ES geht auch anders

Jazzmaster Alternativen

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Mit Fenders Jazzmaster in etwa vergleichbare Instrumente zu finden, scheint in unseren Landen auf den ersten Blick wenig Erfolg versprechend. Denn die Jazze stand und steht immer im Schatten der Stratocaster, und erfreut sich weiterhin eher einer Nischenbeliebtheit. Trotzdem, nach intensivem Surfen fand der jazzmasterisierte G&B-Redakteur etliche Alternativen, auch richtig preiswerte und gute Modelle, worüber sich nicht nur Einsteiger freuen werden.

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(Bild: Archiv)

Welche Kriterien müssen erfüllt werden, um in die engere Wahl zu kommen? Nun, die Korpusform sollte auf jeden Fall von der Silhouette her der einer Jazzmaster ähneln. Ferner sind für amtliches Gelingen kräftige Singlecoil-Tonabnehmer vonnöten, Humbucker eher unpassend – aber wir geben Austauschtipps. Ein Vibrato-System ist von Vorteil, aber nicht Bedingung, denn nicht jeder braucht das. Oft verfügen die Alternativen über Strat-Style-Vibratos, was gegenüber dem Original die Tonansprache verändert. Hals- und Steg-Pickup bei Gitarren mit drei Tonabnehmern gleichzeitig benutzen zu können, ist für die amtliche „Jazzmaster-Surf-Glocke“ ebenfalls wichtig, allerdings oft nur durch leichte Umbauarbeit zu lösen. Wir zeigen wie!

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Baltimore BJA-120 (Bild: Archiv)

Eines haben alle Alternativen mit ihrem Vorbild gemeinsam: Für Jazz werden sie wohl eher nicht genutzt. Dem Vorbild am nächsten kommt – von der Basis her betrachtet – die Squier Jagmaster, die in G&B-Ausgabe 09/2006 ausführlich vorgestellt wurde. Sie hat zwar die kürzere Jaguar-Mensur, aber das muss uns nicht weiter stören. Dafür ist sie problemlos und ohne Klimmzüge hier erhältlich. Eher unpassend sind da die beiden Humbucker, die nicht so recht ins Jazzmaster-Konzept passen wollen. P-90 im Humbucker-Format, also P-94, ist das Stichwort und betrifft alle hier genannten Gitarren mit Doppelspultonabnehmern, wobei man nicht außer Acht lassen darf, dass die Fräsungen im Pickguard beim Pickup-Austausch nachgefeilt werden müssen, da sie nur exakt so groß sind, dass Humbucker ohne Kappen hinein passen. Solche P-94- Typen gibt es von Amber-Pickups, Häussel, Gibson, Davids Guitar Shop … oder da wären noch, wenn man den transatlantischen Handel nicht scheut, die GFS-Pickups von http://store.guitarfetish.com, die es auch über www.ebay.com zu günstigen Konditionen gibt.

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Charvel Surfcaster (Bild: Archiv)

Das Modell Brooklyn aus der GFS-Retroton-Serie kostet ca. $ 27 das Stück, sieht klasse aus, und klingt saugut, nicht nur in der Jagmaster. OK, das sind alles keine echten, originalen JazzmasterPickups, aber auch diese würden ohne massive Modifikationen in keines der hier vorgestellten Instrumente passen. Ausnahme: Die Alden Jazzcaster, bis auf die doppelt angeknabberte Kopfplatte optisch die einzige fast hundertprozentige Kopie. Dieses Modell bietet ein englischer Händler auf www.ebay.co.uk für schlappe 129 Britische Pfund an, sogar AlNiCo-Pickups sind drin. Nachteil: Laut Website liefert er nur innerhalb Englands. Interessenten können ja mal beim Händler nachfragen, ob da was zu machen ist, oder nach anderen Anbietern googeln – siehe www.google.de.

Richtig klasse sieht die Jazzmaster-Kopie von Jack & Danny mit ihren beiden cremefarbenen P-90-Pickups aus, die ich auf der diesjährigen Frankfurter Musikmesse entdeckte. Laut Auskunft vom Music Store Köln wird sie auch ins Lieferprogramm aufgenommen, und soll ab ca. August dort erhältlich sein.

