G&B Testbericht

Peavey Vypyr Tube 120 Head & Sanpera II im Test

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Gitarrenverstärker-Topteil von Peavey
(Bild: Dieter Stork)

Die Marke Peavey verbindet man unweigerlich mit den Röhren-Topteilen 5150, 6505, 3120 und JSX. Hier kommt nun ein Head, dessen Endstufe vom 6505 stammt, dessen analoge Vorstufe hingegen etliche Verstärker modelliert. Der Vypyr Tube 120 ist ein Hybrid, mit digitalen Effekten, Speicherplätzen und günstigem Preis.

 

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Das Flaggschiff der Vypyr-Serie wirkt für seine 120 Röhrenwatt aus vier 6L6GC-Endröhren recht preiswert, eine Sanpera-Fußleiste sollte man jedoch beim Kauf gleich mit einplanen. Die analogen Transtube-Vorstufen aller Peavey Vypyr-Amps sind – vom 15 Watt leistenden Übungs-Combo bis zum hier getesteten Tube 120 Head – fast gleich aufgebaut.

 

Konstruktion von Peavey Vypyr Tube 120 Head und Sanpera II

Die Basis des Vypyr 120 Tube Head ist identisch mit der des Vypyr Tube 120 2×12″ Combos, den es auch als 60 Watt starke Version, mit zwei 6L6GC-Endröhren und einem 12″-Speaker gibt.

An Konstruktion und Aufbau des fast 19 Kilogramm schweren Topteils gibt es nichts auszusetzen. Der zugegeben günstige Preis resultiert einerseits aus einer kostengünstigen Herstellung in China, andererseits wurde die Verarbeitung insgesamt schlichter gehalten als beispielsweise beim angesprochenen Modell 6505. Frontseitig kommt außerdem eine Menge Kunststoff zum Einsatz. Das riesige Vipernzahn-Logo, die Frontblende und alle Reglerknöpfe bestehen beim Vypyr Tube 120 Tube eben nicht aus Metall. Das hängend montierte Chassis allerdings natürlich schon. Auf dessen Rückseite sitzen zwischen Netz- und Ausgangstrafo vier mit Sockelklammern gesicherte 6L6GC-Ruby-Tubes-End-Pentoden hinter einem Metallkäfig, die 12AX7A Phasenumkehrröhre daneben offenbart nach Abnehmen ihrer Aluhaube ebenfalls eine Ruby-Tubes-Herkunft. Die Netzsicherung ist bei diesem Vypyr-Modell glücklicherweise von außen zugänglich. Daneben befinden sich zwei parallel verdrahtete Boxen-Anschlüsse mit dazugehörigem Impedanzwahlschalter (4, 8, 16 Ohm), und ganz rechts die MIDI-Spezialbuchse für die Sanpera-Fußleiste.

Die Transtube-Vorstufe stellt zwölf analoge Verstärkermodelle mit jeweils zwei Kanälen, Pre- und Post-Gain, 3-Band EQ und Master-Volume-Regler bereit. Editierbare Digital-Effekte aus den Rubriken Verzerrer, Kompressor oder Auto-Wah lassen sich vorschalten, zusätzlich steht eine Auswahl an ebenfalls elf editierbaren digitalen Modulationseffekten zur Verfügung. Hall und Echo – mit Tap-Tempo-Taste – sind noch einmal unabhängig von den bereits erwähnten Effekten vorhanden, es stehen also insgesamt vier Effektmodule plus Noise Gate zur Verfügung. Am Verstärker selbst lassen sich zwölf Speicherplätze per Hand bedienen, mit einer Sanpera-Leiste werden daraus stattliche 400.

