Till & Tone: Die drei von der Zankstelle!

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Andy Summers spricht mit YouTuber Rick Beato über ‚Every Breath You Take‘. (Bild: YouTube / Rick Beato)

Was gehört eigentlich noch zum guten Tone? Ich frage mich das, seitdem ich gelesen habe, dass Andy Summers und Stewart Copeland ihren ehemaligen Bandkollegen Sting verklagt haben. Worum geht es? Äh, worum wohl … um das, worum es immer im Showbusiness geht: Geld, Gerechtigkeit, Ego.

Habe ich was vergessen? Hatte ich schon Geld genannt? Falls nicht, dann jetzt: Wenn sehr viel Geld erwirtschaftet wurde, geht es vor allem um Geld. Denn wo nix ist, gibt’s auch nix zu verteilen.

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Wie sagte meine Omma schon immer: „Pack mal ‘nem nackten Mann inne Tasche!” Verzeiht mir den Ruhrgebiets-Duktus. Im Falle der drei alten Spezis von Police, die ich aufgrund millionenfach verkaufter Alben sicher nicht zu bürgergeldberechtigten Sozialfällen zählen würde, geht es aber nicht nur um noch mehr Geld.

Es geht auch um Gerechtigkeit, um angeblich nicht eingehaltene Abmachungen was u.a. die digitale Verwertung des Bandkatalogs betrifft.

WARUM EINFACH, WENN ES AUCH NOCH KOMPLIZIERTER GEHT?

Um alles noch komplizierter zu machen, redet Andy Summers seit Jahren gerne in diversen Medien darüber, dass er für den Police-Klassiker ‚Every Breath You Take’ vom Album ‚Synchronicity’ keine Song-Credits bekommen hat, obwohl doch sein Gitarren-Part das Wesentliche des Songs ist, bzw. den Song überhaupt erst ausmacht! Nein, der Herr Sting hat einfach „Music & Lyrics by Sting” eintragen lassen.

Eine aus seiner Sicht brillante Idee, denn der Song ist nicht nur einer der meistgespielten Radiosongs ever, sondern dank der Dummheit von P. Diddy auch ein gigantischer Dukatenesel für Gordon Matthew Thomas Sumner aka Sting. Denn Diddy, damals Daddy, hat den Komponisten nicht um Erlaubnis gefragt, ob er die Gitarren- und Schlagzeugspuren des Songs sampeln darf. Langer Schwede, kurzer Finn: Durfte er nicht, und jetzt verdient Sting alleine dank des unerlaubten Samples mehrere Tausend Dollar täglich bis an sein Lebensende.

Die Zahl variiert zwischen 2000 und 5000 Dollar täglich. Sting hat zwar eine Vereinbarung mit Summers und Copeland getroffen, dass, egal wer den Song geschrieben hat, 15% vom Publishing Income (z.B. Live-Aufführung, Radio, TV, Film, Downloads, Platten, CDs, Streaming) geteilt werden …

Ausgenommen sind aber Cover-Versionen sowie Verkäufe von Noten-Sheets. Bedeutet: Eigentlich ganz okay für die anderen, da Sting mindestens 95% aller Police-Songs geschrieben hat. Aber von den ca. 30 Millionen, die Sean „P. Diddy” Combs für das ‚Every Breath You Take’-Sample gelatzt hat, ist natürlich nix bei Andy Summers im Brustbeutel oder auf dem Jeans-Sparbuch gelandet – obwohl er doch … Das lastet wohl auf des Gitarristen Seele, denn auch ‚I’ll be missing you’ wird bis heute im Radio rauf und runter gedudelt.

DES PUDELS TONE!

Genau, obwohl er doch! Jetzt wird es interessant: Was hat denn Herr Diddy für sein ‚I’ll be missing you’ vom Police-Hit gesampelt? Rrrrrrrrröchtich: Das unsterbliche, hypnotische Gitarren-Riff von … äh … genau, von Andy Summers. Natürlich wurde auch ein bisschen von Copelands Schlagzeugspur mitgenommen und die Sängerin Faith Evans singt a bisserl Stings Gesangsmelodie, aber vor allem trägt der legendäre Gitarren-Part auch diesen Song. Dieser Part basiert von den Akkorden her zwar auf Stings eigenkomponierter Vorgabe, aber er wurde definitiv – was Sting auch gar nicht bestreitet – von Andy Summers kreiert.

