Günstiger Einstieg

Custom Chopper: DiMavery LP-520 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Willkommen am unteren Ende der Fahnenstange! Hier wird Dir, lieber Anfänger, Quereinsteiger und Neuling im LP-Land, eine Version der Gibson Les Paul Custom geboten, die so wenig kostet wie ein mittelschweres Overdrive-Pedal. Kann das gut gehen?

Klar kann das gut gehen! Denn dass die bekannten Niedriglohnländer dank sorgfältigem Supervising immer besser werden, zeigen vor allem die Hausmarken großer Musikhändler und Vertriebe, die mittlerweile den unteren Preisbereich gewaltig durcheinandergewirbelt haben.

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Ganz klar, dass im folgenden Bericht Facts wie z.B. die Vorzüge von Knochenleim, von echtem Honduras-Mahagoni, einer Nitrolackierung oder diversen AlNiCo-Magnet-Sorten keine Rolle spielen werden. Denn wir sind hier nicht in einem Gourmet-Tempel, sondern köstigen an der Imbissbude um die Ecke. Aber kann nicht auch Pommes Rotweiß und ‘ne Curry im richtigen Moment genau das Richtige sein?

ÜBERBLICK

Die DiMavery LP-520 ist eine Gitarre für Einsteiger! Und deshalb muss sie ganz bestimmte Bedingungen erfüllen. Erstens: Eine bequeme Bespielbarkeit. Zweitens: Eine ansprechende Optik. Drittens: Funktionalität ohne mechanische oder elektrische Problemstellen. Viertens und letztens: Ein vernünftiges Klangverhalten ohne Einbrüche.

Schauen wir uns dahingehend diese DiMavery LP-520 an. Die Cheapo-Version einer Les Paul Custom ist tatsächlich sehr gut spielbar. Ein weitestgehend tief genug gekerbter Sattel aus Kunststoffmaterial, die nahezu perfekte Bundierung (der noch eine finale Politur gut zu Gesicht gestanden hätte) und das angenehme C-Halsprofil liefern dafür beste Voraussetzungen. Die Bundenden sind schön verrundet, aber nicht wie beim Original mit nach oben geführtem Binding-Material überdeckt. Aber das ist auch bei wesentlich teureren Marken nicht der Fall.

Eine weiße LP-Gitarre wirkt immer exklusiv und besonders. Wer auf solch einen speziellen Look steht, dem wird die DiMavery LP-520 auf den ersten Blick gut gefallen, denn das Auge hört bekanntlich mit. Die Decke des Lindenkorpus ist dabei weniger gewölbt als bei vielen anderen LP-style Gitarren, und wenn man genau hinschaut, findet man am klassisch-fünfstreifigem Binding um Decke und Rücken einige unsauber verarbeitete Stellen.

Zwei Humbucker mit PAF-Klangcharakteristik (Bild: Dieter Stork)

Überhaupt ist diese schöne Weiße leider nicht frei von Verarbeitungsmängeln. So fällt vor allem der schiefe Sitz der beiden Tonabnehmer auf. Um zu überprüfen, ob die CNC-Fräse oder die Montageabteilung einen schlechten Tag hatten, schraube ich beide Humbucker heraus und sehe, dass die beiden Fräsungen absolut parallel zueinander stehen. Was bedeutet, dass die Montageabteilung für den Schiefsitz der Pickups verantwortlich gewesen ist und der Endkontrolle dieses Manko nicht aufgefallen ist oder sie es durchgewunken hat. Schade, denn sowas ist doch ziemlich unnötig.

Die Fräsung für den Hals-Pickup offenbart auch, dass der Hals erwartungsgemäß nicht über einen langen Zapfen („long tenon“) mit dem Korpus verleimt ist. Eine weitere Unregelmäßigkeit findet sich bei der Goldlegierung der Hardware. So ist z.B. der Steg einen Ton dunkler vergoldet als das Stop-Tailpiece und die Pickup-Kappen.

Recht breite Einfassung der Kopfplatte (Bild: Dieter Stork)

Und zu guter Letzt noch ein sprichwörtliches Rand-Detail: Der Hals ist mit einem 5 mm breiten Binding eingefasst, die Kopfplatte jedoch mit dem gleichen, 6 mm breiten Binding wie der Korpus. Das sieht vor allem an der Kopfplatte recht merkwürdig aus. All diese Mängel sind natürlich rein kosmetischer Natur und beeinträchtigen weder die Spielbarkeit noch den Sound der LP-520. Sie sind sogar, wenn die Kommunikation zwischen Besteller und Hersteller gut funktioniert, ganz einfach und ohne zusätzliche Kosten aus der Welt zu räumen. Was sich lohnen würde, denn der Rest – also grundsätzliche Bauweise, Klang und Spielbarkeit – ist absolut in Ordnung.

