Lauschangriff!

Lautsprecherkabel im Vergleich

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Wenn der Schwerpunkt auf dem Thema Kabel liegt, dürfen natürlich nicht nur Instrumentenkabel im Fokus stehen. Die Signalübertragung vom Ausgang des Verstärkers zu den Lautsprechern wird gemeinhin ebenfalls als kritische Leitungsstrecke betrachtet und muss insofern auch gebührend betrachtet werden.  Hier sogar unter der Mitwirkung besonders exklusiver Kabel als Referenz …

testumgebung-lautsprecherkabel

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Ich sage es gleich hier zu Beginn an: Das Ergebnis dieses Tests wird für manchen überraschend sein. Es sind qualitativ andere Parameter entscheidend als die meisten meinen. Doch schauen wir uns zunächst die Kandidaten genauer an.

Zu diesem Vergleich treten an: Ein Kabel von Vovox Typ Sonorus, das teuerste/beste von Klotz Typ LY225T, sowie eine simple Baumarkt-Zwillingsstrippe mit absolut preisgünstigen Steckern. Aus meinem eigenen Fundus kam ein sehr langes Kabel mit dicken Leitern in der Spezifikation 2×4 Quadratmillimeter, das ich im Studio benutze um lange Wege vom Kontrollraum zur Box zu überbrücken. Dazu gesellten sich exklusive Custom-Kabel der Firma Zander-Amps aus Jever, die primär für den HiFi-Bereich gedacht sind. Das Flechtwerk aus mehreren Leitungen soll die Signalqualität besser transportieren, Stichwort Skin-Effekt. Erörterungen über die Länge der Kabel, ihre Bauart usw. stellen wir erst einmal hinten an, bzw. wir kümmern uns darum, wenn es in unserem Exkurs relevant wird.

Ich will vorausschicken, dass die nachfolgenden Erkenntnisse unter wissenschaftlichen Voraussetzungen gewonnen wurden. Es stand das Akustiklabor der Technischen Hochschule Regensburg mit seinem High-Tech-Mess-Equipment zur Verfügung. Die Untersuchungen wurden unterstützt durch die sehr intensive Mitarbeit des Prof. Manfred Zollner (dem ich an dieser Stelle für seinen „selbstlosen“ Einsatz nochmals ausdrücklich danken möchte). Insofern gibt dieser Artikel nicht die subjektive Meinung des Autors wieder, sondern basiert sozusagen auf unerschütterlichen Fakten.

Im Zuge der Forschungen wurden unterschiedlichste Aspekte beleuchtet, uns interessieren hier primär aber lediglich zwei Kriterien: Die Signalqualität und die Frage, ob und in welchem Maße Leistungsverluste gegeben sind. Letzterer Punkt ist sehr schnell beantwortet: Wenn wir im E-Gitarrenbereich von kurzen Kabeln mit ca. zwei Meter Länge und einem Querschnitt von 2x 0,75mm² ausgehen, sind die Einbußen verschwindend gering.

Ein simples Kupferkabel erzeugt in der genannten Dimensionierung bei einer Last von 8Ohm ganze 2,33% Verlust! Und ob nun von 50 Watt Verstärkerleistung „nur“ noch ca. 48,9 ankommen ist wirklich unerheblich. Da fragt man sich natürlich auch gleich, ob es lohnt zu Silberleitern zu greifen. Kaum, muss man sagen, denn die sind dem Kupfer nur um ca. 0,22% überlegen. Was seine Erklärung darin findet, dass die sogenannte elektrische Leitfähigkeit (kappa) der beiden Metalle gar nicht weit auseinanderliegt: Die von Silber liegt bei 62 S·m/mm² , Kupfer bei 58 S·m/mm² (wobei S = Siemens 1/Ohm, m = doppelte Leitungslänge, mm² = Querschnittsfläche; bei Gold beträgt der Wert 41 S·m/mm²). Die Leistungsverluste kann man linear hochrechnen. Dasselbe Kabel in der dreifachen Länge sechs Meter, reduziert die Leistung um ca. 7% bzw. von 50 Watt kommen ca. 46,5 Watt bei den Speakern an. Bedeutsam?

Nein, noch immer nicht. Bei 16 Ohm verringern sich die Beträge sogar noch um etwa die Hälfte. Das Ganze führt zu dem Schluss, dass man sich mit einer Kabelstärke von 2x 1,5 mm² als E-Gitarrist in den allermeisten Fällen ganz und gar auf der sicheren Seite befindet. Bass-Spieler, die ja nicht selten Amps mit deutlich höherer Leistung verwenden, sind hingegen mit 2x 2,5 mm² bzw. 2x 4 mm² bestens bedient.

Die Signalqualität? Nun, auch dazu haben wir an der Hochschule Messungen gemacht. Mehr als viele Worte beschreibt das Mess-Diagramm die Sachlage.

Aha, die Kurven fallen ja unterschiedlich ab! Moment, man beachte bitte die senkrechte Y-Achse. Der Bereich umfasst insgesamt nur 0,5dB, die Kurven sinken bis 10kHz (der Gitarren-Speaker schafft weniger) maximal 0,15dB ab. Das menschliche Ohr kann etwa 2dB Differenz hören, gut trainiert vielleicht 1dB. Wir sind hier also mindestens den Faktor 10 von hörbaren Unterschieden entfernt. Richtig, das sagen die Messungen, auf unserer Homepage kann sich der geneigte Leser aber auch ganz praktisch Soundfiles von den Probanden anhören, und sich selbst ein Bild machen.

Noch zu dem Diagramm: Entsprechend dem, was oben erklärt wird, liegen die Linien sehr nahe beieinander, sprich es wird graphisch deutlich, wie gering die Unterschied in der Leistungsübertragung sind. Und weil das Ganze sich so darstellt, spielt es auch keine Rolle, welche Farbe welches Kabel bezeichnet.

Tatsächlich ist es so, dass keines der Kabel, auch nicht die teuren Zanders, klanglich irgendwelche Vorteile für sich verbuchen konnte. Selbst die billige Baumarkt-Strippe erfüllt ihren Zweck in Bezug auf die Signalqualität perfekt. Der Konsument kann sich also bei der Auswahl des Produkts auf andere Kriterien konzentrieren. So spielt die mechanische Stabilität eine bedeutsame Rolle.

Noch viel wichtiger ist die Qualität des Klinkensteckers, denn der kann mechanisch und elektrisch durchaus eine Schwachstelle sein. Idealerweise sind die Kontakte nicht verschraubt, erst recht nicht genietet. Stecker mit soliden Verbindungen von der Kabelkontaktzunge zu Schaft und Tip des Steckers sind am besten. Im Übrigen ist es sinnvoll, dickere und daher schwerere Lautsprecherkabel so an Box und Amp anzubringen, dass nicht die Buchsen das ganze Gewicht der Leitung abfangen müssen: je nachdem wie die Buchse montiert ist (sieht man ja nicht von außen), kann der Zug so groß sein, dass der Tip des Klinkensteckers keine gute Verbindung zur Kontaktzunge bekommt.


Ich merkte eingangs an, dass das Ergebnis der Untersuchungen für manchen überraschend sein würde. Um das Warum weiter zu verdeutlichen, folgen unten nun einige Hörproben, die eine subjektive Eigenbewertung der Sachverhalte ermöglichen.

Die Aufnahmen entstanden im Akustiklabor der Technischen Hochschule Regensburg unter wissenschaftlicher Beratung und Mitwirkung des derzeit leitenden Prof. Manfred Zollner. Wir arbeiteteten mit dem Reamping-Verfahren, d.h. es wurden eigens für diesen Zweck geeignete Gitarren-Parts aufgenomen, die einzeln in jeder Audio-Vergleichstrecke als objektive Signalquelle dienten. Eine 1×12-Mesa-Thiele-Box bestückt mit dem C90, den Celestion exklusiv für Mesa fertigt, setzte die Signale in Schall um, als Verstärker diente einer meiner Referenz-Amps, ein top gepeflegter Marshall-2204-JCM800 von 1981. Als Mikrofon kam eine AKG-C414 zum Einsatz, die Aufzeichnung digital.


Warum so kurze Schallereignisse? Weil das menschliche Ohr solche präziser bewerten kann; weitere Details dazu in meinem Text zu den Soundfiles der Instrumentenkabel. Um die Sache „spannender“ zu machen, verrate ich erst am Ende in welcher Reihenfolge die Kabel zu hören sind. Hier die erste Strecke:

 Nicht aussagekräftig genug?! Mit Distortion wären etwaige Unterschiede besser zu hören? Okay, hier kommt etwas ähnliches mit verzerrter Gitarre:

Langsam beginnt das Grübeln. Ja, der Artikel im Heft, der u.a. die Messungen bespricht, stellte ja bereits in Ausssicht, dass es so kommen könnte/würde.

Machen wir zwei weitere Hörversuche. In beiden Fällen tritt das billigste Kabel gegen das teuerste an.

 

Und was ist die Erkenntnis? Es gibt keine Klangunterschiede. Oder hat hier jemand welche gehört?

Conclusio

Die einzige Beeinträchtigung des Signals ergibt sich bei Lautsprecherkabeln im Bezug auf den  Leistungsverlust, und der bleibt bei den üblicherweise benutzen Produkten (ab 0,75 mm² Querschnitt/50Watt, je nach Leistung des Amps besser 1,5 mm² und mehr …) vernachlässigbar gering. Qualitativ, im Frequenzgang, oder sagen wir von mir aus auch im Sound, verändern unterschiedliche Kabel nichts.


Zu den einzelnen Kabeln: Es lagen uns sechs verschiedene Konstruktionen vor. Marktprodukte kamen von Klotz und Vovox. Die Firma Zander steuerte „High-Tech-Kabel“ bei, die aus einem  Geflecht mehrerer Adern bestanden. Das Transparente lag in drei Längen vor, ein weiteres Kurzes, mit blauen und grünen Einzelleitern, wurde als besonders hochwertig und entsprechend teuer spezifiziert.

Hier nun die Reihenfolge der Clips #1 und #2:

  • 2x 4 mm²/6m Standard-HiFi-Kupferleiter
  • Klotz
  • Vovox
  • Zander Blau-Schwarz-Geflecht
  • Zander-Geflecht kurz
  • Zander-Geflecht lang
  • Zander-Geflecht medium
  • 2×0,75 mm² „Bauhausstrippe“

Musik/Audio: Ebo Wagner (GEMA)


(erschienen in Gitarre & Bass 11/2016)

Produkt: Kemper Amp Special
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Na, das ist aber eine Erkenntnis. Es ist völlig klar, dass sich nichts tut. In dem für Menschen wichtigen Hörbereich spielen sich zwar auch in Kabeln phys. Effekte wie der Skin-Effekt usw. ab, jedoch sind die Auswirkungen so gering, dass sie für das Hörempfinden keine Rolle spielen können. Das ist aber seit Jahrzehnten bekannt. Will heißen, und ich verfahre seit Jahren so, dass ein mechanisch vernünftiges flexibles Kabel aus dem Baumarkt vollkommen ausreichend für Verstärker/Box(en)-Kombinationen ist. Gilt übrigens auch für High-End-Audio. Logisch, oder?

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  2. Kabel haben durchaus Einfluss auf den Klang. Interessant wären lange Kabel 10m oder 15m dann “normal” vs “low-capacitance”. Ob das Kabel nun eine Gesamtkapazität von 0,5 nF oder 2 nF könnte einen Unterschied im Ton ausmachen. Ist ja wie der tone-knob, der hat ja in der Regel 20-50 nF. Beim Test mit Verstärker und Mikrophon hab ich auch meine Probleme, wenn die Frequenzen eh vom Amp verschluckt werden dann hört man auch keinen Unterschied. Also lieber vom Instrument direkt ins Interface. Bei Distortion hört man natürlich eher einen Unterschied. Kapazität im Kabel verschluckt tendentiell hohe Frequenzen. Beim Verzerren werden höhere Frequenzen im Signal erzeugt, also auch mehr zum “verschlucken”. Dann gibts noch Sachen wie Störgeräusche, Flexibilität und Haltbarkeit, also Kabel knicken, drauftreten, mitm Stuhl drüber Rollen, neben Strahlungsquellen (Trafos, Monitore, PCs) halten. Bin kein Profi aber das sind meine Gedanken dazu. Verbesserungen sind gerne gesehen…

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  3. Ist ein Thema, das dadurch blockiert wird, daß viele Leute alles in einen Topf werfen, umrühren, verallgemeinern und dann beschließen, daß sie schon alles darüber wissen. Danke für den Test, vor allem für die Erklärungen was alles an Faktoren und Parameter einfließen und betrachtet werden!

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  4. Hallo,
    bei diesem Artikel ist euch ja einiges durcheinandergeraten, auch wenn das Fazit stimmt. Im Titel geht es um A) Lautsprecherkabel, ihr zeigt aber ein Diagramm, dass Klangveränderungen bei B) Gitarrenkabeln zeigt. Letzteres sind Kabel, die eine Gitarre mit einem Verstärker verbinden. Lautsprecherkabel hingegen verbinden eine Endstufe mit einem Lautsprecher!

    Das eine hat rein gar nichts mit dem anderen zu tun, weil die Schaltungen einer Endstufe und einer passiven Gitarrenelektrik sich grundlegend unterscheiden. Dass bei B) Gitarrenkabeln die Kapazität sehr wohl eine Rolle spielt (wie man auch im Diagramm sieht), weil sie als Filter auf die Schaltung der E-Gitarre wirkt (sofern sie, wie meistens, passiv und daher eine überaus primitive Konstruktion ist), ist seit vielen Jahrzehnten bekannt, man kann es auch gut messen. Lemme hat sich in seinen Büchern ausführlichst darüber ausgelassen, vgl. auch mal die jahrzehntealte State Variable Schaltung von Gibson (ein Kondensator-Switch, der die Kapazität und damit den Ton verändert).

    In Bezug auf A) Lautsprecherkabelklang gab es im Hifi-Forum Anfang der 2000er regelrechte Grabenkriege, und die Kabelklangbefürworter haben ganz eindeutig verloren. Es wurde offensichtlich, dass keine einzige Person in den letzten 50 Jahren je in einem doppelt verblindeten Hörtest nachweislich und reproduzierbar irgendwelche Unterschiede hören konnte, wobei Unterschiede auch schon mal gar nicht messbar sind. Das obige Diagramm bezieht sich jedoch NICHT auf Lautsprecherkabel. Die einzige Ausnahme wären tatsächlich im Querschnitt unterdimensionierte Kabel, was aber leicht erklärt werden kann. Günter Nubert hat sich in seiner Publikation “Technik satt”, die sehr lesenswert ist, ausdrücklich dazu geäußert, dass sie in Blindtests exakt zu diesen Ergebnissen gekommen sind. Ach so, ebenfalls in Bezug auf Verbidnungskabel zwischen Hifi-Geräten (Cinch, Kopfhörer etc.). Dass es Qualitätsunterschiede bei Kabeln gibt (Bruchsicherheit, Flexibilität, mech. Belastbarkeit, steht bei A) Lautsprecherkabeln also in keiner Weise mit irgendwelchen Klangveränderungen im Zusammenhang, wie die Hersteller gerne suggerieren. Die Kabelbranche ist leider eine der verlogensten der Menschheitsgeschichte.

    Schade, dass ihr einerseits stolz erzählt, wie wissenschaftlich euer Test ist und andererseits grundlegende Dinge durcheinanderbringt. Ich hätte den gerne als Link gespeichert, um ihn mal anderen zu schicken, das habt ihr allerdings unmöglich gemacht.

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