Multieffekt-Pedal-Flaggschiff

Boss GT-10 im Test

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Drei Jahre lang lag das GT-8 als Multieffekt-Pedal-Flaggschiff im Boss-Hafen, jetzt erfolgt Ablösung durch das auf der Messe vorgestellte GT-10. Der Hersteller wirbt für verfeinertes Amp-Modeling, superflinke Tonansprache, zwei Kanäle pro Speicherplatz, Looper, und eine extrem einfache Programmierung So ein komplexes Gerät, mit dermaßen vielen Möglichkeiten, Tastern und Lämpchen, und dann weigert sich der Hersteller standhaft trotz USB- und MIDI-Anschlüssen eine Editor-Software dafür zu entwickeln? Unerhört! … so hört man es munkeln.

Boss GT-10

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Gemach, gemach. So viel sei bereits verraten, die Easy-Tone-Funktionen des GT-10 machen eine Editor-Software in der Tat überflüssig und das neue Boss-Flaggschiff zum einfachsten bedienbaren Multieffekt und Ampmodeller aller Zeiten.

Konstruktion

Während andere Hersteller auch bei ihren nobelsten Profi-Bodeneffekten auf moderne leichte Kunststoffgehäuse mit Metallpedalen und -Achsen setzen, bleibt Boss klassisch bei der schweren und besonders stabilen Vollmetallbauweise. Das macht sich auch optisch gleich positiv bemerkbar, das GT-10 sieht einfach edler und langlebiger aus als seine Kunststoffkonkurrenten. OK, ein Nachteil mag bleiben: Was schwer ist, fällt im schlimmsten Fall auch mit der größeren Wucht auf den Boden.

Das GT-10 ist absolut professionell verarbeitet. Lediglich Hand- und Fußtaster sowie die Regler bestehen aus hochwertigen Kunststoffen, die Bedienelemente liegen vor Fußtritten geschützt hinter einer vernieteten und verchromten Stahlblechleiste. Bis auf den Kopfhöreranschluss bestehen alle Klinkenbuchsen aus Metall, und wurden – wie man es von Boss-Effekten gewohnt ist – mit dem Metallgehäuse verschraubt. Das Expression-Pedal macht wie alle anderen Bedienelemente einen höchst vertrauenerweckenden und langlebigen Eindruck.

Neben den obligatorischen Anschlüssen für Gitarre und Verstärker (mono bzw. stereo) bietet das GT-10 eine programmierbare Effekt-Loop, eine Fernsteuerbuchse für die Kanalumschaltung der meisten Gitarren-Verstärker, eine Buchse für zusätzliche Expression-Pedale, USB, MIDI-In und -Out sowie einen Digital-Ausgang. Eigentlich komplett ausgestattet, nur: Schielt man kurz zu konkurrierenden Pedalen der Oberklasse und dem Bass-Pendant GT-10B aus gleichem Hause, dann fehlt einem doch ein zweites und möglichst auch unabhängig programmierbares Ausgangspaar mit XLR-Buchsen für die P.A. Neben dem Ein-/Ausschalter befindet sich eine Zugentlastungsschelle für das Kabel des zum Lieferumfang gehörenden und international verwendbaren 9-VDC-Netzteils, auf der Unterseite des GT-10 bieten fünf fette Gummifüße ordentlich Grip auf der Bühne.

In Ausgabe 11/2007 haben wir das VG-99, Rolands neue Guitar-Workstation vorgestellt.

Drei sogenannte WSP-Prozessoren sind dort für den Sound verantwortlich, beim GT-10 sind es derer zwei. COSM nennt Roland/Boss die hauseigene Modeling-Engine, welche auch beim GT-10 Gitarren-Verstärker, Boxen, Effekte, Mikrofone etc. virtuell nachbildet. COSM steht für Composite Object Sound Modeling. Boss stellt jede Menge Modelle von Gitarren-Verstärkern, Effekten aus allen Bereichen wie Overdrive, Distortion, Chorus, Flanger, Tremolo, Echo, Hall und einigen hauseigenen Spezialeffekten wie den Slicer zur Verfügung, wobei bis zu 13 Effekte gleichzeitig aktiv sein können.

