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Hot Rod Mod: Verkabelung eines Effekt-Boards

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In den letzten Ausgaben wurden für mein Vintage-Sound-Pedalboard die Effektpedale ausgewählt, in einer sinnvollen Reihenfolge zusammengestellt und bereits befestigt. Heute sollen die Pedale nun ordentlich verkabelt werden. Da sie alle vor dem Verstärker, einem Fender 65 Deluxe Reverb, liegen, sollte dies kein allzu schwieriges Unterfangen sein: ein paar kurze Patchkabel sollten dafür genügen.

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Convenience?

Doch wer die Wahl hat, hat die Qual. Denn der Kabelmarkt ist fast genauso unübersichtlich, wie der Effektgerätemarkt. Von den bunten Billigstrippen, die im 5er-Pack um die 10 Euro kosten bis zu hochpreisigen Edelkabeln, wie z. B. einem Vovox sonorus für ca. 60 Euro, gibt es eine verwirrende Vielfalt bereits vorgefertigter Patchkabel. Gleich vorweg: an Kabel zu sparen, rächt sich früher oder später. Kabel haben nicht nur einen erheblichen Einfluss auf den Klang, sondern sind auch bei Defekten die Fehlerquelle Nummer eins. Eine Investition in ein hochwertiges Kabel mit stabilen Steckern lohnt sich also definitiv.

Auf der anderen Seite muss man die Kirche auch im Dorf lassen. Würde ich mein Effekt-Board komplett mit Mittelklassekabeln in der 20-Euro-Klasse ausstatten, wären schon 200 Euro nur für die Kabel fällig. Vielleicht ist es tatsächlich eine Überlegung wert, lieber auf ein weiteres Effektgerät zu verzichten und dafür in bessere Kabel zu investieren? Ein sicher guter Rat, zumal ja weniger manchmal mehr sein kann. Aber ich kann mich noch gut zurückerinnern, dass ich in meinen Jugendjahren, als ich mir mein Equipment noch mühsam zusammengespart habe, für solch eine Empfehlung kein Ohr gehabt hätte. Ich hatte ja bewusst auf die Effekte gespart und wollte sie auch einsetzen.

So wie früher?

Vorgefertigte Kabel entfielen bei mir damals aber nicht nur wegen der Kosten, sondern auch, weil sie nie die richtige Länge hatten. Um ein Effekt-Board ordentlich zu verkabeln, war Maßanfertigung und selber Löten gefragt. Oft durfte ein defektes Gitarrenkabel, das wegen eines Kabelbruchs in Rente musste, hier noch mal seinen zweiten Frühling erleben.

Die intakten Teile des Gitarrenkabels wurden passend zugeschnitten und mit Winkelsteckern vom Typ „Flunder“ versehen. Die Flunderstecker haben den Vorteil, dass sie nicht viel Platz brauchen und die Effekte dadurch näher zusammenrücken können. Allerdings zeichnen sich v. a. die günstigeren Exemplare nicht unbedingt durch besondere Stabilität aus. Da der Klinkenstift in der Regel nur gesteckt ist, lockert er sich gerne mal. Daher habe ich meist darauf verzichtet, die Masse anzulöten und damit den Stecker durch die Erhitzung zu schwächen. Nur die Signalader kommt an das Lötauge in der Mitte – die Massenschirmung wird zwischen die verschraubten Gehäusehälften gequetscht.

Auch heute noch ist der flache Klinkenstecker (Flunderstecker) ein gern gesehener Gast bei Musikern. Er ist konstruktionsbedingt zwar etwas fragil, aber so flach, dass sich Pedal auch schön eng aneinander – kuscheln können.

Die Flunderstecker sind wegen ihrer mechanischen Anfälligkeit also nur für Festinstallationen zu empfehlen, wenn die Stecker nicht allzu häufig ein- und ausgesteckt werden müssen. Mittlerweile gibt es zwar fertig konfektionierte Patchkabel mit extrem flachen Steckern, aber als Einzelstecker zum Selbstlöten ist die Flunder immer noch alternativlos.

Auch flach, aber nicht zum selber Löten: Die RockBoard GOLD Series

Ja, wo laufen sie denn …?

Auch für das konkrete Projekt meines Vintage-Sound-Pedalboards sind die Flunderstecker aufgrund des beengten Platzangebotes gefragt. Zumal ein häufigerer Austausch der Effekte nicht beabsichtigt ist. An Effekten mit seitlichen Anschlüssen passen die Flunderstecker auch prima. An Effekten mit Anschlüssen an der Kopfseite möchte ich etwas anderes probieren, denn hier sind mir die Flunder zu breit. Für die Effekte suche ich eine kompaktere Lösung, wo auch der Abstand zum Effekt etwas größer sein darf, damit die kurzen Patchkabel nicht zu stark geknickt werden.

