Ein breites Arsenal an Sounds

Hohl, aber glücklich: Lakland Skyline Hollowbody-30

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(Bild: Dieter Stork)

Mitte der 1990er Jahre betrat mit Lakland ein neuer Name das Parkett der Bassmarken. In einem Entwurf trafen sich da Fender- und MusicMan-Gene, der durch die charakteristische Pickupbestückung mit einem am Steg positionierten Abnehmer im Stil des Stingray und einem weiteren im Jazz-Bass-Format am Hals gekennzeichnet war – inspiriert vom Warwick Dolphin Pro I.

Vor allem in der fünfsaitigen Bauweise als 55-94 darf man diesen Entwurf getrost zu den modernen Klassikern zählen. Neben diesem und weiteren, eher fenderartigen Bässen hat die Firma aber auch schon lange eine Vorliebe für ganz andere Formen gezeigt.

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SCHNITZEREIEN

Ein Beispiel ist der Decade, den wir letztes Jahr getestet haben, oder der Hollowbody, der in Zusammenarbeit mit Michael Tobias entstand. Was uns zu unserem Testbass bringt, der sich als Hollowbody-30 vorstellt. Damit gibt er schon zwei wesentliche Merkmale preis: Zum einen ist es eine Konstruktion mit Luft im Bauch, zum anderen hat er eine Mensur von 30 Zoll – ein Shortscale-Bass also. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft – vom EB-2 und Rivoli bis zum Beatle- und Club-Bass. Lakland verspricht jedoch, mit dem HB-30 einige Eigenheiten der Vorfahren anzugehen.

Das beginnt beim Korpus, der weder beleistet ist noch einen soliden Mittelblock eingeleimt bekommen hat, sondern aus einem Stück Mahagoni geschnitzt wird, auf das anschließend eine ebenfalls geschnitzte Decke aus Ahorn aufgeleimt wird. In der Form ist der Bass von italienischen Entwürfen aus den 60ern inspiriert (die Familie der Inhaber von Hanson Musical Instruments, die Lakland 2010 übernommen haben, hat dort ihre Wurzeln), aber auch Teisco blinzelt um die Ecke. Getreu dem „form follows function“-Gedanken liegen Korpusform und Konstruktion aber auch ganz funktionale Überlegungen zugrunde. So soll der Korpus so geschnitten sein, dass der 12. Bund beim Spielen dort ist, wo man ihn auch bei einem Longscale erwarten würde. Die aufwendige Schnitzerei soll einerseits ein gutes Gewicht sicherstellen und andererseits eine gute Tragbarkeit ohne Kopflastigkeit bieten. Außerdem ist der Korpus so stabil, dass statt einer „schwebenden“ Konstruktion mit Saitenhalter und aufgesetzter Brücke à la Höfner die gewohnte Lakland-Brücke mit ihrer typischen, ovalen Grundplatte montiert werden kann.

(Bild: Dieter Stork)

Normaler in der Konstruktion ist da der Hals. Dieser besteht aus leicht geflammtem Ahorn mit einem aufgeleimten Griffbrett aus Pau Ferro, welches eine schicke Einfassung verpasst bekommen hat. Zwanzig eher zierliche Bünde vom Typ „Vintage Spaghetti“ gibt es zu bespielen, Dots in den üblichen Lagen weisen den Weg. Während der „große“ Hollowbody noch eine ganz eigene 2/2-Kopfplatte hatte, gibt es beim HB-30 einen regulären Headstock, bei dem alle vier Hipshot-Mechaniken auf links montiert sind. Der Saitenzug ist sehr schön gerade und ein Saitenniederhalter gibt der D- und der G-Saite zusätzlichen Druck im Kunststoffsattel. Dieser ist mit 38 mm so breit wie ein normaler Jazz Bass und soll so zu einem gewohnten Spielgefühl beitragen. Mit vier Schrauben ist der Hals mit dem Korpus verbunden. Anders als bei den Klassikern, die hier meist eingeleimt waren. Die Brücke hatte ich bereits erwähnt. Ergänzend sei gesagt, dass die Saiten durchgefädelt werden müssen und die Saitenreiter für Höhe und Oktave eingestellt werden können. Der Saitenabstand beträgt feste 19 mm, was ebenfalls dazu beitragen soll, dass man sich wenig umgewöhnen muss. Die chromgekappten, in flachen Rahmen montierten Pickups sind Singlecoils mit „extended range“, wie Lakland schreibt. Aufgrund des großen Abstands zwischen Hals- und Steg-Pickup kommen fast Höfner-Vibes auf.

(Bild: Dieter Stork)

In Form und Farbe zwinkert auch das Schlagbrett aus Cream Pearl Richtung Höfner Club Bass, obwohl es lediglich mit drei Schrauben auf der Decke befestigt ist. Geregelt wird – schlicht, aber absolut ausreichend – mit zweimal Volume und einmal Tone. Wer schon einmal ein Kabel an ein Poti eines semiakustischen Instruments anlöten durfte, kennt die nervenraubende Fummelei, beispielsweise ein Tonpoti aus dem Korpus zu manövrieren. Der Lakland macht es einem da leicht: Eine ganz normal verschraubte Abdeckung ermöglicht auf der Rückseite den Zugang zur Elektrik. Zu sehen gibt es anständige Potis, saubere Lötarbeit und etwas lange Kabel, aber wenig Hohlraum. Dafür ist die Dicke der Decke gut zu erkennen. Auch das schicke Schalloch lässt wenig erkennen, aber ich kann sauber von Hand aus dem Deckenholz geschnitzte Streben fühlen.

