Teufelskerl!

Okko Diablo Dual im Test

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Okko Diablo Dual

Wir sehen die dritte Evolutionsstufe eines Verzerrer-Pedals, das sich seit 15 Jahren beharrlich auf dem Markt behauptet. Das schaffen nicht viele. Irgendwas muss ziemlich richtig daran sein. Okko hat die Schaltung jetzt kräftig aufgepumpt. Mehr Funktionen versprechen – zumindest auf dem Papier – einen deutlich höheren Gebrauchswert.

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Revision

Der Diablo Dual greift auf und verfeinert was sein Vorgänger namens Diablo+ an Features zu bieten hatte. Soll sagen, das Konzept ist grundsätzlich gleich geblieben, nur die Abstimmungsmöglichkeiten hat Okko erweitert. Das „+“ bedeutete, dass mittels eines zweiten Fußschalter (neben dem True-Bypass) eine zweite Gain-/Sound-Einstellung abrufbar war. Der Dual hat zu diesem Zweck nun individuelle Drive- und Level-Potis, quasi zwei Kanäle. Die Regler Feed, Body, Tone sind geblieben und werden jetzt von einem Mids-Schalter unterstützt (3 Pos.: Mid Cut, Mid Boost, original Diablo).

Beim Diablo+ liegt an der Stirnseite ein Wippschalter der intern die Versorgungsspannung umstellt von 9VDC auf ca. 18VDC (Spannungsdoppler). Diese Funktion übernimmt jetzt das Dyn-Poti womit eine stufenlose Abstimmung gegeben ist. Zu guter Letzt hat der Diablo Dual einen neuen zusätzlichen Schalter namens Input. Er variiert die Funktionsweise der ersten Verstärkungsstufe: 1. Stellung oben, „Top Boost“, Präzision und Klarheit, 2. Stellung Mitte, „Low Gain“ für die „haarige“ Gratwanderung zwischen Clean und Overdrive, 3. Stellung unten, „original Diablo“. Geblieben ist die typische Bauform mit der großen dominanten On/Bypass-LED. Zwei sehr hell leuchtende weiße LEDs zeigen an, welcher der beiden Drive-Kanäle aktiv ist.

Also, in der Summe der Features hat der Diablo Dual gegenüber seinem Vorgänger also nur Mehrwertfaktoren zu bieten. Ja, scheint so, stimmt aber nicht ganz, wenn man es genau nimmt. Die beiden Trimmpotis innen auf der Platine, mit denen man beim Diablo+ Presence und Bass abstimmen konnte, sind Vergangenheit.

Der Aufbau des Pedals ist wie eh und je bei Okko super-clean und vertrauenerweckend. Die Platine zeigt beste Verarbeitung und Bauteile. Übrigens ist lediglich ein einziges 8-Pol-IC am Start, die weiteren aktiven Komponenten sind einzelne Transistoren (sog. diskreter Aufbau), dreizehn an der Zahl.

EFFIZIENT, ENERGISCH

In erster Linie besticht der Diablo Dual – wie seine Vorgänger – mit der Qualität seiner Distortion-Erzeugung. Die Verzerrungen entwickeln sich zum einen betont harmonisch in ihrer Struktur, dicht und dennoch durchsichtig, zum anderen klingen sie einfach sehr gut, natürlich und warm. Was davon unterstützt wird, dass sich die oberen Mitten ähnlich sättigen wie bei kultivierten Röhrenverzerrungen.

Ein dritter Faktor versüßt dem Spieler das Erlebnis zusätzlich: Das organische Ansprechverhalten, also die Fähigkeit des Diablo Dual, dynamisch äußerst feinfühlig auf die Spielweise zu reagieren. Maximale Ausdrucksstärke und sehr hohe Lebendigkeit im Ton sind das Ergebnis all dieser Merkmale. OK, richtig, bei anderen Distortion-Pedalen, -Marken, -Typen in unseren Tests finden sich (punktuell) ähnliche Qualitäten, aber weniger häufig in so einer elegant ausbalancierten Weise.

Okko Diablo Dual
Aufgeräumter, sauberer Aufbau  (Bild: Dieter Stork)

Das Okko-Pedal meistert daneben den Grenzbereich zwischen ganz leichter, kaum wahrnehmbarer Anzerrung und feinem Overdrive sehr elegant. Die Zerrreserven reichen indes für viel mehr, bis hin zu satter tragfähiger Lead-Distortion (kein High Gain). Die Kompression hält sich am Maximum in Grenzen, ebenso die Sustain-Unterstützung/-Verlängerung in der Ausklingphase.

