Hoch Zwei

GJ2 Guitars Shredder & Glendora HSH NLT im Test

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Seit vier Jahren ist Grover Jackson mit Unterstützung von Industrieveteran Jon Gold unter eigenem Label und mit neuen Gitarrenmodellen wieder an vorderster Front des Musikinstrumenten-Business aktiv. Nachdem er 1985 seine Firma Charvel/Jackson an die International Music Corporation verkauft hatte – die dann letztendlich beim Fender-Konzern landete –, hatte er sich zurückgezogen und war überwiegend im Hintergrund für diverse Hersteller tätig.

GJ2 Guitars Shredder und Glendora HSH NLT_01
(Bild: Dieter Stork)

Als er 2012 mit GJ2 Guitars auf der Frankfurter Messe auftauchte, machte das sofort die Runde, ganz so, als habe die Gitarristengemeinde ihn sehnlichst erwartet. Besaßen die damals vorgestellten Modelle noch ausnahmslos durchgehende Hälse, sind diese bei der 2014er Reihe verschraubt. Bodies, Hälse, Pickups und Lackierungen werden in Grover Jacksons Werkstatt in Laguna Hills in Kalifornien gefertigt. Aus einer Reihe von Ausstattungs- und Finish-Optionen kann sich der Kunde seine gewünschte Gitarre zusammenstellen. Zum Test gemeldet haben sich eine metallic-blaue Shredder und eine geagte antik-weiße Glendora mit goldener Hardware.

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Konstruktion

Für die Standard-Bodies der 2014er-Reihe findet Linde Verwendung, für die vierfach verschraubten Hälse Ahorn, wahlweise mit Palisander- oder Ahorngriffbrett. Während sich die Korpuskonturen mit rückseitiger Ergofräsung und deckenseitiger Armschräge gleichen, zeigt die Korpussilhouette der Glendora eher Vintage-Züge, die der Shredder mit ihren schlankeren Cutaway-Hörnern modernes Super-Strat-Design. Der abgeschrägte Halsübergang der Shredder macht den 24. Bund leichter zugänglich.

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Eingefasstes Griffbrett (Bild: Dieter Stork)

Die Glendora trägt ihre komplette Elektrik, vom separaten traditionellen Strat-Buchsenblech abgesehen, an einem weißen Kunststoff-Pickguard mit „Mother-of-Toilet-Seat“-Optik, die Shredder direkt an der Korpusdecke. Geschlossene dreischichtig-weiße Kunststoffplatten decken das (abschirmungsfreie) E-Fach und die Federkammer des Vibratos ab. Ein ovales Zargenblech trägt die beherzt zupackende Klinkenbuchse. Für den Federkammerdeckel der Glendora sind zwar Schraubenlöcher vorhanden, der Deckel selbst fiel offenbar dem Rotstift anheim. Bei beiden GJ2-Modellen wurden die Bodies und partiell die Kopfplattenfronten deckend lackiert. Während die Shredder mit einem spiegelglatt polierten und knallblauen „Tru Blu“- Polyurethan-Metallic-Lack daherkommt, präsentiert sich die Glendora in antik weißem Thin Nitro mit feinen Lackrissen und dezent geagten Kanten.

Der Hals der Shredder wird von einem Konterblech mit Plastikunterlage in der passgenau gefrästen Halstasche gehalten. Die goldene Halsplatte der Glendora liegt indes direkt auf, und die Halsaufnahme zeigt bassseitig 0,2 mm Spiel. Das kann schon mal passieren, wenn man die Halstasche standardmäßig fräst und sich erst später für eine dünne Lackschicht entscheidet. Beide Hälse besitzen sogenannte Maple Caps, also aufgeleimte Ahorngriffbretter.

Um die Krümmung zu justieren, müssen die Hälse komplett demontiert werden, da es keinen Zugang zu den stirnseitigen Kreuzschlitzschrauben gibt. Dem Hals der Shredder hat man weißes, relativ scharfkantiges Binding spendiert, und wie bei der Glendora, markieren schwarze Punkte und kleine Sidedots die Lagen. Die 24 bzw. 22 Edelstahl-Jumbo-Bünde wurden tadellos eingesetzt, rund abgerichtet und inklusive der Kanten sorgfältig poliert.

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(Bild: Dieter Stork)

Abschließend hat man das nitro-lackierte Glendora-Griffbrett einem Alterungsprozess mit entsprechenden Abnutzungsspuren unterzogen. Bevor die Saiten die halboffenen, gestaggerten, präzise arbeitenden Hipshot Locking Tuner erreichen, überqueren sie hier einen vorzüglich abgerichteten Kunststoff-, dort den FR-Locking-Sattel, dessen H2- bis E6-Saitenlagen sich durchaus noch optimieren ließen. Auf eine Gitarre namens Shredder gehört in dieser Preisklasse natürlich ein original Floyd Rose Locking Vibrato. Eine Filzeinlage in der Deckenfräsung minimiert etwaige mechanische Aufsetzgeräusche extremer Up-Bendings. Unsere „alte“ Glendora hingegen ist mit einem modernen free-floating Vintage-Style-System ausgestattet, welches Grover Jackson nach eigenen Spezifikationen fertigen lässt.