Die chromatische Stimmfunktion der kleineren Vypyr-Modelle wurde ebenfalls übernommen, und auf den Aux-In für CD- oder mp3-Player, den USB-Recording-Port und den frequenzkorrigierten Kopfhöreranschluss hat der Hersteller ebenfalls nicht verzichtet. USB- und Headphone-Ausgang profitieren beim Vypyr 120 Tube jedoch nicht von der Röhrenendstufe. Diese wird beim Belegen einer dieser Buchsen – bzw. beim Verbinden mit einem Computer – stummgeschaltet. Das Schaltungs-Layout der Endstufe entspricht im Großen und Ganzen dem Power-Amp des Peavey 6505. Das universelle Vypyr-Floorboard namens Sanpera II lag uns schon beim Peavey Vypyr 100 Combo in Ausgabe 09/2009 vor. Futuristisch und originell sieht es aus, das stabile Vollmetallpedal ist äußerst funktionell aufgebaut. Man erreicht beide Pedale und alle Fußschalter durch die bogenförmige Anordnung der Leiste sehr gut. Ein ca. fünf Meter langes Kabel gehört dazu, es versorgt die Sanpera-Leiste auch mit Strom. Das linke Fußpedal ist werkseitig als Volume-Pedal vorkonfiguriert, das rechte bedient Wah-Wah- bzw. Pitch-Shifter-Effekte. Diese Funktionen lassen sich vertauschen, allerdings können leider keine anderen Effektparameter damit bedient werden. Wem diese Leiste zu wuchtig ist, kann auch zur einpedaligen Sanpera I für ca. € 89 greifen.

 

Praxis

Dank der beiden Boxenanschlüsse lässt sich das Head in Verbindung mit dem Impedanzwahlschalter an die gängigsten Boxentypen bzw. Kombinationen anpassen. Spezielle Vypyr-Boxen bietet Peavey zur Zeit nicht an, sondern empfiehlt das Modell Valve King 412. Sofern Impedanz und Belastbarkeit stimmen, eignet sich natürlich auch jede andere gute Box, vornehmlich nimmt man ein bis zwei 4x12er.

Zum Testen habe ich zu Vergleichszwecken einen Peavey Vypyr mit Transistor-Endstufe hinzugezogen, so kamen die speziellen Fähigkeiten des Vypyr Tube 120 noch deutlicher zum Vorschein. Nach dem Einschalten knallt einem automatisch Preset 1 mit einem mächtigen 6505-High-Gain-Sound um die Ohren. Wow, das hat Klasse, welche Fülle, Wärme, Dynamik und Brillanz! Von diesen „Goodies“ bietet die Röhren-Variante jeweils eine Portion mehr als der Vypyr mit Transtube-Endstufe. Das war zu erwarten bzw. zu erhoffen, denn die Kombination „vorne Modeling, hinten Röhre“ hat sich schon sehr oft bewährt, warum also nicht auch bei analogem Modeling?

Die zwölf zweikanaligen Verstärkermodelle lassen sich über das Raster-Poti anwählen. Wer sich für dieses Topteil interessiert, dürfte in erster Linie auf die unterschiedlichen High-Gain-Sounds spekulieren, vielleicht im balladesken Wechsel mit spritzigen Clean-Sounds und den entsprechenden Effekten. Die gutmütigeren Zerr-Sounds à la Fender, Marshall und natürlich Peavey brauchen sich jedoch nicht dahinter zu verstecken, ich verweise da noch mal auf den Testbericht in Ausgabe 09/2009. Die Modelle selbst kommen ihren Vorbildern zwar nicht in allen Feinheiten und Abstufungen so nah wie richtig gute digitale Modeler der neuesten Generation, dafür gibt’s beim Peavey Vypyr durch das analoge Amp-Modeling absolut keine Latenz zu vermelden. Der Ton ist ungemein direkt, dynamisch, obertonreich und körperstark, besonders bei den High-Gain- Sounds. Hier melden sich auch schnell Obertöne zu Wort, in welche die gespielten Noten gern und harmonisch umkippen.