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Gesichtet auf der Musikmesse 2007: Jack & Danny Jazzmaster-Version (Bild: Archiv)

Darf’s oder muss es preisgünstiger als die Squier Jagmaster sein? OK, da gibt’s zwei Alternativen, jedoch ohne Vibrato-System. Die Johnson JJA-120 ist in Sunburst, Weiß oder Schwarz erhältlich, hat adrette 70s-Style Blockeinlagen im Griffbrett und kostet deutlich unter € 200. Für noch ein paar Euro weniger ist die Baltimore BJA-120, ebenfalls aus dem Hause Johnson zu haben. Optisch mit der JJA- 120 identisch, lässt sie sich momentan auch in Cadillac Green umhängen. Beide Modelle sind mit Humbuckern ausgestattet, der amtliche Jazzmaster-Alternist wird also die gleichen Pimping-Tipps wie bei der Squier Jagmaster befolgen, und P-90s im Humbucker-Format, also P-94- Style-Pickups einsetzen.

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Gepimpte Squier Jagmaster mit GFS-Brooklyn-Pickups (Bild: Archiv)

Wer eine etwas moderner angehauchte Jazze-Silhouette bevorzugt, könnte eventuell mit der Reverend Jetstream 390 liebäugeln, die www.taranaki-guitars.de im Angebot hat. Ausgestattet mit drei P-90-Tonabnehmern und einem Fünfwegeschalter fehlt ihr werkseitig halt die Kombination von Stegund Hals-Pickup.

Eines der Potis durch eine Push/Pull-Version ersetzen, und dort den heißen Leiter des Steg-Tonabnehmers zusätzlich anlöten. Legt man jetzt den 5-Way-Switch in die Halspostion, lässt sich durch Ziehen des Push/Pull-Potis der Kollege am Steg zusätzlich aktivieren. Bitte darauf achten, dass das Push-Pull-Poti den gleichen Widerstandswert hat wie das vorher eingebaute, bei P-90s sind das meist 500 kOhm.

Interessant finde ich die Italia Imola 6, die Taranaki-Guitars in Kürze anbieten wird. Jazzmaster-Form, Strat-Vibrato, umgedrehte Kopfplatte und vor allem die drei Brummunterdrückenden und variabel schaltbaren Splitcoil-Pickups à la Fender Precision-Bass bzw. G&L Comanche wirken schon mal recht ansprechend. Mosrite-Instrumente bringt man oft mit den Ventures in Verbindung. Sicher hat weder die ausladende Korpusform noch die Kopfplatte viel mit der Jazzmaster gemeinsam, allerdings deren klangliche Einsatzgebiete. Mosrites sind nur noch gebraucht zu bekommen, gute Nachbauten gibt’s jedoch von Eastwood, Airline und DiPinto, teils auch mit Bigsby-System.

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Line6 Variax: virtuelle Jazzmaster (Bild: Archiv)

Die alte 1960s Hopf Saturn 63 aus deutschen Landen ist zwar eine Thinline-E-Gitarre (also quasi eine akustische Gitarre mit geringer Zargenhöhe), doch von der Korpusform, den Pickups und dem Vibratosystem her geht sie doch locker als Jazzmaster-Alternative durch wie ich finde. Die Eastwood Saturn stellt einen würdigen Nachbau dar. Für Hebel-Exzesse sind diese Modelle allerdings weniger geeignet, ebenso ist die Feedback-Anfälligkeit aufgrund der Korpus-Konstruktion relativ hoch.

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Coxx Surfmaster mit drei P-90s (Bild: Archiv)

Besonders auf eBay sieht man des Öfteren eine Stagg-Gitarre mit Jazzmaster-Style-Korpus. Wegen ihrer drei schmalen stratigen Tonabnehmer kann sie als Alternative allerdings erst dann punkten, wenn wirklich kräftige Pickups mit fetten AlNiCo-Polepieces, und das bereits erwähnte Push/Pull-Poti eingebaut werden. Sie sieht ja ein bisschen aus wie eine von Salvatore Dali gestylte, und in der Zeit zerflossene Fender Jaguar mit drei P-90s: Gemeint ist die Coxx Surfmaster, die leider nur noch hier und da in Musikgeschäften anzutreffen ist, oder eben gebraucht. Ein wirklich günstiges und gutes Instrument, mit einem, ähnlich der Stagg, gewöhnungsbedürftig angeordneten Fünfwegeschalter. Diese Gitarre hat drei zusätzliche Schiebeschalter für Bässe, Mitten und Höhen, wobei man auf den letztgenannten gut und gerne verzichten kann, da er mehr als „dumpfer geht’s nimmer“ nichts kann. An diesen Schalter löte man nun statt des Mumpfbrubbel-Kondensators wie bereits erläutert zusätzlich das heiße Kabel des Steg-Tonabnehmers, und spart sich so das Push/Pull-Poti.