Block, Basisplatte und die beiden Pfostenschrauben bestehen aus Stahl, die Reiter aus Edelstahl. Um Selbigen seitlichen Halt zu verleihen, gleiten die Höhenjustierschrauben der beiden äußeren Bridges in Rundnuten. Wie beim Floyd Rose reguliert auch hier eine Schraubmuffe die Gängigkeit des Steckhebels. Während sich die Muffe bei Linksdrehung des FR-Hebels relativ schnell lockert, ist die des Glendora-Systems etwas standhafter. Beide GJ2-Gitarren kommen mit hauseigenen Habanero-Pickups, die Shredder mit zwei Humbuckern, die Glendora mit einem HSH-Set (Humbucker-Singlecoil-Humbucker). Kontrolliert werden beide mittels Master-Volume, Master-Tone und Fünfwegschalter.

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Hipshot Open Gear Tuner (Bild: Dieter Stork)

Während die Glendora-Schaltung ohne Coilsplits auskommt und damit die Spulenwahl logisch der Reihe nach erfolgt (Hals-Humbucker, Hals-Humbucker & Singlecoil, Singlecoil, Singlecoil & Steg-Humbucker, Steg-Humbucker), hat Grover Jackson den beiden Shredder-Humbuckern zwei zusätzliche Klangvarianten spendiert. In den Schalterpositionen 1, 3, und 5 hat er die Pickups traditionell verdrahtet (also Hals, Hals&Steg, Steg), in Schalterposition 2 die Stegspulen, in Position 4 die Halsspulen beider Humbucker seriell verschaltet. Für den User logischer wäre es gewesen, in Stellung 2 beide Halsspulen, in Stellung 4 beide Stegspulen zu wählen. Wenn schon, denn schon. Klanglich noch effizienter wäre jedoch, jeweils die beiden inneren und äußeren Humbucker-Spulen wählen zu können.

Praxis

Wie erwartet hängen beide GJ2s bestens austariert am Gurt und benehmen sich auch auf dem Bein nicht anders. Aus ergonomischer Sicht gibt es ebenfalls nichts zu meckern – Armrampe, Rippenspoiler, alles bestens. Der angeschrägte Halsübergang des Shredder-Modells gestattet komfortables Bespielen der Bünde 20-24, und der klobige Übergang der Glendora bereitet nicht wirklich Probleme. Den kennen wir ja auch von traditionellen Strats.

Beinahe exotisch mutet da schon die 628-mm-Mensur der Shredder an, denn in der Regel rechnet man bei einer solchen Gitarre mit 648 mm. An die Gibson-Proportionen gewöhnt man sich jedoch schnell. Dank vorbildlicher Verrundung der Bunddrähte entpuppen sich die fetten Jumbos nicht als Buckelpiste. Allein die recht kantig belassenen Griffbretteinfassungen bremsen mein Wohlempfinden ein wenig aus. Da kommt das Glendora-Griffbrett schon wesentlich gefälliger daher. Eher der Gewöhnung bedürfen die Halsprofile, deren ausgeprägte Schultern m. E. etwas klobig wirken. Ein wenig entschädigt wird man indes durch die holzig griffigen, glatten Oberflächen.

Während das FR-Vibrato tadellos und absolut stimmstabil arbeitet, verpackt das System der Glendora leichtes „Surfen“ problemlos, quittiert jedoch trotz Locking Tuner heftigere Attacken mit Verstimmungen um +/-15 Cent. Beide Gitarren geben sich sehr schwingfreudig, die Glendora hat diesbezüglich sogar noch die Nase vorn. Unglaublich, wie sie nach jedem Anschlag bis in die letzten Faserecken vibriert! Ausgewogen und kraftvoll, mit runden aber dennoch prägnanten Bässen, seidig brillanten Höhen und reichem Obertongehalt, einer direkten Ansprache, spritzigen Tonentfaltung und gemächlich und kontinuierlich abklingendem Sustain legt die Shredder die Messlatte schon mal recht hoch.

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Modernes 2-Point Vibrato (Bild: Dieter Stork)

Die Glendora kontert unterdessen mit einer höheren Lautstärke, und einem nach unten erweitertes Klangspektrum, das sie etwas fetter erscheinen lässt, während die Höhen etwas weniger Brillanz aufweisen und die Obertöne sich mit der dritten Ebene begnügen. Dass sie voluminöser klingt, ist möglicherweise auch ihrer längeren Mensur zuzuschreiben. Hinsichtlich Dynamik und Sustain fährt sie damit noch ein paar Zusatzpunkte ein. Obgleich die Habanero-Humbucker mehr Output liefern als beispielsweise VintagePAF-Typen, klingen sie deutlich klarer und luftiger. Das fällt vor allem bei den Hals-Pickups auf, die rund und ausgewogen tönen, in den Bässen sehr kompakt und definiert bleiben, transparente Mitten und glasklare spritzige Höhen liefern und wunderbar die Obertöne in Szene setzen.

