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Blues Bootcamp: Blues and beyond

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(Bild: MichalV33/Shutterstock)

Nachdem wir uns in den letzten drei Episoden ausführlich dem Thema Jazz Blues gewidmet haben, kehren wir diesmal zur regulären Form des Dominant-Blues in A zurück, allerdings mit erweitertem (Jazz-)Wissen sozusagen. Und vielleicht etwas mehr Toleranz gegenüber neuen Klängen.

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Ende der 1980er-Jahre nähert sich die erste Welle der Shredder wie Malmsteen, Gilbert, Satriani und Vai ganz ihrem Zenit und neigt sich langsam ihrem Ende entgegen. Das Thema ist irgendwie erzählt, ‚Flying In a Blue Dream‘ von Joe Satriani und ‚Passion And Warfare‘ von Steve Vai sind als Alben einfach untopbar, und die GIT-geprägte Gitarristengeneration wächst langsam aber sicher aus der Molltonalität der 80er-Jahre-Virtuosen heraus.

In diese Situation hinein veröffentlicht Robben Ford 1988 sein Meisterwerk ‚Talk To Your Daughter‘. Seine moderne Art, Blues zu spielen, begeistert. Die Mischung aus bewährten Songs kombiniert mit Fusion- und Rockelementen ist sehr erfolgreich und erfrischt die Gitarristenszene. Entsprechend erfolgreich ist dann auch das 1991 erschienene REH-Lehrvideo ‚The Blues And Beyond‘ von Ford, in dem er ausführlich auf seine ‚Talk To Your Daughter‘-Konzepte eingeht, und das zu einem der erfolgreichsten Lehrvideos wird.

DIE MISCHUNG MACHT’S….

Ein interessantes Element von Robben Fords Stil ist, dass er in der Regel sehr stark von Michael Bloomfield beeinflussten recht traditionellen Blues spielt und an strategisch wichtigen Stellen Jazz-Konzepte einbaut. Diese Stellen sind vor allen Dingen Takt 4 und Takt 12, die Übergänge zu den folgenden Akkorden. In diesen Takten sind die Dominant-Sept-Akkorde funktionaler Art – d.h. sie bewegen sich von einer V. Stufe auf eine I. Stufe, auch wenn diese selbst ein Dom7-Akkord ist (A7 zu D7 bzw. E7 zu A7).

In diesen Takt bringt Robben Ford das klangliche Gummiband durch Alterationen etwas auf Spannung. Ein Vorgang, der uns seit den letzten drei Blues-Bootcamp-Episoden nun schon etwas vertraut ist. Ein bevorzugtes Werkzeug zur Erzeugung dieses Effekts ist für Robben Ford die Dominant-Diminished-Skala, auch als Halbton-Ganzton-Skala (HTGT) bekannt. Wie ihr Name schon andeutet, ist diese Tonleiter eine sogenannte symmetrische Tonleiter, die sich aus sich abwechselnden Halbton- und Ganztonschritten zusammensetzt. Sie ist quasi so etwas wie ein Mode der verminderten Tonleiter, deren Aufbau Ganzton-Halbton ist.

Wie du in Beispiel 1 sehen kannst, enthält sie drei von vier theoretisch möglichen Alterationen (b5, b9 und #9), was bedeutet, dass du sie über alterierte Dom7 mit diesen Alterationen einsetzen kannst. Für den A7#5 bzw. A7b13, der in den letzten Episoden häufiger aufgetaucht ist, ist sie NICHT die richtige Wahl.

PRAKTISCH, PRAKTISCH, PRAKTISCH!

In Beispiel 2 findest du drei Fingersätze für diese Tonleiter, von denen ich persönlich den ersten stark bevorzuge. Aufgrund der Symmetrie der Tonleiter ist es so, dass man auch einfach diesen Fingersatz nehmen und ihn in Abständen von kleinen Terzen, also drei Bünden auf dem Griffbrett verschieben kann. Das ist praktisch. Spielt man z. B. in der Mollpentatonik-Komfortzone der 5. Lage, benutzt man Fingersatz 1, spielt man in der Komfortzone der A-Dur-Pentatonik in der 2. Lage, schiebt man Fingersatz 1 einfach drei Bünde nach unten.

Vielleicht liegt es an dieser Symmetrie oder an der Eigenschaft, dass die HTGT-Skala aus acht Tönen besteht – ich empfinde sie jedenfalls deutlich einfacher zu nutzen als die alterierte Tonleiter, um die wir uns an dieser Stelle auch noch kümmern werden.

Beispiel 3 ist wieder diese kurze, aber effektive Übungsroutine zum Verinnerlichen des Tonleiterklangs: A7-Akkord vorlegen, A7-Arpeggio aufwärtsspielen, Tonleiter abwärts spielen. Das Ganze in vier Lagen. Do it. It’s good for you! Die Fingersätze der Skala sind übrigens immer dieselben.

Eine weitere interessante Eigenschaft: Um eine möglichst melodische Auflösung zum nächsten Akkord zu erlangen, sucht man sich einfach den Akkordton des Zielakkordes auf dem man landen möchte aus (Terz, Quinte oder kleine Septime) und startet die Skala einfach auf diesem Ton (siehe Beispiel 4). Praktisch.

In Beispiel 5 findest du ein paar kurze Lines für Takt 4, den Übergang von A7 zu D7. Spielst du sie einen Ganzton tiefer oder einen Halbton höher, passen sie für den E7-Akkord in Takt 12. Warum geht das? E-HTGT = G-HTGT = Bb-HTGT = Db-HTGT. Praktisch. Das Solo für diese Episode (Beispiel 6) ist diesmal insgesamt wieder recht traditionell gehalten, ganz im Stile von Robben Ford. Dadurch stechen die Elemente in Takt 4 und 12 umso deutlicher hervor. In Takt 8 habe ich mir erlaubt, eine nette Line einzubauen, die den E7 aus Takt 9 schön in Szene setzt.

 

Enjoy, und bis zur nächsten Episode von BBC!

 

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2023)

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