Die Perlen des Gebrauchtmarkts

Kleinanzeigen Heroes: Yamaha DG-1000 Guitar Preamp

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Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.

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Yamaha DG-1000 Guitar Preamp

Mitte der 90er-Jahre wurde die Verstärkung von E-Gitarren förmlich revolutioniert. Der Begriff „Modeling“ entwickelte sich zum Zauberwort, ist bis heute aktuell und wird uns sicherlich noch lange erhalten bleiben.

Anfang 1995 euphorisierte Roland die E-Gitarrenwelt mit seinem VG-8 Virtual Guitar System, welches per Composite Objects Sound Modeling (COSM) neben Gitarren auch andere Zupfinstrumente, Pickups, Effekte, Amps, Lautsprecher, Boxen und Mikrofone klanglich detailliert nachbildete. Trotz überzeugender Sounds war das VG-8 den meisten Usern in der Handhabung jedoch viel zu kompliziert und zudem auch zu teuer. Ein Jahr später ging die US-Firma Line6 an den Start und präsentierte den AX SYS 212 Combo, der u.a. diverse legendäre Verstärkermodelle mittels Physical Modeling digital nachbildete. Es war die Initialzündung einer bis heute anhaltenden Erfolgsgeschichte.

DUNKELROTER ALLROUNDER

Das konnte der japanische Musikalienriese Yamaha natürlich nicht auf sich sitzen lassen und konterte 1997 mit dem DG-1000 Guitar Pre-Amplifier. Auch dieser war damals eine Sensation, verfügte er doch über motorisierte Potis, die nach eingehenden MIDI-Programmwechselbefehlen wie von Geisterhand die zuvor abgespeicherten Positionen einnahmen. Geschickt hielt sich Yamaha mit der Namensgebung für die acht Grundsounds zurück, und so tauchten die üblichen Verdächtigen auch nicht im knappen Manual auf. Apropos: Gerade mal sechs DIN-A4 Seiten inklusive Einleitung und MIDI Implementation Chart weckten Erwartungen von simpler intuitiver Bedienung, die uneingeschränkt erfüllt wurden.

Die Yamaha-eigene Technologie namens „Electric Circuit Modeling“ beschäftigte sich ausschließlich mit Ampsounds. Keine Effekte oder andere Spielerein, die das Prozessorpotenzial hätten beeinträchtigen können. Während, wie es sich für ein 19“/2HE-Rackgerät gehört, sämtliche Bedienelemente die dunkelrote Front ausfüllen, finden wir auf der Rückseite lediglich MIDI-In und -Out-Anschlüsse, einen Klinkenausgang und das fest installierte Netzkabel. Vorne gibts den Input, sieben speicherbare Regler, davon zwei für den wichtigen Mittenbereich, analoge Input- und Output-Level-Potis, 12 Taster, ein zweitstelliges numerisches LED-Display, einen Taster fürs MIDI-Menü und den Netzschalter. 128 User-Speicher bieten mehr als reichlich Platz für Sound-Kreationen.

MIDI-Mapping (Umsortierung eingehender Program Changes auf beliebige interne Speicherplätze) und eine recht umständlich zu handhabende, nicht sehr gelungene Speaker-Simulation komplettieren das Angebot. Ausgestattet mit dem identischen Preamp, legte Yamaha übrigens den (tonnenschweren) Combo DG100-212 nach.

AUTHENTISCHE SOUNDS

Die acht werksseitig praxisorientiert und geschmackvoll abgestimmten Grundsounds, je zwei Clean, Crunch, Drive und Lead, decken ein extrem breites Spektrum von Verstärkerklängen ab. Der DG-1000 meistert glasklare Sounds von Roland JC bis Fender Twin, Crunch und Drive a lá Vox und Marshall bis zu Boogie/Soldano/California Lead, alles mit hohem Durchsetzungsvermögen, sehr guter Dynamik und geringsten Nebengeräuschen. Während die motorisierten Potis nach Programmwechseln gemächlich in die gespeicherten Positionen fahren, werden die Sounds mit nur minimalen, vernachlässigbaren Aussetzern umgeschaltet. Da der DG-1000 keinen eigenen FX Loop bietet, empfiehlt sich für den Betrieb eines Multieffektgeräts ein Mini-FX-Mischer mit Dry/Wet-Regler, der einen parallelen Verlauf von Direkt- und Effektsignal zwischen Preamp und Endstufe ermöglicht, um den DG-1000-Sound möglichst unverfälscht zu übertragen. Für beste Klangergebnisse eignet sich eine Röhrenendstufe, aber auch adäquate Transistorgeräte z.B. von Brunetti, Rocktron, Marshall o.ä. haben sich bewährt.

Bereits seit über 20 Jahren kommt der Yamaha-Preamp in meinem Heimstudio zum Einsatz, etliche Jahre auch live. Die bordeigene Speaker-Simulation ersetze ich durch ein altes Rath-Amp 4×12“ Virtual Cabinet. Nach wie vor ist der Preamp für mich einer der besten und vielseitigsten Amp-Simulatoren mit Röhrencharakter überhaupt. Edel, extrem hochwertig, top verarbeitet, vor allem aber völlig unterschätzt.

PREISE

Bei seiner Einführung 1997 kostete der Yamaha DG-1000 satte 1590 Mark, was damals offenbar viele Interessenten abschreckte und Yamaha nicht die erhofften Verkaufszahlen einbrachte. Aktuell werden auf den einschlägigen Gebrauchtmarkt-Plattformen DG1000s je nach technischem und optischem Zustand für 180 bis 433 Euro angeboten. Da die Geräte sehr robust und solide unter der Verwendung hochwertiger Komponenten gefertigt wurden – immerhin bringt der Preamp 6 kg auf die Waage –, dürften technische Mängel kaum zu erwarten sein. Mitunter sieht man höchstens leichte Beschädigungen der (dicken) Frontplatte und/oder Gehäusekratzer von der Rack- Montage.


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)

Produkt: Gitarre & Bass 12/2023
Gitarre & Bass 12/2023
IM TEST: Nik Huber Piet +++ Jackson American Series Virtuoso +++ Guild Polara S-100 Kim Thayil +++ Squier Sonic Precision Bass +++ Fender Tone Master Pro +++ Blackstar HT Club 40 MK III +++ Aguilar SL 110 +++ Beetronics Seabee +++ 901SOUND Fulcrum EXP

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