Teil 3

Homerecording: Das Audiointerface

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Wir haben in den letzten zwei Folgen unsere (Homerecording-) Abhörsituation hinsichtlich einer möglichst aussagekräftigen Beurteilung unserer (Audio-)Daten optimiert. Jetzt geht es darum unsere Darbietungen möglichst edel klingend und verlustfrei auf einem (sicheren) Datenträger verewigen zu können!

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Ähnlich einem Videokünstler, der aus verwackelten Polaroids tolle Kunstwerke schafft, ist es natürlich denkbar, auch mit billigster Audio-Hardware etwas Gehaltvolles zu produzieren. Bei etwas so Einzigartigem wie den selbstgemachten Instrumenten- oder Gesangsaufnahmen sollte man aber nicht bei der Hardware geizen, da man sich sonst später ebenso ärgert, wie jemand, der von seinem schönsten Urlaub nur Handyfotos besitzt.

Glücklicherweise sind Interfaces mit zumindest ein bis zwei hochwertigen Eingängen mittlerweile für jeden bezahlbar. Die Kunst besteht nur darin, so wie beim Megapixel-Foto-Wahn, sich durch irreführende Werbung nicht zum Kauf einer bösartigen, eierlegenden Wollmilchsau verführen zu lassen, obwohl man eigentlich nur schöne, mittelgroße Eier haben wollte. Leider tummeln sich besonders im unteren Preissegment einige Produkte, die wirklich keiner ernsthaft haben will.

Damit ihr euch aber selber eine Meinung bilden könnt, hier ein paar Infos zu den wichtigsten Eckdaten eines Audiointerface:

Wortbreite / Bitrate: Bei der Digitalisierung eines analogen Signals wird dieses in regelmäßigen Abständen gemessen und dabei einem Zahlenwert auf der Y-Achse zugewiesen. Die Frage der Wortbreite kann man dabei schnell abhandeln: jedes ernstgemeinte Interface unterstützt 24 Bit, und genau damit sollte man auch aufnehmen. Im Vergleich zu 16 Bit wird die Wellenform um den Faktor 256 feiner dargestellt, obwohl nur 50 % mehr Daten anfallen. Auch wenn das Endprodukt eine Audio-CD mit nur 16 Bit sein soll, sind 24 Bit unerlässlich, da durch Verluste bei der weiteren digitalen Bearbeitung und Summierung sonst eventuell sogar die 16 Bit nicht ausgeschöpft werden können.

Abtastrate: Über die Höhe der Samplingrate lässt sich eher streiten. In diversen Hörvergleichen konnte nicht wirklich geklärt werden, ob Aufnahmen mit 44,1 und 96 kHz subjektiv überhaupt unterschieden werden können. Ursprünglich wurden die hohen Abtastraten eingeführt, um die Problematik der extremen Steilflankigkeit des Anti-Aliasing-Filters zu entschärfen. Durch die Entwicklung neuer digitaler Filter bringt diesbezüglich die Erhöhung auf 96 kHz aber höchstens noch leichte Vorteile. Zusammenfassend kann man sagen: Wer das doppelte Datenaufkommen und die damit erhöhten Computeransprüche bei 96 kHz nicht scheut, profitiert von leichten Vorteilen bei der Audioqualität und Nachbearbeitung. Für alle Nicht-Puristen tun es auch 48 kHz. Viel wichtiger ist aber ein gut integrierter …

Wandler: Hier kann man leider nicht pauschal sagen, welcher Baustein besser oder schlechter ist. Die gute Nachricht ist, dass die Zeit der Rausch-Schrottis schon lange überstanden ist. Auch die vollintegrierten Wandlerchips sind sehr gut geworden, sodass auch in den billigen Produkten brauchbare Wandler stecken. Die Frage ist, ob die Entwickler ihre Wandlerchips so einbinden, dass diese ihre Leistungsfähigkeit auch voll ausnutzen und sauber arbeiten können. Damit ist der Aufbau der analogen Schaltkreise vor bzw. hinter den A/D- oder D/A-Wandlern gemeint. Ausgefeilte Jitterunterdrückung und gute Clock-Kontrolle erfordert hohen Entwicklungs- und Fertigungsaufwand, welcher wohl eher nur in die etwas besseren Produkte Einzug hält.

