Nobels Green ODR-1 im Test

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Overdrive-Effektpedal für E-Gitarre, grün, von Nobels
(Bild: Dieter Stork)

 

Go green! Vor allem wenn es um Verzerrer geht, ist die grüne Wahl oft die richtige, schließlich weist die Verzerrer-Geschichte zwei grüne Zerrer als Klassiker ihres Genre aus.

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Zum einen wäre das der Ibanez Tubescreamer in den TS-808- und TS-9-Versionen, zum anderen der Nobels ODR-1, der nicht zu Unrecht mit Natural Overdrive untertitelt ist.

 

Der Nobels Green ODR-1 früher

Der ODR-1 kam ca. 1990 auf den Markt, entwickelt von Kai Tachibana für die Hamburger Firma Nobels. Weltweites Aufsehen erregte dieser grüne Verzerrer, als plötzlich ausgerechnet in Nashville viele Studio-Gitarristen diesen Overdrive für sich entdeckten und einen Hit nach dem anderen damit einspielten. 1995, mit der Einführung der zweiten Generation, dem silbernen ODR-1, stiegen prompt die Gebrauchtmarktpreise für die grüne Vorgängerversion, begleitet mit dem Hype, dass der alte grüne auf jeden Fall besser klänge als der neue silberne. Wenn es so gewesen wäre, hätte es an der anderen Farbgebung liegen müssen, denn die Schaltung des silbernen war exakt identisch mit der des grünen! Da mutet es schon etwas befremdlich an, wenn im Internet aufwendige Pläne kursieren, wie man einen silbernen zu einem grünen ODR-1 modifizieren kann. Andere versprechen Sound Heaven, wenn man bei dem silbernen ODR-1 Drive- und Level-Potis tauschen würde. Wobei diese Kollegen tatsächlich Recht haben könnten, denn eine Charge der silbernen ODRs, ca. 80 Stück, sind damals vom koreanischen Hersteller versehentlich mit vertauschten Potis ausgeliefert worden. Richtig ist ein 250-kOhm-Regler für Drive und ein 50-kOhm-Regler für Level. Dank des allgemeinen Halbwissens steigen dennoch die Preise für den ersten grünen ODR-1 Jahr um Jahr – gerade heute habe ich einen für 600 US-Dollar im amerikanischen eBay gesehen.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Der Nobels Green ODR-1 heute

Wie gut, dass Nobels nun wieder zurück ist – und dass sogar mit einer grünen Version des ODR-1. Ich selbst besitze einen aus der silbernen Vorgänger-Generation, und ein 1:1-Vergleich der beiden brachte zutage, dass … Trommelwirbel! … beide tatsächlich unterschiedlich klingen! Aber – in etwa der Art, wie eineiige Zwillinge auch unterschiedlich aussehen, was man aber nur dann sieht, wenn beide nebeneinander stehen. Der silberne klingt einen Hauch offener, der neue grüne eine Idee kompakter. Der neue ist zudem einen Wimpernschlag lauter, aber dies sind allesamt Unterschiede, die durch natürliche Toleranzen der Bauteile zustandekommen und eben nicht durch eine unterschiedliche Schaltung oder Verarbeitung. Beide ODR-1 lassen vielmehr deutlich wissen, warum dieses Verzerrer-Modell so beliebt ist. Hier wird ein offener, dynamisch sehr gut steuerbarer Overdrive-Sound erzeugt, der an einen harmonisch zerrenden Röhrenverstärker erinnert. Fett, transparent und mit einer maximalen Gain-Reserve, die man heute mit Medium umschreiben würde. Der Spectrum-Regler in der Mitte zwischen Level und Drive ist nicht einfach eine übliche Tonblende, die Höhen wegregelt, sondern bewegt sich im Bereich der Mitten und formt so den Grund-Sound des Pedals – eine typische Blues-Zerre und ein kantiger Hardrock-Sound sind die beiden gar nicht mal so weit auseinanderliegenden Extreme, zwischen denen unzählige, anders gefärbte Overdrive-Sounds realisierbar sind. Befinden sich alle drei Regler in der Mittelposition (12 Uhr), erreicht man mit einer Singlecoil-Gitarre einen klassischen, leicht zerrenden Sound, der viel Schlagkraft besitzt und den man schon oft glaubt gehört zu haben. Eine Fender Telecaster z. B. klingt hier tatsächlich nach Nashville, vorausgesetzt, der Verstärker unterstützt auch diese Klangrichtung. Eine Strat bekommt genau den Touch, der sie nach Austin/TX versetzt und selbst eine Humbucker-Gitarre wie eine ES-335 wird mit einem süßen Hauch von Overdrive in klassische Blues- und Soul-Gefilde, sagen wir mal: nach Memphis, transportiert. Jede Gitarre behält ihren eigenen Charakter, jede Note ihre Definition und jede Dynamikänderung ihre Nuance. Als Clean-Booster ist der ODR-1 nicht zu benutzen, denn bei Null Drive und voll aufgedrehtem Level wird die Signallautstärke nicht etwa verstärkt, sondern bleibt 1:1 gleich. Aber es klingt anders, und es klingt gut: Mehr Bass, mehr Mitten, etwas mehr Höhen – also gerade richtig, um einem leblosen Amp Leben einzuhauchen, oder um einem vornehm klingenden Vintage-Amp wie z. B. einem Fender Deluxe Reverb o. ä. mehr Punch und Schmackes zu verleihen. Der Nobels ODR-1 lässt sich auch sehr gut als Minus-Booster verwenden, und zwar dann, wenn man seinen Lieblings-Sound nur mit weit aufgedrehtem Amp erreicht. Mit passend heruntergeregeltem Level des ODR-1 wird ein leiserer Grund-Sound erreicht, in lauten Passagen wird der ODR-1 dann ausgeschaltet und der Amp klingt alleine.

 

Resümee

Gut, dass dieser grüne Verzerrer nach einiger Zeit, in der sich der Hersteller mit Schwierigkeiten in der Fernost-Herstellung herumschlagen musste, nun wieder zurück ist. Und das zudem mit einem stabileren Batteriefach-Deckel, beim Vorgänger immer ein Kritikpunkt. Auch wenn er immer noch keine True-Bypass-Schaltung hat, ist sein Sound genauso attraktiv wie eh und je, sodass so mancher Boutique-Zerrer bei einem direkten Vergleich auch grün werden würde – aber vor Neid.

Vertrieb: Musikhaus Thomann

96138 Treppendorf

www.thomann.de, www.nobels.com

Preis: ca. € 89

 

Plus

  • Dynamik
  • Sounds
  • Spielgefühl
  • Preis-/Leistung
Produkt: Treble Booster Special
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