Workshop
Julia’s Bass Lab: Präzision & Genauigkeit
von Julia Hofer, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Evannovostro/Shutterstock)
In meinen Workshops fällt mir immer wieder auf, dass viele Teilnehmende dazu neigen, ein stabiles Grundpattern zu verlassen. Anstatt den Groove konsequent durchzuhalten, wird ständig variiert und das Pattern mit Fills überladen. Dadurch geht die Klarheit im Spiel verloren. Besonders auffällig ist, dass es oft schwerfällt, ein Pattern über längere Zeit mit derselben Intensität, Tonlänge und Dynamik zu wiederholen. Kurz gesagt: Der eigentliche Groove geht im Überschwang des Spielens verloren. Genau hier setzt dieser Workshop an.
Die Idee ist, Verzierungen bewusst wegzulassen und stattdessen tiefer in den Groove einzutauchen. Denn einfache rhythmische Figuren, wie etwa eine Achtelkette oder durchgehende Viertelnoten, sind weitaus herausfordernder, als sie auf den ersten Blick erscheinen.Um dich dabei zu unterstützen, habe ich Playbacks vorbereitet. Sie dienen dir als Trainingspartner und helfen dir, dein Timing und deine Präzision zu verbessern. Das Ziel der Übungen lässt sich auf komplexere Basslinien übertragen und macht dein Spiel insgesamt präziser, kontrollierter und grooviger.
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BEISPIEL 1 – LEGATO-ACHTELNOTEN (80 BPM / 130 BPM)
Ein klassisches Beispiel für eine Legato-Phrasierung findet sich in ‚Stratus’ von Billy Cobham. Das Ziel dieser Übung besteht darin, über einen längeren Zeitraum hinweg Achtelnoten mit gleichbleibender Artikulation, Tonlänge und Dynamik zu spielen. Achte darauf, dass das Phrasing stets homogen bleibt. Nur so entsteht der charakteristische „Flow” des Legato-Spiels. Stell dir den Groove wie einen Zug vor, der unaufhaltsam weiterrollt, ohne anzuhalten oder ins Stocken zu geraten.
BEISPIEL 2 – STACCATO-ACHTELNOTEN (80 BPM / 130 BPM)
Es handelt sich um die gleiche Grundidee wie bei Beispiel 1, jedoch mit konsequentem Staccato. Ein Referenzbeispiel hierfür ist ‚Ganz Wien’ von Falco, in dem die kurzen, klar definierten Achtelnoten das rhythmische Fundament bilden.
BEISPIEL 3 & 4 – AKZENTWECHSEL
Das gezielte Setzen von Akzenten auf Achtelbasis lässt sich am besten an dem Lied ‚Everyday People’ von Sly & the Family Stone nachvollziehen. Übe die Figuren sowohl im Fingerstyle als auch mit der Palm-Mute-Technik.
BEISPIEL 5 & 6 – ACHTELNOTEN MIT PLEKTRUM
Beim Spielen mit dem Plektrum steht die Konstanz im Vordergrund: Halte über zwei bis drei Minuten hinweg einen gleichmäßigen, stabilen Achtel-Puls. Experimentiere bewusst mit verschiedenen Anschlagpositionen, denn schon wenige Zentimeter Unterschied verändern Klangfarbe und Sound. Merke dir die klanglichen Ergebnisse, um ein Gefühl für deren Wirkung im musikalischen Kontext zu entwickeln.
BEISPIEL 7 – HOUSE-GROOVE
Im House-Kontext wechseln sich Bassdrum und Bassfigur strikt ab. Dabei ist es entscheidend, die Notenlänge exakt einzuhalten und den Ton nicht in die Bassdrum „hineinwachsen” zu lassen. Nur so entsteht das für dieses Genre typische Pulsieren.
BEISPIEL 8 & 9– ACHTELPAUSE
Hier geht es um das bewusste Gestalten von Pausen: Lass in Beispiel 9 die zweite Zählzeit – den „Snare-Schlag” – frei und in Beispiel 8 einmal nicht. Dadurch verändert sich das gesamte Feeling des Grooves. Achte darauf, wie stark sich die Wirkung des Rhythmus allein durch dieses Detail verändert.
BEISPIEL 10-18 – ORIGINALTREUE UND GEHÖRBILDUNG
Schau dir die Beispiele genau an und versuche, sie möglichst originalgetreu nachzuspielen. Als Bassist:in wirst du nicht wegen virtuoser Soli gebucht, sondern weil du ein stabiles Fundament legst und den Song mit deinem Spiel trägst. Arbeite daher beim Üben besonders sorgfältig an Timing, Dynamik und Kontinuität.
Das Notenbild dient als Orientierung, doch die entscheidenden Informationen stecken in der Aufnahme selbst: Welche Zählzeiten werden minimal stärker betont? Welche Nuancen prägen den Groove? Durch aktives Zuhören trainierst du dein Gehör und deine rhythmische Präzision.
Einige der hinzugefügten Backingtracks enden abrupt, was bewusst so gestaltet ist. Das zwingt dich, das Timing selbstständig weiterzutragen. Achtung: Nur weil du exakt „im Grid” spielst, groovt es noch lange nicht. Time ist wichtig, aber Feel ist der Schlüssel.
Ich wünsche dir viel Spaß bei den Übungen! ●
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2025)
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