1953, 1954, Greg Fessler Masterbuilt & Custom Shop Heavy Relic

Parts Lounge: Telecaster-Vergleich

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In dieser Folge wollen wir das Thema Telecaster vorerst abschließen. Dazu habe ich meine eigene Telecaster eingepackt und bin zu einem Sammler gefahren, der zahlreiche alte und neue Modelle besitzt (nochmals herzlichen Dank für die Einladung). Wir wollten noch einmal in allen Schattierungen den neuen Amber-Blackguard-Pickups auf den Zahn fühlen.

Unsere Auswahl an Gitarren war schon recht dicht. Darunter natürlich ein wunderschönes Original von 1953, eine 1954er in fast neuwertigem Zustand, eine seltene Fender Greg Fessler Masterbuilt, ebenfalls mit allen Blackguard-Specs sowie eine „Heavy Relic“-Telecaster aus dem Custom Shop.

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Alle Testprobanden im Überblick

Natürlich hatte ich auch in meine eigene Gitarre ein neues Amber-Set mit Humbucker in der Front-Position eingebaut; dazu noch der bereits erwähnte 53er-Red-Jupiter-Kondensator für die Ton-Regelung. Zuhause hatte ich noch die Stahl-Reiter meiner Tele gegen Modelle aus Messing ausgetauscht. Das sollte sich beim Test auszahlen, denn die ursprünglichen Reiter klangen auf dieser Gitarre einfach zu schrill, vor allem auf den Diskant-Saiten.

So mancher Nashville Tele-Spezialist verwendet eine Mischung: Stahl-Reiter für tiefe E- und A-Saite und Messing für die höheren Register. So bleiben die Bässe möglichst klar und knackig. Meine Tele klang jedoch mit kompletter Messingbestückung wirklich hervorragend. Getestet haben wir über einen Fender-Vibroverb-Amp, der über eine 2×12-Box mit Celestion-G12H-70th-Anniversary-Speakern lief. Fantastischer Sound!

1953/1954 TELECASTER

Diese Gitarren tragen ihren Legendenstatus völlig zurecht. Die Hälse sind kräftig, aber nicht annähernd so fett wie bei den Custom-Shop-Modellen. Beim Shaping handelt es sich um eine C-Form mit einer ganz leichten Andeutung eines V. Gerade diese Mischung fühlt sich wahnsinnig angenehm an. Man fragt sich automatisch, warum Fender im Zeitalter von Scannern und Kopierfräsen so etwas einfach nicht mehr hinbekommt. Näher dran war hier die Heavy-Relic-Custom-Shop, während die Greg Fessler Masterbuilt diesen typisch superfetten Baseballschläger angeschraubt hatte. Aber es soll ja Fans dieser Hälse geben. Jedenfalls hatte das mit den angenehm bespielbaren Vintage-Hälsen rein gar nichts zu tun.

1953er Fender Blackguard Telecaster

Klanglich entfalteten die Gitarren sofort die typischen Texturen, die man diesen Modellen zuschreibt. Der Ton ist dick, knackig und irgendwie fett, aber dennoch gnadenlos durchsichtig. Zum Vergleich haben wir mehrere P-90-Les-Pauls aus den 50ern herangezogen, die nur ein klein weniger lauter waren, aber nicht dieses Akustikgitarren-Element im Ton hatten. Genau das ist es, was diese Gitarren so besonders macht. Akkorde sind „shiny“ oder „crisp“ ohne aber auch nur eine Spur von Harshness oder Metall.

Ab der Bauchnote abwärts tönt es tatsächlich ein wenig nach Les Paul, weiter aufwärts glänzen die Instrumente jedoch mit einer unglaublich feinen Auflösung, die in etwa so klingt als habe man im Tonstudio unter ein Les-Paul-Riff noch etwas leiser eine Akustikgitarre hinzugemischt. Ich muss schon zugeben, dass mich dieser Sound sofort wieder gefangen hielt.

