ATB? Was ist das?

Schall & Rausch: KMA Machines Pylon ATB Noise Gate im Test

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Ein Noise Gate, Made in Germany, für unter 200 Euro? Allein diese drei Fakten sind an sich schon spannend. Was aber, wenn besagtes Gate das Potenzial hat, ein echter Gamechanger zu sein, wenn man nach viel Herumprobieren endlich Nichtrauscher werden will? Ohne zu viel vorzugreifen: Diese kleine Kiste hat es wirklich in sich!

Mal ehrlich: Ein Noise Gate will man in erster Linie nicht bemerken. Es soll da sein, einen zuverlässigen Job erledigen, sich aber bloß nicht durch hörbares Schließen und Einschränkungen im Sustain oder Sound bemerkbar machen. Und wenn man sich schon so ein Gerät kauft, dann könnte es doch eigentlich auch noch ein paar andere Jobs übernehmen, für die man nicht unbedingt wertvollen Platz auf dem Stressbrett opfern möchte. An dieser Stelle kommt das Pylon ATB Noise Gate von KMA Machines aus Berlin ins Spiel. Hier gibt es nämlich drei Funktionen zum Preis von einer.

Anzeige

ATB? WAS IST DAS?

Das Pylon ATB Noise Gate steht für „Advanced, Transformer, Boost“. Die Grundidee dieses Gerätes ist ein VCA (Voltage Controlled Amplifier) Gate, welches neben einem hochwertigen Audio-Transformator als Herzstück auch einen Blackmer VCA auf der Platine trägt. Zusätzlich zum regulären In- und Output ist das Pylon Gate mit einer Send- und einer Return-Buchse ausgestattet, was bereits zu erkennen gibt, dass wir es hier mit einem Pedal für die 4-Kabel-Methode zu tun haben (dazu mehr später). Zentraler Bestandteil der Regelmöglichkeiten ist ein dicker, großer Threshold-Regler, mit dem festgelegt wird, ab welchem Nebengeräuschpegel das Gate schließen soll.

Direkt darunter befinden sich zwei kleine Potis für die integrierte Boost-Sektion: Hier kann nicht nur das Signal um bis zu 30dB verstärkt werden, es gibt zudem die Möglichkeit, den Sound mit einem Low-Cut zu versehen. Dieser kann von 65 Hz bis 730 Hz nach oben verschoben werden. Mit dem Sync-Toggle-Switch kann bestimmt werden, ob der Boost komplett deaktiviert wird oder aber durchgehend aktiv bleibt. Als dritte Option kann der Booster mitsamt dem Gate durch den Bypass-Fußschalter deaktiviert werden.

Für eine feinere Abstimmung auf die Klangquelle steht einem der Range-Schalter zur Verfügung: Hier kann die Sensitivität des Pylon Gates der jeweiligen Lautstärke des Eingangssignals angepasst werden. Während der Send/Return-Weg auf der rechten Seite des Pedals angebracht ist, finden sich auf der linken Seite zwei weitere Buchsen: Der „Ext. Control“-Anschluss bietet die Möglichkeit, das Gate entweder durch eine externe Quelle zu triggern oder aber den Bypass mit einem anderen Fußschalter zu bedienen (wenn man das Gate beispielsweise auf dem Topteil liegend benutzen möchte). Die „Channel“-Buchse schaltet den Kanal des Verstärkers um. So kann beispielsweise vom Lead- in den Clean-Kanal gewechselt und mit einem Klick das Gate deaktiviert werden. Ziemlich schlau, wie ich finde!

Auf der Platine sitzt ein großzügig dimensionierter Audio-Transformator (Bild: Dieter Stork)

ZU…AUF…ZU…AUF

Für den Praxistest habe ich das Pylon Gate sowohl mit zwei als auch mit vier Kabeln getestet. Bereits als rein seriell zugeschaltetes Gate arbeitet es nicht nur schnell, sondern lässt sich bemerkenswert sauber einstellen. Im Vergleich mit einem ISP Decimator II muss sich das Pylon kein bisschen verstecken. Ganz im Gegenteil: Durch den Booster und die feineren Abstimmungsmöglichkeiten sehe ich das KMA-Pedal klar im Vorteil.

Für den Test der 4-Kabel-Methode darf der altgediente Peavey 5150 meines Bandkollegen ran. Das Teil klingt zwar sagenhaft gut, ist aber alles andere als nebengeräuscharm. Mit dem Pylon ATB Gate herrscht selbst bei saftigen Einstellungen des Gain-Potis Ruhe in den Spielpausen. Im direkten Vergleich zur rein seriellen Anwendung arbeitet das Gate mit der 4-Kabel-Methode um ein Vielfaches präziser und schneller. Zügige Stakkato-Riffs klingen durch das unheimlich schnell ansprechende Gate deutlich aufgeräumter, ohne dass ich das Gefühl habe, dass das Pedal den Bassbereich arg ausdünnt. Auch in Kombination mit einem sehr geräuschintensiven Distortion-Pedal funktioniert das Pylon hervorragend. Ich habe für dieses Szenario ein Left Hand Wrath von Lone Wolf Audio mit einem vorgeschalteten Tube-Screamer-Derivat verwendet, was zusammen schon ein ganz ordentliches Rauschen produziert. Beide Pedale laufen im Loop des Pylon Gates und verstummen sobald das Pedal aktiv ist. Auch hier funktioniert die 4-Kabel-Methode ganz ausgezeichnet.


