(Bild: Dieter Stork)
Nicht jeder Bass muss schreien, um gehört zu werden. Lakland gehört zu den Herstellern, die sich auf Understatement verstehen und erfreut sich zu Recht einer großen Fangemeinde. Den 55-02 gibt es schon eine Weile, hier präsentiert er sich in einer neuen Farbvariante. Eine gute Gelegenheit zu schauen, wie das Modell gealtert ist.
Mit dem Skyline 55-02 bietet Lakland eine preisgünstigere Alternative zum Topmodell 55-94 aus amerikanischer Produktion. Die 55 steht dabei für eine 35″-Mensur und verspricht eine sehr definiert klingende H-Saite. Um die Kosten niedrig zu halten, wird die Skyline-Serie in Indonesien gefertigt, wodurch sich trotz der Verwendung der gleichen hochwertigen Bauteile ein niedrigerer Preis ergibt. Ich schreibe bewusst „niedrigerer” und nicht „niedriger”, weil das Instrument trotz der Fertigung in Fernost für stolze 2200 Euro über die Ladentheke (oder das DHL-Förderband) geht. Wir befinden uns also durchaus im „High-End”-Segment der asiatischen Massenfertigung.
Für diesen Preis erhält man einen Bass mit beinahe klassischer Ausstattung. Unter der weißen Lackierung verbirgt sich ein massiver Korpus aus Esche, dessen Finish sich auch auf der Kopfplatte wiederfindet. Der angeschraubte, einteilige Hals ist aus hellem Ahorn. Ich finde es fast schon erfrischend, mal wieder ein Instrument zu sehen, bei dem nicht der aktuell in Mode gekommene thermobehandelte Ahorn zum Einsatz kommt. Damit dieser Hals trotzdem dem Zahn der Zeit und der Witterung widersteht, sind neben dem Halsstab auch Kohlefaserstäbe zur Versteifung eingearbeitet. Das ebenfalls aus Ahorn gefertigte Griffbrett ist mit weißen Block-Inlays verziert, die dem Bass einen unaufdringlichen, aber edlen Look verleihen. Das Chrom-Finish der verbauten Hardware trägt zum Understatement bei. Wer es optisch gern etwas präsenter mag, könnte hingegen zu den Varianten mit Glitzerlackierung in Silber oder mit einer Decke aus Spalted-Maple greifen.
Nicht so ganz zum edlen Erscheinungsbild passen – und das ist eine rein persönliche Meinung – die Potikappen aus gummiertem Kunststoff. Nach einiger Zeit neigen sie meiner Erfahrung nach dazu, abgegriffen auszusehen und im schlimmsten Fall sogar klebrig zu werden. Hinzu kommt, und hier mag auch meine eigene Unzulänglichkeit eine Rolle spielen, dass ich die nur aufgesteckte Kappe des Push-Pull-Volume-Potis während meiner Testphase mehr als ein Mal in der Hand hatte. Die geriffelte Achse zum Aufstecken am Potischaft ist nämlich sehr kurz und bietet entsprechend wenig Angriffsfläche, die für den notwendigen Halt sorgen könnte.
(Bild: Dieter Stork)
UNTER DER LUPE
Die Verarbeitung ist unterm Strich gut, lediglich ein paar hauptsächlich optische Ungereimtheiten sind mir aufgefallen: Im sonst deckend weißen Lack befinden sich vereinzelt kleine schwarze Punkte und Lufteinschlüsse sowie im Gegenlicht erkennbare Linien im Lack auf der Korpusrückseite. Am korpusseitigen Zugang zum Halsspannstab und an den Fräsungen der Tonabnehmertaschen ist ein leichtes Verlaufen von weißem Lack und schwarzer Farbe sichtbar. Auch der Sattel hätte für meinen Geschmack etwas sauberer eingepasst werden können, dieser ragt nämlich etwas über seine Aussparung im Holz hinaus.
Dies sind jedoch alles nur Kleinigkeiten, die rein optischer Natur sind, erst bei genauerer Betrachtung auffallen und die Funktion des Basses nicht beeinträchtigen. Bei den funktionalen, mechanischen Qualitätsmerkmalen kann der Skyline hingegen wieder glänzen. Dank der tiefen Aussparung an der unteren Korpushälfte sind auch die obersten Bünde mühelos erreichbar und sauber abgerundete Bundkanten sorgen für reibungslose Lagenwechsel. Die angenehme Holzoberfläche der Halsrückseite trägt ihren Teil dazu bei, dass sich der Bass meinen Weisungen fügt und ohne Murren alles über sich ergehen lässt. Zwar laden das breitere Halsprofil und die generelle Masse des Instruments zumindest bei mir eher dazu ein, mich eher groovigen Parts zu widmen, doch auch „virtuose” Spieltechniken wie Tapping oder Slap-Gewitter sind hier kein Problem.
