Ausladender Korpus, einladender Bass!

Bassbeschwörung: Hagstrom Nekromant 4 im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Vor einigen Jahren brachte Hagstrom die Fantomen auf den Markt – eine E-Gitarre, die von den gewohnten Korpusformen der Firma stark abwich, und die wahrscheinlich erste Signature-Gitarre für namenlose Gitarristen, denn die „Nameless Ghouls“ der Band Ghost treten maskiert und anonym auf. Auch außerhalb des Fanzirkels der Band fand die Gitarre schnell großen Anklang. Jetzt habe ich endlich die Bass-Version vor mir. Ob man mit Hilfe des „Nekromant“ tatsächlich Kontakt mit dem Jenseits aufnehmen kann, war im Test leider nicht zu klären – alles andere lest ihr in den folgenden Zeilen …

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Hinter dem ominösen Namen verbirgt sich wie bei der Fantomen eine Hommage an einen Gibson-Bass. Ende der 70er versuchte Gibson mit der RD-Serie aufgeschlossene Spielerinnen und Spieler zu erreichen, zum Teil mit aktiven Elektroniken in Bässen wie in Gitarren. Langlebiger Erfolg war ihnen nicht beschieden, aber für Kultstatus reichte es allemal.

AUSLADENDER KORPUS

Während die Gibson-Originale aus Ahorn gebaut waren, kommt der Hagstrom mit Mahagoni-Body. Dieser ist mehrteilig zusammengesetzt, aber so gut, dass es auch mit der tadellosen Sunburst-Lackierung nicht negativ auffällt. Bei der großen Oberfläche der ausladenden Korpusform hätte durchaus die Gefahr bestanden, dass es unruhig oder unharmonisch wirkt. Für den rechten Unterarm gibt es eine leichte Abflachung, auf der ebenfalls in Tobacco Sunburst lackierten Rückseite noch ein leichtes Shaping. Ansonsten ziert die Decke eine fünfschichtige, sauber gearbeitete Einfassung, die dem Bass eine edle Note verleiht. Das Griffbrett ist ebenfalls mit einem Binding versehen und wirkt mit etwas Abstand wie Ebenholz. Tatsächlich nennt sich das Material „Resinator Wood“: mehrschichtig unter Vakuum gegeneinander verleimte Holzblätter, die homogen und stabil sein sollen und dabei unempfindlich gegen Schmutz. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass eine eventuell nötige Reinigung wie bei normalen Holzgriffbrettern erfolgen kann und auch Griffbrettöl dankbar aufgenommen wird. Für den verleimten Hals findet reguläres Mahagoni Verwendung – wie viele Teile, und ob die abgewinkelte Kopfplatte angeschäftet ist oder nicht, lässt sich durch die schwarze, deckende Lackierung nicht erkennen. Den eingefassten Headstock zieren gekapselte Mechaniken mit den typischen Stairstep-Flügeln. Über einen Graph-Tech-Sattel laufen die Saiten über zwanzig sauber bearbeitete Medium-Jumbo-Bundstäbchen und schicke Pearloid-Einlagen zur Brücke.

(Bild: Dieter Stork)

Die aus Messing CNC-gefräste Konstruktion wird als neu entwickelt angepriesen, da würde aber neben mir sicherlich auch die Firma Hipshot widersprechen. Auch die Erwähnung von Rollensätteln auf der deutschen Website ist zumindest missverständlich: rollenförmig sind sie, bewegen sich aber nach Einstellen des Saitenabstands und anschließender Arretierung per Madenschraube nicht mehr. Saitenhöhe und Intonation können weiterhin wie gehabt eingestellt werden. Die Brücke hat theoretisch Bohrungen, um die Saiten durch den Korpus führen zu können, da dafür aber die Löcher im Body fehlen, bleibt es beim praktischen Einhängen der Ball-Ends. Die Pickups hören auf den hübschen Namen „Gehenna“, was neben einem real existierenden Tal in Jerusalem (heute Wadi er-Rababi) auch – je nach theologischer Auslegung – das Fegefeuer oder die Hölle selbst bezeichnet. (Dass ich das mal in einem Bass-Test schreibe …) Unter den Stingray-artigen Pickup-Kappen stecken doppelspulige Tonabnehmer, die von Booheung in Korea gefertigt werden. Die vordere Spule des hinteren Pickups liegt ungefähr da, wo beim P-Bass die stegnähere Hälfte sitzt, während der vordere sich fast schon Mudbucker-like in Halsnähe befindet. Am aktiven Equalizer können Bässe, Mitten und Höhen geregelt werden, dazu Volume und Pickup-Balance.

(Bild: Dieter Stork)

In die E-Fachabdeckung ist ein Schiebeschalter integriert, der den Bass passiv schaltet. Wirkt eher wie ein Havarie-Modus statt einer leicht zugänglichen zweiten Klangebene, dennoch ist über ein von außen zugängliches Trimpoti die Aktivlautstärke angleichbar. Der dafür nötige 9V-Block sitzt in einem Extrafach, das sich ohne Werkzeug öffnen lässt, leider ist der Batterieclip etwas fummelig und der Deckel nicht der stabilste, da gibt es schönere Lösungen.

