Wirklich erstaunlich

Oranger Flitzer: Ibanez RG460DX-ROM im Test

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(Bild: Dieter Stork)

„Roadster Orange Metallic“ hat Ibanez das Finish der neuen Ibanez RG460DX getauft. Als (Dutch) Roadster bezeichnet man u.a. auch das bequeme Hollandfahrrad. So gesehen passt das Orange ja perfekt.

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In Grenznähe aufgewachsen und daher durchaus Holland-affin mag ich diese Farbe sowieso und erinnere mich auch gerne an die gutgelaunten niederländischen Fußballfans während der EM 2024. Ibanez bietet dieses Gitarrenmodell aber auch im metallicblauen Blue Haze an.

MERANTI, JATOBA UND AHORN

Artenschutz und gestiegene Preise zwingen Gitarrenhersteller immer häufiger zu alternativen Hölzern. So findet für den mit Ausnahme von Belly Cut, Armschräge und Halsübergang scharfkantigen RG-Body Meranti Verwendung, für das Griffbrett Jatoba. Beim in Höhe der Bunddrähte 1 bis 3 großflächig angeschäfteten Hals greift Ibanez auf bewährten Ahorn zurück. Die rückseitigen Kammern der Elektrik und der Vibratofedern decken schwarze Kunststoffplatten Oberkante bündig ab. In Letzterer gewähren Schlitze direkten Zugang zu den Federspannschrauben. Kleine Hongh-Potis und ein Ibanez-PU-Schalter kommen derweil im E-Fach zum Einsatz. Während die Verdrahtung sorgfältig ausgeführt wurde, beschränkt sich die Abschirmung auf Alufolie am Plastikdeckel.

Mono-Unit-Klinkenbuchse (Bild: Dieter Stork)

Die kleine Mono-unit-Klinkenbuchse an der Zarge besteht aus strapazierfähigem Kunststoff, verzichtet auf verschraubte, sich lockernde Teile und hat den Klinkenstecker fest im Griff. Den Übergang zum mit vier einzeln unterlegten Schrauben montierten Hals hat man ergonomisch verrundet, um den Zugang zu den höchsten Lagen zu erleichtern.

Ergonomischer Halsübergang (Bild: Dieter Stork)

Beste Schwingungsübertragung garantiert die extrem passgenau gefräste Halsaufnahme. Im Gegensatz zum spiegelglatt polierten Body bietet der satinierte Hals eine angenehm holzige Haptik, optimal für schwitzende Hände. Das weiß eingefasste Jatoba-Griffbrett, dessen Lagen Haifischzahn-Inlays und schwarze Sidedots markieren, ist mit 24 inklusive der Kanten vorbildlich bearbeiteten Jumbobünden besetzt.

Bunddrähte: Perfekter Fret-Job (Bild: Dieter Stork)

Über den Ibanez Klemmsattel, dessen Höhe den einen oder anderen Zehntelmillimeter hätte optimiert werden können, erreichen die Saiten präzise und smooth agierende Mechaniken. Äußerst praktisch ist die ohne Werkzeug leicht zu öffnende Halsstababdeckung. Als Steg beschäftigt die RG460DX das schwebend justierte Ibanez Edge-Zero II Locking Vibrato, dessen Steckhebel mittels Muffe arretiert werden kann.

Leicht zugängliche Halsjustierung (Bild: Dieter Stork)

Alle drei Ibanez-Quantum-Pickups hat man höhenjustierbar direkt im Korpus verschraubt. Verwaltet werden sie per Master-Volume, Master-Tone und Fünfwegschalter, der folgende Spulenkonstellationen ermöglicht:

  • Position 1: Hals-Singlecoil
  • Position 2: Hals- + Mittel-Singlecoil
  • Position 3: Mittel-Singlecoil
  • Position 4: Mittel-Singlecoil + Halsspule Steg-Humbucker
  • Position 5: Steg-Humbucker

Der mittlere Einspuler ist ein RW/RP-Typ, eliminiert also Brummgeräusche bei der Paarung aus Hals- und Mittel-PU und minimiert sie bei der Kombi aus Mittel-PU und Humbucker-Halsspule.

Handling, Sound und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

VINTAGE, NUR MODERNER

Mit knapp 3,5 kg rangiert die RG460DX gewichtsmäßig in der Wohlfühlklasse. Am Gurt und auf dem Bein zeigt sie beste Balance und auch klanglich gibt sie sich ausgewogen, lebendig und transparent und spendabel mit Obertönen. Das recht schlanke Profil des Wizard-3-Halses liegt dank seidenmatter Oberfläche angenehm griffig und geschmeidig in der Hand. Die hohen, vorbildlich bearbeiteten Bunddrähte kommen modernen Spieltechniken zugute, bergen jedoch die Gefahr von Intonationsproblemen wenn die Saiten zu stark gedrückt werden. Eine Frage der Übung. Die Gitarre punktet mit direkter, spontaner Ansprache, schneller, vitaler Tonentfaltung und standfestem, gleichförmig abklingendem Sustain.

