Teil 19

Homerecording: Songproduktion Teil 8 – Guitar Recording 2

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Nach Simsis Einführung und Besprechung der Haupt-Rhythmus-Gitarren unseres Rocksongs geht es in dieser Folge mit weiteren brisanten Details aus dem Nähkästchen eines echten Guitar-Hero weiter.

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Die fehlende zweite Rhythmus-Gitarre und ein paar letzte Overdubs folgen beim nächsten Mal. Los geht’s! Matthias Simoner: „Für das Intro habe ich ein paar verschiedene Sachen ausprobiert: Die Zerlegungen spielte ich einmal mit einer 62’ Reissue Strat in Verbindung mit einem Fulltone FatBoost 1 und meinem Eigenbau Vibepedal, dem „SIMS-O-VIBE“ über den cleanen Kanal eines Custom Audio PT50 Amps (>Audio File 1).

Der Fat-Boost kitzelt hier das Vibe schön an, welches wiederum mit etwas höher gedrehtem Ausgangs-Volume den Amp ein bisschen aus der Reserve lockt. Die 50 Watt Version des Custom Audio Tops eignet sich hierfür prima. Für die Doppelung dieses Parts griff ich zu meiner Music Man Game Changer Gitarre (Audio File 2). Ein wahres Chamäleon!

Ich probierte einige PU-Konfigurationen durch und landete schließlich bei Spule 1, also der äußeren Spule des Bridge-Humbuckers. Diese ergänzt sich hervorragend mit der Strat, hat ein bisschen mehr Mitten und mehr Fleisch, aber auch sehr klare, feine Höhen. Ich habe hier dieselbe Zerlegung gespielt wie mit der Strat, lediglich die letzten 4 Takte des Intros sind eine Oktave höher und leicht variiert. Exakt dieses Duo verwendete ich auch als Background für den Solopart. Hier ist wiederum die Strat (AF3) für die tiefere Lage zuständig und die Music Man (AF4) für den höheren Part.

Kleines Detail am Rande: Für den hohen Part habe ich den Speed des Sims-o-Vibe hochgeregelt, um einen etwas dramatischeren Sound zu kreieren. Sowohl fürs Intro als auch für den Solo-Background Part war das Sims-o-Vibe im Chorus-Mode.

Zurück zum Intro: Um Spannung aufzubauen, habe ich mich entschieden die Kicks mitzunehmen. Hierfür kamen eine ebenfalls in Drop-D gestimmte Music Man Axis Super Sport, meine Haupt-Live-Axt, und der 2. Kanal des PT-50 plus Fat Boost 1 zum Einsatz. Auch dieser Part wurde natürlich gedoppelt (AF5). Als Zenit des Spannungsbogens habe ich in den letzten beiden Intro-Takten noch String Noise aufgenommen, ebenfalls gedoppelt (AF6).

Dies ist ein kleiner Trick von mir, den ich live sehr gerne verwende. Ich trage an meinem rechten kleinen Finger einen relativ dicken Silberring, der sich hervorragend eignet, um Scratch und DJ-Noises zu erzeugen. In diesem Fall bin ich einfach langsam über die Saiten gestrichen und habe die Spannung hin zur Eins der ersten Strophe verstärkt.

Wir springen in den Pre-Chorus: Als Option habe ich hier eine zusätzliche, oktavierte Linie mit möglichst wenig Bewegung aufgenommen, als zweite Stimme sozusagen, um etwas mehr Farbe reinzubringen, falls dies gewünscht ist (AF7). Diese Linie habe ich im 2. Pre-Chorus etwas variiert und ihr dadurch mehr Bewegung verliehen (AF8). Als zusätzliche Option für den Chorus habe ich noch eine hohe zweistimmige Gitarre aufgenommen (AF9). Diese macht den Chorus größer und weiter. Ob sie im Mix verwendet wird, wird man erst sehen, das ist Geschmackssache und vom Zugang her doch etwas moderner.

Für all diese Spuren kam die Axis Super Sport in Verbindung mit dem PT50 zum Einsatz. Ich finde es immer wichtig, für zusätzliche Sounds andere Gitarren und Amps zu verwenden als bei der „Hauptgitarre“, da eine andere Kombination sich frequenztechnisch besser abhebt.

Nun kommen wir auch schon zum Solo: Dies besteht aus zwei Spuren, die sich lediglich im zweistimmigen Abschnitt überschneiden (AF10). Gespielt habe ich es mit einer meiner Music Man Luke 1 (Floyd Rose). Da ich unbedingt Toms selbstgebauten „BERG-O-DRIVE“ testen wollte, habe ich auf einen allzu gainigen Amp (wie meinen Custom Audio 3+ Preamp) verzichtet und stattdessen den zweiten Kanal des PT-50 in Verbindung mit Toms Tretmine bevorzugt. Das Teil tönt hervorragend! (Anm. Tom: Achtung, Schleichwerbung!!!)

Es liefert zusätzlichen Schmatz im Attack, was ich besonders liebe, macht den Ton angenehm dick und liefert schönes Sustain! Sehr zu empfehlen für Lead Sounds in Verbindung mit einem ange(ver-)zerrten Amp! Als „candy on top“ bekam Tom noch ein paar abgespacete FX-Spuren mit ins Paket: Zum einen eine Stereo-Effekt-Spur, realisiert mit einem Eventide Pitch Factor Pedal, zum anderen eine weitere Stereo-Spur mit Effekten aus einem TC G-Force. Beide Effekte sind sehr flächig und lassen beim ersten Hinhören eher auf ein Keyboard schließen als auf eine Gitarre.

