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Amp Station: Cap-Jobs

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Astron-Jupiter-Kondenstoren in einem Tweed Deluxe von 1953 (Bild: Udo Pipper)

Cap Jobs Teil 1
Cap Jobs Teil 2
Cap Jobs Teil 3
Cap Jobs Teil 4


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Teil 1

Diesen Monat beginnen wir mit einem Thema, das vor allem in Internet-Foren teils kontrovers diskutiert wird und zweifellos dazu taugt, mich mal wieder ordentlich in die Nesseln zu setzen. Aber was soll’s? Es gehört nun einmal zum Alltag im Verstärkerbau und wird sehr, sehr oft angefragt. Es geht um die Rolle von Kondensatoren in Gitarren-Amps.

Jeder Amp hat zahlreiche davon, und daher stellt sich die Frage, ob unterschiedliche Kondenstor-Typen oder -Fabrikate auch unterschiedliche Klangfarben hervorbringen. Für manche ist das selbstverständlicher Alltag und für andere wiederum glatter Humbug. Weniger heikel scheint für eine wortführende Techniker-Gemeinde die Einigkeit darüber, dass Röhren, Trafos und Lautsprecher die entscheidenden Klangbausteine eines Verstärkers sind. Der Rest verbirgt sich hinter Schaltplänen, Bauteilwerten und physikalischen Gesetzen. Letztere sind so wichtig, weil Gesetze (im Gegensatz zu Regeln, für die es immer auch Ausnahmen zu geben scheint) unumstößlich sind. Und daher ist es sehr, sehr schwer, diesem Thema messtechnisch zu Leibe zu rücken. Denn ohne jeden Zweifel sind Messergebnisse nun mal Fakten, die sich in komplexen Systemen wie Verstärkern leicht isolieren und auf sämtliche Parameter eines Bausteins ausdehnen lassen. Diese reduktionistische Sichtweise ist eine Bedingung, überhaupt zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen. Und da bietet der Kondensator als elektronisches Bauelement zahlreiche Größen, die es zu bestimmen gilt. Aber dazu später mehr.

Im Vordergrund soll hier der manchmal etwas seltsam anmutende Zusammenhang zwischen Datenblättern und Klangeindrücken stehen. Denn dazu gibt es teils widersprüchliche Beobachtungen. Gemeinhin gilt ein Kondensator nämlich außerhalb seiner spezifischen Funktionsdaten nicht als ein klangbestimmendes Bauelement. In der Praxis scheint das jedoch anders zu sein. Daher bieten Hersteller nicht Bausteine mit allen möglichen Eck- und Funktionsdaten, sondern auch vermeintlichen „Eigenschaften“, die besonders den Klang verbessern sollen.

Das führt mitunter zu absurden Produkten: Im HiFi-Highend-Lager sieht man schon mal Kondensatoren, die pro Stück weit über tausend Euro kosten und die aus allen möglichen geheimnisvollen Materialien gefertigt werden. Um überhaupt in den Genuss ihrer sagenhaften Fähigkeiten zu kommen, müsse man diese zunächst mehrere hundert Stunden „einspielen“, profitiere dann aber von sagenhafter Klangtiefe, Auflösung oder Natürlichkeit. Immer wieder muss die sogenannte „Klangbühne“ als Maß aller Dinge herhalten, ohne freilich vorher zu beschreiben, wann und wo ein Instrument oder eine Stimme überhaupt im physikalischen Sinn „natürlich“ sein kann. Im Vakuum freilich nicht. Bei welcher Luftdichte, bei welcher Temperatur, in welchem Raum oder welcher Lautstärke?

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Vintage Marshall JMP 20 mit Mullard-Mustard-Kondensatoren (Bild: Udo Pipper)

Vor Jahren habe ich zahlreiche HiFi-Workshops abgehalten und besucht, auf denen dieses Thema mitunter so heiß diskutiert wurde, dass zumindest die Raumtemperatur spürbar anstieg. Aber hier sprechen wir von Reproduktions-Technik. Hier geht es immer nur um den Vergleich einer zum Beispiel „echten Stimme“ mit einer durch Magnetband oder via Digitaltechnik aufgezeichneten Version. Wie hoch kann man die Informationsdichte treiben? Kurzum fand sich hier schnell eine Formel, die man wie folgt beschreiben könnte: Je höher die scheinbare Informationsdichte, desto besser, sprich genussvoller das Hörergebnis.

Von solchen Wettbewerben sind wir Gitarristen – Gott sei Dank – befreit. Denn bei uns geht es ja nicht darum, Klänge einer vielleicht natürlichen Wahrheit so weit wie möglich anzugleichen, sondern diese nach persönlichen ästhetischen Mustern erst einmal zu erzeugen. Eine E-Gitarre hat per se keine natürliche Entsprechung. Das ist grundlegend anders, als eine Jazz-Sängerin vor einem Mikrofon aufzunehmen. Hier ist praktisch alles erlaubt. Man darf schön klingen, schräg, schrill, lärmig oder kaputt. Anders gesagt: Wer von uns hat schon mal darüber nachgedacht, welche Rolle die Kondenstoren in Jimi Hendrix‘ Marshalls während der Darbietung von ,Star Spangled Banner‘ spielen? Von daher verbietet es sich eigentlich, im Zusammenhang mit elektrischen Gitarrenverstärkern und deren Bauelementen von „Klangqualitäten“ zu sprechen. Alles darf, nichts muss!

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Astron-Elkos und Blue-MoldedKondensatoren in einem Fender Champ von 1960 (Bild: Udo Pipper)

Es gibt keinen ästhetischen Datensatz, der irgendeinen Klang oder Sound als grenzüberschreitend entlarvt. Für die Vorlieben von Klangerzeugern, die sich mit mehr oder weniger ausgeprägter Versiertheit der E-Gitarre bedienen, spielt Physik dagegen eigentlich keine Rolle. Man kauft Gitarren nach persönlichem Geschmack. Und dem ist es bekanntlich meist völlig schnuppe, welche Messdaten so ein Instrument hat. Sie muss sich gut anfühlen, inspirieren oder einfach nur die Lieblingsfarbe haben. Genauso verhält es sich mit den Verstärkern. „Laut“ und „Krach“ muss gehen, alles andere ist Geschmackssache.