Vorverstärker: Der Vorverstärker ist wohl die wichtigste Komponente eines Interface. Damit werden im wesentlichen Mikrofon-, Instrumenten- und Line-Signale für den optimalen Arbeitsbereich der Weiterverarbeitung angepasst. Hier gibt es große Unterschiede. Für eine hohe Qualität bei geringer Verzerrung sollte man auf „Class-A“ Technik bestehen. Hierbei wird der Arbeitspunkt der Transistoren in die Mitte des linearen Teils der Kennlinie gelegt. Zudem arbeitet der Transistor durch den gleichmäßigen Stromfluss und die daraus resultierenden, geringeren Temperaturschwankungen konstanter. Der erhöhte Strombedarf dürfte sich zumindest bei Vorverstärkern auch nicht auf der Stromrechnung bemerkbar machen.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal kann der diskrete Aufbau einer Schaltung sein. Dabei wird komplett auf Operationsverstärker verzichtet, wodurch man bei guter Ingenieursarbeit weniger Rauschen und mehr Transparenz erwarten kann. Besonders flexibel ist man, wenn man den/die Vorverstärker als separates Gerät vor das eigentliche Audiointerface hängt. Dadurch hat man eine riesige Auswahl an Vorverstärkern oder gar kompletten „Channelstrips“ inkl. EQ, Kompressor usw.

Einige dieser Exemplare bieten integrierte Röhrenschaltungen, meist in bezahlbarer Hybrid-Technik. Hierbei muss man allerdings aufpassen: Es werden teilweise reine Halbleiterschaltungen, in denen die Röhre lediglich als nachgeschalteter Klirrgenerator fungiert, als Röhrenvorverstärker verkauft. Auf das begehrte Obertonverhalten einer Röhre im Grenzbereich der Aussteuerung wartet man bei so etwas aber vergeblich. Nicht fehlen hingegen sollten schaltbare Phantomspeisung für Kondensatormikrofone sowie symmetrische Anschlüsse. Je nachdem, wie gelungen die Kombination aus Wandlersektion und Vorverstärker ist, ergibt sich (bei genügender Bit-Tiefe) ein mehr oder weniger guter …

Rauschabstand (SNR): Der Rauschabstand bietet tatsächlich einen messbaren Hinweis auf die Güte der Hardware. Leider sind die Werte nicht immer miteinander vergleichbar, da die Rahmenbedingungen für solche Messungen nicht genormt sind. Generell kann der Rauschabstand nicht hoch genug sein. Je 6 dB weniger verdoppelt sich das Rauschen. Zwar sind z. B. 96 dB SNR wie bei der Audio-CD für sich schon sehr gut, bei der Audioproduktion schwindet die Dynamikreserve aber schnell durch Aussteuerungs-Headroom, Summierung, Dynamikbearbeitung usw. Die Kenngröße „THD+N“ eignet sich nur schlecht als Beurteilungskriterium, da niemand wirklich sagen kann ob z. B. 0,003 % mehr harmonische Verzerrungen überhaupt hörbar sind oder gar besser klingen. Praktischer ist eine Auskunft bezüglich der …

Latenz: Eine niedrige Latenz (unter 10 ms) ist z. B. beim Einspielen über virtuelle Klangerzeuger oder dem Arbeiten mit Amp-Simulationen in Echtzeit wichtig. Diese wird durch die Wandlung, Computerleistung, Sound-Bearbeitung, Treiber usw. beeinflusst. Auch serielle Schnittstellen wie USB und Firewire erzeugen durch Redundanz zusätzliche Verzögerungen. Aber egal ob PCI oder Firewire, gute Geräte sollten bei einem brauchbaren Computer Latenzen zuverlässig unter 10 ms schaffen.

Netzteil: Gute automatische Schaltnetzteile können von der Landesspannung unabhängig machen und schützen im Optimalfall vor Netzschwankungen und Überspannungen (also beim Strom jetzt, nä!).


Alle Folgen zum Homerecording: www.gitarrebass.de/thema/homerecording

Tiefergehende Informationen zur gesamten Bandbreite der Recording-Welt gibt es auf: www.soundandrecording.de

Die Workshop- & Community-Plattform für alle Recording-, Mixing- & Mastering-Engineers sowie Produzenten: www.studioszene.de

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Eine Interface Latenz von 10ms ist für Amp Sims nicht tragbar….
    3ms, max. 4 ms ansonsten ist das Timing dahin.
    Andy Vasen

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