Die Qual der Wahl

Baton Rouge AR101S/GACE & AR81C/OMCE im Test

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In Deutschland erdacht, konzipiert und endkontrolliert, in China produziert – so entstehen die neuen Modelle der AR-Serie von Baton Rouge. Man muss sich nur noch für die bevorzugte Holzkombination und das passende Halsprofil entscheiden. Da liegen nämlich die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden vollmassiven Steelstrings, die hier zum Test antreten.

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Konstruktion

Obwohl die 101er das Kürzel GA für Grand Auditorium, die 81er aber OM für Orchestra Model im Namen trägt, sind die Korpusformen der beiden sehr ähnlich. Erstere bietet eine massive Decke aus deutscher Fichte mit Zargen und einteiligem Boden aus ebenfalls massivem Palisander. Beim Schwestermodell treffen wir auf kanadische Zeder für die Decke und Mahagoni für Zargen und Rücken. Die beiden Baton-Rouge-Neuzugänge kommen insgesamt mit einem Design, das ich als schlicht-elegant bezeichnen würde. Das hat nicht zuletzt mit dem Korpus-Binding aus Ahorn zu tun, aber auch mit der sehr eigenständigen Schalllochverzierung, die mit zwei dunklen Holzringen und dazwischen eingelegtem Abalone zum Eyecatcher wird.

Auch der schick geschwungene Palisandersteg leistet seinen Beitrag zum feinen Erscheinungsbild – besonders durch die Saiten-Pins aus Echtholz, die bei der 101 mit Ahorn-Dot-Inlays versehen sind, bei der 81 mit solchen aus Abalone. Einen deutlichen baulichen Unterschied gibt es dann nochmal bei den Hälsen der AR-Steelstrings: Die sind zwar beide aus Nato, offenporig mattiert und mit einem Palisandergriffbrett belegt, haben aber ganz verschiedene Profile und Mensuren. Der 101er-Hals kommt einem spontan vertrauter vor, mit seinen knapp 43 mm Griffbrettbreite am Sattel und dem C-Shape (650 mm Mensur).

Die 81 gibt einem da einiges mehr an die Hand. Hier sind es am Sattel 46 mm, die bis zum 12. Bund auf gute 56 mm anwachsen – das ganze bei 630 mm schwingender Saite. In die Griffbretter sind jeweils 20 erstklassig polierte und verrundete Bundstäbchen eingelassen. Einzige Einlage ist eine dezente Sichel im 12. Bund, die – korrespondierend mit den Saiten-Pins – hier aus Abalone, dort aus Ahorn ist. Auch die Kopfplatten treffen das Thema „schlicht&elegant“ und präsentieren sich mit einer mattierten Holzauflage plus Firmenlogo und ebenfalls matt ausgeführten Grover-mäßigen Die-Cast-Mechaniken mit schwarzen Stimmwirbeln. Elektronik ist ebenfalls an Bord: Zur Verstärkung über Anlage dient das MiSi Acoustic Trio VT System.

Das setzt sich zusammen aus dem überaus beliebten L.R.Baggs Element Piezo-Pickup unter der Stegeinlage und einem Preamp der innen, hinten an der Ausgangsbuchse sitzt. Der Clou: Er ist nicht batteriebetrieben sondern hat einen Akku. Energie-Lieferant ist das beiliegende Ladegerät, das einfach über Klinke angeschlossen wird. Um sich 16 Stunden Spieldauer zu verschaffen, braucht man sage und schreibe 60 Sekunden Ladezeit! Das klingt doch gut, obwohl ich auch sagen muss, dass meine Acoustics teilweise jahrelang mit einem 9-V-Block auskommen … Im Schallloch sind dann noch zwei Rädchen für Volume und Tone versteckt.

Unterm Strich sind das hier zwei blitzsauber gefertigte Instrumente für durchaus gehobene Ansprüche. Und dass der deutsche Vertrieb eine gründliche Endkontrolle und Einstellung der Instrumente vornimmt, glaube ich sofort, denn auch da gibt es nichts zu mäkeln. Die ARs kommen ready-to-play aus dem Karton.

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(Bild: Dieter Stork)

Praxis

Die Bodies der beiden Steelstrings sind sehr ähnlich geschnitten, von daher liegen sie auch beide gleich gut auf dem Schoß. Ansonsten hat man es hier jedoch mit überraschend unterschiedlichen Instrumenten zu tun. Die 101 lädt mit ihrem flachen schmalen Hals im C-Profil und einer perfekten Werkseinstellung zu sofortigem Spielspaß ein. Die Saitenlage ist bis in höchste Lagen gleichmäßig superb, und das sanfte Cutaway macht die Bahn weitestgehend frei bis zum 20. Bund. Klanglich bietet dieses Modell mit der klassischen Korpus-Rezeptur Fichte/Palisander ein ausgereiftes gehaltvolles Timbre mit trockenen konkreten Bässen, vollmundigen Mitten und klaren aber auch warmen Höhen.

Der perfekte Background für jeden Singer/Songwriter, der mit breiter Klangwand und großem Dynamik-Spielraum auf sicherem (Bühnen-)Boden steht. Die AR81C singt ein anderes Lied. Ihr Hals kommt mit breitem flachem D-Profil, bietet viel Platz auf dem Griffbrett und liefert mit dem größeren Abstand der Saiten zueinander ein sicheres Spielgefühl bei Fingerstyle. Bei Spielkomfort und Saitenlage ist sie ihrer Kollegin absolut ebenbürtig. Beim Sound schlägt sie eine andere Richtung ein – der Grundklang ist heller, offensiver, angriffslustiger als der der 101 und unterstützt so wiederum besonders Zupftechniken, die selbst bei Anschlag mit der Fingerkuppe noch genügend Frische mitbringen. Ein tolles Instrument für Fingerstyle, Ragtime, Bluegrass und Folk.

Jetzt müssen beide noch an die Anlage: Wie nicht anders zu erwarten, liefert der L.R.Baggs Element Pickup gute Ergebnisse. Der Sound kommt ausgewogen in Lautstärke und Frequenzbild zu Gehör und verzichtet auf harte harsche Anteile, die man Piezos gerne nachsagt. Man muss aber sagen, dass die klanglichen Eigenheiten der beiden Testkandidaten nicht gänzlich transportiert werden können. Das gleicht sich alles etwas an. Die Klangregler lassen dabei keine radikalen Eingriffe zu, geben aber genug Spielraum für detaillierte Anpassungen.

Resümee

Diese neuen Baton Rouge Modelle wenden sich eindeutig an Spieler mit gehobenen Ansprüchen und wurden sehr konsequent und geschickt auf verschiedene Einsatzgebiete und Genres ausgerichtet. Es stehen hier zwei ganz unterschiedliche Acoustics zur Wahl, die aber auch einiges gemeinsam haben: tolle Verarbeitung, exzellente Bespielbarkeit, charaktervolle Sounds und angemessene Preise. Was fehlt, ist ein Koffer oder ein Gigbag. Persönlicher Test wärmstens empfohlen.

Plus
• Hölzer, Hardware, Finish
• Verarbeitung, Werkseinstellung
• Bespielbarkeit, Handling
• charaktervolle Sounds
• Pickup-System ohne Batterie

Minus
• kein Koffer, kein Gigbag

 

Baton Rouge_profil

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