(Bild: Dieter Stork)
PRAXIS
Der Katana Artist bietet, wie bereits erwähnt, mehrere Bedienebenen. Zunächst kann man den Verstärker einschalten und sich über die Bedienelemente direkt zum gewünschten Sound bewegen. Nach kurzer Eingewöhnungszeit entdeckt man die zahlreichen Schalter für verschiedene Voicings und wählt und pegelt die hinterlegten Effekte. Im Handumdrehen kann man die entstandenen Sounds auch direkt am Gerät in 2 x 4 Kanälen ablegen. Im dritten Schritt wählt und justiert man mit der Software die Effekte, konfiguriert die Speakersimulation und die Pedale und bringt die gespeicherten Sounds in die gewünschte Reihenfolge.
Die Pegelsteuerung selbst ist durchaus praxistauglich. Man kann die Endstufe nicht nur zur Verstärkung nutzen, sondern auch klanglich vielfältig verändern und damit den Klangcharakter weiter prägen. So gibt es eine Leistungsumschaltung, die den Sound eines aufgedrehten Verstärkers bei leisen Pegeln ermöglichen soll. Außerdem bietet die Endstufe eine Klangregelung in Form von Presence- und Resonance-Reglern sowie drei virtuelle Gehäusetypen (Vintage, Modern, Deep). In der Praxis lassen sich mit der Kombination aus acht umfassend voreingestellten Sounds, separat schaltbaren Effekt- und Solo-Sektionen ganze Konzerte variabel gestalten.
(Bild: Dieter Stork)
In Kombination mit dem passenden Controller funktioniert das meiner Meinung nach sehr gut. Daher ist der optionale Foot Controller GA-FC oder GA-FC EX sehr zu empfehlen. Letzterer bietet mit sechs Fußtastern und zwei Expression-Pedal-Anschlüssen mehr Bedienkomfort. Das Umschalten aller Kanäle ist damit ebenso möglich wie schnelle Moduswechsel, das Aktivieren einzelner Effekt-Sektionen, des Effekt-Loops oder die Nutzung der Tap-Funktionen für die Delay-Bereiche. Fehlt da eigentlich noch irgend etwas? Ja, ein integriertes Stimmgerät!
KLANG
Unterm Strich zählt natürlich der Klang. Sofern man kein 1:1-Imitat vorhandener Verstärker erwartet, möchte ich dem Katana Artist eine hohe Klangqualität und -vielfalt bescheinigen. Dazu ist der Verstärker rückwärtskompatibel zu seinen Vorgängern und erlaubt somit den Zugriff auf die bisherigen Klänge der Online-Nutzergemeinschaft.
Mit dem Waza Artist Gen 3 kann man nahezu jedes Genre abdecken und gleichzeitig durch die zahlreichen Optionen und Effekte eine eigene Stimme finden, wenn man sich mit dem Gerät auseinandersetzt.
Tatsächlich gefällt mir dieser Ansatz. Es gibt genügend Marshall-, Fender- und Boogie-Imitate. Warum nicht einfach einen guten Klang finden, der zur Musik passt? Das sollte mit etwas Einarbeitung bestens gelingen. Und so wandelte sich meine anfängliche Zurückhaltung irgendwann in Begeisterung.
Zu hören gibt es hervorragende Clean-Sounds, geboostete Crunch-Klänge oder mehr Gain für das Solo, natürlich mit Delay-Fahne. Alles ist schnell am Gerät justiert, mit der App verfeinert und ruckzuck gespeichert.
Die Grundklänge decken ein breites Spektrum ab und agieren durchaus unterschiedlich, dynamisch und mit Charakter. Mit Hilfe der Voicing-Schalter bewegt man sich fließend zwischen uneingeschränkt clean, über angezerrt in verschiedenen Variationen bis hin zum High-Gain-Metal- oder Solo-Sound und in die Sound-Effekte-Abteilung.
Neben den genannten klangformenden Möglichkeiten für Vor- und Endstufe verfügt der Katana Artist sogar über zwei Equalizer pro Kanal zur Klangoptimierung und zusätzlich über einen wahlweise grafisch oder parametrisch ausgeführten globalen EQ, mit dem der Klang nochmals überformt und an die aktuelle Raumsituation angepasst werden kann.
Wenn ich nicht ein bisschen oldschool wäre, könnte ich mir kaum ein kompakteres, autarkes Verstärkersystem für die Bühne wünschen. Klingt es gut? Auf jeden Fall! Klingt und fühlt es sich an wie ein Röhrenverstärker? Eher nicht!
Na und? Wer mit dem Katana Artist Gen 3 nicht vernünftig Musik machen kann, der ist entweder ein totaler Spezialist, ein elitärer Feinschmecker oder voreingenommen.
Zugegeben: Die Lautsprechersimulation fällt eher einfach aus, klingt aber gut. Für Demoaufnahmen würde ich sie einsetzen, im Studio eher weniger. Boss verzichtet auf die Möglichkeit, mit wählbaren Impulsantworten zu arbeiten, sondern bietet drei Szenarien (Studio, Blend, Live) an, für die man dann eine virtuelle Doppelmikrofonierung mit unterschiedlichen Mikrofontypen konfiguriert.
