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Bass Basics: Raus aus der Komfortzone

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Wer kennt nicht das Phänomen der eigenen Komfortzone. Man kauft stets die gleichen Artikel im Supermarkt, fährt gerne den selben Weg zur Arbeit und schläft gerne zuhause im eigenen Bett. Beim Bass-Spielen ist es doch ganz ähnlich. Soll ein C gespielt werden, greift man automatisch im dritten Bund auf der A-Saite. Das G wird immer im dritten Bund und das F gerne im ersten Bund auf der E-Saite gegriffen. Genauso verhält es sich mit Tonleitern oder Dreiklängen.

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Wenn ich einen neuen Schüler frage, ob er eine C-Dur-Tonleiter spielen kann, greifen 99,9% der Probanden mit dem Mittelfinger im dritten Bund der A-Saite und spielen den klassischen Fingersatz, den ich in Beispiel 1a notiert habe. Interessanterweise lassen genauso viele Bassisten mindestens die Töne auf der E-Saite weg und viele auch das B (sprich „b“ zu deutsch „H“) auf der A-Saite.

Alle erreichbaren Töne der C-Dur-Tonleiter findest du in Beispiel 1b. Aber kennst Du auch den Fingersatz für die C-Dur-Tonleiter, den ich in Beispiel 2 notiert habe und der mit dem Kleinen Finger beginnt? Sind wir doch mal ehrlich: das Beginnen mit dem Kleinen Finger auf dem Grundton vermeiden wir gerne, weil es unbequem ist. Im schlimmsten Fall kennen wir diese Varianten vielleicht gar nicht.

C-Dur in der 2. Lage, Mittelfinger greift das C im dritten Bund auf der A-Saite
C-Dur Tonleiter, der Kleine Finger greift den Grundton im 8. Bund der E-Saite
F# Moll in der 4. Lage, 4. Bund D-Saite

 

NEUE WEGE

Wenn du dich in den genannten Beispielen wiederfindest und gerne deinen Horizont erweitern möchtest, dann bist du hier genau richtig. In diesem Monat möchte ich dir nämlich kleine Übungen an einem einfachen Beispiel zeigen, mit denen du dich aus deiner Komfortzone der typischen Fingersätze herausbewegen kannst. Dadurch ergibt sich für dich auch die Möglichkeit, andere Klänge, Wege und Melodien zu entdecken, mit denen du deine eigene Bass-Begleitung interessanter und offener gestalten kannst.

Wir schließen hier also direkt an den Artikel aus G&B 01/23 an, in dem es um Phrasierung und das freiere Gestalten deiner Bass-Begleitung ging. Dabei hatte ich dir denkbar einfache Möglichkeiten und kleine Tricks an die Hand gegeben, die du ohne Wissen von Harmonielehre einsetzen kannst. In diesem Monat soll es um eine typische Akkordverbindung gehen, die dir in deiner musikalischen Praxis sicher schon untergekommen ist.

In Beispiel 3 habe ich dir zunächst die Akkorde und die dazugehörigen Grundtöne notiert. Die Aufgabe wird sein, dass du eben nicht deine typischen Fingersätze und Positionen auf dem Griffbrett verwendest, um die Akkorde zu begleiten, sondern du darfst nur Töne einsetzen, die im vierten, fünften, sechsten oder siebten Bund auf allen Saiten deines Bass liegen. Wir wollen uns also beschränken und dadurch gleichzeitig den Weg zu den typischen und gewohnten Positionen verhindern.

Spätestens beim zweiten Akkord, dem F#- Moll, würdest du doch unweigerlich das F# im zweiten Bund auf der E-Saite anvisieren. Das ist hier in dieser Übung leider nicht erlaubt, und genau da fängt das Umdenken und somit auch das „Umhören“ an. Du wirst anders klingen! Hinweis: Auch wenn du einen Fünfsaiter spielst, versuche bitte, dich erstmal auf die klassischen vier Saiten zu beschränken – das macht die Übung sehr interessant. Du kannst den Artikel auch als eine Art Ist-Zustand-Bestimmung nutzen.

Schau dir die Beispiele 4 bis 6b bitte noch nicht an, sondern versuche erst einmal, die folgenden Fragen selbstständig zu beantworten und auf deinem Instrument umzusetzen. Fangen wir einfach an:

1. Wie viele Grundtöne der angegebenen Akkorde in Beispiel 3 findest du in den Lagen IV bis VII? Also, wie oft findest du ein A, ein F#, ein D oder ein E? Leersaiten dürfen nicht gespielt werden. Die Lösung findest du in Beispiel 4. Das Ziel dieser Übung liegt darin, dass du eben nicht auf die von dir gewohnten Positionen auf dem Griffbrett zurückgreifen kannst, sondern dir Alternativen suchen und klarmachen musst, an welchen weiteren Griffbrett-Positionen du die jeweiligen Akkord-Grundtöne findest. So erweiterst du dein Spektrum und lernst das Griffbrett deines Basses besser kennen.

2. Spiele die Dreiklänge der Akkorde aus Beispiel 3 ohne die Lage zu verlassen. Du darfst wieder nur die Töne in den Lagen IV bis VII verwenden. Wie viele Möglichkeiten findest du? Die Lösungen findest du in den Beispielen 5a bis 5c. Auch hier ist es das Ziel, dich von deinen Standard-Fingersätzen zu entfernen und dir zu vergegenwärtigen, dass es mehr als nur ein Finger-Pattern für einen Dur- oder Moll-Dreiklang gibt, und man Dreiklänge aufwärts und natürlich auch abwärts spielen kann. Dreiklänge darf man übrigens auch in anderen Abfolgen als 1-3-5 spielen. 1-5-3 ist sowohl aufwärts als auch abwärts ebenso erlaubt.

3. Kannst du von jedem Akkordgrundton die jeweilige Pentatonik in dieser Lage (4. bis 7.Bund) spielen? Also:

a) die A-Dur-Pentatonik vom A aus

b) die F#-Moll-Pentatonik vom F# aus

c) die D-Dur-Pentatonik vom D aus

d) die E-Dur-Pentatonik vom E aus

Beginne immer auf der 1 des Taktes mit dem Grundton des jeweiligen Akkordes. In Beispiel 6a findest du die passenden Pentatoniken, und in Beispiel 6b habe ich dir eine Basslinie aufgeschrieben, die immer in der zweiten Takthälfte auf Basis der jeweiligen Pentatonik einen Übergang zum nächsten Akkordgrundton gestaltet. Ziel dieser Übung ist es, dass du dir neue Möglichkeiten erarbeitest und dein inneres Hören erweiterst. Raus aus der Komfortzone eben!

Und zum Schluss noch ein Tipp: Übertrage diese Übung zuerst auf andere Positionen deines Griffbretts. Orientiere dich dabei an den fünf verschiedenen Finger-Pattern für die Dur-Tonleitern. Danach kannst du diese Übung auch modifizieren und auf andere Tonarten übertragen. Beim Ausprobieren und Entdecken neuer Möglichkeiten wünsche ich dir viel Spaß. Bis zum nächsten Mal, Markus.

 

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2023)

Produkt: Orianthi – die Queen of Shredding
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