Roger Saturn im Test

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Vier ungewöhnliche E-Gitarren in verschiedenen Farben

 

Ja, da war doch was? Ganz genau: eine Saturn mit Metallzierleisten gab es Anfang der 60er schon einmal von der Firma Hopf. Bei dem exklusiven Ding handelte es sich um eine semiakustische E-Gitarre mit durchaus ähnlicher Silhouette, die durch eingelegte Chromstreifen ins Auge fiel. Ansonsten aber ist die Roger Saturn aus ganz anderem, äh, Holz geschnitzt.

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Roger ist eine Marke aus dem Hause Göldo Music mit Sitz in Hannover. Dieter Gölsdorf, dem Kopf hinter diesem Unternehmen, verdanken wir international erfolgreiche Gitarren-Designs wie die von Duesenberg und Diego, und darüber hinaus ist bei Göldo Music an Zubehör so gut wie alles für den Selfmade-Gitarrenbau zu haben. Dass es sich bei der schrillen Roger Saturn keineswegs um einen Scherzartikel handelt, zeigt uns nicht zuletzt der Blick auf den Preis.

Konstruktion

Mit dieser Roger Saturn legen die findigen Hannoveraner wieder einmal ein Design vor, das etwas genauerer Betrachtung unbedingt wert ist. Metallbügelgitarren gibt es zwar schon länger, dieses Modell scheint aber etwas Besonderes darzustellen, repräsentiert es doch die aktuell optimierten Möglichkeiten einer solchen Konstruktion und bezieht sich doch auch auf Designs der 60er-Jahre (s. Kasten). Es gibt ja auch diese Steckbügelgitarren, die eher als Reisegitarren, also für den leichten Transport gedacht sind; bei der Roger Saturn liegt aber ganz offenbar der konsequente und kompromisslose Gestaltungswille für ein eigenständiges und voll funktionstüchtiges Instrument vor.

Die Details: Das Herz der Gitarre ist ihr einteiliger Kern, bestehend aus Hals und Korpus. Das Bauprinzip des durchgehenden Halses ist ja bekannt, hier nun wurde es allerdings etwas erweitert um das sich leicht elliptisch ausdehnende Korpusfragment (in der Mitte etwa 4,3 cm dick) und anstelle angesetzter Flügel bleibt allein der Bügelrahmen aus verchromtem Stahlrohr, der die sonst gewohnte Korpussilhouette darstellt. Das natürlich hat auch ganz praktische Aspekte, denn die Handhabung des Paddels ohne diesen Rahmen wäre nicht besonders angenehm. Von ihrem Korpusrahmengestell abgesehen wurde die Saturn also aus einem Stück Holz gebaut. Diese Mahagonibasis wurde am Hals um ein Griffbrett aus Palisander ergänzt, ausgestattet mit 22 sauber verarbeiteten und glänzend polierten Bünden mittleren Jumboformats, sowie leicht gelblichen Dots. Nicht zu vergessen die „Lizard“-Einlage aus Perlmutt am 12. Bund. Die abgewinkelte Kopfplatte in Form eines Schlüssellochs (Gruß von Ovation?) ist mit gekapselten Duesenberg ZTunern ausgestattet und trägt das Firmenlogo auf schwarzer Front, dazu ein Plättchen mit dem Planetennamen, das den Zugang zum Halsstab verschließt.

Über einen patentierten Sattel aus hartem Kunststoff (Tusq, gefertigt als Sonderauftrag von Graph Tech für Duesenberg), welcher wie ein Nullbund auf dem Griffbrett sitzt, laufen die Saiten in einer Mensurlänge von 648 mm hinüber zum nach Tune-omatic-Art verstellbaren Steg mit Saitenreitern aus gesintertem Stahl, um dann im Vibromaster Halt zu finden. Die Saiten werden dafür einfach von oben in die Schlitze eingehängt. Dieser Vibromaster mit ausgeschnittenem Eidechsensymbol ist ein aufgeschraubtes Vibrato-System, bei dem eine Blattfeder für die Rückkehr der Saiten in ihre Ruheposition sorgt. Der eingesteckte Vibratoarm ist mit zwei Madenschrauben fixiert, lässt sich darüber in seiner Neigung einstellen oder auch ganz herausnehmen. Zwei in entsprechende Fräsungen auf den Korpuskern montierte Pickups verfügen über Dog-Ear-Kappen mit drei Schrauben, welche eine optimale dreidimensionale Ausrichtung der Tonabnehmer erlauben. In Halsposition finden wir einen Duesenberg-Domino-Singlecoil-P-90-Typen in Humbucker-Größe mit verstellbaren Polschrauben, am Steg den Grand Vintage Humbucker. Die Pickups werden durch einen Master- Tone und einen Master-Volume gesteuert und über einen Dreiwegschalter angewählt. Montiert und angeordnet sind die Schalt- und Regel-Elemente auf einer kleinen Platte im Stil der Telecaster, welche wie die Anschlussbuchse an der Unterseite des Korpuskerns zu finden ist. Pickup-Konfiguration und Schaltung entsprechen der Duesenberg TV.

Die Roger Saturn ist sauber gefertigt – das komplette Assembling geschieht in Hannover. Jedes Instrument durchläuft die hauseigene Plek-Maschine und insgesamt wurde alles schlüssig und praxisgerecht eingestellt. Also: einstöpseln und loslegen.