Wir bilden teils komplexe Systeme, mit denen wir Klänge erzeugen, an die wir uns mit der Zeit gewöhnen. Sind diese Gewohnheiten erst einmal gesackt oder ins ästhetische Langzeitgedächtnis eingebrannt, spielen dann irgendwann doch die zahlreichen Klangbausteine eine Rolle. Wir haben dann ein Lieblings-Plektrum, Lieblings-Saiten, einen Lieblings-Overdrive und schließlich auch einen Lieblings-Amp.

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Blue-Molded-Ajax-Kondensatoren für ein neues Amp-Projekt (Bild: Udo Pipper)

In Amp-Sounds kann man sich auch verlieben, wenn man das Objekt der Begierde gar nicht selbst besitzt. Man hat das Wunderwerk zunächst nur auf einer CD oder im Konzert des Lieblings-Gitarristen gehört. Oder er stand testbereit, aber unerschwinglich teuer in einem Vintage-Shop und zauberte eine Klangfarbenwelt, die einem einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Und dann beginnt die Analyse… Man schaut genauer hin. Plötzlich scheint jedes noch so unwesentliche Bausteinchen eine riesige Rolle zu spielen. Welche Röhren, welche Trafos und schließlich welche Kondensatoren waren in dem Schmuckstück verbaut?

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Verstärker haben eben nicht nur eine Funktionsebene, auf der alles nach streng physikalischen Gesetzen genormt einwandfrei arbeiten sollte, sondern auch diese wenig greifbare ästhetische Komponente, die ganz individuelle Eigenschaften bedienen soll. Daher gefällt den meisten Musikern von fünf gleichen Amps meist einer am besten. Lässt sich dieses Ergebnis nach Vorliebe messen? Nein! Dazu sind diese Systeme schon zu komplex. Ein einzelner Kondensator-Wert sagt praktisch nichts über das Gesamtergebnis. Daher beantwortet sich die Frage danach, welche Bauteile in einem Gitarrenverstärker für die Klangergebnisse wichtiger sind als andere, praktisch von selbst. Vermutlich ist alles wichtig: Die Schaltung, die Eigenschaften der Komponenten, die Spannung, die Netzqualität, die interne Verarbeitung, die Röhren, die Verkabelung, der Lautsprecher und das dazugehörige Verbindungskabel. Die Eigenschaften der einzelnen Komponenten haben leider isoliert betrachtet kaum eine Bedeutung.

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WIMA-Kondensatoren in einem VOX AC30 von 1966 (Bild: Udo Pipper)

Auf der Suche nach dem Klang-Ideal helfen nur Kenntnisse über „Tendenzen“, die oft, aber eben nicht immer, zum gewünschten Ergebnis führen. Welcher Kondensator hat nun die besten Eigenschaften? Der, an den ich mich im Laufe der Jahre meist unbewusst gewöhnt habe, der vorher vom Boutique-Amp-Hersteller sorgfältig „selektierte“, der aus den Wundermaterialien oder doch einfach nur der teuerste? Manchmal kann es auch der sein, der aufgrund seines Alters seine ursprünglichen physikalischen Eigenschaften verloren hat und wahllos in einen eigentlich unhaltbaren Fantasie-Wert gedriftet ist – das habe ich alles schon erlebt.

Manchen Musikern gefällt ihr Verstärker mit nagelneuen „frischen“ Qualitäts-Kondensatoren einfach überhaupt nicht mehr. „Ist mir doch egal, wie lange so ein Elko hält. Mit den neuen klingt’s sch…“ Dabei steht’s überall geschrieben: „Alle 10 bis 20 Jahre sollte man dem Verstärker ein paar neue Netzteil-Elkos spendieren.“ Einfach mal so. Es kann auf jeden Fall nicht schaden.

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Diverse Koppelkondensatoren zum Test bereit (Bild: Udo Pipper)

Das gleiche gilt für die Koppelkondensatoren, die letztlich das Frequenzspektrum eines Verstärkers formen. Hier gilt es gemeinhin, die Spreu vom Weizen zu trennen und Minderwertiges durch Höherwertiges zu ersetzen. Andere Techniker pfeifen auf solche vermeintlichen Klangeigenschaften und modifizieren nach strikten physikalischen Werten – denn das sind schließlich Fakten. Der Rest sei Einbildung und im Blindtest irrelevant. Das ist natürlich ein (physikalisch) gesicherter Standpunkt. Er reicht aber für die Bedürfnisse der meisten Musiker oft nicht aus. Man muss sich irgendwann zwangsläufig auf das Gebiet der ästhetischen Parameter begeben, um dem Musiker entgegenzukommen.

Aufgrund unserer Hörgewohnheiten haben sich im Laufe der Jahrzehnte sicher einige Kondensatoren einen „legendären“ Ruf erworben. Meist ohne bewusstes Zutun der damaligen Hersteller. Bei Fender hat wohl niemand solche Produkte nach Hörergebnissen selektiert und sich aufgrund dieser für ein bestimmtes Produkt entschieden. Es waren Zufälle oder finanzielle Erwägungen. In den frühen Fünfzigern wurden die Tweed-Combos mit roten Jupiter-Kondensatoren bestückt, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts mit den berühmten ,Yellow Astrons‘. Ab den Sechzigern galten die Mallory ,Blue Molded‘ Ajax-Kondensatoren als das Maß aller Dinge. Gefolgt von allen möglichen Sprague-Drops, mal in blau, in braun oder später orange. Jeder davon gilt unter Liebhabern heute als prägend für die oft auch fantastisch klingenden Oldtimer.

Bei den Marshalls waren es die ,Mullard Mustard‘-Kondensatoren aus den Sechzigern und frühen Siebzigern, die für Verzückung sorgen. Bei Vox streiten sich die Fans, ob man lieber einen mit eben diesen Mustard Caps oder doch lieber den Versionen mit den WIMA-Caps den Vorzug geben soll. In der nächsten Folge werden wir untersuchen, ob diese Bausteine für die Klangergebnisse wirklich so wichtig sind. Und wenn ja, ob es heute moderne Entsprechungen dafür gibt. Wir werden auch beleuchten, ob es Sinn macht, mit ganz neuen Highend-Produkten den Klangvorstellungen auf die Sprünge zu helfen. Und schließlich werden wir untersuchen, ob auch ein Netzteil- oder Kathoden-Elko zur Klangformung beiträgt. In diesem Sinne… [2456]

Aus Gitarre & Bass 08/2017

Teil 2

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Bitte nicht nachmachen! Test-Kondensatoren im Tweed Deluxe „eingeklemmt“

Nach meiner Einleitung zum Thema in der letzten Folge begeben wir uns nun direkt in die Testphase unterschiedlicher Kondensatoren.

Sie sind klangbestimmende Bauteile in Verstärkern. Wir finden vor allem drei Anwendungstypen: Lade-Elkos, Koppelkondensatoren, Bypass-Kondensatoren. Doch was tut ein Kondensator eigentlich? Im Grunde handelt es sich um einen frequenzabhängigen Widerstand. Mit Kondensatoren wird das Wiedergabespektrum eines Verstärkers gestaltet. Obwohl der Aufbau recht schlicht aussieht, gibt es zahlreiche Parameter, die seine Wirkung beeinflussen.

Ein Kondensator besteht – vereinfacht gesagt – aus zwei leitenden Flächen, die durch einen Nichtleiter (Dielektrikum) voneinander getrennt sind. Hierbei kommen verschiedene Materialien zum Einsatz. Moderne Kondensatoren bestehen meist aus einer Kunststofffolie (z. B. Polyester oder Polypropylen), die mit einem leitenden Material bedampft wird. Um die Größe des Bauteils gering zu halten, sollten die Fläche und der Abstand der Folien möglichst klein gehalten werden. Daher werden die Folien in der Regel zusammengerollt und in einem Kunstoffgehäuse untergebracht. Vintage-Kondensatoren besitzen oft ein Dielektrikum aus Öl-Papier, was Liebhabern aus klanglichen Gründen wichtig erscheint.

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Marshall-Legende: Mustard Mullard-“Senf“-Kondensator

Ich muss dies alles auf ein paar sehr einfache Grundformeln reduzieren, da die Konstruktionsmerkmale und die damit verbundenen Funktionsunterschiede ein wahnsinnig komplexes Thema sind. Man könnte damit locker ein ganzes Heft füllen und würde bei den meisten Lesern doch nur ein riesiges Fragezeichen hinterlassen, denn die fachlichen Eckdaten werden nur vom Physiker oder Techniker verstanden. Es gibt dazu reichlich Formelwerk. Nur wenige Autoren verstehen es, diese komplizierte Thematik für den Laien einigermaßen verständlich in kurze Erklärungen zu verpacken. Wer sich dafür interessiert, wird im Internet fündig. Besonders gelungen fand ich hierzu eine Abhandlung von Christoph Caspari (www.ccinfo.de). Hier werden die wesentlichen Bausteine und Funktionsdaten von Kondensatoren vorbildlich aufgeführt. Uns soll vor allem interessieren, ob man grundsätzlich Unterschiede zwischen den verschiedenen Bauformen und Herstellern tatsächlich heraushört.

In vielen Foren liest man dazu recht überhebliche Statements, die die Klangeigenschaften von Kondensatoren meiner Meinung nach zu voreilig ins Reich der (Voodoo)-Legenden katapultieren. Was man nicht messen kann, hört man auch nicht. Immer wieder werden angebliche Blindtests beschrieben, in denen „niemand etwas Unterschiedliches hören konnte“.

Hinter vermeintlich irreführenden Angeboten sollen sich geldgierige Highend-Priester verbergen, die Verbraucher zum Kauf hochpreisiger Blender-Artikel verführen wollen. Wie schon im letzten Artikel erwähnt, kann man zu solchen Schlüssen sehr leicht kommen, da es vor allem im Bereich der Wiedergabe-Elektronik teils sagenhaft teure Bausteine gibt, deren Qualität schon allein daher einem berechtigten Zweifel unterliegen müssen. Es gibt tatsächlich Kondensatoren, die weit über € 1.000 kosten. Nun gut! Jedem das Seine! Solche Produkte sollen uns hier nicht interessieren.

Ich möchte vielmehr aus meiner Erfahrung mit unterschiedlichen Kondensatoren in Gitarrenverstärkern berichten und deren Wirkung als „Instrument“ zur Gestaltung von bestimmten Klangergebnissen beleuchten. Und so viel vorweg: Richtig schlechte Kondensatoren gibt es nicht. Solange die technischen Werte den gewünschten Vorgaben entsprechen, kann man alle erwähnten Modelle für sich nutzen. Es geht also nicht um „besser“ oder „schlechter“. Es geht um bestimmte Klangfarben und Eigenschaften, die sich der Messtechnik ganz offenbar entziehen. Und dennoch sind sie da!

Und da die meisten Leser kaum die Möglichkeit haben, alle vorhandenen Modelle in einem Verstärker klanglich zu untersuchen, müssen eben Leute her, die aus ihrer Erfahrung damit berichten können. Und nichts weiter versuche ich hier. Persönlich fände ich es umso schöner, wenn diese Unterschiede nicht existieren würden. Dann könnte man einen Verstärker strikt nach einem Schaltplan konstruieren. Die Klangergebnisse wären durchweg durch Messdaten zu quantifizieren und fertig wäre der Traum-Amp. Doch so einfach ist das nicht. Wer täglich damit beschäftigt ist, Verstärker zu reparieren, zu restaurieren oder zu bauen, muss sich mit solchen Unwägbarkeiten wohl oder übel herumschlagen. Gerade dann, wenn die Kunden bezüglich ihrer klanglichen Ansprüche sehr sensibel sind, kommt man um längere Hörtests nicht herum.