2-KABEL- VS. 4-KABEL-METHODE

Etwas vereinfacht gesagt, gibt es im Wesentlichen zwei relevante Verkabelungsszenarien für ein Gitarren-Noise-Gate in Pedal-Form. Bei der (gängigeren) 2-Kabel-Methode, wird das Gate entweder als letztes Glied in eine Kette von Effektpedalen oder aber in den FX-Loop eines rauschenden Verstärkers geschaltet. Das Ganze funktioniert grundsätzlich erst einmal sehr gut, hat aber die Einschränkung, dass das Gate oft ein wenig Zeit braucht, um nach einer gespielten Note wieder zu schließen. Das Ganze stößt an seine Grenzen, wenn wir es mit einem starken Rauschpegel – beispielsweise durch das Kaskadieren mehrerer Overdrive-Pedale und/oder einem stark rauschenden Verstärker mit viel Verzerrung – zu tun haben.

Hier kommt die 4-Kabel-Methode ins Spiel: Das Noise Gate bekommt ein möglichst cleanes Gitarrensignal, welches an den Input des Verstärkers weitergegeben wird. Vom FX-Send des Verstärkers geht das Signal dann zurück in einen zweiten Input am Gate, von wo aus es durch den Schaltkreis zurück in den Effektweg des Verstärkers geht. Im Ergebnis bedeutet das, dass zwar das „verrauschte“ Signal des Verstärkers bearbeitet, das Gate aber durch das ganz saubere Gitarrensignal getriggert wird und so deutlich schneller öffnet und schließt, weil hier ein sehr großer Rauschabstand vorliegt. Dieses Szenario lässt sich natürlich auch anstatt eines Verstärkers mit einer anderen Nebengeräuschquelle durchführen – beispielsweise mit den oben erwähnten Zerrpedalen, die dann im Loop des Noise Gates hängen würden. Fazit: Ja, ein bisschen mehr Verkabelung, aber ab einem gewissen Rauschabstand ist das deutlich bessere Ergebnis die Mühe allemal wert.


Der Booster des Pylons klingt übrigens ebenfalls richtig gut. Vor allem der Low-Cut erweist sich in Verbindung mit einer auf H gestimmten Baritone-Telecaster als extrem hilfreiches Tool. Der etwas diffus klingende Bassbereich der Gitarre wird bei Bedarf massiv verschlankt und es entsteht ein ähnlicher Effekt, wie man ihn bei so manchem Tube Screamer gerne nutzt, um bei tiefen Stimmungen ein etwas knackigeres Attack zu erzielen. Interessant ist auch der durchaus positive Effekt der Schaltung: Der subtile Einfluss des Trafos ist insofern zu vermerken, als dass der Ton in den Höhen eine Spur brillanter wird und im Bereich von 80Hz bis 120Hz ein klein wenig an Straffheit gewinnt. Ich würde sagen, das der Sound insgesamt minimal „hochauflösender“ und transparenter wird, was sich vor allem bei cleanem Spielbetrieb bemerkbar macht.

Einziger Wermutstropfen des Pylon ist der bauartbedingte Umstand, dass der Trafo sich ein wenig empfindlich gegenüber möglichen Einstreuungen zeigt: Lege ich das Gerät beispielsweise direkt auf mein Voodoo-Labs-Netzteil, sorgt der dort verbaute Trafo für ein hörbares Brummen. Platziere ich das Gate drei Zentimeter weiter weg, ist dieses Störgeräusch nicht mehr zu hören. Hier muss man im Zweifel ein bisschen herumprobieren.

RESÜMEE

Das KMA Pylon Gate ist durchaus ein Gamechanger, denn ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass es derzeit kein Gate in dieser Preisklasse gibt, welches diesem Pedal ernsthaft Konkurrenz machen kann. Bedenkt man, dass wir hier über ein vollständig in Deutschland entwickeltes und gebautes Pedal reden, erscheint der Preis von € 189 geradezu günstig. Wer also ein hochwertiges Gate mit allerhand sinnvollen Zusatzfunktionen sucht, das nebenbei bemerkt auch noch wirklich hübsch aussieht, ist hier genau richtig.

PLUS

  • Konzept
  • schnell arbeitendes Gate
  • Verarbeitung
  • optionaler Low-Cut
  • Booster
  • Channel-Switch
  • Remote-Control-Anschluss

MINUS

  • empfindlich gegenüber Einstreuungen


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)

Produkt: Treble Booster im Test
Treble Booster im Test
Der Treble Booster war in den 60er und 70er Jahren das Effektgerät schlechthin. Hol dir jetzt 4 Gratis-Testberichte zum Sound-Wunder!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren