Laboga The Beast im Test

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E-Gitarren-Topteil von Laboga, schwarz
(Bild: Dieter Stork)

 

Mal ehrlich, wer von uns kann heutzutage, wenn er nicht gerade im Metal- oder Hardrock-Lager zu Hause ist, live ein 50- oder gar 100-Watt-Topteil voll ausreizen? Doch eher wenige, nicht wahr? In kleinen Hallen oder Clubs gibt’s nur Ärger. Mit den Band-Kollegen, und dem FOH-Mann am Mischpult sowieso; und na klar, zu Recht. Zu laut ist zu laut. Okay, dann muss etwas Kleineres her!

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Womit sich der Erfolg der halbstarken Wilden erklärt, den kompakten 15/30-Wattern, die in unterschiedlicher Ausstattung, jedenfalls aber um Längen variabler als die vorübergehend ziemlich angesagten ganz kleinen Vollröhren-Combos und -Heads vom Schlage des Fender Champion, seit einiger Zeit den Markt bereichern. Typische Vertreter dieser Spezies waren zunächst etwa der Mesa Transatlantic oder der Nighttrain von Vox. Seit dem Erscheinen des Engl Gigmaster in 2010 liegt es im Trend, mit geeigneten Extras die kleinen Bündel besonders universell und leistungsfähig zu schnüren. Mit Labogas Biest gesellt sich ein weiterer Kandidat in ihre Phalanx.

 

Konstruktion des Laboga The Beast

Üblicherweise warten diese Medium-Amps wie ich sie nenne mit zwei Kanälen (clean und verzerrt) auf, womit die Grundbedürfnisse in der Regel abgedeckt sind. In den meisten Fällen teilen sich die beiden Vorstufensektionen eine gemeinsame Klangregelung. Laboga hat sich des Mankos, dass in diesem Kompromiss liegt, angenommen und eine andere Lösung ersonnen. Dem Clean-Kanal wurde ein eigener Klangregler namens Character gegönnt, der – so viel sei schon verraten – sehr effizient funktioniert. Im Lead-Kanal finden sich neben dem Gain-Poti zum Abstimmen der Verzerrungsintensität zwei Tonregler, Treble und Bass. Das Master-Volume gehört nicht zur Lead-Sektion, sondern steuert wirklich die Gesamtlautstärke, wirkt auf beide Kanäle ein. Die Abstimmungsmöglichkeiten erschöpfen sich damit bereits. Auf die Wiedergabe kann aber noch insofern Einfluss genommen werden, als am Standby-Schalter zwei Leistungsebenen anwählbar sind. Vollgas bei maximal ca. 15 Watt aus zwei EL84 (russische NOS-Röhren), die über einen Kathodenbias ihren Arbeitspunkt finden. Oder 8 Watt, indem die Anodenspannung um ca. 25 % reduziert wird. The Beast ist im Übrigen ein echter Vollröhrenverstärker, keine Halbleiter im primären Signalweg. Zwei 12AX7 von Electro-Harmonix bereiten das Gitarrensignal in der Vorstufe auf. Die Gleichrichtung der Wechselspannung erfolgt über Halbleiterdioden.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Der Sound-Wechsel ist am Frontpanel über einen kleinen Wippschalter ausführbar. An der Rückseite findet sich dafür aber auch ein Fußschalteranschluss. Daneben drei Lautsprecherausgänge mit den gängigen Impedanzen (16, 8, 4 Ohm) und die Netzbuchse mit integriertem Sicherungshalter. Womit wir zu den Extra-Leckerlies kommen. The Beast kann im Handumdrehen mundtot gemacht werden, wofür der Schalter Speaker-On/Off zuständig ist. Technisch verbirgt sich dahinter keine Finesse; es tritt lediglich ein großer Lastwiderstand an die Stelle der Speaker-Ausgänge.

Wesentlich aufwendiger ist der Line-Out mit XLR-Anschluss konzipiert. Ein Abgriff hinter dem Ausgangstrafo wird von zwei ICs und entsprechender Bauteile-Peripherie aufbereitet, natürlich zu dem Zweck, ein korrektes D.I.-Signal zur Verfügung zu haben. Tube-Speaker-Simulation nennt Laboga diesen Schaltkreis, der sogar einen Trafo zur Symmetrierung beinhaltet (was immer teurer kommt als eine elektronische Ersatzschaltung). Quasi als Nebenprodukt hält die Line-Out-Sektion einen Kopfhöreranschluss bereit.

Was Labogas Fertigungsqualität angeht, konnten unsere Leser erst kürzlich in G&B-Ausgabe 05/2011 einen tieferen Eindruck von den Fertigungsgegebenheiten gewinnen. Das dort abgedruckte Firmenportrait gibt Aufschluss über die Philosophien der Macher und die Produktionsverfahren. Im Südwesten Polens, in Wroclaw (dem ehemaligen Breslau) ansässig, werden die Verstärker und Boxen mit hohem Qualitätsbewusstsein überwiegend in Handarbeit hergestellt. Quod erat demonstrandum: The Beast zeigt exemplarisch, dass Laboga sich nicht hinter teuren, edlen Mitbewerbern verstecken muss. Die Platinen im Innern sind extrem sauber gelötet. Es gibt nur wenige freie Kabelverbindungen, ohne (!) Steckkontakte, die mit der Zeit durchaus zu Fehlerquellen werden können, die Bauteile sind hochwertig, die Trafos fertigt Laboga sogar selbst. Der mechanische Aufbau lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Alles solide und makellos. Dass das Gehäuse aus (schweren) Spanplatten statt Birkenschichtholz o. ä. zusammengesetzt wird, ist in diesen Dimensionen nicht im Geringsten von Nachteil und faktisch sicher eine Folge des Preisdiktats: Bei einem nominalen Verkaufspreis von deutlich unter € 500 muss man als Hersteller bei so einem Produkt fertigungsseitig zweifellos auf jeden Cent bzw. hier jeden Groszy achten.

Für das Topteil hat Laboga eine passende 1×12″-Bassreflexbox im Programm (Celestion Seventy-80, ca. € 198). Mit der gleichen Bestückung ist ein 1×12-Combo im Angebot (ca. € 524).

 

Laboga The Beast in der Praxis

Das eingangs beschriebene Szenario bezieht sich natürlich auf Anwender und Situationen, die von einem (Vollröhren-)Amp die Endröhrensättigung fordern. Bei technischen Konzepten, die den Ton im Grunde vollkommen in der Vorstufe erzeugen, typischerweise moderne Mehrkanaler wie Marshalls JVM-Modelle u. ä., ist dagegen ein hohes Leistungspotential der Endstufe immer willkommen und ganz und gar unkritisch in der Handhabung. Damit das klar ist: Mit dieser Funktionsebene hat The Beast wenig bis gar nichts im Sinn.

Im Gegenteil, man kann deutlich wahrnehmen wie sich frühzeitig, bei noch geringen Lautstärken, die Endstufe an der Kolorierung des Sounds beteiligt. Von daher gehört der kleine Laboga-Sprössling ganz klar zur Garde der puristischen Retroamps. Und es wundert sich nun auch sicher niemand mehr darüber, dass kein Einschleifweg vorhanden ist. Wozu denn? Um gehäckselten Hall, Delays usw. von der Endstufe verzerrt, serviert zu bekommen?!

Es geht also einzig und allein um das zentrale Thema „Klangformung“. Und The Beast setzt gleich im cleanen Kanal eine erste dominante Duftmarke. Wohldosierte und energiereiche Dynamik trifft auf glockenklare, warme Tonsphären. Ausgewogen, homogen über das gesamte Frequenzband, das passt einfach auf Anhieb und der Amp läuft damit „antiken“ Bezugsgrößen wie dem AC30 oder dem Deluxe-Reverb fast schon den Rang ab. Ein Cabinet mit halbwegs gesunder Basswiedergabe ist natürlich Voraussetzung. Der Kanal ist ansonsten ziemlich übersteuerungsfest. Selbst starke Pickups können ihn bestenfalls zu leichten Hochtonanzerrungen verführen. Beste Voraussetzungen um gegebenenfalls mit Distortion-Pedals weitere Farben aus der Clean-Sektion hervorzuzaubern. Der Character-Regler erweist sich für die Wiedergabe als sehr nützliches Feature. Er bewirkt komplexe Veränderungen, greift nicht nur in einem Frequenzbereich. Es scheint vordergründig vielmehr so, dass von links nach rechts gedreht eine Betonung (Peak-Anhebung) von tieferen zu höheren Mittenfrequenzen erzeugt wird, die beim Ohr wiederum als vielschichtigere Veränderungen ankommen: Dunkel, kraftvoll, mit wenig Höhen aber transparent im ersten Drittel, in der Mittelstellung ausgewogen mit gesunder Brillanz, Richtung Rechtsanschlag süßer singend („üüüühhh“ … ) mit feingliedriger Betonung der Saitenattacks. Parallel dazu bleiben die Töne im Ausklang lange kräftig und ebben luftig ab. Ach wie schön, das Biest zieht einem echt die Mundwinkel hoch.

Fängt gar an weh zu tun, wenn man den Lead-Kanal anwirft. Das Grinsen wird noch breiter. Schmatzend, fett, immer erfreulich harmonisch bei Akkorden, schwingt sich die Sound-Formung zu grandiosen Leistungen auf. Der Ton stellt in der Grundfarbe eine charmante britische Mischung aus modernen und traditionellen Anleihen dar. Sehr tragfähig, mit viel Sustain und sensibel für Details. Besonders begeistern kann das atmungsaktive Benehmen des Lead-Kanals mit seiner angenehm nachgiebigen und auch fehlerverzeihenden Ansprache. Er geht schon früh wohldosiert in die Knie und kippt liebend gerne in Obertöne um. Das Ziel ist von daher im Prinzip optimal erreicht: The Beast klingt und reagiert ganz so wie man es idealerweise von einem großen Vollröhren-Amp/Stack erwartet.

 

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(Bild: Dieter Stork)

 

Natürlich machen einen zunächst die satten High-Gain-Reserven an. Schön kuschelig aufs Sustain-Wattebäuschen legen, das Biest ist gar nicht so aggressiv oder grätzig wie man dem Namen nach meinen könnte. Wenn es nicht so „leise“ wäre, würde vielleicht sogar Steve Lukather Freude an ihm haben, in dessen Sound ja immer eine Note von heißgemachtem Vintage-Marshall schwingt. Die mächtigen Verzerrungen sind aber nur eine Seite des kleinen Laboga-Amps. Er besticht auch in anzerrenden Crunch-/Overdrive-Regionen, singt gerne den Blues oder krawallt authentisch Chord-Riffs à la Hendrix, John Mayer, K.W. Shepherd usw. heraus. Funktioniert prima, zumal sich seine Distortion sehr günstig mit dem Guitar-Volume steuern lässt. Da zudem die Klangregelung sehr intensiv arbeitet, erreicht der Lead-Kanal eine erfreulich große, überdurchschnittliche klangliche Bandbreite. Hierbei spielt auch die Leistungsumschaltung eine Rolle. Die offensive, scharfe, aber nicht giftige Grundnote weicht einer deutlich milderen Gangart, wenn man die schwächere 8-Watt-Option aktiviert.

Ein Hinweis am Rande: Sound ist auch immer eine Frage der verwendeten Speaker. Die guten Erfahrungen im Test habe ich mit Vintage-30 von Celestion gemacht, Greenbacks funktionieren auch gut, machen den Amp allerdings ganz schön dezent. An Mesas Universal-Genie C-90-Black-Shadow verbröselten die Höhen ein wenig, weniger charmant. Dies nur als Hinweis, damit bei anfänglichem Nichtgefallen zumindest noch einmal ein Versuch an ein oder zwei anderen Cabinets unternommen wird.

Jetzt sind wir schon weit gekommen und haben noch gar nichts Negatives gehört?! Nein, da gibt es auch nichts, fast nichts. Einzig die Pegelverhältnisse zwischen Clean und Lead haben ab und an irritiert. Bei hohem Lead-Gain kann der Clean-Sound durchaus etwas zu leise wirken. Es wäre insofern vielleicht doch geschickter, den Clean-Kanal am Master-Volume vorbeizuführen und damit bei der Handhabung mehr Spielraum zu gewinnen.

Davon abgesehen profitiert The Beast sehr von seinem kompensierenden D.I.-Ausgang. Im direkten Vergleich zum Speakersound mögen die Mitten etwas überbetont erscheinen, aber da braucht man wirklich nur Treble ein wenig weiter aufzuziehen – oder am Mischpult ein wenig nachzuhelfen – und schon ist alles im Lot. Das Klangbild ist sehr gut abgestimmt, keine beißenden, störenden Höhen, wohldosierter Druck in den unteren Frequenzen: Das klingt lebendig, Speaker-authentisch und punktet positiv sowohl live als Ersatz für das Mikrofon wie im Bereich Recording. Auch bei aktivem Lastwiderstand. Nächtlichen Hit-Produktionen in der Mietwohnung steht somit nichts im Wege. The Beast lässt sich sogar nachbarverträglich am Speaker betreiben. Der Druck ist natürlich reduziert, aber der Lead-Kanal klingt auch ganz leise noch ziemlich gut.