Dazu kommt das Expression-Pedal, welches Lautstärke- bzw. Wah-Funktionen, oder das stufenlose Steuern von frei programmierbaren Effektparametern übernehmen kann. Ein Blick auf die Oberseite des GT-10 offenbart mit „Channel A/B“ bereits einen Hinweis auf ein besonderes Schmankerl des neuen Boss-Flaggschiffs: Pro Speicherplatz bietet es zwei umschaltbare Kanäle, wobei die Effekte gleichbleiben können, und auf Wunsch Echo und Hall im Overspill-Mode auch über den Kanalwechsel hinaus weiterlaufen können.

Der „Effects Select“-Bereich mit seinen vielen beleuchteten Tastern wird im Praxisbereich beweisen müssen, ob er fast genauso einfach zu bedienen ist wie viele einzelne Bodentreter auf einem Pedalboard, und das große hellblau strahlende grafikfähige Display mit seinen vier Parameter-Reglern und dem Datenrad nebst Richtungstastern darf mit den weiteren Bedienelementen ebenfalls jetzt zeigen, was es so alles zu bieten hat. Und vor allem wie das GT-10 schlussendlich die Gitarre zum Klingen bringt.

Praxis

Zunächst einmal gilt es das GT-10 an das eigene Verstärkersystem anzupassen; immer ein kritischer Moment wenn ein Gitarren-Verstärker einen Ampmodeler lautmachen soll. Denn es mischen sich die Frequenzbilder zweier Welten, und ob z. B. ein Vox-Amp das Modell eines Fender Deluxe Reverb akkurat wiedergeben möchte, ist ungewiss. Aber das GT-10 kennt hier acht verschiedene Wege, das bisschen Mühe anfangs lohnt. Ich hatte keine Probleme das GT-10 vor zwei verschiedenen Röhren-Amps und einem Transistor-Combo bestens zum Klingen zu bringen, wobei die Variante es direkt in den Effekt-Return des Verstärkers zu stöpseln prinzipiell am besten und schnellsten gelingt, weil es dort weder Klangregelung noch Gain-Stufe zu überlisten gilt.

Die beiden Settings für den Roland JC-120-Amp passen übrigens auch prima zu anderen Combos, und wer das GT-10 für hochwertige Recordings oder an einem Fullrange-System (Aktiv-Monitor, P.A.) betreiben möchte, aktiviert den „Line/Phones“-Modus inklusive Boxen- und Mikro-Emulation, welcher sich beim Einstöpseln eines Kopfhörers in die zuständige Buchse übrigens selbsttätig einschaltet.

Wer Live gar keine Amp-Modelle braucht, sondern diesen Bereich komplett seinem eigenen Verstärkersystem überlassen möchte, schaltet ganz einfach und komfortabel den Preamp-Bereich im globalen Menü ab, und nutzt alle Effekte in den Presets wie gewohnt weiter, einschließlich der Overdrive/ Distortion-Pedal-Emulationen. Vor 150 DIN-A4-Seiten Bedienungsanleitung braucht niemand Bammel zu haben. Das GT-10 lässt nun mal extrem viele Einstellungen zu, die aber in der Anleitung wie von Boss gewohnt logisch, verständlich und unterhaltsam locker beschrieben werden.

Die meisten Einstellungen wird man eh nur einmalig durchführen, nämlich wenn man das GT-10 an sein Live-Setup bzw. für Recordings anpassen möchte. Außerdem gibt’s ein Quick-Start-Blatt zum sofortigen Loslegen, sowie die genialen „EZ“-Easy-Tone-Funktionen, denen wir uns noch separat widmen werden. Auch auf hellen Bühnen bleibt das strahlend blau illuminierte Display gut ablesbar. Die beleuchteten Effekt-Taster und alle anderen LEDs sind so hell, dass man sie nicht versehentlich mit Reflektionen von Bühnen-Scheinwerfern verwechseln kann.

Für eine professionelle Orientierung hat Boss also schon mal gesorgt. Auch kommt das GT-10 dank Datenrad plus Richtungstasten neben dem Display mit auffallend wenig Tastern und Reglern aus. Dazu tragen beispielsweise auch die acht verschiedenen Display-Arten bei. Mit ihnen lässt sich das GT-10 optisch personifizieren, das Display zeigt auf Wunsch z. B. ganz groß den Preset-Namen, die beiden Amps pro Kanal, die Effektkette usw. an, und die vier Regler unter dem Display wirken jeweils auf die Parameter, die darüber grad angezeigt werden. Dreht man an einem der Regler – z. B. Gain – blendet sich ein kleines Overlay-Window auf dem Display ein, und zeigt den Regelbereich in Prozent an. Lässt man den Regler los, verschwindet das kleine Zusatzfenster nach einigen Sekunden wieder, toll!

