Electric Swedish guitar

Hagstrom Viking Deluxe im Test

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In den Gitarren-Geschichtsbüchern ist ja festgeschrieben, dass das Kürzel ES für „Electric Spanish“ steht. Doch ich würde meine letzte Öre darauf verwetten, dass das in Schweden anders gesehen wird. Dort steht seit den 1960er- Jahren ES nämlich für „Electric Swedish“. Mit gutem Grund …

(Bild: Dieter Stork)

Und dieser gute Grund wird uns heute mal wieder vor Augen geführt – in einer Custom-Version der Hagstrom Viking Deluxe, die es in dieser speziellen Ausführung nur 96 mal in Deutschland, Österreich, Schweiz und BeNeLux gibt.

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Custom

Die Viking ist neben der Swede das bekannteste Gitarrenmodell der Schweden. Wenn die Swede einem wie der Les-Paul-Typ im Hagstrom- Lager vorkommen mag, so könnte die Viking der ES-335-Typ aus dem rauen Norden sein. Aber so einfach wollen die Schweden diese Kategorisierung nicht sehen. Mit Recht, denn beide Modelle zeigen Features, die aus den ganz sicher sehr bekannten Schnittmustern eigenständige Versionen entstehen lassen.

Wobei die Viking auf den ersten Blick jedoch schon signalisiert: „Wenn ihr 335- Sound sucht, dann testet mich mal an. Schließlich bin ich die schönere Braut!“ Was irgendwie auch stimmt, besonders in diesem Fall. Denn zu dem charakteristischen Hagstrom-Kopf kommt die für diese limitierte Auflage aufgelegte Farbe Emerald Green Metallic, die in Verbindung mit dem elfenbeinfarbenen Binding um Decke, Boden, Kopfplatte und Griffbrett und dem durchsichtigen Schlagbrett einen prächtigen, ja irgendwie königlichen Eindruck macht. Und das auch mit dem klassischen Hagstrom-Wappen am Ende des Saitenhalters als sprichwörtliche Kirsche auf der Sahnetorte.

Ein königlich anmutendes Wappen ziert den Saitenhalter der Viking. (Bild: Dieter Stork)

Die Bauweise ist aber tatsächlich nur zum Teil klassischer 335-Stil. So besteht der Korpus zwar komplett aus fünfschichtigem Ahorn- Laminat und der Sustainblock aus Ahorn, aber schon bei der Halskonstruktion geht Hagstrom seinen eigenen Weg. Denn der ist aus kanadischem Ahorn (ES-335 = Mahagoni), das Griffbrett aus dem für Hagstrom-typischen Material Resinator, mehrschichtig miteinander verleimte Ebenholz-Blättchen. Ein nicht nur unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit gutes Verfahren, sondern auch einem massiven Holzgriffbrett klanglich ebenbürtig und in der Verwindungssteifheit sogar überlegen. Im Hals sorgt der H-Expander für Stabilität, eine Stahlstab- Variante, die Hagstrom bereits seit den 1960er-Jahren verwendet.

Anschwitzen

Dieser fette Semiakustik/Humbucker- Sound ist doch wie geschaffen, um einen Röhren-Amp zum Schwitzen zu bringen. In der oftmals vernachlässigten Mittelstellung erklingt ein im Anschlag fetter und im Nachklang durchsetzungsfähiger, wendiger Blues-Sound, der sich vor allem dann gewaschen hat, wenn der Verstärker- Sound so gerade eben aufbricht! Volle Dynamik, satte, je nach Anschlagsposition und Pickupwahl volle bis bissige, aber immer ausdrucksvolle Sounds. Der Hals-Humbucker tönt wie erwartet vollmundiger und runder bis hin zu einem veritablen Jazz-Sound, der Steg- Kollege knochiger und direkter – ideal für Rock & Roll (clean), perfekt für Riffs (crunchy), astrein für Rock (verzerrt).

