Imponierend!

Little Sister: EVH SA-126 Standard im Test

Anzeige

(Bild: Dieter Stork)

„Wolfgang Van Halens Interpretation dessen, was eine moderne Gitarre im 21. Jahrhundert sein sollte“, also die die SA-126 Special, hat mit der Standard-Variante jetzt ein kleine Schwester bekommen.

Anzeige

Wolfgang, der Sohn vom unvergleichlichen Eddie ist schon ein recht imposanter Kerl und da scheint eine Electric von stattlichem Format durchaus angemessen. Dieses Instrument ist also nichts für Leute, die es gerne leicht und besonders handlich wollen. Die Standardversion der SA-126 wird im Übrigen nicht in Mexiko wie die Special, sondern in Indonesien gefertigt.

NICHT AM FALSCHEN ENDE GESPART

Auf den ersten Blick hin unterscheidet sich die SA-126 Standard von der Special lediglich durch die etwas ungewöhnlichen Einlagen im Griffbrett und differierende Potiknöpfe. Aber Moment mal, der dunkle Hals besteht aus gebackenem Ahorn (anstelle von Mahagoni bei der Standard) und das Griffbrett wurde hier nicht aus Ebenholz, sondern aus Palisander gefertigt, auch ist das Korpus-Binding schlichter ausgefallen. Im Prinzip haben wir mit der Standard zwar das von Wolfgang Van Halen entworfene Modell in Händen, aber da kommt jetzt schon noch einiges zusammen, was den Unterschied macht.

Palisandergriffbrett mit „Re-imagined Block Inlays“ (Bild: Dieter Stork)

Der Korpus der Standard aus Nyatoh (ähnelt von der dichten Porenstruktur her dem bei der Special verwendeten Mahagoni) wurde großzügig ausgefräst, die Mitte füllt ein ca. 12 cm breiter massiver Block aus ebendiesem Material, sodass sich an den seitlichen Parts Kammern befinden. Die stabile Aufnahme von Hals, Pickups und Bridge ist damit gewährleistet. Die plan aufgesetzte Decke aus Ahorn mit einzelnem Schallloch oben zeigt an den Rändern das lediglich klar lackierte „Natural Body Binding“. Am Korpusboden oben finden wir wie bei der Special eine Kontur für die komfortable Anlage.

Interessante Kombi von Gurtpin und Halsschraube (Bild: Dieter Stork)

Der aufgeschraubte und satiniert versiegelte Hals mit „EVH Modified“ C-Profil aus wärmebehandeltem und mit Graphitstreifen verstärktem Ahorn, dessen Aufnahmehülse der Schraube vorn oben mit dem Gurtpin kombiniert ist, bekam seinen abgewinkelten Kopf unterhalb der ersten drei Bünde großflächig angeschäftet. Das spart Material. Im Griffbrett mit Compound Radius (12 auf 16″) aus Palisander finden wir neben 22 klaglos sauber verarbeiteten Jumbo-Bünden sogenannte „Re-imagined Block Inlays“. Die Saiten schwingen mit einer 629-mm-Mensur zwischen dem Sattel aus Tusq und der EVH TOM Bridge mit Stop Tailpiece.

ELEKTRIK …

Die EVH SA-126 ist mit einem offenen Set gleichnamiger Humbucker für die Hals- und Stegposition ausgestattet. Die Tonabnehmer wurden in Zusammenarbeit mit Pickup Designer Tim Shaw (Fender) entwickelt. Sie lassen sich ganz konventionell mit einem Drei-wege-Toggle anwählen und werden von individuellen Volume- und Tone-Reglern verwaltet.

Das in Pelham Green lackierte Testmodell kam mit etwas hoher Saitenlage zur Prüfung, was sich aber dank des offen zugänglichen Spoke Wheels vorn am Griffbrettende durch Nachspannen des Halsstabs „on the fly“, also problemlos und schnell, korrigieren ließ. An der Verarbeitung in achtbarem Industriestatus war nichts auszusetzen.

Gewicht, Spielgefühl und mehr auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

STATTLICHES GERÄT FÜR FORSCHE SPIELER

Die SA-126 Standard bringt mit 4,1 kg ein nicht unerhebliches Gewicht auf die Waage. Les-Paul-Spieler schockt das zwar nicht, aber zeitgemäß ist anders. Der großzügig gestaltete Korpus ist hinten immerhin 39 cm breit und zudem durchgehend gut 4,6 cm tief, da kann man sich über die Kammerfräsungen nur freuen. Durch die Anlagebucht am Boden oben, schmiegt sich die Gitarre dann aber durchaus komfortabel an ihren Spieler und da die Korpustaille recht weit vorn gesetzt wurde, erscheint der Hals im Sitzen gespielt überraschend nahbar. Läge der Arm nicht so hoch auf der Zarge hinten, könnte man die imposante Größe der Standard in dieser Haltung fast schon wieder vergessen.

Stehend gespielt stellt sich die Sache dann etwas anders dar. Zunächst bringt sich das humorlose Gewicht in Erinnerung und natürlich ragt der Hals nun deutlich weiter vor, was sich aber durch den zweiten Gurtpin oben auf dem Horn wieder relativieren lässt. Das Instrument richtet sich so oder so dann absolut praxisgerecht und ohne jede Kopflastigkeit aus und bietet mit seinem eher flach angelegten und aufsteigend nur wenig an Stärke zunehmenden Halsprofil beste Spieleigenschaften.

Mit offensivem Schwingverhalten, guter Saitenseparation und gleichmäßiger Tonentfaltung zeigt die Konstruktion gute Grundlagen für die elektrische Umsetzung.

