Schmackofatz

Masterpiece: Tausch Guitars La Grange

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(Bild: Dieter Stork)

Immer wieder schön, eine neue Gitarre vom Rainer Tausch aus dem Koffer zu holen. Der Name „La Grange“ lässt keinen Zweifel an der Ausrichtung dieser hübschen Lady, das steigert natürlich die Erwartungen.

Rainer Tausch: „Mit der La Grange habe ich endlich auch wieder etwas für die eher der Les Paul zugewandte Fraktion im Angebot. Wie man’s bei mir gewohnt ist, sind auch hier keine Tropenhölzer verbaut, sondern sie ist aus Kirsch-, Ahorn- und Zwetschgenholz gemacht.“

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HEIMISCHE ZUTATEN – GESUNDES ZUSAMMENSPIEL

Nicht erst, seit der rechtsextreme brasilianische Präsident Jair Bolsonaro im Amazonasgebiet vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial sah und die Abholzung im Amazonasgebiet während seiner Amtszeit ab 2019 trotz weltweiter Proteste und Klimanotstand kräftig zunahm (und zuletzt sogar auf Rekordniveau lag), ist die Verwendung von Tropenholz auch im Gitarrenbau nicht mehr unbefangen möglich. Dass man auch jenseits der traditionell bewährten Materialien aus Regenwäldern toll klingende Instrumente bauen kann, haben Instrumentenbauer längst bewiesen. Und wenn jemand in der Lage ist, heimischen Materialien souveränen Klang abzugewinnen, dann ist das der bayrische Schwabe Rainer Tausch.

Mit der La Grange schickt er nun eine Obstholzgitarre ins Rennen, die in seinem aktuellen Programmrahmen vor allem durch ihre kurze 628-mm-Mensur auffällt. Rainer ist ja weithin bekannt für Instrumente mit etwas längeren Mensuren, wie etwa sein populäres 665-Modell. Details: Die La Grange verfügt über einen einteiligen Korpus aus Kirschholz von satten 5,4 cm Stärke am Halsansatz, die Decke mit einbezogen. Das ist mehr als bei einer Les Paul und findet seinen Grund in den seitlich neben den durchgehenden Mittelblock gesetzen Kammerfräsungen, die aus dem Instrument eine Semiacoustic machen. Die aufgeleimte Decke aus gut 12 mm starkem, spiegelgleich gefügtem Riegelahorn ist in prachtvollem Lemon Burst glanzlackiert und wird durch ihre naturbelassenen Ränder effektvoll eingerahmt. Seiten und Rückseiten der Gitarre präsentieren sich in Dark Cherry.

Fetter Kirschholzkorpus von 5,4 cm Stärke mit Hohlkammern (Bild: Dieter Stork)

Der Hals aus Kirsche ist in Höhe des 17. Bundes mit leicht diagonalem Ansatz in den Korpus eingeleimt, seine Rückseite wurde für ein samtiges „Holz-Feel“ nur dünn lackiert. Als Griffbrett (12″ Radius) setzt Rainer schon seit längerem und mit besten Erfahrungen das feinporig glatte Holz der Zwetschge ein. 22 mittelstarke Bünde (Wagner 9684) sitzen sauber verarbeitet in gefrästen Bundschlitzen, was die Griffbrettkanten undurchstochen glatt belässt. Small Block Inlays aus Acryl und gut sichtbare Dots auf der Griffbrettkante markieren die Lagen. Die parallel nach hinten versetzte „Vienna Style“- Kopfplatte ist mit einem Furnier aus Zwetschge besetzt und mit 6-in-Reihe montierten Sperzel Trim Lok Mechaniken ausgestattet. Von deren Wickelzylindern aus werden die Saiten ohne Stringtree über den schmalen Sattel aus Knochen geführt und nach 628 mm schwingender Mensurlänge von der ABM-„Wraparound“-Bridge aus vernickeltem Messing am Korpus gekontert.

