen lassen.

Die ganzen verrückten Modi sind natürlich ein Ozean an Möglichkeiten für Forscher:innen des Klangs. Der zweite Haupt-Clou des Geräts: Das Seabee kann als Standard-Chorus dienen, aber dafür wäre es quasi wie die Kanone zur Spatzenjagd. Das Feature-Paket ist umfangreich – MIDI, Tap Tempo, Stereo, Presets, viele Einstellmöglichkeiten, Ramp-Modus und und und … da steckt viel drin. Beim Preis wird mir aber ein bisschen flau, ähnlich wie bei einer Überfahrt mit der Speed-Fähre von Dänemark nach Norwegen (auch ohne im Schnaps-Shop auf Level 2 gewesen zu sein). Wer sich aber immer schon gefragt hat, ob Roboter seekrank werden können, findet hier die Antwort.

PLUS

  • tadellose Verarbeitung
  • wunderschönes Design
  • hervorragende Sounds
  • Ramping-Möglichkeiten
  • Funktionsumfang

MINUS

  • alle Anschlüsse an den Seiten
  • Einarbeitungszeit
  • Preis


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2023)

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