Obacht, die Regelmöglichkeiten bieten die Chance für „Fehlbedienungen“! Womit ich eigentlich nur darauf hinweisen möchte, dass das Feed-Poti eine essenzielle Rolle für den Sound spielt. Wer es am Linksanschlag hält, wird recht grobe und in den Bassfrequenzen disharmonisch grummelnde Verzerrungen ernten – was je nach musikalischer Anforderung auch seinen Reiz haben kann, klar. Es in der Mitte zu halten ist ein guter Ausgangspunkt, dient es doch dazu, ein optimales Zusammenspiel mit dem verwendeten Instrument zu erreichen.

„Body“ wirkt in ähnlicher Weise auf die erste Verstärkungsstufe ein, sodass die beiden Potis quasi als Team auftreten. Ihre Funktion wirkt sich letzten Endes aber nicht nur auf den Klang aus – indem z. B. gedämpft gespielte Note auf der E6-Saite im Schub feinfühlig dosiert und unterstützt werden können –, sondern auch auf das Spielgefühl.

„Dyn“ (Spannungsregelung) tut ein Übriges dazu. Und man sollte diesen Faktor Ansprechverhalten nicht gering bewerten. Viele meiner (Profi-) Kollegen erzählen immer wieder davon, wie sehr er (bei Amps wie bei Zerrer-Pedalen) bestimmt, ob sie wirklich optimal ihr spieltechnisches Potenzial darbieten können – mir geht es nicht anders. Wer um seinen Ton kämpfen will, bitte schön, das kann aber keine hehre Grundbedingung sein (fragt den Reverend Billy G. ;-). Anders ausgedrückt, wer nicht die Schraubstockpranken eines Stevie Ray Vaughan hat, sollte sein Heil nicht in dicken Saitendrähten suchen.

Vielleicht liegt ja auch ein nicht unwesentlicher Teil seines Erfolges genau darin, dass der Diablo dieses variable Ansprech-/Dynamikverhalten zu bieten hat. Der neue Dual erweitert und verfeinert jedenfalls die Eigenschaft mit der regelbaren Dyn-/Spannungssteuerung. Und verbucht ein deutliches Plus an klanglicher Variabilität. Dank der beiden Schalter Input und Mids, die ihre Aufgaben ganz und gar sinnvoll, sprich praxisgerecht erfüllen, und z. B. gerade Strat und Co. optimieren, im Ton satter machen können.

Tja, nie war er so wertvoll wie heute: ich war, bin und bleibe Fan des signalroten Teufels. Nicht weil ich ihn selbst andauernd favorisiert in Benutzung hätte (der „+“ gehört zu meinem Referenzgeräte-Fundus), sondern weil es mich – eben in Zusammenhang mit diesem Job hier – freut, wenn ein „Werkzeug“ mal so richtig richtig amtlich funktioniert.

ALTERNATIVEN

Keine. Ja, „leider“ verbinden sich Konzept und Performance mal wieder so speziell, dass derzeit keine vergleichbaren Mitbewerber in Sicht sind.

RESÜMEE

Ein einziger Lobgesang? Ja, fürwahr, den hat er sich verdient, der so variable und tonal wertvolle Diablo Dual. Seine Qualitäten stehen gar so hoch, dass er für das Segment feinste Anzerrungen bis mittelintensive Distortion Benchmark-Status erreicht. Und das zu einem im Verhältnis zur Leistung und dem Szenario auf dem Markt völlig zivilen Preis.

Okko Diablo Dual

Okko Diablo Dual


Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kamen zwei Kondensatormikrofone mit Großflächen-membran zum Einsatz, ein AM11 von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, beide nahe platziert vor einer konventionellen 4×12-Box bestückt mit Celestion Vintage 30. Als Amp kam der VH2 von Diezel an den Start, Clean-/Ch1-Kanal.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Die Instrumente sind eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg) und eine Steinberger GL4/T.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

 

Text + Musik: Ebo Wagner (GEMA)


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2018)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Leute, Leute wegen Euch habe ich schon Krach mit der Ehefrau.
    Jetzt testet Ihr wieder ein lecker klingendes Pedal, welches noch dringend auf einem meiner Pedalboards fehlt und wie erklär ich es meiner Frau?