Schaut man sich die kOhm-Werte der Ibanez Quantum Pickups an, ließe sich eine vintage-orientierte klangliche Ausrichtung der RG460DX vermuten. Obwohl 24-Bund-Hals und Steg-Humbucker das Platzangebot einschränken, und die Tonabnehmer daher nah zusammenrücken mussten, zeigen die Singlecoils und deren Kombi, und sogar die mit der Halsspule des Steg-Pickups eindeutige Strat-Züge inklusive markant nasaler In-Between-Klänge. Cleansounds besitzen zwar nicht ganz die Wärme und Klangfülle alter Strats, tönen jedoch frischer, transparenter und irgendwie zeitgenössischer. Im Vergleich zu den Singlecoils packt der Humbucker auch outputmäßig ein ordentliches Pfund aus, obwohl er am cleanen Amp nicht übermäßig mittig daherkommt, sondern ausgewogen, dazu knackig und differenziert in den Bässen, klar in den Höhen und mit breitem Obertonspektrum.

Auch im Low- und High-Gain-Betrieb zeigen die Quantum-Pickups beste Performance. Speziell der Humbucker stellt tieffrequentes Riffing ebenso differenziert und dynamisch dar wie schnelle Sololäufe und Melodiespiel. Alle drei Pickups bringen Akkorde transparent und mit präziser Saitentrennung ans Ohr. Die Gitarre setzt ausdrucksstarkes nuanciertes Spiel ebenso dynamisch um wie das gleichmäßig regelnde Volume-Poti Ausgangspegel und Gain dosiert. Selbst nach extremen Up- und Down-Bendings garantiert das Ibanez Edge-Zero II Vibrato stabile Stimmung.

RESÜMEE

Es ist wirklich erstaunlich, welche Qualität Gitarren heutzutage selbst im unteren Preissegment bieten. Damit werden nicht nur anspruchsvolle Einsteiger, sondern sogar Vollprofis allerbestens bedient. Auch unsere Ibanez RG460DX darf sich in diese Kategorie einreihen, denn sie glänzt mit einer breiten Palette sehr guter Sounds, die quasi zwei Gitarrenwelten abdecken. So zählen sowohl Strat- als auch High-Gain-Humbucker-Klänge mit etwas modernerer Ausrichtung zum Angebot, denen gewisse Vintage-Anleihen nicht abzusprechen sind. Darüber hinaus gibt sich unsere Protagonistin sehr schwingfreudig, zeigt beste Dynamik und ebensolches Sustain. Ihre Ergonomie garantiert hohen Spielkomfort, und die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Lediglich den Klemmsattel hätte man etwas tiefer einsetzen können. Dennoch eine tolle Gitarre zum überaus fairen Preis. ●

Plus

  • moderne Sounds mit Vintage-Touch
  • Dynamik & Sustain
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Die praktische seitlich verschiebbare Halsstababdeckplatte an dieser Ibanez RG 460 DX-ROM ist nicht wirklich neu,denn die Ibanez Artist Modelle aus China besaßen teilweise bereits diese genial innovative Trusrodplatte.

    Erstaunlich sind die derzeitigen Verkaufspreise,-diese hätte man sich gerne schon in den frühen 1970er-Jahren gewünscht! Da gibt es heute enorm viel Gitarre mit guten Komponenten für das Geld!

    Und die bekannten „All Access Neckjoint“ Halsübergänge zum Korpus bei den „Bolt on“ Elektrischen,wurden auch schon bei den damalig (leider extrem kurzlebigen!) Starfield/made by Ibanez Altair E.-Gitarren der 1990er-bis 1994er-Jahrgänge verwendet. Das waren absolut gute Gitarren,die derzeit sehr gesucht sind. Es waren sogar einige Starfield Altair Hardtail Modelltypen dabei,die beim Einzelhandel als Custom Versionen sehr kurzzeitig verfügbar waren. Die damals hervorragende Qualität der besagten Starfield’s entsprach vergleichsweise den heutigen PRS-Custom Gitarren aus den U.S.A.

    Die stete Hoffnung,daß Ibanez diese Starfield Gitarren evtl. heute noch mal als Neuauflage auf den Markt bringt,scheint jedoch völlig aussichtslos zu sein.
    Schade.

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