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Americana: Western Swing Solo

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Western-Swing-Gitarren-Held Jimmy Bryant

Nach zwei Klassikern des Western Swing beschäftigen wir uns diesmal mit ein paar Techniken zum stilgerechten Solieren im Cowboy-Jazz. Diese Konzepte sind nicht nur für den Old-School-Style nützlich, sondern helfen allgemein beim Gitarrespielen und Musikmachen. Hut auf und los geht’s!

ARPEGGIOS

Im Gegensatz zum Rock- und Blues-Solospiel bauen die Improvisationen im Western Swing weniger auf Skalen auf. Stattdessen folgt man mit Arpeggios und Akkordtönen den Changes. Das erzeugt einen anderen Klang und hat den Vorteil, dass man immer in der Form bleibt, da alle Melodielinien auf die Akkorde zugeschnitten sind. In Beispiel 1 und 2 seht ihr diverse Arpeggios für einen G-Dur-Akkord. Diese bestehen meist nur aus drei bis 5 Tönen, die innerhalb einer Oktave liegen.

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Western Swing spielt sich in Tempi ab 150 bpm und schneller mit schnell wechselnden Akkorden ab, sodass man selten Zeit findet, Drei-Oktav-Arpeggios unterzubringen. Die kurzen Arpeggios sind einfacher zu merken und lassen sich rhythmisch und melodisch besser variieren. Die Figuren in Beispiel 1 sind um einen G-Dur-Dreiklang am dritten Bund aufgebaut. Beispiel 2 nutzt den G-Dur Dreiklang am 10. Bund und einen G7 9-Akkord, den man aus vielen Funk-Stücken kennt. Es ist von Vorteil, wenn man das zugrundeliegende Griffbild des Akkords gut verinnerlicht hat.

Im Gegensatz zum modernen Jazz nutzen Western-Swing-Gitarristen viel öfter reine Dreiklänge, die mit der Sexte und der kleinen Septime angereichert werden. Die große Septime taucht, wenn überhaupt, als Annäherung auf und nicht als prominente Akkorderweiterung. Auch die Begleitung ist meist simpel: Quintbass und Dreiklänge. Komplexe Harmonien entstehen eigentlich nur durch den Solisten, der den Dreiklang unterschiedlich interpretiert – aus G wird dann durch die darüberliegende Melodie G6 oder G7.

CHROMATIK

Die zweite Technik ist das chromatische Ansteuern von Akkordtönen. In Beispiel 3 siehts du vier Möglichkeiten, die Töne eines G-Dur-Dreiklangs chromatisch zu umspielen. Das klingt teilweise schon sehr jazzig, obwohl man immer noch G-Dur denkt.

ÜBEKONZEPT

Sobald du die Techniken verstanden hast, versuche sie auf eine Akkordfolge anzuwenden. Beispiel 4 legt ein Dur6-Arpeggio über eine I-IV-I-V-Verbindung in G-Dur. In Beispiel 5 wird immer Grundton und Terz des jeweiligen Akkords chromatisch umspielt. Solche Übungen solltest du in verschiedenen Lagen, auf unterschiedlichen Saiten und in diversen Tonarten üben. Sobald die Durdreiklänge vor deinem inneren Auge klar zu sehen sind, probiere alle Konzepte mal in Moll. Hier ein paar Akkordverbindungen:

I IV I V in Dur: G C G D

I IV I V in Moll: Gm Cm Gm Dm

I VI II V in Dur: G Em Am D

I IV I V in Moll mit V Dur: Gm Cm Gm D

WESTERN SWING LINES

Was man alles mit diesen Konzepten anstellen kann, siehts du im Beispiel 6. Der erste Durchgang der Akkordfolge baut nur auf Arpeggios auf. Durch rhythmische Variation oder Anfangen auf unterschiedlichen Taktzeiten kann man selbst einfache Dreiklangs-Arpeggios spannend klingen lassen. Der zweite Durchgang kombiniert die Akkordzerlegungen mit ein paar Chromatic Approaches (so lautet der korrekte Jazz-Polizisten-Terminologie ;-).

Der dritte Durchgang verwendet zusätzlich noch Leersaiten, die einen lustigen Kontrast zu den Arpeggio-Linien bilden. Auch das ist ein typisches Stilmittel im Western Swing: witzige, eher twangige und rhythmisch klare Phrasen zwischen den durchgehenden Achteln. Wenn ich Aufnahmen von Jimmy Bryant und Speedy West höre, kann ich den Spaß, den die beiden beim Spielen hatten, hören und fühlen. Trotz aller technischer Brillanz nehmen sich die zwei nicht zu ernst und sind so meilenweit vom viel zu oft vorhandenem Konkurrenzdenken im modernen Jazz und Country entfernt. Auf Frank Zappas Frage: „Does humour belong into music?“ würden die zwei sicherlich mit einem lauten YES antworten. In diesem Sinne viel Spaß mit den Arpeggios und bis zum nächsten Mal!

Anregungen und Kritik könnt ihr wie immer unter martin@the-incredible-mr-smith.com loswerden!

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden)

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 3/2023 Digital
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