    Mein Vorschlag: Ihr solltest zusätzlich zu Euren Tests noch eine gute und griffige Argumentation liefern, dass die Teile geschmeidiger den häuslichen Finanzausschuss durchlaufen.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. So drohet er denn, dereinst zu kommen … der Tag, an dem man sich entscheiden muss, zwischen Frau und Gear, Ehe und Gitarre, Leiden oder Leidenschaft … hahaha … Willkommen im Club. 😛
      (Wehe, Du zeigst das Deiner Frau!)

      Beste Grüße aus Aschaffenburg,
      derbierfreund

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  2. Hallo,
    die Beschreibung und die Features des neuen Okko erinnern stark an das Diablo Gregor Hilden Signature. Wo liegen die Unterschiede zwischen diesen beiden Okkos?

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Hallo Ebo,
    ich schließe mich Michael an und möchte auch wissen wo der Unterschied zwischen Dual und GH liegt ? Ich spiele vorwiegend Blues ! Dual oder GH ??????
    Bin gespannt !
    Gruß aus München ,
    André

    Auf diesen Kommentar antworten
  4. Hallo Michael, hallo André,

    leider habe ist das GH-Modell noch nicht zwischen den Fingern/Ohren gehabt. Ich kann also aus eigener Erfahrung keine Argumente liefern. Ich checke aber mal mit Okko und gegebenfalls liefer ich den Erfahrungswert schnellstmöglichst nach, okay?

    Gruß

    ebo

    Auf diesen Kommentar antworten
  5. Hallo,

    hat leider etwas gedauert, scusi. Heiko selbst sagt, dass die klanglichen Unterschiede sehr gering sind. So zählt nur die Ausstattung und da hat der GH eine Boost-Stufe wo der Dual zwei Kanäle vorzuweisen hat.

    Ich bekomme die Pedale auch noch zum Check. Dann werde ich erneut und vermutlich ausführlicher berichten (können).

    MfG

    ebo

    Auf diesen Kommentar antworten
  6. Hallo,

    Pedale sind eingetroffen…. werde ich heute checken…………

    Auf diesen Kommentar antworten
  7. Moin ebo,
    was hat denn der Test ergeben???
    Jrooss,
    Finn

    Auf diesen Kommentar antworten
  8. Hallo,

    ich bitte um Entschuldigung,es hat nun doch erheblich länger gedauert bis ich mich mit dem Thema andersetzen konnte.

    Auch, weil sich da mehr an Unterschieden aufgetan hat, als zunächst vermutet. Heiko Lauenroth erklärte ja im Telefonat er sähe keine größeren Unterschiede. Mir geht es da anders.

    Zunächst funktional: Der Boost des GH addiert sich zum normalen Gain Level. Der DD hat dagegen einen eigenen zweiten Gain-Kanal.

    Im Ton: der GH klingt durchweg feiner, filigraner, etwas milder/weicher, durchsichtiger, weniger offensiv/aggressiv als der DD. Sein Klangverhalten (GH) vermittelt auch das Gefühl einer nachgiebigeren und sensibleren Ansprache und. Der GH entwickelt aber im Bassbereich weniger Energie, Muted Notes entwickeln also weniger Schub.

    Einfach ausgedrückt: Der GH wäre mir bei härterer Musik nicht entschlossen genug, der DD wäre mir für Blues nicht geschmeidig genug. Noch simpler: GH für Blues, DD für Härteres.

    Gruß

    ebo

    Auf diesen Kommentar antworten
  9. Erstmal vielen Dank für das schöne Review und die Mühe mit den Soundfiles!

    Nun auch mal mein Senf zum Thema Dual/GH. Der Ebo hat den Unterschied schon ganz richtig definiert, allerdings lassen sich da mit etwas unterschiedlichen Einstellungen sehr ähnliche oder identische Ergebnisse erzielen.
    Konkret anders in der Schaltung ist folgendes:
    Input Switch, obere Stellung: Dual = Top Boost, also wirklich nur hohe Frequenzen werden angehoben. GH = reduzierte Bässe, also eher mid boost.
    Der Body-Regler setzt beim Dual in den Frequenzen tiefer an, macht also fetter bis in die Bässe rein, beim Dual eher in die unteren Mitten, was in einem weicheren Sound resultiert.
    Wer noch Fragen hat, immer gern: okkofx@gmx.de

    Heiko OKKO

    Auf diesen Kommentar antworten

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