Auch die Steg-Habaneros bestätigen diesen Eindruck: Kraftvoll, klar, offen und brillant, reich an Obertönen, straffe, knackige Bässe und glockige Mitten. Während die Shredder ihre Transparenz zwar offensiv aber keineswegs aufdringlich zu Gehör bringt, klingt die Glendora insgesamt einen Hauch wärmer, ja man könnte das schon fast mit ruhiger, sanfter, ausgeglichener beschreiben. Ist das vielleicht Altersmilde oder einfach nur Coolness? Ihr Singlecoil liefert den typischen knackig glockigen Sound eines Strat-Pickups, und passt pegelmäßig perfekt zu den Doppelspulern. Dass jedoch in den Zwischenpositionen komplette Humbucker in Kombi mit dem Singlecoil dermaßen authentisch näseln können, habe ich selten so gehört. Chapeau, Herr Grover!

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Weather Checking (Bild: Dieter Stork)

Während die Humbucker-Paarung der Shredder glockig perlende und luftige Sounds bereithält, die die Charaktere der beiden Humbucker wunderbar verschmelzen lassen, können auch die Spulenkonstellationen der Schalterpositionen 2 und 4 überzeugen. Aber: Abgesehen von der etwas unglücklichen Schaltungslogik (Stegspulen auf 2, Halsspulen auf 4) liegen die Humbucker wegen des 24-Bund-Halses näher beieinander, was das Spektrum der Sound-Varianten natürlicherweise einengt. So unterscheiden sich die drei Klangvarianten der Schalterpositionen 2, 3, und 4 selbst im Clean-Betrieb nicht wesentlich voneinander. Alle drei perlen ausgewogen, glockig und transparent, die beiden Stegspulen klingen etwas brillanter, die Halsspulen steuern einen Hauch mehr Fundament bei, während das Humbucker-Paar insgesamt runder und wärmer erscheint.

Aber wie gesagt, Unterschiede sind hörbar, halten sich jedoch in Grenzen. Noch mehr überzeugen die HabaneroPickups allerdings im Crunch- und High-Gain-Mode, wo Durchschlagskraft und Dynamik kaum Einbußen zu verzeichnen haben. Die Hals-Humbucker behalten ihre Transparenz und Definition ohne jegliche Einschränkungen, die Steg-Pickups können auch bissig und aggressiv beißen, und auch der Glendora-Singlecoil und die Zwischenpositionen bleiben bei ihren charaktervollen Klangfarben. Allerdings unterscheiden sich die besagten Spulenkombis der Shredder nun überhaupt nicht mehr. Einen Vorteil bieten sie dennoch: Ihre serielle Verschaltung erzeugt einen Humbucking-Effekt, der wie bei Doppelspulern Störgeräusche eliminiert. Die etwas zäh rotierenden US-Potis besitzen absolut gleichmäßige Regelkurven, die präzise Kontrolle von Pegel, Gain und Ton ermöglichen. Dank der rau geriffelten Tele-Knöpfe lassen sie sich dennoch problemlos handhaben.

Resümee

Nach den anfänglichen Neck-thru-Modellen präsentieren Grover Jackson und sein Team mit der 2014 Series erstmals GJ2-Gitarren mit Schraubhälsen. Unsere tadellos verarbeiteten Testinstrumente liefern klasse Sounds. Die Shredder kann mehr als nur Metal, denn ihre gleichermaßen transparenten wie dynamischen Humbucker überzeugen sowohl bei cleanen als auch bei Blues-, Classic- und Heavy-Rock-Sounds.

Allerdings lässt die klangliche Flexibilität der Spulenkombis zu wünschen übrig. Dagegen können sowohl Sounds und Sound-Angebot der Glendora voll überzeugen, denn die Paarungen aus Humbuckern und Singlecoil liefern authentische In-Between-Strat-Klänge. Dabei ist die Gitarre keineswegs nur auf Vintage-Sounds gebürstet sondern kann auch ordentlich rocken. An das recht kantige Griffbrett-Binding der Shredder und die zunächst etwas klobig erscheinenden Halsprofile kann man sich relativ schnell gewöhnen, wozu die vorbildlich verrundeten Bunddrahtkanten ihren Teil beitragen. Alles in allem klasse, top verarbeitete US-Gitarren zum adäquaten Preis.

Plus

  • Sounds
  • Schwingfreude
  • Dynamik & Sustain
  • Habanero-Pickups & Hardware
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung

Minus

  • wenig flexibles SoundAngebot der ShredderSchaltung

 

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