Denn wer sich das überall im Netz auffindbare Demo von Sting anhört, kann unschwer feststellen: Da ist überhaupt keine Gitarre zu hören, sondern nur Keyboards. So – das ist also auch des Pudels Tone-Kern: Ist Summers Gitarren-Part nicht eigentlich einen Songwriting-Credit wert, aufgrund seiner künstlerischen Originalität und des eindeutig hohen Wiedererkennungswerts? Oder ist das „nur” ein performter Gitarren-Part, der letztendlich auf den vorgegebenen Akkorden von Sting basiert, und deswegen keine Urheberschaft wert ist, da diese nun mal nicht von Andy stammen?

DIE DREI VON DER ZANKSTELLE!

Um der Sache noch mehr faden Beigeschmack zu geben, sollte man ein Interview bzw. einen Bericht vom Produzenten des Songs und Albums, Hugh Padgham, lesen, in dem er beschreibt, wie schrecklich sich Sting und Copeland wegen des Songs im Studio aufgeführt haben. Drei Freunde machen Musik? Von wegen: Die drei von der Zankstelle!

Sting und Stewart haben sich geprügelt − und zwar mit Fäusten. Manager mussten eingeflogen werden, zehn Tage war laut Padgham nicht klar, ob die Aufnahmen für das Synchronicity-Album überhaupt weitergehen würden. Streitpunkt u. a.: Sting wollte für ‚Every Breath You Take’ einen Drumcomputer benutzen. Also sagte er Copeland, er solle nur den Beat spielen. Keine Fills, kein Gerödel. Nur: Stumpf ist Trumpf. Also genau das Gegenteil von dem, wofür Trommelmeister Stewart weltberühmt geworden ist.

Auch wissenswert ist die Tatsache, dass der Anfang des Songs, der ebenfalls legendäre und später millionenfach gesampelte Sound des Auftaktschlags der Snare, zwar körperlich von Copeland ausgeführt, aber klanglich eben auch vom Produzenten Padgham kreiert wurde. Sollte der etwa auch noch einen Credit … nein, der gute Mann hält sich zurück. Andy Summers fand ‚Every Breath You Take’ so jämmerlich, dass er sein Veto einlegen wollte. Drummer und Bassist konnten sich auch nicht einigen. Bis Sting wutentbrannt zu Andy gesagt hat: „Well, go on then, go in there and make it your own.”

HAT MAN DA NOCH TÖNE?

Was unüberhörbar passiert ist. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Ich habe viele Menschen gefragt, was ihnen einfällt, wenn sie an diesen Song denken: Andy Summers Gitarren-Part (Sound, Tone, Arrangement) oder Stings Gesangslinie. Manche wussten gar nicht, dass Summers’ Arpeggien von einer Gitarre stammen. Musiker nannten sofort das Gitarren-Riff. Einige sangen mir die Gesangsmelodie vor … also alles dabei, aber definitiv eine sehr große Mehrheit für den Gitarristen!

Den Drum-Part hat niemand erwähnt, aber wenn ich noch mehr Leute gefragt hätte, wäre das garantiert auch noch passiert. Was nun, sprach Zeus? Hätte Andy Summers einen Credit verdient? Ich meine „ja”! Vielleicht weil ich ein großer Bewunderer des Procol-Harum-Hits ‚A Whiter Shade of Pale’ bin, dessen deutsche Comedy-Version ‚A Walter Scheel of pale’ ich immer mit Till & Obel machen wollte. Nun ja, das fand Gott sei Dank nicht jeder so witzig wie ich.

Der Organist von Procol Harum, Matthew Fisher, fand es übrigens auch nicht witzig, dass er für den unvergesslichen Orgel-Part keinen Songwriter-Credit bekommen hat. Aber wie Summers Gitarren-Part finde ich, dass diese kreative Performance den Song ausmacht, ihn unvergesslich macht. Fisher hat geklagt – und Recht bekommen.

Es gibt so viele Streitfälle, die alle unterschiedlich ausgegangen sind. Googlet mal ‚True’ von Spandau Ballett. Oder den legendären „Amen-Break”, ein Drum-Part des Schlagzeugers Gregory Coleman. Dieser Drum-Beat ist benutzt worden in Songs von N.W.A., Salt’n’Pepa, Oasis u.v.m. – tragisch ist nur, dass Herr Coleman von den erwirtschafteten Millionen nichts gesehen hat. Er starb 2006 obdachlos und völlig verarmt. Bitter, oder? Hat man da noch Töne?

DIE MORAL DER GESCHICHTE

Ich finde es schade, dass drei wohlhabende, legendäre Musiker sich im hohen Alter immer noch zanken und offensichtlich nicht in der Lage sind, sich außergerichtlich zu einigen. Das ist natürlich nur meine unbescheidene Meinung, schon klar! Jeder Leser kann was anderes denken, z.B.: „Der arme Sting – der hat die beiden doch eh mit durchgezogen, ohne den wären die doch nix geworden!”