Für Amber-Chef Wolfgang Damm liegt der Grund für diesen Sound neben allen anderen Qualitäten dieser Pickups vor allem an der Kombination von AlNiCo-III-Stabmagenten mit etwas größerer Wicklungszahl. Die Bridge-Pickups dieser Telecasters lagen so um 7 kOhm. Das ist für einen Fender-Singlecoil schon ganz ordentlich. Der Amber Blackguard Bridge-Pickup hat hier sogar 7,36 kOhm. Dies sind Eigenschaften, die für die enorme Vielseitigkeit dieser Pickups sorgen.

Angefangen beim „Boom-Chicka-Boom“-Sound von Luther Perkins bis hin zu fetten Billy-Gibbons-Riffs und allem dazwischen. Es gelingen seidige Strummings in bester Akusikgitarren-Manier genauso wie stets schmatzige Blues-Sounds à la Larry Carlton oder Robben Ford. Besonders bei der 53er-Tele mit dem auffallend leichten Swamp-Ash-Body tönt das wirklich fantastisch. Noch dazu sind diese Klänge irgendwie „linearer“ als mit anderen Gitarren. Soll heißen, es stechen keine bestimmten Saiten unangenehm hervor. Sogar bei einer zum Vergleich gespielten 59erBurst kämpft man hier und da mit der hohen H- und E-Saite, weshalb man für Soli stets das Ton-Poti ein klein wenig zudreht.

Vor allem am Fender-Amp! Bei der 53er-Telecaster zerspringen die Höhen (eher sind die hohen Mitten gemeint) wie Glas, fächern sich angenehm auf und werden daher nie nervig. Bei Power-Riffs kann diese Gitarre der Les Paul sogar Konkurrenz machen. Trotz gleichem sonoren Grundcharakter gelingt das der Tele irgendwie prägnanter, kompakter und mit schärferem Umriss. Genießt man das eine Weile, kommt ein Les-Paul-Spieler wie ich unwillkürlich auf die Idee, die alte Liebe bald mal gegen eine Telecaster wie diese einzutauschen. Diese Gitarren sind auch äußerst robust und so herrlich schlicht.

1954er Fender Blackguard Telecaster

Die 1954er-Tele klang ein wenig hölzerner und mittiger. Der Grundcharakter blieb jedoch gleich. Sie breitet die gleichen Qualitäten aus, nur eben ein wenig mit anderer Note. Vermutlich liegt es an dem etwas höheren Gewicht und dem etwas stärkeren Hals.

Pickup-Hersteller wie Jim Rolphs oder Andreas Kloppmann würden vermutlich auch schon Unterschiede „nach Jahrgängen“ bei den Pickups ausmachen können, mir bleiben diese zarten und nur vielleicht „im Abgang“ spürbaren Unterschiede jedoch verborgen. Für mich war es einfach auch eine Gewohnheit, dass eine andere Gitarre aus gleicher Baureihe eben auch ein wenig anders klingt.


FENDER CUSTOM SHOP BLACKGUARDS

Nach dem Wechsel zur Custom-Shop-Heavy-Relic-Telecaster machte sich zunächst Enttäuschung breit. Trotz der absolut ansprechenden Optik dieser Gitarre klang sie wie ein misslungener Abklatsch der beiden Vorgänger. Allein betrachtet immer noch eine sehr gute Gitarre, die in Abwesenheit der beiden Vintage-Vorbilder sicher sofort Freunde finden dürfte, klang sie im direkten Vergleich klein, dünn und kraftlos. Ganz abhandengekommen war jetzt der tiefe Boden im Sound, die Höhen waren scharf und crisp eher im unangenehmen Bereich. Da wäre es interessant, die Amber Blackguards reinzuschrauben.

53er Blackguard neben der Fender Custom Shop Heavy Relic

Schon viel besser war das Masterbuilt-Modell. Diese Gitarre klang wirklich schon sehr nahe am 53erVorbild, nur mit jenem Schuss Moderne, die den kleinen, aber feinen Unterschied ausmacht. Die hohen Mitten sind wiederum etwas ausgeprägter, obwohl die grundsätzlichen Klangfarben schon stimmig waren. Man könnte auch sagen, dass man hier den Unterschied zwischen einer alten und eingespielten Gitarre gegen eine neue wahrnimmt, bei der alles etwas hakeliger und sperriger rüberkommt. Dennoch großes Kompliment an Herrn Fessler, denn an dieser Gitarre hätte ich rein gar nichts mehr geändert, außer dass ich ihr viele, viele Stunden mit eifrigen Riff-Extasen gegönnt hätte.


