Parts Lounge: Guter Vox – Böser Vox …

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Vöxe in meiner Werkstatt (Bild: Udo Pipper)

Lange Zeit war es in meiner Werkstatt ruhig geworden in Sachen Vox-Verstärker. Offenbar herrschte kaum noch Interesse an den einstigen britischen Verstärker-Legenden. Lag es an der Größe, am Gewicht und gar an der vermeintlichen Anfälligkeit dieser Mini-Boliden? Wer es mal gemacht hat, weiß, wie nervig selbst die kleinste Reparatur werden kann.

Sie werden heiß, geizen nicht mit Nebengeräuschen aller Art oder fallen einfach aus. Verglichen mit einem Fender-Amp aus den Sechzigern sind die Vöxe wirklich etwas sperrig seitens des Layouts. Die Signale scheinen wenig logisch kreuz und quer durch den Amp zu laufen, die Schalt-Boards sind eng und fragil, die Bauteile zweimal durch jede Lötöse gedrillt und daher kaum zu entfernen und dank der Kathoden-Bias-Schaltung oft von der großen Hitze geschädigt.

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Und dennoch: Ein Vox AC30 oder AC15 klingt in Hochform unvergleichlich gut. Und wie alles andere auch, erleben diese Verstärker gerade eine kleine Renaissance. Plötzlich hagelt es wieder Vöxe von überall her. Gut zwei Jahre hatte ich keinen einzigen hier, und nun bringt der DHL-Fahrer fast täglich so ein betagtes Schmuckstück. Ist das noch Zufall oder schon ein bisschen Quantenphysik? Alles oder nichts? Keiner oder alle auf einmal? Jedenfalls steht nun zum Jahresende die Bude voll mit Vox-Combos. Auch am Telefon häufen sich die Nachfragen: „Ich könnte da günstig einen Vox … so und so kaufen … , aber die sollen doch immer kaputt gehen,“ heißt es da nun fast täglich.

Ich selbst habe vor einigen Jahren an dieser Stelle vor den Fallstricken an alten Vöxen gewarnt. Vielleicht war ich in Sachen Vox auch damals noch nicht ganz so versiert wie mein Kollege Manfred Reckmeyer, der im hohen Norden seit jeher als Vox-Experte gilt. Niemand hat wohl mehr von diesen Teilen erfolgreich gewartet als er. In einem neueren Video von meinem Kollegen Carsten Göke (YouTube) wird man sogar Zeuge eines Besuchs beim Vox-Meister Reckmeyer. Und dort hört man auch jede Menge Hinweise auf die Schwierigkeiten mit diesen Amps. Aber gut, die „Hamburger Szene“ – allen voran Gitarren-Held Peter Weihe – wollen auf diese Verstärker einfach nicht verzichten.

Und international hat er da weltberühmte Mitstreiter: Brian May, The Edge oder sogar Sir Mick Jagger gehen immer noch nicht ohne einen Vox AC30 auf die Bühne. Und natürlich ist er für unzählige Protagonisten der britischen Gitarrenszene so wichtig wie für einen Bayer sein Helles. Es wird also Zeit für eine Retrospektive. Welche Vöxe lohnen, welche nicht so sehr?

DER FEINE UNTERSCHIED

Ich selbst habe 1976 meine bescheidene Musiker-Karriere mit einem 68er-Vox-AC30 gestartet. Die etwas älteren Band-Kollegen, schon mit Führerscheinen und KFZ gesegnet, hatten mir den Amp von einer Musik-Shop-Tour aus Frankfurt einfach mitgebracht. Vorher hatte ich eben nur durch die kleine Gesangsanlage gespielt. Und jetzt dieses Highlight! Vorher nichts, nun ein echter Vox! Und das Ding klang auch fantastisch. Kabel rein und fertig! Und zuverlässig war der auch. Jedenfalls hat er jede Menge Schul- und Stadtfeste unbeschadet überstanden. Später in meiner Laufbahn bin ich immer wieder bei diesem Kombo gelandet. Vor allem im Studio schien es für mich nichts Besseres zu geben. Und so habe ich die meisten Studio-Aufnahmen später mit geliehenen Vox-Amps gemeistert.

Meist musste ich aber vorher den Lötkolben anschmeißen, weil irgendwas brummte oder fürchterlich rauschte. Und nicht selten bin ich verzweifelt, weil sich der Fehler einfach nicht finden ließ. Nach wie vor ist eine Restaurierung ungleich aufwendiger als die eines Fenders, Marshalls oder Hiwatts. Hält man durch, wird das aber stets mit einem unvergleichlich rauen und gleichzeitig glockigen Klang belohnt. Ungeachtet zahlreicher Narrative, wonach diese oder jene Trafos die besten seien oder die frühen blauen Alnico-Celestions viel besser wären als die späteren silbernen, findet man in fast jedem Vox-Baujahr mal einen, der – warum auch immer – magisch klingt.

Der beste Vox, den Udo Pipper je hatte auf Seite 2

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