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WIMA-Durolit-Kondensator

Die hier vorgestellten Kondensatoren sind natürlich alle auf ihre Sollwerte hin geprüft und weichen in jedem Fall nur weniger als 2 Prozent davon ab. In diesem Bereich sind Unterschiede bei gleichen Modellen wahrlich nicht mehr herauszuhören.

Getestet wurden die Kondensatoren in einer 5E3-Schaltung, die die meisten Leser vom Fender Tweed Deluxe her kennen dürften. Das bot sich an, weil in diesen Amps nur 5 Koppelkondensatoren zum Einsatz kommen und die Schaltung sehr simpel ist.

Man kann davon ausgehen, dass man hier Unterschiede eher heraushören kann als in komplexen Mehrkanal-Konstrukten. Um die unterschiedlichen Kondensatoren möglichst schnell austauschen zu können, habe ich an den betreffenden Stellen im Board Kroko-Klemmen befestigt.

Die meisten Testkandidaten wurden uns vom Tube Amp Doctor in Worms zur Verfügung gestellt. Nochmal ein Dankeschön dafür.

Ich bitte um Verständnis, dass die ausgewählten Fabrikate nur exemplarisch gemeint sind. Sicher wird der eine oder andere Leser seinen Lieblingskondensator im Testfeld vermissen. Untersucht habe ich vor allem die Auswirkung bestimmter Kondensatoren bezüglich ihrer spezifischen Klangfarben. Dass diese zweifellos vorhanden sind, lehrt meine lange Erfahrung mit solchen Bauteilen und natürlich die Reaktion meiner Kunden auf bestimmte Klangergebnisse. Weiterhin habe ich untersucht, ob die Kondensatoren, wie oft behauptet, eine bevorzugte Einbaurichtung haben (und hier nur bei Koppelkondensatoren) und ob die Bauteile tatsächlich jene mysteriöse Einspielphase benötigen. Es soll ja Kondensatoren geben, die erst nach einer gewissen Zeit nach dem Einbau ihre vollen Klangeigenschaften entfalten. Dazu später mehr.

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Yellow Astron aus einem Fender-Tweed-Amp

Man kann einfach nicht darüber hinweg sehen, dass bestimmte Verstärker-Hersteller großen Wert auf die Auswahl der verwendeten Kondensatoren legen. Bei unzähligen Firmenbesuchen wurde dieses Thema in den Entwicklungsabteilungen neben der Auswahl der Trafos und Lautsprecher intensiv beleuchtet. Zielt man auf ganz spezifische Klangergebnisse ab, kommt man um diese Auswahlkriterien nicht herum. Hier liegt übrigens auch einer der Gründe, warum viele Musiker bei Gitarrenverstärkern eine typisch „britische“ oder „amerikanische“ Prägung zu erkennen glauben.

Daher habe ich mir zunächst vermeintlich legendäre Modelle der von Marshall ursprünglich verwendeten so genannten Philips/Mullard „Mustard“- sowie die in vielen Vox-Verstärkern verbauten WIMA-Durolit-Kondensatoren angehört. Als amerikanisches Pendant habe ich die von Fender verwendeten Yellow Astrons und Mallory „Blue Molded“ besorgt und angehört. Wie gesagt mit identischen Werten. Und tatsächlich ergaben sich recht unterschiedliche Klangfarben je nach verwendeten Fabrikaten. Natürlich ist dieser Eindruck immer im Kontext zu allen übrigen Bausteinen zu sehen. Nur durch den Austausch der Kondensatoren ergibt sich demnach noch kein reinrassiger Marshall-Sound.

Man konnte jedoch beobachten, dass der Tweed Deluxe etwa mit Mullard Mustard Caps tatsächlich etwas mehr nach Marshall klang. Die Bässe wirkten straffer, die Mitten kompakter, der Hochton etwas dicker und aggressiver als mit anderen Fabrikaten. Spielt man nur leise und clean, wird es jedoch schwer mit dem Vergleich. Entscheidend war das Verhalten in der Übersteuerung. Diese Kondensatoren führten stets zu einem schlanken, extrem gut konturierten Klangbild, das vor allem mit Overdrive-Pedalen jeweils typische Brit-Sounds zuließ. Man denkt unweigerlich an Led Zeppelin, Jeff Beck oder Clapton.

Noch extremer verhielten sich die WIMA-Durolit-Probanden. Mit diesen Kondensatoren erhält man ein recht vorlautes Mittenbrett, das einem Brian May gefallen dürfte. Das Klangbild wirkt insgesamt enger, nochmals straffer und aggressiver als mit den Mustard Mullards. Ideal für ein fettes Rockriff oder Power-Chords. Mit diesen Caps klang der Deluxe tatsächlich eher wie ein Vox oder Marshall. Erstaunlich!

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Mallory-„Blue-Molded“-Kondensator

Völlig neu erlebt man den gleichen Amp mit ein paar Yellow-Astron-Kondensatoren aus den Fünfzigerjahren. Der Verstärker tönt plötzlich klar und offen. Der Fokus liegt jetzt viel mehr in den Bässen und im Hochton und weniger im Mittenspektrum. Die Aggressivität weicht einem schmatzigen Overdrive mit eher „süßen“ Höhen. Trotzdem wirkt der Ton kompakt und gut definiert. Der Verstärker bleibt insgesamt länger clean und durchsichtig. Die Power-Chord-Qualitäten der WIMAs und Mullards weichen offensichtlichen Vorzügen für Picking-Style oder Arpeggios à la The Edge oder Neil Young. Eine vermeintliche Lücke in den hohen Mitten, die die britischen Probanden deutlich hervorzuheben scheinen, sorgt dafür, dass der Verstärker in praktisch keiner Einstellung unangenehm oder vorlaut klingt.

Zuletzt habe ich Mallory-„Blue-Molded“- Kondensatoren eingesetzt. Sie nähren ihren legendären Ruf aus den Sechzigern, in denen beinahe alle Fender-Blackface-Amps damit ausgestattet waren. Diese Caps schließen die Lücke zwischen den extrem süßlichen Yellow Astrons und den kraftstrotzenden Mullard Mustards. Power-Chords erinnern jetzt eher an Ted Nugent oder ZZ-Top, während die Clean-Sounds offenbar linear und ohne jede spürbare Überbetonung ausfallen. Es scheint, man habe den idealen Kondensator gefunden, denn er scheint wie kein anderer für jede Spielart geeignet. Besonders überzeugend gelingen mit diesen Caps leicht angezerrte Blues-Sounds mit langem Sustain. Der Amp scheint plötzlich die richtige Balance zwischen dynamischem Antritt und lang ausklingenden Noten gefunden zu haben. Zweifellos ein Kondensator für alles, noch dazu auf höchstem Niveau.

