Mix it up, baby!

Harmonisch gewürfelt: Gamble Guitars Craps im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Mit dem Rockfire-Design hat sich Sascha Proske von Gamble Guitars bereits seinen eigenen Klassiker geschaffen. Aber natürlich bleibt da noch Spielraum für weitere Entwicklungen, wie das neue Modell Craps nachdrücklich beweist.

MIX IT UP, BABY!

Man wollte eine Gitarre bauen, die nur schwerlich mit anderen vergleichbar ist, aber dennoch eine vertraute Ausstrahlung hat, und dabei Bezüge zur klassischen Bauweise wahren. So scheint der Name Craps (ein beliebtes Würfelspiel in Las Vegas) gut gewählt, denn die verschiedenen Zitate und Anleihen in dieser Konstruktion könnte man durchaus auch zusammengewürfelt nennen, das aber mit erfreulich harmonischem Abgleich.

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Details: Für den Korpus mit einer Plattenstärke von gut 3,6 cm und leicht asymmetrisch versetzter Taille – oben ein Hauch von Tele, unten eher LP Junior, das alles aber mit Tendenz zur Brettstärke einer SG – kam Cedro (Spanish Cedar) zum Einsatz. Die in Mittel- und Lateinamerika verbreitete Art Cedrela/Cedro gehört zur Familie der Meliaceae und ist verwandt mit echtem Mahagoni, ja, weist sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit leichtem Swietenia auf. Konturen für die Armauflage sorgen für eine komfortable Handhabung. Die offenporige Nitrolackierung in Dakota Red bekam ein kraftvolles Aging (auch dafür wird ein Aufpreis fällig).

Cedro-Korpus in hübsch lädiertem Dakota Red (Bild: Dieter Stork)

Auch der in Höhe des 19. Bundes mit weichem, diagonal abgeglichenem Übergang eingeleimte Hals wurde aus Spanish Cedar gefertigt. Sein rundliches Profil mit ganz leichter Tendenz zum V wurde für das gewünschte Vintage-Feeling in „aged Vintage Brown“ mit Nitro versiegelt und angeschliffen.

(Bild: Dieter Stork)

Im dicken Griffbrett aus Ebenholz, das in Verbindung mit dem eher weichen Cedro für Stabilität sorgt, finden kantenglatt verarbeitete Medium-Jumbo-Bünde und die aufpreispflichtigen „Ace of Spades“-Inlays Platz.

Ebenholzgriffbrett mit „Ace of Spades“-Inlays (Bild: Dieter Stork)

Der Übergang zur Kopfplatte ist durch eine Volute unterhalb des Knochensattels verstärkt. Der Headstock wurde mit dem Firmenlogo auf schwarzem Grund sowie Tulip-Mechaniken in 3+3-Anordnung versehen. Die Saiten schwingen mit einer Mensur von 63,5 cm zwischen dem Sattel und der Wraparound-Bridge von Faber mit kompensierter Saitenauflage.

Elektrik: Analog zum formalen Stilmix der Craps gibt es, sozusagen als gemischtes Doppel, ein Tonabnehmer-Set von Harry Häussel. Am Hals finden wir, auf das weiße Schlagbrett geschraubt, den Broad-Tele-Single-Coil-Pickup und am Steg den ins cremefarbene Rähmchen montierten VIN-B-A2-Humbucker. Geschaltet werden die Pickups konventionell mit einem auf das obere Korpushorn platzierten Dreiwege-Toggle, verwaltet mit generellen Volume- und Tone-Potis (CTS). Die satt laufenden, griffigen Alu-Knöpfe haben, passend zu den übrigen Inlays, die Kartenfarbe Pik aufgeprägt. Die Gamble Guitars Craps gibt es neben Dakota Red noch in Schwarz und Sonic Blue (weitere Farben gegen Aufpreis auf Anfrage möglich).

ONE FOR ALL?

Der erste Eindruck: ein Leichtgewicht, das sich sofort richtig anfühlt und trotz seines eher zierlichen Zuschnitts doch mit einem profunden, harmonisch aufgelösten Basis-Sound antritt. Nicht zuletzt ist auch das toll geschnittene Halsprofil zu loben, welches dank sauber abgeglichener und glanzpolierter Bundierung für spontanes Spielvergnügen sorgt – da wurde schon einmal sehr viel richtig gemacht!

Soundcheck & Resümee auf Seite 2


Vertraut und doch anders: Die Craps zeigt Anleihen von Tele, Les Paul Junior und SG. (Bild: Dieter Stork)

Die Tonhölzer sind gut gewählt, nicht ohne Grund ist Cedro mit Ebenholzgriffbrett auch die erste Wahl für Hälse im gehobenen Konzertgitarrenbau und für eine ganzheitliche Anwendung ist Cedrela offensichtlich auch bestens geeignet. Das akustische Klangvermögen der Craps ist natürlich auch der Konstruktion mit eher flach gehaltenem Korpus, 635-mm-Mensur und Wraparound-Bridge zu danken. Der stimmige Ausgleich zwischen den wirkenden Kräften und die bedachte Auswahl der Komponenten führt hier zu einer klar definierten Aussage und erfreulich lebhaftem Schwingverhalten.

