Japan Vintage: Kawai Teisco Violin-Bässe

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(Bild: Lothar Trampert)

Instrumente von Kawai Teisco kennt in Mitteleuropa fast jedes Gitarrenkind, denn aus dieser speziellen japanischen Fabrik kamen die legendären Hertiecasters – einfache Solidbodies mit einem, zwei, drei oder vier Tonabnehmern. Sie waren die günstigsten E-Gitarren auf dem Markt und hatten eigentlich in ihrem Preissegment nur die etwas teureren holländischen Egmond- und italienischen Eko-Instrumente als Konkurrenz.

Die in Tokyo ansässige Firma Teisco wurde 1946 von Atswo Kaneko und Doryu Matsuda gegründet und stellte ab den 60ern E-Gitarren, Verstärker, Synthesizer und Schlagzeuge her, die auch in die USA und nach Europa exportiert wurden. 1967 übernahm der Kawai-Konzern das Unternehmen.

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Schaut man sich mal an, unter welchen Produktnamen Kawai Teisco am Markt aktiv war, dann hat jede(r) von uns schon mal so ein Instrument in der Hand gehabt: Die Hausmarken hießen Del Rey, Kawai, Teisco und Teisco Del Rey, außerdem stellte man in den 60ern auch einen Teil der Ibanez-Instrumente her, und für andere Vertriebe wurde unter den Markennamen bzw. Labels Apollo, Aquarius, Arbiter, Audition, Beltone, Black Jack, Cameo, CBS, Cipher, Concert, Crown, Daimaru, Decca, Diasonic, Domino, Duke, Emperador, Holiday, Imperial, Jedson, Kay, Kent, Kimberly, Kingsley, Kingston, Marquis, May Queen, Minister, Noble, Prestige, Randall, Recco, Regina, Rexina, Sakai, Satellite, Schaffer, Sekova, Silvertone, Sorrento, Sterling, Swinger, Tele Star, Top Twenty, Victoria und Winston gefertigt.

Aufgrund ihrer dezent uncoolen und den Mainstream knapp verpassenden Designs waren diese Instrumente im ausgehenden vergangenen Jahrtausend nur noch wenig geliebt, bis irgendwann schräge Vögel aus alternativen Surf- und Underground-Bands, aber auch Größen wie Ry Cooder, David Lindley, Hound Dog Taylor, Mark Knopfler, Bob Dylan, Daniel Jones von Silverchair, James Iha von The Smashing Pumpkins, Josh Homme von Queens Of The Stone Age und Thurston Moore von Sonic Youth mit Teisco- bzw. Kawai-Gitarren gesichtet wurden.

Außerdem wurde bekannt, dass auch Jimmy Hendrix, bevor er Jimi wurde, eine Ibanez Jet King, made by Kawai spielte, und dass sogar Eddie van Halen mit einer Teisco-E-Gitarre angefangen hat. Das musste dann doch eine Art von Talentfabrik sein, oder? Nein – beachtlich ist nur, dass die zuletzt genannten beiden Herren trotz dieser eher rustikalen Instrumente weitermachten mit dem Gitarrenspiel. Talent und Energie waren demnach schon vorher vorhanden.

Koole Knaben & heiße Bretter: Teisco-Werbung aus den Jahren 1967 bis ‘72. Es war eben eine andere Zeit

 

Mir haben immer die schrägen japanischen E-Bässe aus der Zeit um 1970 besonders gut gefallen, denn sie besaßen so einen eigenen Comic-Touch – und man dachte nicht sofort an Fender Jazz oder Precision, Gibson-EB bzw. Rickenbacker. Im Video von Red Hot Chili Peppers ,Higher Ground‘ spielt Flea einen Teisco NB-4, und auch seine Bass-Kollegin von Blonde Redhead, Kazu Makino, hatte zeitweise einen eigenwilligen Teisco-Bass im Einsatz.

Aber dann kam die große Zeit des Kopierens einer Handvoll amerikanischer Modelle, und die originären japanischen Design gerieten erst einmal für zehn Jahre in den Hintergrund, bis dann ab ca. 1978 Hersteller wie Yamaha, Aria und natürlich Ibanez die Konsequenzen aus dem angedrohten Rechtsstreit aka Lawsuit zogen, und letztendlich wieder aufs exakte Kopieren verzichteten und zu eigenen Kreationen zurückkehrten.

TRENDS

Interessant ist die Preisentwicklung der frühen Japaner: Kostete eine gebrauchte Hertiecaster in den 80er- und 90er-Jahren noch weniger als die vergleichbare Menge Kaminholz, werden heute schon regelmäßig ein paar hundert Euro für die selteneren Ein- oder Vier-Pickup-Modelle aufgerufen. Richtig teuer geworden ist das Manga-taugliche Yamaha-Frühwerk, und auch die ersten Ibanez- und Kawai-Modelle ziehen preislich an. OK, eigentlich zieht ja heute alles an, außer die Löhne – anderes Thema.

Warum erzähle ich das? Damit klar wird, dass der Trend von heute vielleicht das NoGo von gestern ist. Neuer Trend heißt oft nur, dass schon gestern jemand eine gute Idee hatte, für die man sie oder ihn vorgestern noch ausgelacht hätte. Damit wird klar, dass es sich auch immer lohnen kann, da hinzugucken und/oder hinzuhören, wo kein Gedränge ist. Originalität gibt es nun mal nicht von der Stange oder als Instant-Tee.