In der nächsten Ausgabe werden wir diese mittlerweile schwer erhältlichen Klassiker mit Neuauflagen oder Mitbewerbern vergleichen. Denn niemand kennt schließlich die „neutrale Mitte“, in der ein Verstärker von all diesen Klangeigenschaften entschlackt scheint. Bis zum nächsten Mal! [1642]

Teil 3

Im dritten Teil unserer Kondensator-Testreihe geht es um die vergleichenden Hörtests der beschriebenen Klassiker und aktueller Ersatz-Typen. Ich habe damit buchstäblich Wochen verbracht, auch wenn mir die meisten Kondensator-Typen aus meiner Arbeit schon bekannt waren. Die Vorlieben können sich hierbei täglich ändern, da alle Kondensatoren klangliche Stärken und Schwächen aufweisen. Man weiß nie, welchen man dauerhaft bevorzugt. Ich habe auch festgestellt, dass sich manche Bauarten auf Dauer klanglich noch deutlich verändern. Ob man nun davon sprechen kann, dass Kondensatoren eingespielt werden sollten, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall spielt ein Amp, an dem längere Zeit nicht gelötet oder geklemmt wurde, irgendwann (bei mir waren es im Durchschnitt zwei Wochen) homogener und flüssiger. Er scheint Ecken und Kanten zu verlieren und einfach angenehmer zu klingen.

Frisch ausgepackt und eingelötet erzeugen manche Kondensatoren (hier vor allem die TAD Paper-in-Oil- und Red Jupiter-Modelle) noch einen etwas „verstopften“ Ton, der mitunter zu matt und dunkel gerät. Manch einer könnte davon schnell enttäuscht sein. Das ändert sich aber auf wundersame Weise, wenn man den Kondensatoren eine längere Einspielzeit gönnt. Wie sich die Kondensatoren veränderten, konnte man leicht überprüfen, indem ich eingespielte gegen frische gleichen Typs verglichen habe. Nach einiger Zeit bieten die eingespielten Probanden eine deutlich größere Klarheit und Auflösung. HiFi-Liebhaber sprechen hier von einem „freien“ Ton, was es ganz gut trifft. Immerhin haben wir für Klänge in der deutschen Sprache immer noch kein Vokabular.

Beginnen wir bei den Hörtests gleich mit einem Klassiker, der auch für technisch unerfahrene Gitarristen vielleicht schon ein Begriff ist.

Sprague „Orange Drop“ 715

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Sprague „Orange Drop“ 715

Als ich 1991 meinen ersten Fender-Verstärker restaurierte, konnte ich nur zwischen zwei axialen Folien-Kondensatoren wählen. Sprague 715, der wegen seiner auffällig orangen Färbung auch als „Orange Drop“ bekannt ist und der gelbe ERO/Roederstein, beide mit 600 Volt Spannungsfestigkeit, was für alle Gitarrenverstärker mehr als genug ist.

Im Laufe der Zeit entschied ich mich immer häufiger für den Sprague-Kondensator, da der ERO/Roederstein zwar sehr sauber und dynamisch tönte, ihm aber für eine E-Gitarre der gewünschte bissige Charakter fehlte. Der Sprague sorgte für einen sehr sauberen und fetten Ton, der jedem reparierten Verstärker einen Zugewinn an Dynamik und Lautstärke bot. Das war schon mal nicht schlecht. Außerdem verbesserten diese Kondensatoren das Mittenspektrum. Klarheit mit Biss beschreibt den Charakter in Kürze recht treffend.

Diese Kondensatoren erwiesen sich als ideal für alle Black- und Silverface-Fender-Amps. Viele Dumble-Kopien sind aus diesem Grund immer noch damit bestückt, obwohl Alexander Dumble ursprünglich nicht die 715-Polypropylen-Typen verwendete, sondern die nahe verwandten 6PS-Polyester-Typen, die etwas feiner in den Höhen auflösen und daher nicht ganz so bissig rüberkommen.

Vor allem in Verstärkern mit kräftigen Bässen können sie dafür sorgen, dass die unteren Register nicht „absaufen“ oder zu mulmig daherkommen. Daher sind sie für mich immer noch erste Wahl, wenn ich etwa einen Bass-Verstärker bauen soll.

Mallory 150

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Mallory 150 Polyester Film

Auf diese Kondensatoren stieß ich zunächst in den bekannten Tuning-Büchern vom amerikanischen Amp-Guru Gerald Weber. Sie waren Anfang der Neunziger in Deutschland noch nicht erhältlich. Daher bestellte ich ein paar davon in den USA zur Restaurierung meiner Tweed-Amps, da sie den Sound dieser Amps laut Weber perfekt unterstützen sollten. Das stimmte zwar nicht ganz, war aber dennoch eine wunderbare Alternative zum Orange Drop. Die Mallories tönen zunächst weicher und offener als die Spragues. Die Höhen scheinen nach oben verschoben und die Mitten weniger knackig. Die Polyester-Typen klingen rauer und etwas komprimierter als die Spragues. Genau richtig für den typischen Tweed-Charakter. Diese Amps klingen mit ihrer meist reduzierten Leistung ohnehin schon recht mittig und warm, weshalb der Charakter der Mallories hier ganz gut ins Bild passt.

Aufgrund ihrer Rauheit taugen sie auch recht gut für britische Sounds. In Fender Blackface- oder Silverface-Modellen gefallen sie mir nicht so gut, da sie das Mittenspektrum hier weiter zurücknehmen und manchmal schon zu weich klingen. Wünscht man sich besonders klare Klangergebnisse, sind sie meist fehl am Platz, da sie eher früher als später in den Crunch-Bereich gehen als andere Typen. Wenn das gewünscht ist, kann man sie natürlich guten Gewissens nehmen. Insgesamt taugen sie nach wie vor in Class-A- oder Kathoden-Bias-Konstruktionen aufgrund ihrer rauen amerikanischen Note.