Gamble arbeitet nun schon seit Längerem mit Harry Häussel zusammen und der liefert auch für die Craps die passenden Pickups: Der Broad-Pickup am Hals ist ein Singlecoil mit AlNiCo5-Magneten für die Reproduktion des klassischen Tele-Sounds der 50er-Jahre. Er sorgt für einen ungemein klaren Ton von angenehmer Farbe mit weich gerundeten, offenen Höhen. Tief greifend und doch konturiert in den Bässen, gefällt er mit schmachtend kehligem Ausdruck.

Effektiv: Abwechslungsreicher Pickup-Mix von Harry Häussel (Bild: Dieter Stork)

Was sich schon bei klar eingestelltem Verstärker mit Stil und Finesse empfiehlt, lässt sich auch im Overdrive nicht lumpen. Straff und kernig sind wir nun im Bereich Powerchord unterwegs, wechseln dann locker in den Lead-Modus mit singendem Ton, der bemerkenswert fest intoniert und mit guter Länge ausschwingt. Tonfarblich kommt man jetzt nicht unbedingt auf Tele, was aber kein Schaden ist, bei so viel Singlecoil-Eleganz.

Mit dem VIN B A2 am Steg haben wir einen nur leicht stärker gewickelten Humbucker am Start, der nicht unbedingt auf aggressive Tonübertragung ausgerichtet ist. Dennoch tut es einen ordentlichen Satz nach vorn, wenn wir vom Hals-Pickup auf den Humbucker schalten. Das Klangbild engt dabei ein, erscheint deutlich kompakter und drückt kraftvoll aus der Mitte heraus. Bemerkenswert ist die harmonische Geschlossenheit, mit immer noch offenem Höhenanteil in der Darstellung. Schon clean gespielt ist die pointierte Umsetzung und kompakte Griffigkeit im Akkord überzeugend. Unter Zerrbedingungen nehmen Quintakkorde noch an Dichte zu und federn leichtfüßig aus den Speakern.

Das hat nun nicht gerade den Tiefgang einer Les Paul, was den Bass- und unteren Mittenbereich angeht, dafür ist aber die Ansprache superleicht und die Präsenz beeindruckend. Solospiel kann sich auf markante und anschlagsgerechte Tonumsetzung stützen und in verschärften Gain-Einstellungen ist der schlotzig anschmelzende Ton nicht weniger als eine Wucht. Feinstufig lässt sich der Zerrgrad auch mit dem Summenregler kalibrieren.

In der Zusammenschaltung beider Pickups ist nun auch noch eine weitere, sehr reizvolle Klangvariante angelegt, denn dieser Sound öffnet sich toll und glockig, und bringt eine gewisse Kehligkeit mit dem Schmiss des Steg-Pickups in Verbindung. Das funktioniert in allen Amp-Einstellungen bestens, besonders viel Freude kommt aber bei halbbösem Crunch und rhythmisch alternierendem Spiel von Bass- und Diskantsaiten auf. Alles in allem ist die Craps erfreulich wendig mit ihren drei erstklassigen Sounds! Ein Hinweis noch: Für bestimmte Spieltechniken könnte die Platzierung des Toggle-Switches etwas kritisch sein. Je nach Handhaltung ist er schnell mal im Weg.

RESÜMEE

Ein tolles Instrument ist diese kleine rote Gitarre! Mit dem leichten und vielseitigen Modell Craps kann für Gamble Guitars eigentlich gar nichts schiefgehen. Man bewegt sich mit dieser stimmig gestalteten Gitarre auf irgendwie vertrautem Boden, irgendwo zwischen Tele, Junior, SG oder den alten Epi-Solidbodys – allesamt klassische Designs mit ebensolchen Klangprägungen.

Aber die Mischung der Komponenten unter dem Hauptaspekt der Materialwahl (Cedro/Ebenholz) bringt hier doch auch eine gewisse Eigenständigkeit. Der Singlecoil und der Humbucker bieten jeweils bemerkenswert charaktervolle Sounds und zusammengeschaltet eine inspirierende dritte Klangvariante.

Vintage-Anmutung, geschmeidige Haptik und ein kraftvoll rundlich dimensionierter, perfekt auf den Punkt gezogener Hals machen die Ente endgültig fett. Vom gleichnamigen Würfelspiel kann man das mit Sicherheit nicht erwarten, aber wer die Craps von Gamble Guitars spielt, hat schon gewonnen!