Und bei dem Wort kurz sind wir schon beim Thema: Grundsätzlich sollen die Kabel nämlich so kurz wie möglich gehalten werden. Das hat nicht nur ästhetische, sondern auch klangliche Gründe. Je kürzer die Kabelwege, desto eher ist man vor Einstreuungen oder anderen klanglichen Beeinflussungen gefeit. Ordentlich meint, dass die Kabel nicht kreuz und quer, sondern in möglichst geraden Bahnen verlaufen und signalführende von stromführenden Kabel möglichst getrennt verlegt sind, um Einstreuungen in die Signalkabel bestmöglich zu verhindern. Berührungspunkte zwischen den beiden Kabeltypen sollten möglichst gering sein.

Kreuzungspunkte werden am besten im 90-Grad-Winkel ausgeführt. Das ist nicht immer so einfach zu realisieren, wenn auch noch eine praktikable Anordnung auf dem Effekt-Board und eine sinnvolle Reihenfolge der Effekte beachtet möchte. Aber auch hier gilt: man muss nicht dogmatisch sein und Versuch macht klug. Bei meinem Effekt-Board z. B. habe ich an zwei Stellen auch mal Signalkabel und Stromkabel für ca. 5 cm parallel geführt, ohne dass Nebengeräusche auftreten.

Beim Verkabeln des Effekt-Boards sollen stromführende und signalleitende Kabel möglichst getrennt werden. Bei meinem Board laufen die Stromkabel am Kopfende und im mittleren Kabelkanal entlang. (Bild: Richter)

Die exakte Länge der Patchkabel kann man bei montierten Pedalen gut bemessen, wenn man das Kabel locker von Anschluss zu Anschluss legt. Für mein Projekt brauche ich sechs sehr kurze Patchkabel (ca. 12 cm) und vier exakt bemessene Kabel mittlerer Länge (22, 24, 28 und 32 cm).

Um Patchkabel auf die exakt richtige Länge zu bringen, gibt es neben der klassischen Möglichkeit des Kabellötens seit einiger Zeit auch mehrere Möglichkeiten sog. „Solder-free Patchkabel“ zu stecken, bzw. zu klemmen. Interessant für mich ist der kompakte Stecker, der genau das Stückchen weiter vom Effektpedal wegsteht, sodass es perfekt an die Stirnseitenanschlüsse passen könnte. Zudem wollte ich die Lötfrei-Variante eh mal ausprobieren.

Bei den stromführenden Kabeln mache ich weniger Aufwand und verwende die beim Netzgerät mitgelieferten Verbindungen. Diese stehen dankenswerterweise bereits in unterschiedlichen Längen zur Verfügung und machen einen recht ordentlichen Eindruck. Die Länge der stromführenden Kabel hat ja auch keinen Einfluss auf den Klang.

Stecken statt löten?

Lötfreie Kabelsets gibt es mittlerweile in ganz unterschiedlichen Preislagen. Von den günstigen Harley-Benton- oder Fame-Angeboten – das 5er-Set kostet unter 20 Euro – über die Systeme von z. B. Boss, Lava und Rockboard bis zu dem Edel-Set von Planet Waves für 73 Euro sollte für jeden etwas dabei sein. Alle Systeme funktionieren zwar im Detail unterschiedlich aber grundsätzlich ähnlich.

(Bild: Petia Chtarkova)
Produkt: Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Gitarre & Bass 12/2022 Digital
Im Test: J. Rockett Uni-Verb +++ G&L Fullerton Deluxe LB-100 +++ Dowina Albalonga GACE HiVibe +++ Nik Huber Bernie Marsden Signature +++ Fender Acoustasonic Player Telecaster +++ Gibson Dave Mustaine Signature Flying V +++ Börjes JB-Custom 5 DLX-Multiscale +++ EarthQuaker Devices Ghost Echo by Brain Dead +++ Blackstar St. James 50/EL34 112 Combo +++ Harley Benton Double Pedal Series

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ein Steck-Dreh-Set in der höheren Preisklasse ( ca. 60.- EUR ) hat leider auch total versagt. Trotz mehrfacher ganz genauer Konfektionierung der Kabel kam entweder kein vernünftiger Kontakt zustande, oder wenn, dann nur mit Krachern oder Totalausfall. Ich löte seit über 30 Jahren meine Kabel selbst und bis auf “Ausreißer” funktionieren sie noch immer einwandfrei. Ich rate unbedingt zum Selbstlöten oder fertige Kabel kaufen.

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