 

Konkurrenz

In der Preisregion zwischen € 450 bis 550 tummeln sich inzwischen ganz schön viele wertige Vollröhrentops. Die Spreu trennt sich vom Weizen, wenn man auf die Ausstattung guckt. Unter dem Aspekt wird die Bestenliste angeführt von dem Engl Gigmaster und dem Tubemeister von Hughes& Kettner, beide mit EL84 und u. a. Power-Soak, sowie Egnaters Tweaker (2x6V6) und Blackstars HT20 (2xEL34). The Beast kommt da nicht mit, der Amp kostet aber auch etwas weniger. Der Schwerpunkt liegt bei ihm ganz klar in den tonalen Fähigkeiten. Und was das angeht, ist er mit den anderen mindestens gleichauf, wenn nicht zumindest im High-Gain-Bereich zwei Nasenspitzen vorn.

 

Resümee

Es gibt kleine Amps, die mit mehr Features strotzen. The Beast schert das nicht, der Amp bemüht sich nur um das Wesentliche, die Sound-Formung. Mit Bravour möchte man sagen, denn er klingt ausgesprochen „erwachsen“, ist zudem variabel und gönnt dem Spieler den Genus einer vorteilhaft interagierenden Vollröhrenschaltung. Der zuschaltbare Lastwiderstand erhöht im Verbund mit dem günstig konzipierten D.I.-Out nachhaltig den Gebrauchswert. Darüber hinaus ist der Verstärker sehr gut verarbeitet. Made in Europe, in Handarbeit, mit hochsoliden Bauteilen: Preis und Leistung stehen zweifelsfrei in einem gesunden Verhältnis.

 

Übersicht

Fabrikat: Laboga

Modell: The Beast

Gerätetyp: E-Gitarren-Verstärker, Topteil, zwei Kanäle

Herkunftsland: Polen

Technik: Vollröhrenbauweise, Siliziumgleichrichtung, Kanalumschaltung via Relais

Röhrenbestückung: Class-A/BGegentakt-Endstufe m. Kathodenbias, Platinenaufbau, Vorstufe: 2x 12AX7/EH; Endstufe: 2x EL84/Russia NOS/noname

Leistung: umschaltbar ca. 15/8 Watt

Gehäuse: Spanplatten (ca. 19 mm), Rückseite offen m. Schutzgitter f. EL84, Kunstlederbezug, Metallkappen an allen Ecken, Gummifüße, Tragegriff a. d. Oberseite

Chassis: Stahlblech (U-Wanne, Wandstärke ca. 1,70 mm), stehend montiert; alle Röhren m. Kappen bzw. Feder-Retainern fixiert

Anschlüsse: Front: Input; Rückseite: 3 Lautsprecher-anschlüsse (16, 8, 4 Ohm), Line-Out (XLR, elektronisch symmetriert, Lautsprecher- bzw. Mikrofonierungs-simulation), Phones (s. Line-Out), Netzbuchse

Regler: Front: Clean-Gain, -Character; Drive-Gain, -Bass, -Treble, -Volume

Schalter/Taster: Front: Clean/Drive (Kanalumsch.), Power, Standby (8/15 Watt); Rücks.: Speaker-On/Off

Effekte: nein

Einschleifweg: nein

Besonderheiten: keine

Zubehör: Netzkabel, Fußschaltpedal m. Kabel (ca. 4,8 m Länge); optional gegen Aufpreis: gepolsterte Schutzhülle

Gewicht: ca. 10,5 kg

Maße: ca. 450 ¥ 185 ¥ 225 BHT/mm

Vertrieb: GEWA

08626 Adorf

www.gewamusic.com

Preis: ca. 472

 

Plus

  • Sound, Variabilität
  • Dynamik/Transparenz, kommodes Ansprechverhalten, obertonfreundlich
  • sehr harmonische Verzerrungen
  • Funktion des D.I.-Out
  • geringe Nebengeräusche
  • sehr gute Verarbeitung, Qualität d. Bauteile
Produkt: Fender Stratocaster
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