Ich aber sage euch: Diese drei Herren von The Police haben zusammen so einzigartige Musik kreiert. Können die sich da nicht einigen und die Kohle dann auch untereinander ordentlich teilen? Hallo? Freut euch des Lebens und dankt dem Karma, dass es so gut ausgegangen ist und jeder ein privilegiertes Leben führen kann.

Mein Onkel Alfons hätte wahrscheinlich gesagt: „Stingo-Mausi, der eine Song hat dir bis jetzt ca. 30-40 Millionen Dollar gebracht. Der Sarg hat keine Regale – Also, verteil’s mal aus der warmen Hand, das macht sympathisch!” Aber wahrscheinlich würde Sting zu Onkel Alfons sagen: „Hättest du auch nicht gemacht, du Labertünnes! Die haben schon genug gekriegt!”

Vielleicht sollten sich die drei einigen und aus den Einnahmen der Song-Lizenzen eine soziale Stiftung für Musiker gründen. Nun, was ist die Moral der Story? Vorschlag von mir: Damit euch das nicht auch passiert, könnt ihr es als Band am Anfang eurer Karriere ja vielleicht so halten: Versucht immer, was Kreatives zum Text und Arrangement des Songs beizutragen.

Schließt zu Beginn – wenn ihr euch noch gut versteht und nix im Topf ist − einen Vertrag miteinander, in dem geregelt wird, dass alle Songcredits, Publishing-Einkommen etc. gleichmäßig unter allen Bandmitgliedern aufgeteilt werden. Dann könnt ihr euch zwar später trotzdem streiten, wenn ihr erfolgreich seid – aber es wird erheblich schwerer, wenn es unterschriebene Verträge gibt.

Habt euch lieb und teilt ordentlich, Leute!

Auch bei ‚Musik ist Trumpf‘ ist The Police das Thema. (Bild: Hoheneder)

(erschienen in Gitarre & Bass 11/2025)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Tatsächlich würden mir weder Sting noch The Police fehlen, wenn es sie nicht gäbe…

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    1. #JR: da stimme ich dir voll zu! „The Police“ war schon damals so überhaupt nicht meine Band,-da bevorzugte ich vorrangig lieber die flippigen „New York Dolls“ mit ihrem Gitarristen Sylvain Sylvain (leider bereits allesamt von uns gegangen ⚰️ ,Rest in Peace) und sehr gerne auch den damalig extrem virtuosen Gitarristen Rory Gallagher (R.I.P.)

      Diese banalen Rechtsstreitigkeiten unter einigen Musikern (z.B. KISS/Ritchie Blackmore u.s.w.) interessieren in Wahrheit wirklich gar keinen Fan.
      Sie sind völlig unnötig,mitunter sehr peinlich und wecken null Interesse!
      Spielt doch lieber eure Saiteninstrumente und erfreut euch an der Musik!

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    2. Mir schon, tolle Musik!

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  2. Lieber Till,du bringst es genau auf den Punkt! Sehr traurig,daß sich wohlhabende,sehr betagte „Kerle“ aus der bekannten Music-Scene untereinander streiten! Das ist ja noch viel schlimmer,als im Kindergarten. Es gibt in so mancher Band stets Unstimmigkeiten,dies ist faktisch der logische Umstand,weil ein jeder Musiker sich anscheinend für unersetzbar hält. Ich spiele schon seit über 12 Jahren als Lead-Gitarristin in einer „gut miteinander verträglichen Blues Rock Band“ aus Berlin-Kreuzkölln,und wir respektieren stets die Meinung des anderen. Nur so funktioniert es!!! Kreativität,Menschenachtung,Aufmerksamkeit,Loyalität,Zurückhaltung,und Innovation sind die Basis für eine Rock Band,die etliche Jahre bestehen soll.

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  3. Tja, Geld verdirbt den Charakter, das war schon immer so und wird auch weiterhin so sein. The Police hatten das Glück in der Punkbewegung hochgespült worden zu sein. Also zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es hätte auch anders laufen können. Den meisten Menschen ist die Gitarrenlinie von “Every Breath…” vermutlich ziemlich schnurz, klingt ja auch eher langweilig (der Gitarrist in uns sieht’s natürlich anders). Ist halt eine gern genommene “Hochzeitshymne” in der es witzigerweise nicht um die große Liebe sondern um einen Stalker geht.

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  4. Ach watt, ich denke gerade, dass die Rechtsanwälte auch was zu tun haben und auch Geld verdienen wollen … 😉

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