Bestens angepasste Humbucker (Bild: Dieter Stork)

Bei den verbauten modelleigenen SA-126-Humbuckern handelt es sich jetzt nicht unbedingt um die im Werbetext versprochenen „higher output pickups“, eher sind sie nur leicht oberhalb konservativer Ausgangsleistung angesiedelt, was aber absolut kein Schaden ist.

Der Humbucker in Halsposition bietet demgemäß erst einmal ein breit aufgezogenes, gut gestaffeltes Frequenzbild mit achtbarer Saitenseparation im Akkord an. Nicht zu weich im Bass, angenehm rund in den Mitten und mit gar nicht mal so schlechten Höhen gesegnet geht also hier schon was in der Abteilung Clean. Die semiakustische Konstruktion sorgt dann vor allem im Overdrive für ein markantes Attack-Verhalten mit schnell abfederndem Ton, dem aber auch der Atem nicht so schnell ausgeht. Sehr schön geschlossen tönen dunkle Powerchords, vermitteln ein trockenes Knurren und auch kompakt gehaltene Double Stops zeigen sich harmonisch griffig.

Der Humbucker in Halsposition bietet demgemäß erst einmal ein breit aufgezogenes, gut gestaffeltes Frequenzbild mit achtbarer Saitenseparation im Akkord an. Nicht zu weich im Bass, angenehm rund in den Mitten und mit gar nicht mal so schlechten Höhen gesegnet geht also hier schon was in der Abteilung Clean. Die semiakustische Konstruktion sorgt dann vor allem im Overdrive für ein markantes Attack-Verhalten mit schnell abfederndem Ton, dem aber auch der Atem nicht so schnell ausgeht. Sehr schön geschlossen tönen dunkle Powerchords, vermitteln ein trockenes Knurren und auch kompakt gehaltene Double Stops zeigen sich harmonisch griffig.

Wechseln wir auf die Bridge-Position, so zeigt sich auch dieser Humbucker in klaren Verstärkereinstellungen überraschend kompetent, punktet mit kompakten, aber durchaus staubfreien Sounds. Die Mitten stehen schon im Zentrum des Geschehens, vermitteln durchsetzungsfähige Kraft aber ohne übermäßig ausgeprägte Kompression. Rhythmisches Spiel lässt sich darüber präzise in Szene setzen und kommt mit luftiger Offenheit. In High Gain Position zeigt der Pickup dann Zähne, setzt jede Aktion ausgesprochen straff und druckvoll um. Wiederum, nur stärker ausgeprägt, schieben Bassquinten mit knochentrockenem Boost konturstark vor, Riffs geben Kante – da kommt Freude auf!

Um jetzt aber ein Wolfgang-Solo wie, sagen wir mal bei ‚Take a Bow‘ vom Album Mammoth II zu spielen (Eddie lässt grüßen), braucht es natürlich mehr, als nur eine SA-126. Dennoch verweigert sich auch die vorliegende Standard-Ausführung keineswegs Ambitionen in genau diese Richtung. Im Gain-Modus hat man als Solist dank starker Obertonentfaltung förmlich Wind unter den Flügeln. Die trockenen und stramm drückenden Bässe machen Spaß und der perkussive Snap sorgt für packenden Zugriff. Im Grunde sind diese von Tim Shaw mitentwickelten Pickups bestens an die Konstruktion angepasst, vermitteln die stilistisch erwünschte Kraft ohne Verluste an Höhen oder Transparenz. Dazu verfügen sie über genau den Schuss mehr an Leistung der es kicken lässt und auch Effektgeräte optimal ansteuert. Imponierend!

Da will am Ende natürlich auch die Vermählung beider Pickups nicht zurückstehen und bringt uns noch einen weiteren vitalen Sound zu Gehör. Aufgehellt, kehlig und klar perlt es aus den Speakern. Besser geht ja fast immer, aber für eine Sparversion sind das in der Gesamtsicht doch richtig gute Ergebnisse!

RESÜMEE

Mit der SA-126 Standard stellt EVH das Wolfgang-Van-Halen-Design in leicht abgespeckter Version (nicht jetzt was das Gewicht von immerhin 4,1 kg angeht) zum erschwinglichen Preis zur Verfügung. Die Annäherung an Wolfgangs etwas heftigere Denkweise wird damit jungen Spielern leichter gemacht. Signature-Gitarren lassen sich natürlich in erster Linie mit der Stilistik ihres namensgebenden Erfinders oder Mitgestalters verbinden, was aber nicht heißen soll, dass dieses Modell nur eingeschränkt nutzbar ist. Den keineswegs auf maximalen High Output gewickelten und dieser Gitarre bestens angepassten Pickups sind einerseits kaum Grenzen gesetzt, was ‚Gimme Gummi‘-Umsetzungen in Stilen wie Hard Rock, Metal, Alternative etc. angeht, andererseits schlagen sie sich auch bestens in gemäßigteren musikalischen Gefilden, haben auch Clean gespielt was drauf und hey, so undifferenziert ist unser Protagonist ja auch gar nicht.

Long story short: Die etwas andere Materialzusammenstellung sorgt schon für ein leicht versetztes Klangambiente, aber das Prinzip der SA-126-Konstruktion, also die Kernausrichtung in Sachen Handhabung und Sound, wird auch bei der Standardausführung gewahrt und die guten Pickups gewährleisten ohnehin beste dynamische Beweglichkeit. Auf seine Art ein Top Instrument mit mehr als achtbarem Preis-Leistungs-Verhältnis. Selbstversuch ist angeraten! ●

Plus

  • Design
  • Konstruktion
  • Schwingverhalten
  • Ansprache, Dynamikverhalten
  • Tim-Shaw-Humbucker
  • Sounds
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

Minus

  • beachtliches Gewicht


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.