Und man kann in der unendlichen Welt der Musik(instrumente) extrem vieles entdecken, was zu einem passt, was einen inspiriert und vielleicht sogar, in Kombination mit spielerischer Originalität, zu einem eigenen Sound verhilft. Das gleiche gilt übrigens auch für die vielen schönen und schrägen Instrumente, die in den 50er- bis 70er-Jahren in Deutschland und Europa hergestellt wurden.

Rarität von Teisco Kawai: Ein Cameo Fretless Bass, basierend auf Gibsons EB-1.

 

Meine Instrumente für diese Ausgabe sind eher dezent skurrile Spezialfälle, zwei Shortscale-E-Bässe, die wie aus der Zeit gefallen wirken – mehr oder weniger Gibson-Kopien, allerdings mit klassischen Bezügen nach Old Europe, und natürlich mit japanischer Handschrift, was die Qualität der Verarbeitung angeht: Ein Cameo Violin Fretless E-Bass, vermutlich aus den frühen 1970er-Jahren, made in Japan bei Kawai Teisco! Oder ist es eher ein Aria, Apollo, Estrada, Ibanez, Leonardo, Orlando oder Zenta?

Ehrlich gesagt konnte ich es nie hundertprozentig klären, weil es zu viele Überschneidungen und Parallelen gibt und kein Logo oder Ähnliches zu entdecken ist. Jedenfalls wurde das hier zu sehende Modell klar inspiriert vom legendären Gibson EB-1 von 1953, dem ersten Violin-E-Bass, der auf der Idee eines verkleinerten Kontrabasses basierte und den man, mit Hilfe eines Stachels, der in den Korpus verschraubt wurde, auch upright, also als Standbass spielen konnte. Dieses Modell wurde von 1968 bis 1970 noch mal für kurze Zeit neu aufgelegt.

Cameo, Aria, Estrada, Kawai? Auch diese Variation des legendären EB-1-Themas von 1953 gab es von diversen japanischen Labels.

 

Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Gibson-Vorbild mit konventioneller Kopfplatte ist die klassische Scroll-Variante des Cameo, also einem Headstock, ähnlich dem eines Kontrabasses. Ende der 60er-Jahre war dieses klassische Detail auch beim legendären Ampeg-Bass AUB 1 zu finden. Und dann gab es auch noch die häufiger zu findende bundierte japanische Variante dieses Instruments, sogar mit den klassisch-korrekt angesetzten Stimmmechaniken, die seitlich an der Kontrabass-Kopfplatte befestigt waren, und natürlich den in die Decke gefrästen Pseudo-F-Holes.

Diesen Bass gab es fast baugleich auch von Aria und Estrada. Beide Instrumente sind handlich, relativ leicht, etwas kopflastig und absolute Hingucker! Der Sound ist schön knarzig, halbdumpf, immer tragend und im Fall des Fretless-Basses ganz eigenwillig und definitiv weder Jaco Pastorius noch Paul McCartney.

Die ein paar Jahre nach Gibsons EB-1 entstandenen deutschen Variationen des Themas – allen voran Höfners 500/1 von 1956 – sind ja durch Paul McCartney und die Beatles legendär geworden. Aber auch andere europäische Hersteller wie Klira, Hoyer, Hüttl, Otwin, Perlgold, Egmond und Eko haben sich in den 60ern an eigenen Violin-Bässen versucht.

Wer sich für das Thema interessiert, findet auf www.violinbasses.com eine ordentliche Menge Anschauungsmaterial – diese Vielzahl der verschiedenen Versionen hat mich ehrlich gesagt sehr überrascht. Außerdem interessant ist das Buch ‚History Of Japanese Electric Guitars‘ von Frank Meyers, erschienen 2015 bei Centerstream/Hal Leonard.

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2021)

Produkt: Gitarre & Bass 5/2022 Digital
Gitarre & Bass 5/2022 Digital
IM TEST: Zoom B6 +++ Framus Wolf Hoffmann WH-1+++ Valco FX KGB Fuzz, Bloodbuzz und Five-O +++ Sandberg California Central +++ Origin Effects Bassrig +++ Lava ME 2 Freeboost & ME 3 +++ One Control Strawberry Red +++ Fender Player Plus Meteora HH & Active Meteora Bass +++ Marshall 2525H & JVMC212 Black Snakeskin LTD

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Kompliment,eine sehr ausführliche und interessante Story über die Fa. Kawai.
    Ich besitze noch eine alte,sehr gepflegte Kawai Aquarius im Strat-Design.Klingt perfekt,ist top verarbeitet,und heute im Originalzustand extrem selten geworden! Bin sehr froh,daß ich sie vor etwa 10 Jahren von einem privaten Sammler gekauft habe.

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  2. Ich hab auch eine Aquarius! Anfang der 80er wurden die gebaut. Candy Apple Red, 2 Humbucker mit push/pull switch, 600,- DM hat meine damals gekostet. Spielt sich butterweich. Klasse Gitarren!

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  3. Ich meine auch so ein Instrument früher bei den Black Crowes gesichtet zu haben. Auf jeden Fall eine sehr interessante Optik !

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