TAD Paper In Oil

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TAD Paper In Oil

Öl-Papier-Kondensatoren genießen unter HighEnd-Fanatikern einen legendären Ruf. Ihre Auflösungseigenschaften und räumliche Darstellung sollen unschlagbar sein. Ich bin diesen Kondensatoren zum ersten Mal bei der dänischen Firma Jensen begegnet, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Lautsprecher-Hersteller. In Internet-Foren werden sie meist mit dem Kürzel „PIO“ (Paper In Oil) versehen. Die TAD-Kondensatoren habe ich lange nicht so recht beachtet, da ich mit den Sprague Orange Drops und den Mallories recht zufrieden war.

Vor circa zehn Jahren habe ich diese Kondensatoren allerdings in einen 1965 Fender Bandmaster gelötet. Anfangs gefiel mir das gar nicht so gut, da die PIO-Kondenstoren auf Anhieb von allem etwas zu viel zutage brachten. Viel Bass, viele Höhen, große Dynamik, hohe Lautstärken und zunächst ein leicht verbogenes Mittenspektrum. Den besagten Amp bekam ich in diesem Jahr wieder zurück, ohne mich freilich zu erinnern, welche Kondensatoren ich damals bei der Restaurierung verwendet hatte. Dieser Verstärker hat heute buchstäblich so eine Art „Million-Dollar-Sound“. Ich konnte kaum glauben, wie musikalisch und konturiert er klang. Als ich den Bandmaster öffnete, entdeckte ich die TAD-PIOs wieder und wollte mich zunächst vergewissern, ob sie wirklich für diesen verführerischen Sound verantwortlich waren. Ich tauschte die Koppelkondensatoren des einen Kanals gegen Mallories und hörte sofort, dass gerade die Klarheit und Dynamik des Amps verloren ging.

Sie klingen nicht so crunchy und rau wie eingespielte Mallories oder Orange Drops, bieten dafür jedoch einen unvergleichlich sauberen Clean-Sound, der dennoch jede Menge Charakter besitzt und keineswegs steril oder langweilig tönt. Man kann sie eigentlich in jedem Amp verwenden und erhält ein wunderbar fein auflösendes Hochtonspektrum, vorausgesetzt man ist bereit, ein bis zwei Monate zu warten, bis sie ihre Klangfülle vollends entfaltet haben. Sie sind auch eine hervorragende Wahl als Tone-Kondensator in einer Gitarre. PIOs kosten zwar ein paar Euro mehr als ihre Mitbewerber, bieten aber eine erstaunlich hohe Klanggüte.

TAD Mustard

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TAD Mustard Alu/PE

Wie der Name schon verrät, ist diese Eigenkreation von TAD eine Anlehnung an die britischen Mullard-Mustard-Kondensatoren und prädestiniert für den Einsatz in britischen Amps. Sie klingen auf Anhieb straffer und schlanker als andere Probanden und liefern tatsächlich diese tiefen aggressiven Mitten, für die Brit-Amps nun mal berühmt sind. Im Vergleich zu den Philips/Mullard-Originalen bieten sie Sounds, die beinahe identisch sind. Das gelingt sehr überzeugend, zumal die alten Originale kaum noch erhältlich sind und wenn, unheimlich teuer gekauft werden müssen. Ich verwende diese Kondensatoren seit jeher für Marshall-Repliken oder zur Aufwertung der Marshall Handwired-Modelle, die nach einem Austausch immer irgendwie noch authentischer klingen. Eine Einspielphase scheinen diese Kondensatoren nicht zu benötigen. Sie tönen auf Anhieb perfekt.

Natürlich liegt ihr Fokus in ihren starken Mitten, weshalb sie für mich in Fender-Amps nicht so gut funktionieren, es sei denn, man wünscht sich etwa von einem Kanal seines Fenders einen etwas britischeren Charakter.

Red Jupiter

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Red Jupiter Zinn-Folie/Mylar

Die roten Jupiter-Kondensatoren fand man in Fender-Tweed-Amps bis circa 1956. Diese Zinnfolien/Mylar-Typen wurden berühmt wegen ihres warmen, runden Grundcharakters. Hat man schon mal an solchen Amps gearbeitet, weiß man genau, was gemeint ist. Es gab bisher kaum vergleichbare Kondensator-Modelle. Seit einigen Jahren werden sie jedoch wieder nach alten Vorgaben hergestellt. Ich hatte sogar die Gelegenheit, die neuen Repliken gegen ein paar Originale aus meiner „Wühlkiste“ zu vergleichen, wobei stets die neuen Kondensatoren die Nase vorne hatten. Sie haben genau dieselben Klangeigenschaften wie ihre alten Vorbilder, bieten aber mehr Dynamik, Kontur und schönere Höhen. Erst recht dann, wenn sie ein paar Wochen eingespielt wurden. Die Red Jupiters sind eine sagenhaft gute Wahl für Tweed-Amps, da sie von allen Probanden den wärmsten und flüssigsten Ton bieten. Der Sound scheint praktisch einzurasten. Man muss ihnen allerdings sehr viel Zeit geben, um sich auch im Hochton zu öffnen. Sie klingen hier anfangs etwas bedeckt und dumpf. Aber das gibt sich.

Ich habe während der Tests meinen Tweed Deluxe damit ausgestattet, in dem bisher eine Mischung aus alten Blue-Molded- und Yellow-Astron-Kondensatoren verbaut war, und die Red Jupiters sind geblieben, weil sie einfach mehr Dynamik und Frische boten.