Jetzt sind wir bereits in der Gebraucht-Ecke gelandet. Die Ehre als erste genannt zu werden hat verdienterweise die recht bekannte und beliebte Charvel Surfcaster, welche in verschiedenen Ausführungen – als Bass, 6-String mit oder ohne Vibrato, 12-String und gar Doppelhalsmodell – auf den Markt gebracht wurde. Hergestellt in Japan in den 1990er Jahren sind diese hochwertigen Instrumente, die etwas wie eine von Rickenbacker hergestellte Jazzmaster mit kräftigen Danelectro-Lipstick-Pickups wirken, eine Empfehlung wert.

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Ganz nah dran am Original: Squier Jagmaster (Bild: Archiv)

Selbst zur Squier Jagmaster gibt’s eine höherwertigere Alternative, die mit Glück ab und an gebraucht zu finden ist. Squier stellte in den 1990er Jahren die Vista-Serie her, in der ebenfalls eine Jagmaster zu finden war, sogar im leckeren Sonic-Blue mit Tortoise-Shell-Pickguard. Auch hier sollten die Humbucker gegen Single-Coils ausgetauscht werden. Die Vista-Serie ist bekannt für ihre guten Tonhölzer.

In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Fender Jazzmaster – zumindest von der Form her – erheblich häufiger kopiert als heutzutage. Davon zeugen die vielen Oldies & Goldies auch aus deutschen Landen, die wir in erster Linie bei Vintage-Händlern und eBay finden. Recht schlicht und nicht gerade umwerfend hochwertig waren die Modelle von Klira, während die zahlreichen Jazzmaster-Alternativen von Framus und Höfner von der Qualität her meist deutlich besser abschnitten. Solch einen Oldie sollte man allerdings generell selbst in Ruhe anchecken, sofern er nicht von einem Fachmann verkauft wird. Ansonsten könnte man sich eventuell über abgespielte Bundstäbchen, kratzende Potis, Schalter mit Wackelkontakten und defekte Tonabnehmer ärgern.

Aus der ehemaligen DDR stammt ein Modell von Musima, welches aber eher mit der Fender Jaguar liebäugelte. Der holländische Hersteller Egmond hatte damals genauso eine Jazzmaster-Variante im Programm, wie zahllose – und teils namenlos als so genannte Hertie-Casters verkaufte – Instrumente aus Japan oder osteuropäischen Ländern. Besonders wer den Gitarren-Markt auf eBay durchforstet, wird des Öfteren auf ein Instrument stoßen, welches spontan von der Form her an eine Jazzmaster erinnert. Aber Vorsicht, da ist gewiss so manche Gurke mit Korpus aus echter Spanplatte dabei!

Sogar eine Akustik-Gitarre im JazzmasterDesign gibt’s seit Kurzem. Die Fender JZM Deluxe TA verfügt neben der passenden Kopfplatte zusätzlich über einen Telecaster-Halstonabnehmer. Über einen echten Jazzmaster-Pickup hätten sich die Fans gewiss erheblich mehr gefreut.

Zum Schluss betreten wir noch die virtuelle Welt. Wer eine Line6-Variax-ModelingGitarre nebst Editor-Tool Variax Workbench sein eigen nennt, kann sich mit wenigen Handgriffen, kostenlos und ohne Lötarbeiten eine recht amtliche Jazzmaster bauen. Als Basis nehmen wir den Strat-Korpus, und verpassen ihm zwei P-90-Tonabnehmer. Die beiden Potis tauschen wir virtuell wie eben erwähnt gegen Typen mit 1 MegOhm aus und legen dieses Modell in drei Speicherplätzen ab – Hals-Pickup, beide Pickups, Steg-Pickup – fertig!

Produkt: Gitarre & Bass 6/2022 Digital
Gitarre & Bass 6/2022 Digital
IM TEST: Eastman Romeo LA +++ ESP/LTD Mike Schleibaum Signature +++ Mayones Caledonius Classic 5 +++ Hughes & Kettner StompMan +++ Darkglass Exponent 500 +++ Line 6 Catalyst 100 +++ D'Addario XS Nickel Plated Steel Electric Strings +++ JHS Preamp Overdrive +++ Mooer Preamp Model X & Cab X2

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