Praxistest und Resümee auf Seite 2

EINLADENDER BASS

Fürs erste Kennenlernen setze ich mich gerne mit dem Bass an den Küchentisch. Die Balance auf dem Oberschenkel ist beim Nekromant tatsächlich gut, aber obwohl ich nicht gerade klein geraten bin, hänge ich beim Hagstrom etwas unbequem über dem ausladenden Korpus. Das ändert sich im Stehen, wo die leichte Kopflastigkeit und das ordentliche Gewicht einen anständig gepolsterten, rutschfesten Gurt geradezu erzwingen. Dafür ist die Bespielbarkeit mühelos und die Saitenlage flach. Mit 42 mm am Sattel ist der Hals nicht der schmalste, liegt dank der großzügig gerundeten Griffbrettkanten aber sehr gut in der Hand und ist bis zum vorletzten Bund entspannt zu greifen. Bei den Prototypen, die ich auf dem Guitar Summit in der Hand hatte, war der Halswinkel so flach, dass die Saitenreiter schon am Anschlag unten waren und die Saiten trotzdem noch recht hoch. Das hat sich zum Glück geändert, hier haben die Reiter noch Luft nach unten. Alle Einstellarbeiten gehen wie erwartet leicht vonstatten und sind zudem beim Testbass gar nicht nötig. Noch ohne Verstärkung stelle ich fest, dass der Magnetzug der so weit nach vorne gerutschten Pickups die Saiten nicht unsauber schwingen lässt – sehr gut! Mit Verstärkung entpuppt sich der stegnähere Pickup als weniger ruhig, als er als Humbucker sein sollte. So, als ob die Abschirmung des Abnehmers auf den heißen Kontakt geht und umgekehrt. Meinem ersten Auto, einem alten Fiat Fiorino Kastenwagen, diagnostizierte die Werkstatt bei allen möglichen Wehwehchen gerne erst mal ein „Masseproblem“. Und siehe da: Der Massedraht zur Brücke liegt lose im E-Fach.

(Bild: Dieter Stork)

Nach dem Anlöten des Drahts ist der Bass insgesamt ruhiger, solange ich die Saiten (oder einen Potiknopf) anfasse, die Nebengeräusche des messtechnisch einwandfreien Stegabnehmers verschwinden aber nicht komplett. Ähnlich wie bei einem PJ ist die Mittelstellung weniger empfindlich gegen Einstreuungen, und der Halspickup solo völlig still in dieser Hinsicht. Tonal ist er alles andere als leise: der Position entsprechend fett, aber mit erfreulich holzigem Ton und ohne Matsch, bin ich angenehm überrascht! Auch sein Kollege liefert viel Pfund und satte Tiefmitten – ein absolut tragfähiger Sound mit guter Definition, die noch zunimmt, wenn beide Pickups gleichermaßen arbeiten und die Mitten etwas reduziert werden. Das Balance-Poti bietet dabei gute Mischsounds und den EQ habe ich noch gar nicht angefasst.

(Bild: Dieter Stork)

Die punchigen Bässe und schneidenden Höhen, die als doppelstöckiges Poti ausgeführt sind, gefallen mir gut, wobei der Höhenregler auch im Minus eine gute Figur macht. Den alleinstehenden Mittenregler genieße ich dagegen lieber mit Vorsicht. Knapp um die Neutralstellung herum gefällt er mir gut und bearbeitet seinen Bereich ziemlich breitbandig. Das klingt erst mal sehr harmonisch, hat aber zur Folge, dass er bei Ausschlägen in die Extreme (krass mittenlos oder mids-only) wie ein zweiter Lautstärkeregler wirkt … Auf passiv geschaltet verschwinden die knackigen Aktiv-Höhen etwas und der Ton wird runder und wärmer, ohne die Definition zu verlieren, vor allem bei härterem Anschlag. Hm, hätte ich vielleicht doch gerne als leichter zugängliche zweite Ebene …

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Wer sich für den Hagstrom Nekromant 4 interessiert, sollte schon über eine gesunde Physis verfügen – zumindest, wenn die ganze Serie so ausfällt wie mein Testbass. Sonst wird die nächste Probe eine ziemlich kurze Seance. Auch wenn das Marketing den Bass sehr metallisch-düster pitcht und er in dieser Hinsicht auch bestens abliefert, kann der Nekromant mehr. Gerade im schönen Tobacco Sunburst passt er für mich optisch auch in klassisch-rockende Gefilde, mit einem ganz un-höllischen, knurrig-holzigen Ton, der das perfekt ergänzt. Aktiv lassen sich drückende Bassgewalt und durchsetzungsfähige Höhen dazugeben, willkommene Hilfen, um den Bandsound zu füllen oder sich im schon übervollen Bandgefüge Platz zu verschaffen – im Metal-Bereich, aber eben nicht nur da. Neben dem Gewicht sollte man im Laden auch gleich testen, ob der Stegtonabnehmer seinem Job als Humbucker ordnungsgemäß nachgeht. Pluspunkte gibt es noch für das Preis-Leistungs-Verhältnis, auch wenn man die passende Tasche zusätzlich erwerben muss, und für die Linkshänderinnenversion (wenn auch nur in Schwarz). Für Fans ungewöhnlicher Korpusformen (und Pickup-Positionen) definitiv einen Test wert! ●

Plus

● Optik
● Sounds (aktiv und passiv)
● Werkseinstellung
● Bespielbarkeit
● Wirkung Höhenregler

Minus

● Gewicht
● Abschirmung Steg-Pickup
● Mittenregler in Extremeinstellungen


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

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