„Vienna Style“-Kopfplatte mit Sperzel TrimLok-Mechaniken (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Das ohne Rähmchen in die entsprechenden Korpusfräsungen gesetzte Pickup Set „1959“ mit mattierten Kappen, Harry Häussels Version des legendären PAF-Humbuckers, sorgt für elektrische Kompetenz und steht mit einem 3-Wege-Toggle zur Anwahl sowie Volume- und Tone-Reglern zur individuellen Verwaltung jedes einzelnen Pickups in Verbindung. Ein Blick in das mit einem massiven Holzdeckel verschlossene Elektrofach zeigt saubere Verarbeitung hochwertiger Komponenten. Die La Grange erweist sich als das perfekt konstruierte und detailgenau verarbeitete Instrument, das wir von einem Meisterbauer wie Rainer Tausch wie selbstverständlich auch erwartet haben.

OBSTGARTEN DELUXE

Der klassische ZZ Top Song ‚La Grange‘ steht hier sinnbildlich für ein Klangideal, in dem Billy Gibbons genüsslich kehlige Linien und Pinch Harmonics aus – Überraschung! – einer alten Stratocaster aus dem Jahr 1955 schlägt. Damit ist die Latte dennoch hoch gelegt, denn das sind ja TraumSounds, um die es hier geht. Aber bei Rainer dürfen wir eingedenk der verlässlichen Güte seiner Gitarrenkreationen durchaus damit rechnen, dass er auch in diesem Falle keinen Quatsch verbreitet und seine La Grange hält, was ihr klangvoller Name verspricht.

Gehen wir’s an: Zunächst muss man dem Herrn Tausch zugestehen, dass er von Hälsen was versteht. Er ist ja selbst auch Spieler, probt und spielt immer noch mit seiner alten Band, weiß also aus Erfahrung, worauf es ankommt. Nicht zu dick und wunderbar griffig fällt uns dieser Hals bei einer komfortablen Sattelbreite von 42,6 mm absolut einladend in die Hand. Die undurchstochenen Griffbrettkanten und weich abgeglichenen Bundenden vermitteln ein geschmeidiges Spielgefühl bis hinauf zum letzten Bund, dank der gut freigestellten oberen Griffbrettpartie. Die Saitenlage wurde natürlich auch wunderbar flach eingerichtet.

Der akustische Sound profitiert eindeutig von der semiakustischen Konstruktion, ist geprägt von vitalem Schwingverhalten und leichter Ansprache. Dennoch hat das nichts von einem Jazz-Box-Tone, wie man ihn etwa bei Archtops verlässlich erwarten kann. Eher ist das Klangverhalten profund. Straffe, gut konturierte Bässe werden durch griffige, warm zeichnende Mitten ergänzt, die über höchst definierte, freie Höhen zu einem harmonisch gerundeten Gesamtbild finden. Akkorde werden mit wohlgewichteten, harmonisch interagierenden Stimmen umgesetzt; Linien profitieren vom fest intonierenden, sustainreichen Ton. Soweit – so gut!

Und elektrisch? Harry Häussels 1959-Humbucker bieten mit 7,5 kOhm in der Hals- und 8,2 kOhm in der Stegposition die erwartet maßvollen elektrischen Widerstände und setzen das stattliche akustische Vermögen der Gitarre elektrisch schlagend in Szene. Der Hals-Pickup vermittelt zunächst ein ausgesprochen klar und ebenmäßig aufgelöstes Bild von volltönenden Mehrklängen. Dezidiert präsent und irgendwie süffig wallen Akkorde aus den Speakern, bei allem Tiefgang doch auch leichtfüßig und je nach Anschlagsposition auch klangfarblich wandelbar – fabelhaft!