Der Eventide Effekt besteht aus vielen gepitchten Delays, ein Effektblock, der sich „Crystal“ nennt. Er ist bekannt aus alten Eventide-Klassikern und wird oft beim Versuch verwendet, The Edge’s Layer Sound unter der Infinite Guitar im U2-Hit ,With Or Without You‘ zu imitieren. The Edge verwendete laut vertraulicher Quelle tatsächlich etwas anderes. Zurück zu unserem Hit.

Der Effekt setzt in Takt 5 des Intros ein und verschwindet mit Beginn der 1. Strophe wieder (AF11). Später taucht er kurz noch mal zu Beginn des C-Teils/Solos auf (AF12), sowie im Breakdown Part (AF13), wo zwei Takte lang nur die Solo-Gitarre zu hören ist, bevor es in den Schluss-Doppelrefrain geht.

Der TC-Effekt ist ebenfalls ab Takt 5 des Intros zu hören (AF14), sowie auf der Eins im C-Part (AF15), und anders als der Eventide Effekt, als flächige Unterstützung des Schlussakkordes (AF16). Hier habe ich einen Moll9 Akkord gespielt, um etwas Mystik reinzubringen. Der Effekt an sich liefert ja auch einen sehr mystischen und flächigen Sound. Ich verwende diesen Effekt sehr gerne live in einem Stereo- oder gar 3-Weg Setup, vor allem in Formationen ohne Keyboards, um an ausgesuchten musikalischen Stellen schöne Flächen zu legen, die enorm breit daherkommen.

Wie schon erwähnt stammt der Effekt aus einem TC G-Force und ist relativ komplex aufgebaut. Er besteht aus mehreren Einzeleffekten, 6 der 9 Effektblöcke des G-Force sind hier aktiv und sorgen für die entsprechende Mystik.

Das Aufnahme-Setup für die beiden Effekt-Sounds sah folgendermaßen aus: Als Preamp fungierte hier der Clean-Kanal meines Custom Audio 3+ Preamps (SE Mod von Bob Bradshaw, falls es jemanden interessiert) sowie eine VHT 2×50 W Endstufe, welche zwei von meinem Vater Franz Simoner handgebaute 2x12er Cabinets mit Bassreflexöffnungen und Celestion-Vintage-30-Speakern ansteuerten.

Abgenommen wurden diese jeweils mit einem Shure SM57. Auf ein zweites Mikrofonsignal pro Cabinet habe ich hier verzichtet. Die Signale liefen ebenfalls über Neumann V476b Preamps. Bei beiden Effekten liefert die linke Seite jeweils ein etwas anderes Signal als die rechte, daher unbedingt Stereo! Auf ein 3-Weg-Setup habe ich in diesem Fall verzichtet, da das trockene Signal hier keinen Sinn gemacht hätte.

Falls ihr euch fragt, wie viel Zeit draufginge, würde man all diese Kombinationen an Tretminen, Rack-Effektgeräten und Amps immer aus- und einstöpseln, ganz abgesehen von eventuellen Brumm-Problemen, etc. – ich will’s gar nicht wissen!

Wenn es um ein paar Gitarren geht, ein Kabel und vielleicht ein paar Amps, arbeite ich so puristisch wie möglich. Sobald allerdings verschiedene Sounds angeboten werden müssen, die Sounds mit Zerrern, Boostern und dergleichen gefärbt werden sollen, ganz zu schweigen von spezielleren Sounds, verwende ich auch im Studio immer meine Bradshaw Switching Systeme, die Bob mir für meine Anforderungen auf den Leib geschneidert hat. Ich besitze ein großes und ein kleines Rack-System, sowie ein relativ üppiges Pedal-basiertes System, welches allerdings gerade in L.A. in Entstehung ist. Bob hat mir hier wieder ein paar fantastische Sachen vorgeschlagen, auf die ich schon äußerst gespannt bin.

Seine Systeme ermöglichen einfach wesentlich schnelleres Arbeiten. Ich kann verschiedenste Bodentreter mit verschiedenen Amps ausprobieren ohne umstöpseln zu müssen, habe gerade beim großen System ein wirklich sattes Arsenal an Effekten verschiedenster Kategorien zur Auswahl, habe das Gitarrensignal immer am Tuner anliegen, kann Line-Level Effekte in Mono, Stereo sowie 3-way anbieten, mehrere Amps ansteuern, Delays separat zum trockenen Signal anbieten, um Verhältnisse nachträglich noch zu ändern, habe kürzest mögliche Kabelwege, Line-Level Mixing für Delays und andere „Post“-Effekte, etc. …

Ein cooles Feature ist auch der Guest-Pedal Patch-Point: Hier kann ich an einer Interface Box am Pedalboard zusätzliche Tretminen an einem bestimmten Punkt im Signalweg reinschalten, um sie auf die Schnelle auszuprobieren. Die verschiedensten Stromversorgungen hierzu stehen natürlich auch bereit. So kann ich z. B. mal eben ein Whammy in den Signalweg schalten, oder auch Toms Berg-O-Drive. Die komplette Session zu Toms Song habe ich übrigens mit dem großen Bradshaw-System eingespielt.“

Vielen Dank Simsi!!! Ja dann, viel Bass!


Alle Folgen zum Homerecording: www.gitarrebass.de/thema/homerecording

Tiefergehende Informationen zur gesamten Bandbreite der Recording-Welt gibt es auf: www.soundandrecording.de

Die Workshop- & Community-Plattform für alle Recording-, Mixing- & Mastering-Engineers sowie Produzenten: www.studioszene.de

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