AMBER BLACKGUARD SET

Nach all diesen Tests war die Spannung natürlich groß. Wie würden sich die Blackguards von Wolfgang Damm wohl gegen die Vintage- oder Masterbuilt-Kandidaten schlagen? Wenn man schon Blackguard auf seine Pickups schreibt, sollten diese Erwartungen auch erfüllt werden, zumal die Masterbuilt-Pickups von Greg Fessler schon ordentlich vorgelegt hatten. Dazu wurde die Custom-Shop-Tele wie folgt präpariert: Amber Blackguard-Set aged und ebenfalls Vintage-Red-Jupiter-Ton-Kondensator 0.05uF sowie die gleichen Dean-Markley-Nickelsaiten wie auf dem Original.

Amber Blackguard Set aged

Kurzum: Nur selten habe ich gehört, dass eine Pickup-Replik so treffsicher im Ziel landet. Die Amber Blackguards waren vor allem dem Sound der 53er praktisch ebenbürtig, nur mit einem Hauch mehr Output. Klanglich hatte dies allerdings keine Auswirkungen. Sicher hatte es ein wenig mit den Dämpfungseigenschaften des alten Red-Jupiter-Kondensators zu tun. Aber so ein Kondensator dieser Bauart befindet sich eben auch in der alten 53er. Beide Gitarren klangen nun zum Verwechseln ähnlich.

Das allein schon scheint ein enormes Argument für Wolfgang Damms Verwendung der AlNiCo-III-Magneten zu sein. Oberflächlich betrachtet mag die Formel „schwacher Magnet plus mehr Wicklungen“ voll und ganz aufzugehen. Darüber hinaus glichen sich die Pickups auch optisch wie ein Ei dem anderen. Aber das gelingt ja auch anderen Herstellern. Für mich war das so überzeugend, dass ich nun seit einer Woche die Les Paul an der Wand hängen lasse und ausschließlich auf der immer noch mit den Ambers bestückten Tele spiele. Aber nicht Danny Gatton oder Roy Buchanan, sondern eben meine typischen Les-Paul-Riffs. Und das führt dazu, dass ich meinen Zugang zu altbewährten Spielgewohnheiten neu abwäge.

Ist so eine Tele die eigentlich bessere Les Paul? Vor allem scheint sie vielseitiger, leichtgängiger, offener und dabei durchsetzungstärker. Diese Gitarre mehrt sogar meinen Wunsch, auf meine alten Tage irgendwo im Hintergrund Begleitakkorde zu schrubben. Das macht auf einer Tele einfach noch mehr Spaß als auf der stärker dröhnenden Les Paul. Großes Kompliment an Amber Pickups, die diese alten Klänge wieder zum Leben erwecken können. Volle Punktzahl!


(erschienen in Gitarre & Bass 12/2021)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Amber Pickups, ganz speziell die wundervollen Humbucker, die z.B. in der vor einiger Zeit neu aufgelegten „Jolana Diamant“ LP-Copy auf Wunsch des Kunden eingepflanzt werden,merkt man sehr deutlich,daß Amber Tonabnehmer richtig super klingen! Zudem sind die neuen Jolana E.-Gitarren, die heutzutage wieder unweit der „Goldenen Stadt“ Prag sehr viel penibler gefertigt werden, als die damalig frühen Les Paul Kopien dieses tschechischen Gitarrenfabrikanten. Die Amber Blackguard Pickups für die Fender Telecaster sind daher zweifellos die erste Wahl, wenn es um top klingende PIckups geht! Jedoch bin ich der Meinung, daß eine Tele auf keinen Fall jemals die „bessere“ Les Paul sein könnte. Dies scheint mir hier ja auch nicht so ernst gemeint zu sein. Danke!

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  2. ’53 is, was and ever will be the state of the art. Nothing better….