Ein Blick in die Elektrik zeigt, dass man sich hier – ebenfalls erwartungsgemäß – in einer unteren Schubladen des Marktes bedient hat: Kleine, preisgünstige Potis, die recht verloren im großen Elektronikfach wirken, und ein gewöhnlicher Fernost-Toggle sollten für den Einstieg aber erst einmal ausreichen. Die No-Name-Mechaniken, dauergeschmiert und verschlossen, machen hingegen einen soliden Eindruck, arbeiten komplett ohne Spiel und gestalten das genaue Stimmen der Gitarre vorbildlich unproblematisch.

HANDGEMENGE

Wie schon geschrieben, liegt die LP-520 mit ihrem Weder-zu-dick-noch-zu-dünn-Profil wirklich gut in der Hand. Mal hören, was solch eine Gitarre, die aus eher atypischen Hölzern wie Linde (Korpus) und Ahorn plus Blackwood (Hals und Griffbrett) überhaupt klingt. Und da gibt es überhaupt keinen Grund zur Klage. Schon akustisch geht die DiMavery deutlich in Richtung LP, das aber eine Spur heller klingend, mit einer konkreten Ansprache und langem Sustain.

Damit lässt sich arbeiten. Beide Tonabnehmer spiegeln dieses ausgewogene Frequenzbild auch in meinem Amp wider. Kein Bereich erscheint unterbelichtet, und auch das Lautstärke-Verhältnis der beiden Humbucker ist passend. Die Pickups liefern dabei ein PAF-typisches Klangbild und wirken im direkten Vergleich einer viermal so teuren Singlecut-Gitarre eher gemütlich mit ihrem warmen, runden Klangbild des Hals-Humbuckers und dem engbandigeren, mittigeren Footprint am Steg. Dessen Klang macht vor allem dann Sinn, wenn durch Amp- oder Pedalverzerrung eine größere Durchsetzungskraft verlangt wird. Sowohl cleane als auch verzerrte Sounds werden hier in richtig guter Qualität geboten – und das ohne jegliche Deadspots über das gesamte Griffbrett hinweg.

ALTERNATIVEN

Es gibt tatsächlich einige Alternativen, die zum Teil sogar noch günstiger liegen als die DiMavery LP-520. So sollte man z.B. diese folgenden Instrumente ebenfalls auf der Rechnung haben:

  • Harley Benton SC-400 und 450, je € 139
  • Harley Benton SC-500 WH Vintage Series, € 169
  • J & D LC300, € 159
  • J & D LC300 White, € 199
  • Ibanez ART120QA, € 299
(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Bequeme Spielbarkeit, ansprechende Optik, gute Funktionalität und vernünftige Klangqualität haben wir als wichtige Kriterien für ein Einsteigerinstrument ausgemacht – und die DiMavery LP-520 erfüllt alle diese Ansprüche in richtig guter Manier, wenn auch die im Text benannten Verarbeitungsmängel diesen guten Gesamteindruck etwas trüben. Die Mängel sind im Prinzip vom Hersteller leicht zu beheben, sodass dann das im Vordergrund stehen kann, was diese Gitarre in erster Linie stark macht: Ihr guter Sound und die mühelose, angenehme Spielbarkeit.

PLUS

  • Spielbarkeit
  • Klangausbeute
  • Preis

MINUS

  • Verarbeitungsmängel (siehe Text)


(erschienen in Gitarre & Bass 02/2022)

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Schön, dass noch günstige Kopien nach “altem” Vorbild, also mit historisch korrektem Hals- Korpusübergang und nicht zu spitzem Cutawayhorn angeboten werden. Die im Test genannten Alternativen bieten das nicht (mehr).

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    1. Seh ich genauso, die spitzen Hörner sind überhaupt ni ht mein Ding 👍

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  2. Ein Verkaufs-Link wäre nicht schlecht gewesen.
    Bin bei meiner Internet-Recherche bisher nicht fündig geworden.

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    1. Unter diesem Link gibt’s Angebote, Alternativ auf Geizhals “DiMavery lp 520” eingeben.

      https://geizhals.de/dimavery-lp-520-verschiedene-farben-a457002.html

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      1. Vielleicht bin ich ja ein bisschen pingelig, aber Heinz Rebellius hat eine LP 520 ohne pickguard & mit goldfarbenen knobs getestet und genau dieses Modell taucht in der Recherche unter DiMavery LP 520 nicht auf!

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  3. So etwas hätte ich mir in den 1970er Jahren gewünscht. Zu der Zeit gab es im Günstigsegment nur Lagerfeuergitarren und zwar für das Feuer. (Herthiecaster etc.)
    Glücklicherweise konnte man noch das ein oder andere Gebraucht- Schnäppchen machen.

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