200 Werks-Presets durchhören und -spielen kann für einen Tester auch zeitlich schon mal etwas happig werden. Beim Boss GT-10 habe ich alle Presets geschafft, manche mehrfach, und das äußerst gern! Der Grund ist ganz einfach: Keine effektüberladenen Programme, einfach „nur“ toller Sound pur und das vor allem praxisbezogen und in unzähligen Varianten ! Leicht angecrunchte bzw. dynamisch verzerrt spielbare Sounds sind bekanntlich die Königsklasse beim Ampmodeling, und besonders in diesem Bereich hat Boss enorm aufgeholt.

Kein Ausreißer ist dabei, die emulierten Vöxe, Fenders, Matchlesse, Marshalls, Soldanos usw. klingen naturnah, lebendig, „echt“ und strotzen vor Obertönen, Durchsetzungsvermögen und Dynamik. Alle Amps kommen sehr direkt, reagieren äußerst schnell und bereiten einfach viel Spielfreude. Boss teilt seine Amp-Modelle etwas anders auf als beispielsweise Line6. Statt eines möglichst akribisch aufgebauten Modells eines Vox AC30, das von Clean bis Crunch reicht, gibt’s im GT-10 je ein Vox-Clean- und ein Vox-Crunch-Modell.

Auf jeden Fall kommt von supercleanen JC- 120-Sounds bis zu brachialen Metal-Klängen jeder beim GT-10 auf seine Kosten, wobei gleich noch der Kanalwechsel pro Preset und die Effekte mit ins Spiel kommen. Direkt über der verchromten Schutzleiste erkennt man auf dem Foto die Effekttaster. Welche Effekte bei welchem Preset und Kanal aktiv sind, zeigen jeweils rote LEDs in den Tastern; logisch.

Tippt man einmal auf einen Effekttaster, schaltet das Display auf den jeweiligen Effekt um, sodass man ihn anders einstellen oder auch gegen einen anderen austauschen kann. Tippt man zweimal auf einen der Taster, wird der Effekt eingeschaltet, falls er vorher nicht aktiv war, und umgekehrt. Gefällt einem der Sound, tippt man zweimal auf „Write“ und gespeichert ist der neue Sound. In der gleichen Ebene finden wir die mit „Channel A/B“ beschriftete Kanalumschaltung, welche uns vom Line6 POD x3 Live etwas bekannt vorkommt (Test in Ausgabe 2/2008).

Pro Preset lässt sich damit z. B. zwischen zwei verschiedenen Amp-Modellen wechseln, oder das Modell bleibt gleich und fürs Solo wird noch ein virtueller Zerrer, der „Solo Mode“ mit mehr Druck sowie Delay hinzugeschaltet, je nach Belieben. Es lässt sich jedoch nicht nur zwischen den beiden Kanälen A und B per Taster wechseln, sondern es können auch beide gleichzeitig – Mono gemischt oder Stereo – aktiv sein. Also links ein cleaner JC-120 mit Chorus und Hall, rechts ein Soldano mit Echo zum Beispiel.

Ein weiterer Mode nennt sich „Dynamic“ und agiert abhängig von der Lautstärke und Spielweise. So schaltet er hier automatisch bei stärker werdendem Saitenanschlag von Kanal A zu Kanal B und beim Leiserwerden wieder zurück auf A; die Sensitivität ist jeweils einstellbar. Dabei hat mich die Tatsache verwundert, dass Boss kein einziges Preset mit dieser einzigartigen Funktion belegt hat. OK, es ist nicht immer einfach die passende Lautstärke zu treffen, aber da macht Übung eben wieder den Meister.

Auf jeden Fall lässt sich zum Beispiel bei sanfter Zupftechnik dem GT-10 eine durchaus überzeugende Akustik-Gitarren-Simulation entlocken, und beim kräftigen Griff in die Saiten springt einen sofort ein düsterer Schwermetall-Sound an. Wirkt garantiert und klingt klasse! Nur Obacht: Nicht die Saiten ausklingen lassen, sonst blendet sich die Akustik-Gitarre unverhofft wieder ein, und das Schwermetall verschwindet abrupt! Mir gefällt das flexibel einsetzbare alternative Feature jedenfalls sehr.

