Workshop

Americana: Rockabilly-Baukasten

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Gene Vincent mit Band. Mitte links: Rockabilly-Gitarren-Legende Cliff Gallup (Bild: Capitol Records)

Bei Workshops oder im Gitarrenunterricht wird oft die Frage gestellt, welche Skalen oder Akkorde man spielen muss, um nach einem bestimmten Stil zu klingen. Die Antwort lautet in der Regel, dass Akkorde und Skalen in fast allen Stilen identisch sind und es viel mehr auf das WIE als auf das WAS ankommt. Eine mixolydische Skala kann nach Blues, Country, Rockabilly oder Pop klingen. Was am Ende dabei herauskommt, entscheidet die Phrasierung des Materials, sprich welche Techniken, Sounds oder Rhythmen man kombiniert, um dem Genre gerecht zu werden.

Anstatt 20 berühmte Licks auswendig zu lernen und abzufeuern, empfehle ich eher das Konzept hinter typischen Licks zu verstehen und dann mit diesem Wissen eigene stiltypische Patterns zu entwickeln. Wie das funktionieren kann, möchte ich in diesem Workshop anhand zweier klassischer Rockabilly-Licks demonstrieren.

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CHUCKS DOUBLE STOPS

In Beispiel 1 siehst du ein typisches Chuck-Berry-Lick über einen A-Dur-Akkord. Zuerst analysieren wir das musikalische Material: Die Töne A und E sind Grundton und Quinte des Akkords und machen allein noch keinen Rockabilly. Typisch ist die rhythmische Phrasierung. Durch die Slides auf die 1, 2u und 4, ergibt sich eine 3-3-2 Aufteilung der Achtel. Außerdem werden die zwei Töne als Doublestop gespielt.

MACH MEHR DRAUS!

In Beispiel 2 belasse ich Rhythmik und das Doublestop-Konzept, verwende aber weitere Akkordtöne. Nach Quinte/Grundton kommt Grundton/Terz, dann Terz/Quinte um abschließend wieder auf Quinte/ Grundton eine Oktave höher zu landen. Alles spielt sich auf E- und H-Saite ab, sodass du dich auf dem Griffbrett nach oben arbeitest.

In Beispiel 3 wende ich das Konzept um A-Dur-Akkordshapes herum an. Takt 1 und 2 basieren auf dem Barréakkord am 5. Bund, Takt 3 und 4 auf Dreiklängen auf den hohen vier Saiten.

Beispiel 4 erweitert die Doublestops mit ein paar Tönen aus der Dur-Pentatonik.

Etwas anarchisch ist Beispiel 5. Hier verschiebe ich den Doublestop am 5. Bund innerhalb der Moll-Pentatonik chromatisch. Klingt wild, produziert aber durch Ausprobieren viele spannende Variationen des Ausgangspatterns.

In Beispiel 6 nehme ich nur die Rhythmik des Originalpatterns und kombiniere diese mit einem gegriffenen sowie leeren A auf den tiefen Saiten.

CLIFFS PULL-OFFS

Das Lick in Beispiel 7 stammt aus dem Repertoire von Cliff Gallup, dem Gitarristen von Gene Vincent und kombiniert Töne aus Moll, Mixolydisch und der Bluesskala. Es gibt kaum ein Rockabilly-Solo, in dem es nicht auftaucht. Die Analyse ergibt Achteltriolen und Pull Offs.

In Beispiel 8 und 9 verwende ich diese Bausteine an anderen Griffbrettpositionen und kombiniere sie mit Double Stops am Ende.

Beispiel 10 schließlich bringt alles zusammen: Fragmente aus den zwei Originallicks, Double Stops und Triolen an anderen Stellen auf dem Hals sowie Doppel-Oktaven, einen 6/9-Akkord und ein bluesiges Double-Stop-Lick, das auf den tiefen Saiten endet. Versuche beim nächsten Solo, das du nachspielst, die Stellen, die dir am besten gefallen, auf diese Weise zu analysieren und dann zu variieren. So kommt man auf frische, eigene Ideen, die trotzdem zum gewählten Stil passen. Viel Spaß beim Experimentieren!

 

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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