Irgendwann nach dem entspannten Essen mit der Band haben Stoppok und ich uns in die warme, westfälische Abendsonne von Billerbeck gesetzt und uns bestens unterhalten:
Stichwort Gitarristen: Amerikanisch oder britisch – was hat dich mehr geprägt?
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Britisch, eindeutig. Vor allem Hendrix. Klar, Hendrix ist zwar Ami, aber in England musikalisch sozialisiert, bzw. erwachsen geworden. Bei den Amis hat er als kleiner Dötz natürlich das Ami-Zeug gespielt mit den Isley Bros. und Little Richard, aber dann in England eigentlich einen europäischen Sound gefunden. Das war ja auch das Besondere, dass er eben nicht einen amerikanischen Sound hatte, sondern einen europäischen, britischen Marshall-Sound, und das fand ich schon immer irgendwie toll. Sehr inspirierend fand ich später auch die ganz neue Folkrock-Szene, Gitarristen wie Jerry Donahue von Fairport Convention, John Martyn und Richard Thompson … das waren für mich Gitarristen, die alle einfach was anderes hatten … immer so was Irisches mit drin, andere Melodiebögen … aber die haben natürlich viel rougher gespielt als die eher traditionellen Folkies.
Und die großen Brit-Klassiker wie z.B. Beck, Clapton, Page – das war nicht deine Abteilung?
Ach, Jeff Beck war schon geil, ich mochte die Yardbirds, Clapton mit Cream, vor allem die Sachen, die schön dreckig klangen und wo man das Gefühl hatte „die sind erstmal rausgerudert aufs Meer und haben erst dann mal geschaut, wo vielleicht eine Insel ist“ … heute ist Clapton für mich ein guter Sänger, aber mit seinem Spiel kann ich nicht so viel anfangen wie zu Cream-Zeiten. ‚Crossroads‘ fand ich großartig.
Interessant, das sagen viele. Weißt du, was Clapton über ‚Crossroads‘ sagt? Er sagte mal, dass er null Toleranz für seine alten Aufnahmen habe, und speziell ‚Crossroads‘ findet er gar nicht gut und versteht überhaupt nicht, warum die Nummer so populär ist!
Das bleibt ihm unbenommen. Aber weißt du wen ich noch tierisch fand, ein absoluter Riese: Steve Marriott von den Small Faces. Ein absolutes Tier, was hatte der für eine Energie, alles was er gespielt und gesungen hat. Den habe ich noch in den Achtzigern, kurz bevor er abgenippelt ist, in der Zeche in Bochum gesehen.
Packet of Three. Davon gab es ein Live-Album.
Ja, das war eine Trio Besetzung. Ich habe nur zwei Stücke ausgehalten, das war so laut, der Typ kam einfach auf die Bühne, hat seinen Marshall einmal komplett aufgedreht … komplett irre! Ich war wirklich echt erschlagen. Von daher habe ich das leider nicht wirklich genießen können.
Um noch mal auf Hendrix zurückzukommen: Was hat dich an seinem Spiel so fasziniert?
Nimm mal so was wie ‚Castles made of sand‘, diese weichen Sachen auf der Strat. Einerseits klingt das so zart, aber es hatte auch Dynamik. Das hat mich ziemlich umgehauen, so einen Sound hatte ich irgendwie vorher noch nie gehört und so eine Spielweise auch nicht. Was mich auch Anfang der 70er angetörnt hat: Mahavishnu Orchester, John McLaughlin, da ging mit einem Mal irgendwie so was ganz anderes auf. Die haben so ungerade Takte gehabt, wo ich daneben saß, gezählt habe und mich verzweifelt gefragt habe: wie machen die das? Wo kommen die denn da wieder raus? Und soundmäßig fand ich das auch sehr gut. Die Mischung aus anders denken, kreativ sein plus neue Technik, das hatte einfach was Besonderes. Das war so ein absoluter Freiraum.
Welche Gitarren haben dich fasziniert?
Ich bin ja für Hagström bekannt. Mit Hagström war es so: Das war meine erste Gitarre, die ich mir für 100 Mark in einem Antik-Laden kaufen konnte. Die hing da rum und ich konnte mir keine Fender oder Gibson leisten, also habe ich die gekauft. Und dann hat sich aber im Nachhinein herausgestellt, dass es eine Mega-Gitarre ist. Die hat was Tele-mäßiges, aber noch was Feineres. Das war lange Zeit mein Ding, jetzt spiele ich aber hauptsächlich meine 67er Tele.
Wie kam die Tele zu dir?
Die habe ich in den 80ern für 900 Mark am Ammersee gekauft, weil meine Hagströms alle irgendwie kaputt gegangen waren. Also musste was her, was robust ist, ähnlich klingt und funktioniert.
Was ist mit Gibsons?