Effekte und Kanalwechsel arbeiten schnell und geräuschlos, und korrespondieren mit den beiden Fußtastern „Ctl 1“ und „Ctl 2“, die frei belegbar konfiguriert und programmiert werden können. Wer mag, kann an der rückseitigen Pedalbuchse entweder ein weiteres Expression-Pedal oder zwei Fußtaster bzw. einen Doppelfußtaster anschließen, welcher dann als „Ctl 3“ und „Ctl 4“ weitere Effekte oder Parameter bedient. Bedient ist wirklich das treffende Wort, denn diese Control-Taster schalten nicht nur ein oder aus, sondern können als Momenttaster z. B. einen Flanger nur so lange einblenden, wie der Fuß auf dem entsprechenden Taster steht. Oder man schaltet den Leslie-Effekt damit in der Geschwindigkeit um usw. Es gibt mehr Möglichkeiten im GT-10 als erwartet. Nicht nur die hauseigenen Zerrpedale wie den BD-2 Blues Driver hat Boss super getroffen, die anderen Modelle (Tube Screamer, Rat usw.) klingen ebenfalls richtig überzeugend. Das gilt für den Einsatz vor den internen Ampmodels genauso wie vor dem eigenen Verstärker.

Alle anderen Effekte wie Hall, Echo, Chorus, Flanger, Harmonist, Uni-Vibe, Leslie, Auto Riff, Feedbacker, Humanizer, Tremolo – schön stramm! – und viele andere mehr liegen wie erwartet ebenfalls auf hohem Niveau, im Rahmen der Testzeit waren keine Mängel auszumachen. Die Effekte klingen Boss-typisch angenehm warm und subtil bis kräftig, und niemals „digital“ harsch oder flach. Das gilt auch für die Funktionen des Expression-Pedals, welches meist die Lautstärke bedient, sich per Taster unter dem Zehenbereich wie gewohnt auf WahWah umschalten, sich pro Preset jedoch auch zur Steuerung aller möglichen Parameter wie Leslie-Speed, Chorus-Depth usw. umprogrammieren lässt.

Es ist kalibrierbar, per Inbus in der Gängigkeit einstellbar, es liegt perfekt am Fuß, und die Wahs klingen astrein. Eine praktische Sache ist die Sound-Suche nach Kategorien. Dazu tippt man einmal auf „Category“ und findet im Display Einträge wie „Fat Clean“ oder „Blues Lead“. Wählt man eine der Kategorien an, findet man dort dann dazu passende Presets. Diese Kategorien lassen sich auch selbst anlegen, mit Namen benennen und Presets zuordnen. Bevor wir uns noch dem „EZ Tone“-Bereich widmen, noch ein paar abschließende Sätze zum Live- bzw. Recording-Einsatz des GT-10. Dessen Möglichkeiten sind so viel- fältig, dass nicht alle im Rahmen dieses Testberichtes angesprochen werden können, aber die wichtigsten. Fakt ist, dass das neue Boss-Flaggschiff sich super einfach bedienen und programmieren lässt und ohne Ausreißer in allen Disziplinen überzeugt.

Zum Klingen bringen muss es jeder selbst, aber dazu bietet es sehr viele Möglichkeiten. Wer einen Verstärker mit zwei per Fußpedal umschaltbaren Kanälen sein Eigen nennt, kann diese Kanäle via Kabel vom GT-10 über dessen A/B-Channel-Wechsel mit umschalten lassen. Externe Effektgeräte lassen sich einschleifen und in der Effektkette des GT-10 unterbringen. Der Einschleifweg des GT-10 ist programmierbar (seriell, parallel und „branch/split“), die Reihenfolge der Effektkette ist genauso veränderbar wie die Position des Loopers, zu dem wir noch kommen. Und wer mag, kann via USB mit dem GT-10 am Computer Recordings durchführen.

In Werbung und Demo-Clips erweckt das Boss GT-10 oft den Eindruck, bevorzugt für Metal-Gitarristen geeignet zu sein. Nein, es eignet sich für alle Stilrichtungen gleichermaßen, also auch für Metal. Das integrierte Stimmgerät reagiert fix, genau und ist gut ablesbar. Es lässt sich entweder per Handtaster aktivieren, oder man legt es auf eines der Ctl-Fußtaster. Oder noch besser: Der Tuner lässt sich auch so programmieren, dass er sich beim Zurücknehmen der Lautstärke mit dem Expression-Pedal selbsttätig einschaltet!

easy tone

Und es gibt doch eine Editor-Software für das GT-10, und zwar direkt integriert in das Gerät selbst, inkl. grafischen Details auf dem großen hellen Display.