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  3. Für den “Normalsterblichen” wäre ein Vergleich zusätzlich auch mit günstigeren Fenders interessant (also zb. von American Player bis Ultra, ev. auch Mexiko Modelle) Mit und ohne Amber Pickups. Alte Fenders, oder Custom Shop Modelle können sich wohl eher wenige Leser leisten. (dennoch sind solche Artikel natürlich interessant). Interessant auch, dass die “normale” Custom Shop Gitarre eher mau klingt. (oder ist es doch nur der Vergleich auf höchstem Niveau?) Auch hier wäre ein Vergleich zu günstigeren Modellen interessant.

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    1. Bin gleicher Meinung. Ich bin Hobby-TECH und pimpe viele Strats + Teles seit rd. 40 Jahren, von günstig, midpriced bis Custom-Shop. Da sind natürlich auch einige in meine Sammlung gewandert, während das meiste für andere Gitarristen war. Um bei Tele zu bleiben: meine Fender-CS NoCaster Relic gebe ich nicht wieder her. Mag sein, dass es ein glücklicher Einzelfall ist. Ich habe sie jedenfalls sogar noch aufwerten lassen (weil ich selbst nicht bundiere) mit 6105-Bünden, denn mir liegen die Vintage-Bünde grds. nicht.

      Zu den Pickups: in midprized Teles, also ~ 600 bis 1200€, baue ich vorwiegend die Fender Custom-Shop NoCaster-PUs ein, die in diesem Preissegment für mich das beste sind. Auch schon mal LeoSounds, die einige Gitarristen gerne haben wollten. Klingen auch gut. Ich habe schon Unmengen verschiedener PUs verbaut, aber die hier favorisierten Amber-PUs (wie auch andere Premiumpreis- / Boutique-Hersteller) nicht, reinweg aus Preisgründen. Das wäre nur etwas für wirklich teure Teles. Und um nur damit zu experimentieren, war mir das bislang viel zu teuer. Deshalb ist es auch gut, dass Udo Pipper solche Sachen für uns macht. Seine Artikel finde ich fast alle sehr informativ.

      Was ich aber erneut hiermit für Löt-Kundige anregen möchte ist, mit verschiedenen Schaltungen zu experimentieren, denn auch aus 2 PUs (natürlich nur, wenn sie schon solo gut klingen) kann man deutlich mehr heraussholen als die üblichen 3 Sounds. Wer sich dafür und für andere Schaltungen Anregungen holen möchte: gittevarii in YT eingeben und mein gerade hochgeladenes Video “Tele MEGA – 9 Sounds”, oder andere Schaltungen ansehen und tw. anhören.
      Ich wünsche den experimentierfreudigen unter Euch viel Erfolg bei Experimenten, ohne die auch ich nicht zu der Vielfalt meiner Schaltungen gekommen wäre, was allerdings besonders für meine Spezi-Sachen für Strats gilt. Zu den Teles bin ich “erst” vor 20 Jahren gekommen 🙂
      Mit musikalischen Grüßen
      MrHKBlues aka gittevarii

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    2. Sehe ich anders. Fender Custom Shop Modelle verkaufen sich wie blöde, das können sich verdammt viele Leute leisten. Gerade die teuren Modelle von Fender und auch von Gibson, gerne auch über 10.000€, sind stets die ersten, die weggehen. Daher ist gerade der Vergleich zwischen teuren CS-Modellen und Vintage-Gitarren super spannend…gerade die Frage, ob Fender es schafft, die alten legendären Gitarren zu replizieren, ist super spannend.

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  4. Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Auch finde ich, sollten sich umfassenden Klangbeschreibungen auch hochqualitative Hörbeispiele folgen. Schließlich möchte jeder den Klang einer idealen Telecaster erkennen lernen!

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    1. …den Klang kannst Du Dir aber auch auf vielen alten Schallplatten anhören! Jeder Gitarrist hat doch ein paar sounds (im Ohr/im Kopf), denen er gern nahe kommen möchte. Wenn Du das (noch) nicht hast – zurück auf Los, sorry.

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  5. ach so – schöner Artikel, sehr interessant; allerdings bin ich mir nicht so sicher, daß da wirklich NUR Amber-Pickups helfen ;-P Es soll ja auch noch andere hochwertige Erzeugnisse geben – nicht nur in Deutschland (obwohl da schon einiges geboten wird).

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  6. It lies in the fingers, doesn´t depend on the instrument.
    Some girls and boys give better performance on a simple Squier than others thinking falicities could be bought.

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