70er-Sound als Lebenswerk

Back Home: Eine Reise in die Welt des Bernd Meiser

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(Bild: Heinz Rebellius / Dirk Wacker)

In vielerlei Hinsicht spiegelt „Back Home“ den Kern unserer Reise nach Waldmohr wider – einem kleinen Ort an der Grenze vom Saarland zur Pfalz. Waldmohr ist die Heimat von Bernd Meiser gewesen, dem brillanten Techniker, der die deutsche und internationale Pedal-Szene über Jahre hinweg geprägt hat und der auch als langjähriger Kolumnist von Gitarre&Bass bleibende Spuren hinterlässt. Nun sind wir also an den Ort zurückgekehrt, an dem seine Reise einst begann – und von dem aus er am 30. Juli 2024 nach schwerer Krankheit seine letzte antrat, in sein nun ewiges Zuhause.

Wir – das sind Dirk Wacker und ich. Dirk kannte Bernd seit 2009, zunächst als Kunde für seltene Transistoren, später als IT-Berater. Daraus entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, in der Dirk u. a. viele Prototypen von Bernd testete und analysierte. Insbesondere bei der Entwicklung der BSM Clean-Booster RMG, VX-C, VX-T und V-TB war er maßgeblich beteiligt. Auch das Projekt „Spice Box“ – eine Replik des geheimen MTC-Moduls, das Ritchie Blackmore seit 1978 in all seinen Gitarren verwendete – entstand gemeinsam. Bernd und Dirk verband zudem die Leidenschaft fürs Schreiben: Bernd mit seiner Serie „Effektiv!“ für Gitarre & Bass und Dirk seit 2005 mit „Mod Garage“ für Premier Guitar. Ich arbeitete als Redakteur bei Gitarre & Bass lange mit Bernd zusammen und entwickelte später mit ihm großartige Pedale wie das Powderfinger und das Manifesto.

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Bernd Meiser (1959 – 2024) (Bild: Dirk Wacker)

Wir wollten nun Bernds Nachlass sichten, um seiner Witwe eine Grundlage an die Hand zu geben für den Fall, dass sie ihn veräußern möchte. Was zunächst nach einer nüchternen Aufgabe klang, wurde zu einer sehr emotionalen Reise in Bernd Meisers Vergangenheit, bei der wir beide das Gefühl hatten, dass Bernd in feinstofflicher Form oft anwesend war – und unser Tun wohlwollend beobachtete. Die Musik der 1970er Jahre war Bernds prägende Musik-Sozialisation gewesen, insbesondere der britische Hardrock legendärer Bands, allen voran Deep Purple mit ihrem Saitenmagier Ritchie Blackmore – und genau diese Prägung findet sich deutlich in Bernds eigenem Equipment wieder.

Zu Blackmores Gear hat Bernd auf seiner Website www.treblebooster.net ein Statement hinterlassen, das überdeutlich für sein Fachwissen, seine Akribie und sein Gespür für charakteristische Gitarrensounds steht. Wer diesen und die anderen großartigen Artikel dort noch nicht kennt, sollte unbedingt das Kapitel „ToneZone“ auf der genannten Website durchstöbern.

70s GUITARS

Bernd Meiser interessierte sich nicht für „real vintage“ – für ihn zählte hauptsächlich der Rock-Sound der Siebziger. Und das bedeutete vor allem: Fender Stratocaster. Ein Großteil seines Gitarren-Haushalts besteht denn auch aus diversen Strat-Varianten, wobei nicht zwingend Fender auf deren Kopfplatten stehen musste. Vielmehr fanden auch ausgewählte Strat-Kopien meist japanischer Hersteller ihren Weg in seine Sammlung; Hauptsache, sie stammten aus den 1970er, spätestens Anfang der 1980er Jahren. Wir katalogisierten neben zwei Fender Strats von 1974 und 1977 Kopien von Ibanez, Aria und vor allem – durchaus überraschend … – Luxor, eine Handelsmarke deutscher Musikalienhändler, die in den 1970er und 1980er Jahren Instrumente aus allen Bereichen aus Japan importiert hatte. Gleich vier Modelle dieser Marke finden sich in seinem Bestand, darunter auch die einzige Gitarre seiner Sammlung im Les-Paul-Design.

Die einzige Gitarre im Les-Paul-Design in Bernds Haushalt: Eine Luxor-Singlecut aus den späten 1970ern (Bild: Rebellius)

Kaum eine Gitarre in Bernds Sammlung ist noch in ihrem Originalzustand – mit Ausnahme einer 1974er Fender Strat. Alle anderen tragen Bernds Handschrift, der sie vorwiegend den Modifikationen unterzog, die Ritchie Blackmore an seinen Strats vornehmen ließ.

Die einzige nicht modifizierte Gitarre in Bernd Meisers Bestand: 1974er Fender Strat (Bild: Rebellius)

So entstand etwa aus einer Fender Classic 70s Strat von 2002 eine Replik von Blackmores 1973er Strat aus der MK-II-Phase von Deep Purple. Das bedeutete: Scalloped-Ahorn-Griffbrett, Neubundierung mit Dunlop 6105, originales 70er-Fender-Vibrato mit Guss-Reitern und -Block sowie neuere Fender-Custom-Shop-Pickups des Typs ‚69‘ – ein perfekter Ersatz für die frühen 70er-Jahre Fender-Pickups mit ihren charakteristischen „flat poles“.

Fender 70s Strat, „blackmorized “ mit scalloped Griffbrett, altem Fender-Guss-Trem und neuen Pickups (Bild: Rebellius)
(Bild: Rebellius)

Bei einer 1977er Fender Strat setzte Bernd das unter Insidern bekannte Neck-Shimming ein – nicht nur, um den Halswinkel zu verändern, sondern auch, um den Hals insgesamt höher in der Halstasche zu positionieren. In der Konsequenz stehen die Saitenreiter der Brücke höher auf der Grundplatte, was für mehr Transparenz und Punch sorgt. Wie fast immer hatte er auch hier die Pickups ausgetauscht – diesmal gegen zwei LeoSounds Munich 77, passend zum Blackmore-Thema. Ein Dummy Coil in der Mittelposition unterdrückt Brummen. Geschaltet wird à la Blackmore: Mit einem Dreiweg-Schalter für die Positionen Bridge, Bridge/Neck, Neck.

Einige Gitarren hatten den massiven „Blackmore neck shim“, wie hier bei einer 1977er Fender Strat zu sehen. (Bild: Rebellius)

Auch die meisten japanischen Strat-Kopien wurden von Bernd teils aufwendig „blackmorized“. Eine Aria Pro II, gebaut von Matsumoku, erhielt zwei der raren Velvet-Hammer-Pickups (die Blackmore selbst eine Zeitlang benutzt hatte) plus Dummy Coil, eine frühe Ibanez bekam ein scalloped Maple-Griffbrett. Die beiden Luxor-ST-Modelle rüstete er mit Lace-Sensor- und originalen Fender-Pickups aus.

Kaum eine Gitarre blieb ohne diese wertvollen Upgrades, selbst neuzeitliche Instrumente wie zwei Epiphone-Archtops bekamen neue Pickups, Potis und eine hochwertige Verkabelung.

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