Nennt sich „EZ Tone“ und hiermit ist das GT-10 tatsächlich extrem easy zu bedienen, zu editieren und zu programmieren. Möchte man ein bestehendes Preset schnell aber effektiv bearbeiten, drückt man die „EZ Tone Edit“-Taste. Ein Menü mit den vier Fadern „Drive“, „Delay Time“, Delay Level“ und „Chorus Level“ erscheint, und man kann mit den vier Reglern unterm Display schnell und einfach den Sound nach Gehör anpassen, ohne die einzelnen Effektbereiche separat anwählen zu müssen. Mit „Exit“ verlässt man „EZ Tone Edit“ wieder, und das Display zeigt wieder „Low“, Mid“, „Hi“ und „Patch Level“ an.

Mit der „EZ Tone Create“-Funktion macht Boss auch anspruchsvollen Gitarristen, die bislang um Multieffekte aus Bammel vor komplizierter Bedienung einen großen Bogen gemacht haben, diese Welt nun viel schmackhafter. Selbst wer sich mit solchen Geräten bestens auskennt und sich bei der Programmierung normalerweise nicht von einer Automatik-Funktion „reinreden“ lässt, sollte „EZ Create“ unbedingt selbst ausprobieren. Zunächst erscheint ein Tonabnehmer-Bildchen mit der Frage, ob man denn eher Ein- oder Doppelspul-Tonabnehmer benutzt, und welcher Typ Verstärker das GT-10 hörbar macht.

Nach erfolgreicher Auswahl klickt man mit dem Rechtspfeil neben dem Datenrad ins nächste Menü, wo animierte Grafiken dazu ermuntern, sich für eine Musikrichtung zu entscheiden. Ein Hut steht für Blues-(Brothers), ein Kaktus in der Wüste für Country usw. Rechts daneben stehen bereits Varianten wie „Clean Delay“, „Crunch“ usw., wo man – immer mit der Gitarre im Anschlag – schon mal klanglich eine Vorauswahl treffen kann. Im nächsten Menü erscheint ein Fadenkreuz für den Klangcharakter. Mit den vier Reglern unterm Display verschiebt man nun das „Visier“ einfach nach Geschmack waagerecht von „soft“ nach „hard“, und senkrecht von „Backing“ nach „Solo“, solange bis einem der Sound zusagt. Klick, nächste und bereits letzte Seite: Jetzt sind noch die Raumeffekte dran. Frei und zweidimensional wählbar zwischen „short und „long“ sowie „dry und wet“. Passt der Sound, speichert man ihn per „Write“-Taste auf eine frei wählbare Platznummer.

Über „EZ Tone Edit“ kann man später die Parameter weiter bearbeiten, und noch Chorus dazumischen. Jetzt weiß man zwar noch nicht, welches Amp-Modell das GT-10 gewählt hat, aber ist das schlimm? Nein denke ich, denn man hat den Klang nach Geschmack per Fadenkreuz, und nicht anhand von manchmal auch blendenden Bezeichnungen gewählt.

Das ganze geht so schnell und bringt so tolle Sounds, dass man die Grundprogrammierung ohne wenn und aber mit der „EZ Tone“-Funktion erledigen kann, die Spezialeffekte und Pedalzuordnungen erledigt man später auf konventionelle Weise, falls man nicht fertige Werks-Presets als Ausgangspunkt für eigene Kreationen heranziehen möchte. Die geniale „EZ Tone“-Funktion würde Dittsche zu Recht als „reine Weltidee“ bezeichnen.

looper

Es gibt leistungsstarke Funktionen, die mit wenigen Worten zu beschreiben sind, weil sie total einfach und praxisgerecht arbeiten. Betätigt man kurz mit dem Fuß beide BankTaster gleichzeitig, signalisiert eine darüber angeordnete rote „Record“-LED des Phrase Loopers seine Aufnahmebereitschaft.

Ein Kick auf den linken Banktaster, der die Zweitüberschrift „Rec/Dub“ trägt, und der Looper zeichnet das Gitarrenspiel bis zu 40 Sekunden lang auf. Bei einem weiteren Fußtritt signalisiert die grüne LED den jetzt aktiven Wiedergabe-Modus. Wer mag kann jetzt sooft er will diesen Taster in den Overdub-Mode versetzen und danach wieder zum Abspielen bewegen, das zuerst aufgenommene Signal bleibt in der ursprünglichen Tonqualität und Lautstärke erhalten. „Clear“ löscht logischerweise die aktuelle Schleife und macht den Looper bereit für den nächsten Aufnahmevorgang.