Schließlich darf bei der Beurteilung des Sounds auch die Preisklasse nicht außer Acht gelassen werden. Der Katana Artist Gen 3 vereint für rund 800 Euro einen Modeler, ein Effektgerät, eine Endstufe und eine Box in Personalunion. Damit kostet er rund hundert Euro mehr als ein Kemper Player, ein Line 6 HX Stomp XL und weniger als der hauseigene GT-1000, die alle ohne Endstufe und Box daherkommen. Und damit kämen wir zur …
MARKTEINORDNUNG
Der Katana Artist Gen 3 besetzt ein eigenes Marktsegment. Er liegt preislich unterhalb der klassischen Röhrenverstärker und der Oberklasse heutiger Modeler.
Er verbindet auf praktische Weise das Format und die Bedienung eines konventionellen Verstärkers mit der hohen Funktionalität eines digitalen Systems. Ein cleverer Schachzug, denn sicher gibt es Scharen von Gitarristen, die gerne ein Kabel in den Verstärker stecken und einfach loslegen.
Zumal zu Hause der geschätzte Röhrenverstärker aufgrund seiner ruppigen Pegelsteuerung oft genug einen Strich durch die Rechnung macht. Da kommt ein Katana Artist gerade recht!
Ich stelle auch die These auf, dass viele Musiker sich nicht mit den unbegrenzten Möglichkeiten der digitalen Alleskönner auseinandersetzen wollen. Nun, der Katana hat auch viel zu bieten, aber man kann ihn in wenigen Minuten in Betrieb nehmen und glücklich werden. Dazu braucht es keine App und kein Display.
Aber wer den Forscherdrang in sich trägt, kann auch diesem Wunsch folgen …
Mit diesem Funktionsprofil kann der Katana-Serie ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis bescheinigt werden. Die vorliegende Artist-Version ist günstig genug für qualitätsbewusste Einsteiger, aber auch für Fortgeschrittene, Heimspieler und Musikschulen sicherlich ein sinnvolles und spaßbringendes Arbeitsgerät.
Schließlich kann man sich mit diesem Verstärker je nach Genre auch im Proberaum und auf der Bühne so richtig austoben. Nur eines ist dieser Verstärker mit Sicherheit nicht: Eine endgültige Lösung für Liebhaber edler Röhrenverstärker oder überzeugte Rocker.
RESÜMEE
Der Katana Artist ist für mich ein Wolf im Schafspelz. Im Gewand eines konventionellen Combos entpuppt er sich als enorm flexibel einsetzbarer und extrem vielseitig klingender Gitarrenverstärker mit jeder Menge Effekten und Extras. Mit diesem Amp kann man ohne ein weiteres Pedal fast jede Aufgabe erledigen und auch gleich die passenden Aufnahmen dazu machen. Dabei fällt der Preis mit knapp unter 800 Euro ausgesprochen attraktiv aus.
Ein- und Aufsteiger, Musikschulen, Heimspieler, Top-40- und Live-Musiker haben eine gute Chance, einen Haufen Equipment in einem Gerät vereint vorzufinden.
Dabei kann und will der Katana Artist nicht mit Röhrenverstärkern der Boutique-Klasse konkurrieren. Diese sind in der Regel nicht nur deutlich kostspieliger, sondern gleichzeitig auch klanglich begrenzter. Boss hingegen geht das Thema Gitarrensound mit moderner Transistor- und Digitaltechnik selbstbewusst an. Dementsprechend würde ich das Testgerät nicht als Spezialisten für bestimmte Sounds bezeichnen, sondern als Universalisten mit einem völlig anderen Konzept.
Den typischen Roland-Clean-Sound liefert der JC-120 in überlegener Form, bei klassischem Marshall-Crunch liegt ein 1959 oder JCM800 2203 vorn und der Schwermetaller wird vielleicht mit einem EVH 5150III glücklicher. Mit der Katana-Serie geht Boss seit Jahren einen erfolgreichen, eigenständigen Weg in Form von praxisgerechten, klanglich vielseitigen und clever designten Geräten zu fairen Preisen.
Der aktuelle Katana Artist Gen 3 richtet sich an anspruchsvollere Kunden, die sich aus verschiedenen Gründen bewusst nicht für einen Röhrenverstärker oder einen Modeling-Alleskönner entscheiden wollen. Die Gründe dafür sind nicht unbedingt im Geldbeutel zu suchen. Vielmehr bietet das Testgerät eine Fülle von Szenarien, in denen dieser Verstärker sinnvoll und mit überzeugenden Ergebnissen eingesetzt werden kann. Bravo!
PLUS
- üppige Ausstattung, viele Effekte
- große Klangauswahl
- Preis-Leistungs-Verhältnis
- Editierung über USB und Bluetooth (optional)
- Anschluss für Expression-Pedal
MINUS
- kein integriertes Stimmgerät

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2025)
Ich spiele seit ein paar Jahren den MK2 als Topteil, auch live. Der klingt echt sehr gut. Als Fußschalter habe ich den Airstep Katana. Der wird mit dem USB- Anschluss verbunden. Dann kann man den Amp auch mit Bluetooth steuern. Es könnten mehr Speicherplätze verfügbar sein. Aber das ist jammern auf hohem Niveau.