Abschließend kann man sagen, dass alle Probanden für bestimmte Geschmäcker exzellente Klangergebnisse lieferten. Es gibt mittlerweile wieder zahlreiche Alternativen im axialen Hochvolt-Bereich, wodurch wir Gitarristen bei der Auswahl förmlich aus dem Vollen schöpfen können. Natürlich gibt es noch reichlich Mitbewerber auf dem Markt, daher ist meine Übersicht alles andere als vollständig. Sie repräsentiert aber sicher eine Orientierung seitens der bei uns gängigen Typen. Bis zum nächsten Mal…

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Teil 4

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Alte RS-Elkos in einem Marshall JTM45/100

Nachdem wir uns in den letzten Folgen sehr ausführlich mit den sogenannten Koppel- oder Ton-Kondensatoren in Gitarrenverstärkern beschäftigt haben, möchte ich ergänzend noch einmal auf die Netzteil- und Kathoden-Elkos eingehen. Der Name Elko leitet sich von dem Begriff Elektrolyt-Kondensator ab. In den meisten Gitarrenverstärkern sind dies becherförmige oder axiale Aluminiumkondensatoren, die mit einem flüssigen oder gelartigen Elektrolyt gefüllt und gepolt sind. Der Pluspol dient als Anode (hier liegt also die Spannung an). Sie dienen in den Netzteilen zur Glättung und Energiespeicherung der zuvor gleichgerichteten Wechselspannung oder an den Röhren-Kathoden zur Frequenzentkopplung. Sie dürfen nur mit Gleichspannung betrieben werden. Bei zu hoher Hitzeentwicklung oder Fehlpolung droht die Zerstörung des Kondensators. Im schlimmsten Fall explodieren sie und sorgen nicht nur für giftige Ausdünstungen, sondern auch für Brände! Daher sollten Elkos immer funktionstüchtig arbeiten und regelmäßig geprüft werden.

Ihre Lebensdauer ist von den Betriebsstunden und auch von der Betriebstemperatur abhängig. Die Maximaltemperatur ist auf den Bauteilen meist angegeben und liegt in der Regel bei 105 Grad Celsius. Je nach Temperatur ergeben sich Lebensspannen von 1.000 bis 20.000 Stunden. Im Laufe der Zeit verdunstet das Elektrolyt, der Elko trocknet buchstäblich aus und verliert so seine ursprünglichen elektrischen Eigenschaften. Vor allem im Hochvoltbereich (350 bis 600V) – in den Netzteilen von Gitarrenverstärkern – gelten sie als einer der wichtigsten Bausteine.

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Mallory-Elkos aus den Siebzigern

Aufgrund ihrer Aufgaben sollte man davon ausgehen, dass sie eigentlich nur frisch und funktionstüchtig sein sollten und am Klangergebnis kaum beteiligt sein dürften. In der Praxis sieht das jedoch ganz anders aus. Auch hier färben unterschiedliche Bautypen und Fabrikate den Sound des Verstärkers mitunter erheblich. Manchmal klingen Verstärker gerade wegen stark in den Werten gedrifteter Elkos irgendwie „magisch“ oder einzigartig. An den Kathoden der Vorstufenröhren liegen an den Pluspolen nur 1 bis 3 Volt an, sodass hier eigentlich nie eine wirkliche Gefahr für Leben und Umwelt besteht. Hier kann man selbst entscheiden, ob frische und neue Elkos besser „klingen“ als alte und ausgetrocknete. Denn ein alter Elko kann an dieser Stelle für Gainverlust, leichtes Brummen, erwünschte oder unerwünschte Kompression und sonstige Klangverfärbungen sorgen. Flapsig gesagt, klingt der Amp mit alten Kathoden-Elkos auch etwas „ausgelutscht“.

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TAD-Gold- und Audio-Caps

Im Netzteil droht ein trockener Elko jedoch zu überhitzen und schließlich zu platzen. Meist geschieht dies, indem sich ein kleines Loch bildet, durch das sich der Überdruck – wie bei einem Ventil – ausgleichen kann. Der Elko ist dann im schlimmsten Fall „leer“, und der Verstärker fängt mangels Glättung an zu brummen und klingt zu weich und langsam. Im schlimmsten Fall entlädt sich der Überdruck in einer echten Explosion, was meist nicht nur das Innenleben des Amps zerstören kann, sondern auch die unmittelbare Umgebung mit einem gelben chemischen Qualm kontaminiert. Letzteres ist mir schon in meiner Werkstatt passiert. Der „schöne, alte“ RS-Elko in einem Marshall JTM45 ist explodiert. Allein das Geräusch erinnerte an die Detonation eines Kanonenschlags, ganz zu schweigen von dem dicken Qualm und dem ätzenden Belag, der sich kurz danach in der gesamten Werkstatt niederließ. Den Amp musste ich komplett zerlegen und jedes einzelne Bauteil von einer teerartigen Schlacke befreien, bevor ich ihn wieder neu aufbauen konnte – das möchte ich eigentlich nie wieder erleben.

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Die legendären Astron-Caps im alten Tweed -Combo

Daher sollte man zum Tausch der Netzteil-Elkos nicht nur klangliche Aspekte in Erwägung ziehen, leider tönen jedoch auch hier die meisten alten Fabrikate ein wenig musikalischer als neue. Dennoch tausche ich die Netzteil-Elkos in alten Verstärkern, die zwanzig Jahre oder älter sind, grundsätzlich aus. Das verlangt einfach die Betriebssicherheit. Ein Verstärker klingt nach einem Netzteil-Cap-Job in der Regel frischer, dynamischer, aber auch heller und manchmal harscher. Vorher hat etwa der Stratocaster-Bridge-Pickup vielleicht noch optimal geklungen, nach dem Cap-Job tönt er nun vielleicht zu hart oder metallisch. So etwas kann vorkommen. In der Regel gibt sich dieser Überfluss an Klangfrische doch bald wieder, denn auch Elkos formieren sich unter Spannung immer weiter und klingen nach einer gewissen Zeit wieder geschmeidiger. Oft ist es also gar nicht der klangvolle Name, der auf dem Elko steht, sondern einfach nur das Alter, das den Ton weicher und geschmeidiger daherkommen lässt.