Drückt man wiederum beide Banktaster kurz, wechselt das GT-10 wieder in den Normalbetrieb. Da der Looper hinter allen Effekten liegt, werden diese auch mit aufgenommen. Wer mag, wechselt nach dem Aufzeichnen der Loop einfach das Preset und spielt dann mit anderen Sounds zu der Loop weiter. Im System-Menu lässt sich diese Reihenfolge genauso ändern wie die Anordnung der Effekte in der Kette. Virtuell lässt sich der Looper also auch vor die Effekte stöpseln, und wer die beiden Banktaster frei halten möchte, kann die Looper-Funktionen auch auf zwei externe Fußtaster – z. B. Boss Doppelfußtaster FS-6 – legen. Mehr braucht zum Looper nicht erklärt werden, außer dass er sehr viel Freude macht und intuitiv bedienbar ist.

Resümee

Viele Wege führen beim neuen Boss-Multieffekt-Flaggschiff zum guten Sound, und noch nie war es so einfach solch ein komplexes Gerät zu programmieren, zu editieren und zu bedienen. Für „EZ Tone“ vergebe ich einen persönlichen TJ-Award!

Gegenüber dem Vorgänger wurden besonders die leicht angezerrten Amp-Modelle, Dynamik, Tonansprache und Lebendigkeit der Verstärker deutlich verbessert, und dank der vielen Routing- und Anschlussmöglichkeiten lässt das GT-10 bis auf das vermisste zweite Ausgangsbuchsenpaar kaum noch Wünsche offen.

Super auch die Möglichkeit, mit einem Tastendruck im System-Menu die Preamp-Sektion global ganz abschalten zu können, falls man das GT-10 ausschließlich als Effektgerät einsetzen, die Amp-Sounds jedoch ausschließlich dem eigenen Verstärker überlassen möchte. Und bei diesem kann das GT-10 auch noch den Kanalwechsel übernehmen, das ist Komfort pur.

■ Plus

  • EZ Tone & Bedienung
  • Konzept, Presets, Routings, Anschlussvielfalt
  • helles Display, helle LEDs
  • Effekt- & Verstärker-Sounds
  • verfeinerte Amp-Modelle
  • zweikanalig aufgebaute Presets
  • Ausstattung & Stabilität
  • Preis-/Leistungsverhältnis Minus
  • kein zweites Paar Ausgangs-Buchsen (XLR)

 

Hersteller: Boss

Fabrikat: GT-10

Typ: programmierbares Multieffekt- und Ampmodeling-Pedal für E-Gitarre

Herkunftsland: Taiwan, Designed in Japan

Modeling/Prozessoren: COSM, 2 WSP-Chips, 13 Effektblöcke gleichzeitig

Modelle: 39 Amps, 25 Booster/Zerrer, 6 Wahs, 34 EFX AD/DA-Wandlung: 24 Bit

Sampling-Frequenz: 44,1 kHz

Regler: Output Level, 4× Parameter, Edit-Rad, Fußpedal Schalter/Taster: Power, Output Select, System, EZ Tone Create, EZ Tone Edit, Comp, OD/DS, Preamp, EQ, FX-1, FX-2, Delay, Chorus, Reverb, Master/Pedal FX, Select, Display Mode, Exit, Category/Enter, Tuner/Bypass, Write, Bank down, Bank up, (Phrase Loop On/Off ), Program 1 – 4, Ctl 1, Ctl 2, Exp PedalSw On/Off

Display: Grafisches LCD-Display, 75 × 39 mm, hellblau beleuchtet, 10 per LED beleuchtete Taster, 12 LEDs

Anschlüsse: Input, Output R, Output L/Mono, Phones, Ext Loop Send, Ext Loop Return, Amp Control, Exp Pedal 2/Ctl 3 – 4, USB, Digital Out, MIDI Out, MIDI In, Netzteil 9 V DC

Speicherplätze: 200 User, 200 Preset

Looper: 40 Sekunden Aufnahmezeit

Besonderheiten: EZ (Easy) Edit Funktion, zwei Kanäle pro Preset, Looper

Maße: 547 × 77 × 273 BHT/mm

Gewicht: ca. 4,7 kg

Vertrieb: Roland Musikinstrumente

D-22844 Norderstedt

www.rolandmusik.de

Preis: ca. € 499 inkl. Netzteil

 

Produkt: Treble Booster im Test
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