Ausladender Korpus, einladender Bass!

Bassbeschwörung: Hagstrom Nekromant 4 im Test

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EINLADENDER BASS

Fürs erste Kennenlernen setze ich mich gerne mit dem Bass an den Küchentisch. Die Balance auf dem Oberschenkel ist beim Nekromant tatsächlich gut, aber obwohl ich nicht gerade klein geraten bin, hänge ich beim Hagstrom etwas unbequem über dem ausladenden Korpus. Das ändert sich im Stehen, wo die leichte Kopflastigkeit und das ordentliche Gewicht einen anständig gepolsterten, rutschfesten Gurt geradezu erzwingen. Dafür ist die Bespielbarkeit mühelos und die Saitenlage flach. Mit 42 mm am Sattel ist der Hals nicht der schmalste, liegt dank der großzügig gerundeten Griffbrettkanten aber sehr gut in der Hand und ist bis zum vorletzten Bund entspannt zu greifen. Bei den Prototypen, die ich auf dem Guitar Summit in der Hand hatte, war der Halswinkel so flach, dass die Saitenreiter schon am Anschlag unten waren und die Saiten trotzdem noch recht hoch. Das hat sich zum Glück geändert, hier haben die Reiter noch Luft nach unten. Alle Einstellarbeiten gehen wie erwartet leicht vonstatten und sind zudem beim Testbass gar nicht nötig. Noch ohne Verstärkung stelle ich fest, dass der Magnetzug der so weit nach vorne gerutschten Pickups die Saiten nicht unsauber schwingen lässt – sehr gut! Mit Verstärkung entpuppt sich der stegnähere Pickup als weniger ruhig, als er als Humbucker sein sollte. So, als ob die Abschirmung des Abnehmers auf den heißen Kontakt geht und umgekehrt. Meinem ersten Auto, einem alten Fiat Fiorino Kastenwagen, diagnostizierte die Werkstatt bei allen möglichen Wehwehchen gerne erst mal ein „Masseproblem“. Und siehe da: Der Massedraht zur Brücke liegt lose im E-Fach.

(Bild: Dieter Stork)

Nach dem Anlöten des Drahts ist der Bass insgesamt ruhiger, solange ich die Saiten (oder einen Potiknopf) anfasse, die Nebengeräusche des messtechnisch einwandfreien Stegabnehmers verschwinden aber nicht komplett. Ähnlich wie bei einem PJ ist die Mittelstellung weniger empfindlich gegen Einstreuungen, und der Halspickup solo völlig still in dieser Hinsicht. Tonal ist er alles andere als leise: der Position entsprechend fett, aber mit erfreulich holzigem Ton und ohne Matsch, bin ich angenehm überrascht! Auch sein Kollege liefert viel Pfund und satte Tiefmitten – ein absolut tragfähiger Sound mit guter Definition, die noch zunimmt, wenn beide Pickups gleichermaßen arbeiten und die Mitten etwas reduziert werden. Das Balance-Poti bietet dabei gute Mischsounds und den EQ habe ich noch gar nicht angefasst.

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(Bild: Dieter Stork)

Die punchigen Bässe und schneidenden Höhen, die als doppelstöckiges Poti ausgeführt sind, gefallen mir gut, wobei der Höhenregler auch im Minus eine gute Figur macht. Den alleinstehenden Mittenregler genieße ich dagegen lieber mit Vorsicht. Knapp um die Neutralstellung herum gefällt er mir gut und bearbeitet seinen Bereich ziemlich breitbandig. Das klingt erst mal sehr harmonisch, hat aber zur Folge, dass er bei Ausschlägen in die Extreme (krass mittenlos oder mids-only) wie ein zweiter Lautstärkeregler wirkt … Auf passiv geschaltet verschwinden die knackigen Aktiv-Höhen etwas und der Ton wird runder und wärmer, ohne die Definition zu verlieren, vor allem bei härterem Anschlag. Hm, hätte ich vielleicht doch gerne als leichter zugängliche zweite Ebene …

(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Wer sich für den Hagstrom Nekromant 4 interessiert, sollte schon über eine gesunde Physis verfügen – zumindest, wenn die ganze Serie so ausfällt wie mein Testbass. Sonst wird die nächste Probe eine ziemlich kurze Seance. Auch wenn das Marketing den Bass sehr metallisch-düster pitcht und er in dieser Hinsicht auch bestens abliefert, kann der Nekromant mehr. Gerade im schönen Tobacco Sunburst passt er für mich optisch auch in klassisch-rockende Gefilde, mit einem ganz un-höllischen, knurrig-holzigen Ton, der das perfekt ergänzt. Aktiv lassen sich drückende Bassgewalt und durchsetzungsfähige Höhen dazugeben, willkommene Hilfen, um den Bandsound zu füllen oder sich im schon übervollen Bandgefüge Platz zu verschaffen – im Metal-Bereich, aber eben nicht nur da. Neben dem Gewicht sollte man im Laden auch gleich testen, ob der Stegtonabnehmer seinem Job als Humbucker ordnungsgemäß nachgeht. Pluspunkte gibt es noch für das Preis-Leistungs-Verhältnis, auch wenn man die passende Tasche zusätzlich erwerben muss, und für die Linkshänderinnenversion (wenn auch nur in Schwarz). Für Fans ungewöhnlicher Korpusformen (und Pickup-Positionen) definitiv einen Test wert! ●

Plus

● Optik
● Sounds (aktiv und passiv)
● Werkseinstellung
● Bespielbarkeit
● Wirkung Höhenregler

Minus

● Gewicht
● Abschirmung Steg-Pickup
● Mittenregler in Extremeinstellungen


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

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