Q&A of today:

Guild S70D: Das Mahagoni-Brett

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Q: Ich besitze eine Guild S70 in originalem und unverbasteltem Zustand. Ich denke, dass sie sehr selten ist und dass sie trotz ihres sehr guten Sounds nicht gerade erfolgreich gewesen ist. Was kann der Guru mir über dieses Mahagoni-Brett berichten?

Britta Rothe (G&B-Leserin)

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Gab es nur zwei Jahre: Guild S70D (Bild: Britta Rothe)

A: Hallo Britta, deine Guild S70D – so heißt sie richtig – ist tatsächlich eine seltene Gitarre. Guild hat natürlich immer, wie viele andere Hersteller auch, genau beobachtet, was im Lager der beiden großen Firmen Fender und Gibson so vor sich geht. Und da man sich traditionell schon immer mehr an Gibson als an Fender orientierte, hatte Guild – angefangen mit der M- und, ab Mitte der 1960er, der S-Reihe – immer Modelle im Katalog, die auch an die Solidbody-Klassiker des großen Konkurrenten, Les Paul und SG, erinnerten. 1976 runderneuerte man die S-Serie und ging damit einen deutlichen Schritt weg vom SG-Design, das vorher von den anderen Modellen der S-Serie (von S-50 bis S-200) mehr oder weniger adaptiert worden war. Wenn man will, könnte man dieses neue Design als eine in Richtung Stratocaster gemorphte SG-Version interpretieren – und in der Tat bietet diese Gitarre eine deutlich bessere Ergonomie als die anderen S-Modelle, während die grundsätzliche Konstruktion (Mahagoni-Body, Mahagonihals mit Palisandergriffbrett, 628-mm-Mensur) weiterhin eher Gibson-typisch blieb.

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Drei DiMarzio SDS-1 Singlecoils (Bild: Britta Rothe)

Insgesamt gab es sechs Modelle in diesem Stil: S60 (mit einem Guild Humbucker), S60D (mit zwei DiMarzio Singlecoils), S65 (mit einem DiMarzio Dual-Sound- Humbucker) und dann eben deine Gitarre, die S70D mit drei DiMarzio SDS-1 Singlecoils, die 1979 nachgeschoben wurde. Die drei Pickups wurden denn auch ganz Strat-typisch mit einem Fünfweg-Schalter verwaltet. Neben Master-Volume und -Tone gab es noch je einen Phasen- und einen Standby-Minischalter an Bord.

Eine Sonderstellung dieser Serie nahm die S300 resp. S300D ein. Sie war das Top-of-the-line-Modell mit Ebenholzgriffbrett, zwei Guild-, bzw. in der D-Version mit zwei DiMarzio-Humbuckern (PAF am Hals, Super Distortion am Steg). 1980 gab es zudem noch die S400, praktisch eine S300 mit aktiver Elektronik. Dieses Sextett S-Modelle wurde durch die beiden E-Bässe B301 und B302 (mit einem, bzw. zwei Pickups) zu einer vollwertigen, eigenständigen Serie komplettiert.

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Einteiliger Mahagoni-Body (Bild: Britta Rothe)

An der klanglichen und baulichen Potenz dieser Instrumente gab und gibt es bis heute nichts zu meckern. Aber was polarisierte, war dieses merkwürdige Design, das in Insider-Kreisen auch als Bell-Design bezeichnet wird, weil die Designer sich angeblich an einer Glocke orientiert hätten. Mit gutem Willen lässt sich da durchaus auch eine Verwandtschaft feststellen – was den armen S-Gitarren jedoch gar nichts genützt hatte. Denn Guild ersetzte die komplette Serie bereits 1981 durch ein wiederum komplett runderneuertes S-Programm, und das sicherlich nicht wegen zu vieler Bestellungen …

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Mit eingelegtem Guild- Logo und Chesterfield- Emblem aus Perloid (Bild: Britta Rothe)

Die neuen S-Gitarren hatten trotz ihrer sprichwörtlich guten Qualität jedoch eher den Charme allzu glatter, mainstreamiger Fernost-Designs, sodass es kein Wunder war, dass sie im Erfolg der Super-Strats und Vintage-Modelle, die die Gitarrenszene der 1980er-Jahre bestimmten, sang- und klanglos untergingen.

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Die Korpusform soll einer Glocke nachempfunden sein. (Bild: Britta Rothe)

Die S-Serie, die zwischen 1976 und 1981 gebaut wurde und aus der deine S70D stammt, ist sicherlich mit das Eigenständigste, was Guild je hervorgebracht hat. Die Instrumente sehen ungewöhnlich aus, haben einen unverwechselbaren Charakter und liefern klanglich den klassischen Mahagoni-SGSound, der in der Bestückung mit den DiMarzio-Singlecoils zudem noch neue Facetten bekommt. Klar, dass diese Gitarren im Vergleich zu anderen aus der gleichen Zeit auf dem Gebrauchtmarkt meist zu moderaten Preisen von um € 1000 angeboten werden. Dafür bekommt man ganz viel Gitarre – und Aufmerksamkeit umsonst dazu!

>>Siehe auch Marshall-Topteile: Die Unterschiede zwischen SLP und JMP MK II<<

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IM TEST: Guild Surfliner +++ Mooer GTRS +++ Gibson G-45 und G-Writer +++ Schecter dUg Pinnick +++ Blackstar St. James 50 6L6 +++ Line 6 DL4 MKII Delay +++ Walrus Audio Mako M1 +++ Markbass AG1000 +++ Genzler 4 on the floor & re/Q

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Zur Geschichte der Guild S-Serie sollte erwähnt werden, daß es sich nicht um ein eigenständiges Guild-Design handelt. Im Grunde handelt es sich um eine leicht modifizierte Version der Hoyer 50603, die ein paar Jahre früher erschien. Dies lässt sich durch verschiedene Quellen von ehemaligen Guild-Mitarbeitern und Spezialisten dieser Serie belegen.

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