Markant: Die Kopfplatte der Viking mit Hagstrom-Logo und Fleur-de-Le-Einlage (Bild: Dieter Stork)

Hier in der Deluxe Custom kommt die bekannte Vielseitigkeit des Semiakustik-Konzepts voll zum Tragen, allerdings mit einer Schippe mehr Muskelfleisch, als man das von anderen Vertretern dieser Gattung kennt. Sehr interessant auch die Singlecoil-Sounds, die mehr als nur eine nette Dreingabe darstellen. Erstens entsteht kaum ein Lautstärkeabfall zum Humbucker-Modus, zweitens tönt es lebendig, transparent und klar, aber im Grunde immer noch mit diesem fetten Attack. Würde ich auf richtig verzerrte Sounds verzichten können, käme ich auch mit diesen Singlecoil-Sounds alleine klar, so vollwertig fallen sie bei diesen Pickups aus. Wobei – gegen die Blues- und Rock-Sounds der Humbucker kann man sich auch kaum wehren; insofern ist es gut, dass wir beides an Bord haben. Diese 58C- sind heißer als die Pickups der Serien- Viking-Deluxe, aber sie haben meine irgendwie angeborene Skepsis gegenüber heißen Pickups eindeutig wiederlegt – hier bedeutet Mehr tatsächlich mehr.

Diese Humbucker heißen 58C, sind eine Spur heißer als die der Serien-Viking und splitbar. (Bild: Dieter Stork)

Alternativen

Oh je – das ganze Feld der ES- 335-Derivate aufrollen, das wollt Ihr doch jetzt nicht von mir verlangen. Oder doch? Schauen wir uns mal die Kandidatinnen im preislichen Umfeld der königlichen Hagstrom an. Da wäre als erstes natürlich das Serien-Modell der Viking Deluxe zu nennen, die bis auf die Pickups und die optische Erscheinung mit der Custom- Version identisch ist und dafür ca. € 200 günstiger zu haben ist. Von Epiphone gibt es die Sheraton II für ca. € 555, noch günstiger ist die Epiphone The Dot für ca. € 325, die natürlich alle beide dem ES- 335-Vorbild folgen. Mit den AS73 (ca. € 400), AS93 (€ 620) und ASV100DG (ca. € 900) schickt auch Ibanez starke Konkurrentinnen auf 335-Basis ins Rennen. Die D‘Angelico Premier DC (€ 750) und die Peerless Songbird (ca. € 790) sind ebenfalls zu beachten, genau wie die „etwas andere“ Diamond Imperial (€ 750). Wer die Wahl hat, hat wie immer die Qual …

Resümee

Hagstrom wird auch mit der Viking Deluxe Custom seinem Ruf gerecht, Gitarren in hervorragender Qualität zu einem mehr als akzeptablen Preis anzubieten. Die Verarbeitung ist rundum perfekt, die Ausstattung professionell, die Farbe umwerfend – und die Pickups einfach klasse.

In dieser Kombination und mit den oben erwähnten Features ist die Viking Deluxe Custom viel mehr als nur ein Abklatsch einer Gibson-Semi-Akustik, sondern eine Variante dieses E-Gitarren-Designs, die für ihre eigenen Semiakustik-Sounds steht und dank der Splitcoil-Schaltung mit drei zusätzlichen Sounds gesegnet ist, die es allesamt in sich haben. Also sollte jeder, der in die besondere Welt der Semiakustiks eintauchen will, diese spezielle Hagstrom unbedingt in die nähere Testauswahl miteinbeziehen. Aber Obacht!

In dieser Farbe und mit diesen Pickups gibt es sie nur 96 Mal. Und noch was: Die amerikanische Firma Pantone liefert den Polyester-Lack,mit dem die Viking Deluxe Custom versiegelt ist. 2013 war Emerald Green die Farbe des Jahres in dieser Company, und sie wurde von Pantone mit diesen Worten beschrieben: „Lively. Radiant. Lush … A color of elegance and beauty that enhances our sense of well-being, balance and harmony“. Well said, möchte man den Amis zurufen, und den Hagstrom-Machern: Diese Farben-Symbolik passt doch exakt zur Gesamterscheinung der Viking Deluxe Custom. Und liefert auch noch die passenden Schlussworte zu diesem Artikel.

Plus

  • Sounds
  • Spielbarkeit
  • Vielseitigkeit
  • Pickups
  • Design

Aus Gitarre & Bass 04/2017

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