Soundcheck und Resümee auf Seite 2

(Bild: Dieter Stork)

SOUNDS!

Auch wenn Lakland ein gewohntes Spielgefühl verspricht, brauche ich einen Moment der Eingewöhnung. Im Sitzen geht das schnell, im Stehen muss ich die doch recht große Kopflastigkeit durch das Auflegen des rechten Arms zähmen, was sich durch den kompakten Korpus anders anfühlt, aber durch das Gewicht von nicht mal 3,4 Kilo am Ende sehr komfortabel wird. Die Saitenlage könnte für meinen Geschmack noch flacher sein, aber der Reiter für die G-Saite liegt schon auf. Ist nicht völlig unbequem, zudem die kurze Mensur für weichere Saitenspannung sorgt, aber die Vorzüge der geplekten Bundierung kann der Bass so noch nicht ausspielen. Da müsste noch ein Shim her – oder lieber noch ein Hauch mehr Halswinkel ab Werk. Überraschend ist beim ersten trockenen Anspielen die akustische Lautstärke, die ich bei hohlen oder teils hohlen Bodies eigentlich nicht erwarte. Sie reicht natürlich nicht aus, um gegen eine akustische Gitarre anzukommen, aber unplugged zu üben macht auf jeden Fall Laune! Diese wird jedoch durch ein rasselndes Geräusch getrübt – der Fluch dieser Bauform … Da ich die üblichen Verdächtigen kenne und eine Steg-/Saitenhalter-Kombination ausscheidet, lande ich schnell beim Halspickup. Solange ich beim Spielen den Daumen darauf abstütze, ist alles ruhig. Stärkere Federn oder Silikonschläuche sollten Abhilfe schaffen.

Die gute Nachricht: Über den Amp hört man davon nichts. Dafür gibt es einen holzigen Ton mit leicht hohler Note und einen stabilen Bassbereich, der für Shortscales wie (Semi-)Hollowbodies gleichermaßen ungewöhnlich ist. Auch die Ausgeglichenheit, mit der das Klangbild der Saiten untereinander bis zum tiefen E gleich bleibt, ist beeindruckend. Und das akustisch hörbare Nebengeräusch ist am Amp nicht präsent. Damit noch nicht genug der guten Nachrichten: Auch die Nebengeräusche der einzeln betriebenen Singlecoils halten sich sehr in Grenzen. Das ist schön, weil sie auch einzeln ihre Qualitäten haben. Der Halsabnehmer glänzt mit großer Tiefe und eignet sich sowohl für British Beat als auch für Reggae- oder Kontrabass-ähnliche Sounds. Der Pickup am Steg hat genug Abstand zu selbigem und dadurch eine gute Tragfähigkeit, gepaart mit ansonsten sehr durchsetzungsfreudigen Mitten. In Kombination mit dem überdurchschnittlichen Sustain, das tiefe Töne satt stehen lässt und in hohen Lagen sehr schön anfängt zu singen, sowie einer über den gesamten Regelweg nutzbaren Tonblende, kommt bei mir reichlich Spielspaß auf und ich bekomme große Lust, in langen Sessions die unterschiedlichen Stimmnuancen auszuloten.

RESÜMEE

Lakland verspricht, mit dem „Hollowbody-30“ alle positiven Eigenschaften dieser Bauform kompromisslos umzusetzen und gleichzeitig alle negativen Eigenschaften hinter sich zu lassen. Bis auf das leicht zu behebende Federrasseln und die beherrschbare Kopflastigkeit ist das auch gelungen – und wie! Der Bass strotzt vor Charakter und Persönlichkeit und verfügt über ein breites Arsenal an Sounds – immer mit einer holzig-akustischen Grundierung. Seine Stärken, das langanhaltende Sustain und die Gleichmäßigkeit und Stabilität im Bassbereich auf allen Saiten, sind für diese Bauform wirklich ungewöhnlich. Die aufwendige Bauweise des Bodies hat ihren Preis. Ich hätte mir dennoch ein mitgeliefertes Gigbag gewünscht. (Der HB-30 ist etwas zu groß für ein E-Gitarren-Bag, während normale Bass-Bags wieder viel Platz an der Kopfplatte lassen.) Dennoch: Wer in diesem Segment sucht und seinem vorhandenen Solidbody-Bass-Bestand eine ganz eigene Note hinzufügen möchte, sollte den Lakland unbedingt anspielen! ●

Plus

● Sounds
● Bespielbarkeit
● Pickups
● Ausgewogenheit der Saiten
● Verarbeitung
● Bünde geplekt

Minus

● minimale Saitenreiterhöhe könnte gerne tiefer sein
● kein Gigbag


(erschienen in Gitarre & Bass 11/2025)

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