Der Effektprozessor ist ein extrem flotter Geselle, er kann sich ja auch voll und ganz auf sein Metier konzentrieren, da er mit dem Amp-Modeling nichts am Hut hat. Es lässt sich auch dann keine Latenz feststellen, wenn man ein Verzerrer-Modell, beispielsweise das eines Tube Screamers, aktiviert. Zudem klingen die Effekte warm und voll, von digitaler Sterilität ist keine Spur. Das gilt übrigens für alle Effekte, also auch für Phaser, Chorus, Echo und Hall. Das wirkungsvolle Noise Gate wurde zwar werkseitig pro Modell praxisgerecht abgestimmt, nur lässt es sich leider nicht den eigenen Bedürfnissen anpassen. Das soll sich laut Aussage von Peavey bei einer späteren Firmware-Version ändern. Power und Leistungsreserven dieses 120 Röhrenwatt starken Heads sind enorm, und reichen bei einem Fullstack auch für größere Gigs aus. Auch wer Bedenken haben sollte, dass der Transistor-Endstufe des Vypyr 100 mal die Puste ausgehen könnte, liegt beim Vypyr Tube 120 Head oder Combo richtig. Bereits in Stellung 1 des Master-Volumes lässt sich mit einer einzelnen 4×12er Box ein mittlerer Proberaum klanglich füllen, und der Master geht bis 13. Am Ende geht auch diese Endstufe in die Sättigung, aber dafür braucht es entweder eine große Halle, einen Open-Air-Gig, oder einen bereits fast tauben Gitarristen. Also Lautstärkereserven sind jede Menge vorhanden, und das zu einem angenehm Musiker-freundlichen Preis.

Für Live-Einsätze kommt man an einer der beiden Sanpera-Fußleisten nicht vorbei, wenn man die Preset- und Effektmöglichkeiten auskosten will. Das Sanpera-II-Floorboard ist intuitiv sofort bedienbar, nur um die Unterfunktionen kennenzulernen ist ein Blick in die Bedienungsanleitung vonnöten. Das zweizeilige LCD-Display ist nicht gerade riesig, lässt sich jedoch recht gut ablesen. Die LEDs sind strahlend hell und wechseln je nach gewählter Funktion ihre Farbe von Rot zu Grün. Die Gängigkeit beider Pedale ist justierbar, die Fußschalter haben einen spürbaren Druckpunkt, man bemerkt den Umschaltvorgang also auch auf diese Weise. Im Preset-Modus lassen sich über die beiden Bank-Up- und Bank- Down-Fußschalter die Bänke wechseln, für die vier Speicherplätze pro Bank gibt’s separate Fußschalter. Drückt man auf „Manual Mode“ werden die vier Effektschalter Stompbox, Effect, Delay und Reverb aktiv, der Tap-Tempo-Fußtaster für die Echoabstände funktioniert in allen Modi. Auch das Tube-Head hat einen Schleifenrekorder, der ausschließlich mit einem der beiden Sanpera-Treter funktioniert. Dieser Looper klingt exzellent und ist einfach zu bedienen, jedoch sehr rudimentär ausgestattet. Es gibt beispielsweise keine Overdub-Funktionen.

 

Resümee

Die Röhrenendstufe wirkt auf die analogen Peavey-Vypyr-Amp-Modelle wie ein Exciter bzw. Enhancer. Im Vergleich zu einem Modell mit Transtube-Endstufe klingt das Vypyr Tube 120 Head voller, wärmer und crisper, und überzeugt mit einem gesteigerten Maß an Dynamik. Der 6505-High-Gain-Sound ist für viele der Knaller der gesamten Serie, selbst wer in erster Linie darauf aus ist, bekommt mit dem Peavey Vypyr Tube 120 eine amtliche und preiswerte Alternative zum Vorbild. Und eine fette Vollröhren-Endstufe, richtig gute Effekte und jede Menge weitere tolle Amp-Sounds gibt’s noch obendrauf.

Produkt: Gitarre & Bass 7/2023
Gitarre & Bass 7/2023
IM TEST: Magneto Guitars Eric Gales Signature RD3 +++ Lenz Hot Chili Tube-Head +++ Marshall Guv’nor, Drivemaster, Bluesbreaker, Shredmaster Reissue Pedals +++ Glockenklang Blue Bird Bass-Amp +++ Fender Gold Foil Jazz Bass +++ Walrus Audio Fundamental Reverb und Delay +++ Blackstar Debut 50R Gitarren-Combo +++ Epiphone Adam Jones Les Paul Custom Art Collection +++ Boss Waza-Air Bass Headphones

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