1959-Humbucker-Set von Harry Häussel (Bild: Dieter Stork)

Schalten wir nun auf Drive: Sehr schön wird in Zerre die variable Plektrumaktion schnalzend und gestochen scharf in Szene gesetzt. Der Ton schnellt nach perkussiv markant herausgestelltem Anschlag vor, steht gehalten wie eine Eins, lässt sich in jeder Hinsicht bestens modulieren und auch bemerkenswert willig zur Umwandlung in seine harmonischen Obertöne überreden. Im Linienspiel verfügt der sustainreiche Ton über starken Charakter und schmatzige Ansprache. Beim Spiel mit Powerchords säuft da dennoch nichts ab durch kompromittierend starke Bässe oder übertriebene Mitten. Ein kerniger, innerer Draht sorgt für stabiles Rückgrat.

Wechseln wir zum Humbucker am Steg, so schmeichelt der unserem Ohr sofort mit seiner allgemeinen Transparenz trotz kompakt griffiger Darstellung. Die Nase nur leicht in die Mitten gestippt, aber dennoch durch sanfte Anhebung akzentuiert, gefällt er schon im Klarklang mit geschmeidig harmonischer Auflösung und lässigem Schub. Die sehr schön weit vorn stehenden Akkorde bekommen darüber enorme Strahlkraft mit lässigem Höhen-Peak. Im Overdrive kommt das leichte Mittennäseln dann um so besser zur Geltung, wenngleich ohne Anspruch auf Dominanz. Das ist gut so, denn es lässt die Höhen frei atmen und so überaus schön fest zupacken. Die Dichte und Rundung in den Höhen ist einfach eine Wucht. Trocken und federnd können wir nun auch Powerchords von der Kette lassen, leicht sind Pinch Harmonics mit dem knapp gefassten Plektrum zu erzeugen. Das leicht Nasale, diese delikate und doch zupackende Zuspitzung in der vokal wendigen Tonbildung – das alles würde wohl auch dem Reverend gefallen.

Natürlich müssen wir seinen wegweisenden Sound nicht 1:1 treffen, denn dazu gehört ja bekanntlich mehr, als nur das richtige Handwerkszeug. Die zusammengeschalteten Häussels liefern dann noch einen dritten, weit offenen Sound mit leicht ausgekämmten Mitten, der ebenfalls nicht von schlechten Eltern ist. Hell und luftig perlen Akkorde, das gibt zusätzlichen Glanz und kann auch in Crunchund Drive-Einstellungen gefallen. Wie jetzt? Kein Coil Split, keine weiteren Schalttricks? Nö, der Rainer wollte hier die klare Linie – drei Sounds, die sich gewaschen haben und fertig!

(auf der nächsten Seite geht’s weiter!)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich lese solche Testberichte ja immer wieder gerne. Was muß man eigentlich studiert haben, um solche Texte zu schreiben? Literaturwissenschaften mit Germanistik und Philosophie im Nebenfach? Schön zu lesen, wie gesagt, aber mit einem Hang von Selbstbefriedigung.
    Ich denke, man muß eine Gitarre schon selbst hören und anspielen, um sie für sich erschließen zu können. Jedenfalls sieht sie toll aus und hat auch sehr hochwertige Komponenten. Aber 7.500 Flocken machen sie für einen Normalsterblichen eher unerschwinglich. Und dann liest man doch nur wieder solche schönen Texte…

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    1. Der Preis ist doch eher unspektakulär. Wenn man sieht dass heute praktisch jede Gitarre aus dem Gibson oder Fender CS soviel oder erheblich mehr kostet und dass viele noch teurere Sondermodelle ein Mehrfaches kosten und sofort ausverkauft sind, zeigt, dass es ausreichend viele Leute gibt, die kaufen..
      7.500€ für so ne Gitarre ist in Ordnung…kommt hin..

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  2. …ich kenne zwar leider keine Tandler Gitarre, aber der Preis ist halt der Preis für echte Wertarbeit eines Profis. Wenn man nich soooo affin und „besessen“ mit den grossen Namen (F&G und auch der Paul Reed…) macht man mit so einer Axt aus den Händen eines Profiˋs nichts falsch. Ich bin sehr stolzer Besitzer einer Bassart, ZEAL, Mojo-Instruments und Soultool (CH) Gitarre und die sind allesamt formidable 🙂 Cheers!

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