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Alte Erie-Elkos in einem Marshall

Dennoch sollte man beim Austausch auf Qualität achten. Es gibt jede Menge Billig-Elkos aus fernöstlicher Fertigung, die nicht nur in Puncto Lebensdauer zu wünschen übrig lassen, sondern auch für schlechte und verwaschene Klänge sorgen. Ein Verstärker kann nur so gut klingen wie seine „Nahrung“ es zulässt. Und die kommt nun mal aus dem Netzteil. Geradezu verschrien sind die grauen Illinois-Elkos, die Fender seit über zwanzig Jahren in alle Amps einbaut. Bisher konnte ich jeden Fender-Amp durch einen Austausch klanglich verbessern. Mit diesen Elkos bleibt der Ton stets etwas unscharf und körnig, was manchmal sehr stören kann. Empfehlen möchte ich daher Fabrikate, denen solche Probleme offenbar fremd sind und die stets – trotz unterschiedlicher Färbungen – für exzellente Klangergebnisse sorgen.

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Umgebauter Fender-Amp mit grauen Illinois-Caps

In meinen Anfängen im Verstärker-Service vor gut zwanzig Jahren habe ich ausschließlich die blauen Sprague-Atom-Elkos eingesetzt. Sie waren die einzigen, die etwa einem alten Mallory-, Hunts-, Erie- oder Astron-Kondensator das Wasser reichen konnten. Irgendwann waren sie in Deutschland nicht mehr oder nur schwer erhältlich. Daher kaufte ich immer die neuen TAD Gold Caps, die einen ähnlich warmen und runden Ton lieferten. Für Kunden, die vor allem auf äußerste Qualität im Clean-Bereich Wert legten, kaufte ich die Audio-Caps von TAD, die noch etwas „schneller“ und spritziger klingen. Ganz ähnlich verhalten sich die hochwertigen Elkos von Fischer & Tausche (F&T) aus deutscher Produktion. Diese Elkos bieten vor allem optimale Dynamik. Und bei diesen Fabrikaten ist es im Grunde auch geblieben. Damit komme ich klar.

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F&T-Caps aus Deutschland

Natürlich ist die Verlockung immer wieder groß, mal auf eBay ein paar alte Mallories zu ersteigern, aus meiner Wühlkiste wieder mal alte, braune Astrons hervorzuholen oder graue RS-Elkos in einen Marshall zu klemmen. Stets helfen solche Elkos – warum auch immer – diesen Amps tonal noch etwas auf die Sprünge. Die tiefe Mittenkralle bei Marshalls kommt noch ein klein wenig überzeugender, der Hochton im Fender Tweed ist noch geschmeidiger oder die Umlaute über einen Fender Super Reverb noch überzeugender. Doch zu welchem Preis? Privat kann ich solche Risiken vielleicht immer mal eingehen, aber für einen Kunden, der mit solchen Elkos dann seinen Hobby-Keller, ein Ton-Studio oder eine Bühne bereist, ist das einfach zu gefährlich.

Ganz hartnäckige Sound-Liebhaber fordern manchmal auch das sogenannte Reformen eines Elkos. Das kann sich bei bestimmten Stücken durchaus lohnen. Wichtigste Voraussetzung ist aber, dass der Elko noch gesund aussieht, tadellose Werte aufweist und im wahrsten Sinne schwer ist. Das kann dann ein eindeutiger Hinweis darauf sein, dass sich solch eine Maßnahme überhaupt lohnt. Ein leerer Elko fühlt sich auch leer an. Das heißt, er ist federleicht und klingt im Klopftest auch hohl – hier könnte man reformen so viel man will.

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Geplatzter Elko in einem 63er JTM45

Beim Reforming legt man an den Elko eine Spannung an und wartet – basierend auf Erfahrungswerten – bis der Elko sich einer wundersamen Selbstheilung unterzogen hat. Das soll tatsächlich funktionieren, ist aber zumindest in meinem Reparatur-Alltag zu unpraktisch. Außerdem kann man nie eine Garantie übernehmen, dass der Elko auch weiterhin noch Jahre zuverlässig funktioniert. Also eher ein Trick für Hobbyisten und Liebhaber. Zusammenfassend kann ich daher folgenden Ratschlag geben: Die Elkos sollten auch nach einer Schätzung der Summe aller Betriebsstunden nach spätestens zwanzig Jahren getauscht werden. Denn auch Verstärker, die nur rumstehen altern. Elkos, die so gut wie nie unter Spannung gesetzt werden, trocknen sogar noch schneller aus als ihre teils hart arbeitenden Kollegen. Elkos in „heißen“ Amps – z.B. in Kathoden-Bias betriebenen Modellen (Fender Champ, Fender Tweed Deluxe, Vox AC30) – haben eine teils wesentlich kürzere Lebensdauer. Auch das sollte man berücksichtigen. Und Sicherheit geht IMMER vor Klang. Das ist erst recht im Netzteil das oberste Gebot! Bis zum nächsten Mal… Udo Pipper [2456]

Produkt: Jazz Amp
Jazz Amp
Realität oder Illusion?

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wenn man die Unterschiede zwischen Kondensatoren ähnlicher Bauart und nahezu gleicher Werte (nach Abkühlen/Aufheizen der Röhren und Entladezeit der Elko’s) als signifikant wahrnehmen kann – warum gibt es dazu keine Soundfiles? Bei Verwendung einer externen Box mit fest positioniertem Mikrofon mit hoher “Auflösung” (z.B. AKG C414 – das verwendet Ebo Wagner ja immer…) sollten diese Unterschiede doch zu hören sein.

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    1. Da schliesse ich mich dem Kommentar von Oliver an. Das wäre sicherlich mal äusserst spannend zu hören. Eventuell könnte man ja in solchen Test-Aufbauten die C’s umschaltbar machen und könnte während des spielens zwischen den C’s hin und her
      schalten und dann spart man sich das “umgebrate” in der Schaltung 🙂
      Alles andere sollte und müsste unverändert bleiben, sprich Box und Mik, aber das ist ja
      selbst erklärend. 😉

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  2. Super Artikel,
    aus meiner Sicht eine ideale Berücksichtigung und Wichtung von Physik und persönlicher Hörkompetenz sowie wohltuend unprätentiös geschrieben.
    Danke Udo Pipper!

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