FUNDAMENT
Die grundsätzliche Ausrichtung des Sounds zielt meiner Ansicht nach eher auf die klassische Rolle des Basses in einer Band als Fundament ab. Damit meine ich keineswegs, dass es dem Skyline an Durchsetzungskraft oder Auflösung fehlt, doch der Ton präsentiert sich unabhängig von der Einstellung der Elektronik eher voll und kantenlos. Und das ist keineswegs negativ zu verstehen! Trotz der Assoziation zum Stingray, die sich aufgrund des Tonabnehmers aufdrängt und auch in Foren öfter thematisiert wird, bietet der Lakland einen deutlich runderen Ton mit viel sauberem, tiefem Fundament, deutlich weniger aggressiven Mitten und der richtigen Portion Hochton, um für Klarheit und Artikulation zu sorgen.
Die 35″-Mensur soll die Auflösung im Bassbereich verbessern und dem kann ich zumindest nicht widersprechen. Klar und fett, ohne Wummern oder Matschen steht der Klang der H-Saite im Raum. Unter Zuhilfenahme des Höhen-Potis der aktiven 3-Band-Elektronik kann der Klang sogar noch in eine bissigere Richtung bewegt werden, die insbesondere beim Slapping ausgezeichnet zur Geltung kommt, ohne dabei für metallisches Klirren zu sorgen.
Damit die verbaute Elektronik auch bei extremen Einstellungen stets ein sauberes, unverzerrtes und dynamisches Signal liefert, wird sie mit zwei 9V-Batterien betrieben. Durch das Hochziehen des Volume-Potis kann der Bass bei Bedarf allerdings auch rein passiv betrieben werden, wobei meiner Meinung nach die Stärken im Aktivmodus liegen, denn passiv verliert die Klangregelung vollständig ihre Funktion.
(Bild: Dieter Stork)
Dank der zusätzlichen Aussteuerungsreserve kann ich sogar alle drei Bänder voll aufdrehen und richtig reinlangen, ohne dass die Elektronik schlapp macht. Durch dezente Bedienung des Mitten- und Bass-Potis lassen sich sehr musikalische Ergebnisse erzielen. Im E-Fach verbaute Schalter erlauben zusätzlich noch das Anpassen der Einsatzfrequenz des Mittenbandes auf die eigenen Bedürfnisse. Mir gefällt die Werkseinstellung allerdings schon gut. Hier sorgt das Poti bei leichter Anhebung für eine angenehme Fülle im Klang, die je nach Situation sehr willkommen ist. Je nach Verschaltung der Tonabnehmer macht sich nämlich physikalisch bedingt eine mehr oder weniger ausgeprägte Absenkung in den Mitten bemerkbar.
SPULENWAHL MIT FOLGEN
Ebenso bemerkbar macht sich ein dezentes Brummen. Und das, obwohl die Tonabnehmer eigentlich brummfrei sind, auch der im Single-Coil-Format am Hals. Schlussendlich konnte ich eine fehlende Saitenmasse hierfür verantwortlich machen.
(Bild: Dieter Stork)
Das Betätigen des Kippschalters für die Spulenwahl des hinteren Tonabnehmers unterdrückt das leise Brummen, und auch der Klang lässt sich damit deutlich beeinflussen. Bei dieser Variante des Basses kann der hintere Pickup entweder parallel als „klassischer” Humbucker betrieben oder in die vordere bzw. hintere Spule gesplittet werden. Insbesondere der Wechsel zwischen vorderer und hinterer Spule ist im Betrieb mit nur einem Pickup recht subtil, mischt man nun aber den Hals-Pickup mit dazu, ergeben sich prägnante Unterschiede. Während die hintere Spule einen drahtigeren Ton liefert, sorgt das Zusammenspiel aus Hals-Pickup und vorderer Spule für einen rotzigeren, schmatzigeren Sound. Trotz der visuellen Nähe zum Jazz Bass oder Stingray liefert der 55-02 einen sehr eigenen Ton. Er ist eher zurückhaltend und auf den ersten Blick unauffällig, blüht im Kontext einer Band oder eines Ensembles aber richtig auf. Es ist die Art Ton, die sich ohne große Mühe nahtlos und unaufdringlich in die meisten Mixe einfügt.
RESÜMEE
Für mich ist Lakland der Inbegriff eines „Workhorse”: robust gefertigt, mit gefälligem und praxistauglichem Klang sowie einer eher klassischen Optik. Und das, ohne dass die Ergonomie auf der Strecke bleibt. Der Skyline 55-02 Custom spiegelt diese Werte voll und ganz wider.
Dass beim Testexemplar in Sachen Verarbeitung an manchen Stellen noch ein bisschen Luft nach oben war, sehe ich nicht als allzu großes Problem. Das kann passieren. Dank Rückgaberecht und einem schnell reagierenden Vertrieb dürfte sich ein solcher Fall schnell und unkompliziert lösen lassen.
Wer ein vielseitiges Arbeitsgerät mit eigenem Charme sucht, sollte sich den 55-02 einmal näher anschauen. ●
Plus
● gutes Handling trotz erhöhtem Gewicht
● flexible Elektronik
● eigenständiger und tragfähiger Sound
Minus
● relativ schwer
● leichte Verarbeitungsmängel (Testexemplar)

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2025)