PLUS

  • originelles Design
  • stimmige Cedro-Konstruktion
  • Leichtgewicht
  • Häussel-Pickup-Mix
  • Sound-Palette
  • Ebenholzgriffbrett mit blitzsauberer Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

MINUS

  • Positionierung des Pickup-Schalters (je nach Spieltechnik)


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2023)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Grundpreis ab 2.990.-€uro? Ja,sicher,ganz klar,handgebaute Gitarren aus guten Hölzern und top Hardwarekomponenten haben ihren Preis.Aber,da wüßte ich garantiert ein ganz anderes regionales kleines Custom-Handmade Label im brandenburgischen Hennigsdorf/bei Berlin in der Feldstrasse,bei dem die Preise für eine zu 100% handgefertigten E.-Gitarre bereits ab knapp 1.000.-€uro käuflich zu erwerben ist! Und ja,zweifellos,bedeutend teurer geht immer.

    Fairerweise möchte ich jedoch hier anmerken,daß mir die Formgestaltung der exorbitant hochpreisigen „Craps Solid-E.-Body Guitar“ von Gamble Guitars optisch zumindest sehr gut gefällt.Auch das schlichte Design der Kopfplatte des besagten Modells sieht schön aus.Was mich allerdings wirklich stört,ist wie schon gesagt,der Preis für das Basismodell „Craps“.Und dann sogar zirka 3.240,-€uro für eine extra lädierte,und mit einfachen „Ace-of-Spades-Inlays“ auf dem Griffbrett versehene elektrische „Craps“ begeistern da anscheinend nur extrem zahlungsfreudige Sammlerfetischisten,die vermutlich auch mit speziell eingeschlagenen Nägeln auf dem Gitarrenkorpus in „echter“ Relic-Manier erst so richtig zufrieden zu sein scheinen?!?

    Aber,gut,jedem das Seine.Es lebe die Toleranz,Akzeptanz und Vielfältigkeit der Saiteninstrumente.Schließlich ist eine rundum absichtlich lädierte hochpreisige E.-Gitarre aus deutschen Landen zweifelsohne ein Unikat,das Aufsehen erregt.Die „Craps“ polarisiert natürlich ohne Frage,und ist in die Kategorie der „außergewöhnlichen“ Gitarren einzuordnen.

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  2. Hallo Polarstern,

    ich lese gerade deinen Kommentar und muss da einfach mal drauf Antworten 😉 wirklich nicht böse gemeint einfach um Fakten darzustellen. Also 1000€ handgefertigt ist schonmal ne krasse Sache. Kleine Rechnung:

    1000€ wovon schonmal 19% MwSt. runter gehen. Da haste schonmal nur 810€ in der Kasse. Material, also Holz, Pickups, Mechaniken, Lack, Brücke, Schrauben,Schlagbrettmaterial und und und musst du ja auch kaufen. Machen wir das mal sehr günstig und sagen 500€ ( kommst du bei guter Hardware schon nicht hin). Dann bleiben dir also 310€. Ach scheiße, das Finanzamt und die Stadt (Gewerbesteuer) wollen ja auch ca.40% vom Gewinn, da bleiben dann noch unter 190€ übrig. Jetzt rechne mal den Stundenlohn für bestimmt 30Std. Oder lass es einfach mal 20Std. sein, wir sind ja mal großzügig. Sind 9,50€ Stundenlohn. Dann haste aber noch keine Werkstatt, keine Werkzeuge, keine Krankenkasse, keine Versicherung..da bleibt dann quasi ein Minus übrig.

    Das kann man zu so Preisen aus Spaß machen, aber nicht um davon zu leben. Und das sollte es dir schon Wert sein, dass der Gitarrenbauer bei dem du deine Klampfe bauen lässt von seiner Arbeit leben kann und seine Familie ernähren kann. Sonst würde es diese in Deutschland nicht geben.

    Das man soviel nicht ausgeben möchte ist eine andere Geschichte, kann auch nicht jeder. Aber dein Ansatz zu dem Preis hat mich etwas verwirrt 😉 ist wirklich nicht böse gemeint aber manchmal übersieht man so einiges….

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    1. Hallo Sascha, ich muss Dir da zu 100% zustimmen. 1000,- € für eine in D handgemachte Gitarre ist illusorisch. In Indonesien oder China für 50 Cent Stundenlohn mag das gehen, aber hier definitiv nicht. Ob es 3250,- und mehr sein muss, liegt im Auge des Käufers. Wenn ihm/ihr das Made in Germany und das Know/How des Meisters das wert ist, warum nicht. Eine Nik Huber Orca59 Marsden geht auch füe 16000,- über den Tisch, oder eine Frank Hartung Embrace Deluxe für 9-12K. Also alles eine Sache von Angebot und Nachfrage.

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