Ich habe eine ES 330, die ist der Hammer. Mein wunderbarer, treuer Backliner Jürgen Feuerlein versucht mich immer zu überreden, dass ich die spiele – aber die powert so dermaßen los … für ab und an mal okay, aber eben nicht die ganze Zeit.
Backliner Jürgen Feuerlein (Bild: Till Hoheneder)
Ich liebe Gibsons … ES, Juniors, Les Pauls … aber nur wenn andere sie spielen. Ich selber komme nicht mit Gibsons klar.
Das ist total witzig, das geht mir mit Strats so. Ich habe keine, aber ich habe immer versucht, eine zu spielen und bin mit denen überhaupt nicht klargekommen, obwohl ich das wollte … weil, klar – Hendrix hat Strat gespielt … aber wahrscheinlich war es auch genau das, was im Weg war. Weil mir das zu heilig war, zu nah an Hendrix dran. Vielleicht.
Ich bin mit deiner Musik in den 90ern einen wichtigen Weg gegangen, habe dich und deine damalige Band oft live gesehen und wir sind ja auch mal zusammen aufgetreten. Wie ist deine Erinnerung an die Band? Peter Kühmstedt am Bass, Hans Wallbaum am Schlagzeug … die Rhythmusgruppe fand ich superb!
Peter Kühmstedt, interessant das du den erwähnst. Peter ist eine Granate am Bass, so richtig klar ist mir das aber erst nachher geworden. Der Peter hat immer mit Hans Wallbaum mitgespielt … der Hans hat seinen Streifen durchgezogen, hat auch geschwankt und so … aber Peter war immer dran, immer am Schlagzeug und darum klangen die beiden auch tierisch – eine perfekte, schön direkte Rhythmusgruppe. Und so hat das Klaus Voormann ja auch immer gemacht, der hat sich immer auf den Schlagzeuger draufgesetzt und hat alles mitgemacht. Also Empathie ist ganz wichtig beim Musizieren.
Viele mögen die lustigen Stücke von dir, ich liebe die traurigen, emotionalen und melancholischen Songs: ‚Stück für Stück‘ zum Beispiel, das war in einer Phase sehr wichtig für mich. Als ich dachte, jetzt kriege ich all das wieder, was ich an Arroganz in meiner Popstar-Phase als junger Mann verzapft habe.
Interessant. Lustig, dass du dieses Stück nennst. Ich mache dir mal eine ganze andere Ebene zu dem Song auf: Der komplette Text ist von Bernie Conrads, von Bernies Autobahnband. Und der hat den über seine Heroinabhängigkeit geschrieben. Das wusste ich auch erst nicht. Als ich den Song gehört habe, habe ich was anderes da reininterpretiert. Und du auch, aber: Er war uns offensichtlich allen wichtig, jeder hat was gefunden womit er sich verbinden konnte. Wichtig ist ja nur, dass das, was gesungen ist, eine Emotion ist, an die du dich hängst.
Danny Dziuk, Bernie Conrads und du – wie habt ihr denn gearbeitet, wie muss man sich das denn vorstellen?
Ich habe viele Jahre mit Bernie und mit Danny geschrieben, das hat einfach tierisch gut gepasst. Bernie hat bei Würzburg auf’m Land gewohnt und wir sind da immer für ein paar Tage hingefahren. Da war wirklich nur Saufen und Kiffen angesagt, aber es sind echt tolle Sache bei rumgekommen. Wir sind halt so auf diese ganze Scheiße gekommen wie „das Klo, zu dem er kroch war von Villeroy & Boch“ und so weiter und sofort. Wir haben uns bepisst vor Lachen, uns in einem Rauschzustand getextet. Aber ich will das auf keinen Fall glorifizieren, von wegen Drogen … ich habe auch viele Phasen gehabt, wo ich ein ganzes, sehr gutes Album geschrieben habe ohne Drogen und Alkohol. Geht auch!
Bist du ein Gearhead?
Überhaupt nicht. Hab’ ich mich nie genügend darum gekümmert, war nie ein Nerd. Ich wollte zwar immer, dass es so und so klingt und dann habe ich aber nie die richtigen Sachen besorgt. Jürgen, mein Backliner, kann seit 25 Jahren ein Lied davon singen: Auf jeder Tour bin ich mit irgendeinem Schrott angekommen. Dann musste er erstmal löten, machen und tun. Aber egal, was ich für Amps hatte oder so, ich habe schon immer den Sound mit meinen Fingern gemacht und von daher kannst du mir alles Mögliche hinstellen, es wird immer nach Stoppok klingen.
Du machst einfach weiter, bis du umkippst?
Ja, vorher wär’ doch Quatsch aufzuhören. Nee, wirklich, es ist unglaublich, wieviel Spaß das noch macht und bringt.
Das ist doch schön!
Ja, ich kann das manchmal selber gar nicht glauben.
Stefan, danke für das Gespräch.
Hauptgitarre: ’67 Tele mit Bigsby (Bild: Till Hoheneder)