Praxis

Was optisch so speziell erscheint, macht auf dem Knie und auch am Gurt gespielt eine durchaus gut handhabbare Figur. Klar, es braucht etwas Gewöhnung, aber die sehr leichte Gitarre richtet sich gut am Spieler aus und schnell ist man mitten im Spiel und staunt zunächst über die gute Resonanz und Schwingintensität dieses reduzierten Instruments. Wer Magerkost erwartet hat, wird angenehm überrascht. Schon akustisch wartet die Saturn mit einem ausgewogenen, offen und frei tönenden Akkordbild auf, das keineswegs nach Kompromiss schmeckt. Die durchgehende Konstruktion sorgt für ein langes Sustain, das nach dem Anschlag die Note regelrecht aufblühen lässt. Dieses starke Obertonverhalten ist auf den Basssaiten zwar etwas ausgeprägter zu erzielen, als das auf den hohen Saiten der Fall ist, aber dennoch ist das insgesamt im Lot.

Ihre elektrische Kompetenz erhält die Saturn über bewährte Duesenberg-Pickups. Der Domino Singlecoil tritt in klaren Verstärkereinstellungen mit volltönend offenem P-90-Sound an. Aufbauend auf die akustisch starken Schwingverhältnisse kann er durch sein kraftvolles und doch sehr transparentes und angenehm charaktervolles Tonverhalten überzeugen. Akkorde sind bestens in ihrer Stimmlichkeit ausgeleuchtet, Melodielinien lassen sich plastisch und elegant inszenieren. In Zerrpositionen klingt dieser Pickup sehr saftig und voll, ohne den leicht hohlen Anteil im Ton zu verlieren, der den Anschlag präzise herausstellt und für allgemeine Transparenz sorgt. Damit sind durchaus auch mehr als konsonante Zweiklänge in Zerre noch gut darzustellen. Lead-Spiel profitiert von den überraschend guten Schwingeigenschaften der Konstruktion und auch wenn die letzte klangliche Tiefe einer größeren Korpusmasse fehlen mag, so vermisst man doch kaum etwas. Das Klangbild ist stimmig, das Sustain beachtlich und der Pickup klingt einfach gut.

Schalten wir hinüber zum Grand Vintage Humbucker, so machen wir ein anderes Fass auf. Fett und druckvoll legt der sich ins Zeug. Beeindruckend gut angepasst ist er dennoch an das Klangbild des Domino Singlecoil, denn er bleibt bei aller Kraft ebenfalls ausgesprochen transparent im Tontransport. Ja, er lässt es auch richtig schreien, wenn man es denn will. Ist das aber zuviel, so sind die Höhen schnell gebändigt, denn der Regelweg des Tone-Potis ist ausgesprochen kurz. Damit kann man gar Wah-ähnliche Effekte erzielen. Zu loben gilt es auch den Volume-Regler, mit dem sich schon deshalb bestens arbeiten lässt, da er tatsächlich nur das Signal herunterfährt, ohne die Höhen zu beschneiden. Allerdings erfordert die Handhabung ohne das Bedienfeld im Blick zu haben zunächst etwas Gewöhnung. Das wird nach einiger Zeit aber alles in Intuition genommen sein.

Oh, nicht dass wir die hier ausgesprochen attraktive Klangvariante der zusammengeschalteten Pickups vergessen: offenes und saftiges Jingle-Jangle bei klaren Einstellungen und sehr schön gerundet anschmierendes Akkordverhalten mit leicht hohlem Charakter bei maßvoll verzerrt arbeitendem Amp. Das hat Stil und macht riesig Spaß zu spielen.

Als Bonus gibt es nun noch das Lizard-Vibrato obendrauf. Dieses Teil hat zwar einen Modulationsumfang von etwa lediglich einem Ganzton nach unten und nach oben, aber in diesem Rahmen funktioniert das Blattfedersystem mit seinem angenehm festen Hebelwiderstand ganz ausgezeichnet. Ja Mensch, das ist ja doch viel mehr, als nur ein optisch originelles Instrument mit historischen Bezügen. Die Roger Saturn bietet rundum gute Klänge und ist besser zu handhaben, als man zunächst glauben wollte.

Bei der Halsvermessung mehrerer Saturn-Gitarren ergaben sich leichte Differenzen, die aber kaum erfühlt werden konnten. Ein kleines Haar in der Suppe findet sich dann letztlich doch noch und das betrifft den hohen Tonbereich des Griffbretts: die letzten drei Bünde sind etwas mühsam zu bespielen.

Resümee

Die Hannoveraner Ideenschmiede um Dieter „Atze“ Gölsdorf überrascht immer wieder mit frischen Designs, die zwar die E-Gitarre nicht neu erfinden, aber stets Bewährtes mit zeitgerechten Aspekten kombinieren. So ist die Roger Saturn keineswegs nur optischer Gimmick, sondern wurde absolut funktionstüchtig konstruiert, bestens gefertigt und eingestellt, und wartet mit profunden Klängen mit viel Charakter auf. Das Schwingverhalten ist erstaunlich und bietet richtig gutes Sustain und schlüssiges Akkordverhalten. Die Pickups passen bestens zu diesem Konzept und überzeugen durch eine kraftvolle und dennoch immer transparente Tonwandlung. Na und dann lässt sich diese Gitarre auch noch gut spielen und lockt mit einem Zuckerhals, den man unbedingt gerne länger drücken will.

Runde Sache also, professionell auf den Punkt gebracht. Prediger (Mittelerde): Alles Roger dort in Göldoland? Chor (Saturn): Ja, aber Hallo Monsignore, alles so was von Roger!

 

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