Kolumne

Till & Tone: Der Magnatone Exorzismus!

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(Bild: Hoheneder)

Ihr habt es geahnt: „Es musste so kommen – dieser Verstärker hat ihm ja völlig den Kopf verdreht!“ Yeah! Der Magnatone Twilighter hatte mich total verführt, optisch und klanglich. Der letzte Funke Verstand in meinem Resthirn wehrte sich verzweifelt gegen einen Amp, auf dessen Preisschild 4.299 Euro (Musik Produktiv) steht. Ein stolzer Preis. Aber wie sagte schon meine Oma: „Was nix kost, is auch nix!“ Egal.

Ich hatte schon zwei Magnatones gespielt und war begeistert: Den Varsity Reverb 1×12″ mit dem britischen EL84-Sound, den sogar Gitarren-Ikone Jeff Beck ab und an mal ordentlich durchgenudelt hat. Und last but not least* (*der letzte, der nicht Lesen kann) eben den Twilighter, den typischen 6V6-California-Amp mit Hall & Tremolo. Der angeblich „bessere Fender Deluxe Reverb“. Ganz klar: Der Teufel trägt nicht nur Prada, anscheinend spielt er auch Magnatone Amps. Und ich war mittlerweile besessen von dem Gedanken, meinen Nr. 1 Amp vom Hof zu jagen und der teuflischen Verlockung des Twilighters mein hartverdientes Geld zu opfern.

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DIE VERSUCHUNG

Aber obwohl die Magnatone-Versuchung so groß war, haderte ich. Hatten nicht alle Soundleute meinen Amp, den Ritter Tweed Pro (5E5A Circuit) 1×12″ (modded by Udo Pipper), in den höchsten Tönen gelobt? Auch mein Blues-Buddy Gregor Hilden schüttelte nur verständnislos den Kopf: „Du hattest so einen guten Sound beim letzten Gig, lass doch den Unsinn!“ Derartig hin- und hergerissen zwischen sündhaft teurer Verlockung und günstiger Vernunft organisierte ich einen monumentalen Tanz um das goldene Kalb: ich bat Tom Wolf, den Candyman von Musik Produktiv, um Hilfe für einen letzten Heilungsversuch. Tom stellte in der Guitar Gallery von MP vier Amps bereit. Und zwar die Magnatone Amps Varsity Reverb & Twilighter, den Tone King Imperial Mk2 und einen Fender Hot Rod Deluxe IV.

Die Testkandidaten (Bild: Hoheneder)

Der Tone King Imperial soll schon seit Jahren zu Mark Knopflers Favoriten gehören und ist mit über 3 Mille ebenfalls ein sauteurer Verstärker, während der Hot Rod Deluxe IV mit einem Preis von 1099 Öcken in dieser Boutique-Runde fast wie ein Discount-Amp anmutet. Mein Tweed Pro sollte sich gegen diese 4 Kandidaten behaupten oder untergehen. Aber alleine, ohne fachlichen Beistand wollte ich nicht antreten. Also fragte ich Heinz Rebellius, ob er als alter und erfahrener Gitarre&Bass-Tester nicht Lust hätte, mir als priesterlicher Beistand gegen die teuflische Versuchung zur Seite zu stehen.

… und führe uns nicht in Versuchung … (Bild: Hoheneder)

DER EXORZISMUS

Heinz sagte mit Vergnügen zu. Und so trafen wir uns bei Tom in der Guitar Gallery. Mein Tweed Pro wurde zu den anderen Amps gestellt, mein Board verkabelt und zwei meiner Gitarren als Waffen ausgewählt: Meine Keef-Tele sowie meine Goldtop mit nur einem Kloppmann Firebird-Bridgepickup. Die Amps wurden alle clean eingestellt. Der Tweed Pro hatte dieselbe Einstellung, die ich im Proberaum als auch auf der Bühne benutze. Alles klang natürlich und rund, der Exorzismus konnte beginnen. Es fing mit einer Überraschung an: Der Tone King Imperial machte keinem die Hose auf. Er sieht gut aus, aber der Sound konnte weder Heinz noch mich überzeugen: Die Höhen empfanden wir als zu schreppig, das passende Gesicht dazu war bei allen „Zahnarztbohrer-trifft-Nerv“! Drehte man den Treble-Regler zurück, wurde es nicht besser, sondern eher anämisch. Die Bässe zeigten das gleiche Phänomen. Egal mit welcher Gitarre, der Sound hinterließ zunächst eher gemischte Gefühle.

Der Hot Rod Deluxe, der ALDI-Sekt unter den Champagner-Amps, machte wie erwartet seine Sache ordentlich: Auch hier kein lustvolles Stöhnen, aber auch kein Zahnarzt-Gesicht. Und die Magnatones? Machten uns das Leben teuflisch schwer: Der Twilighter lieferte einen klassisch amerikanischen Sound, der sich laut, dreidimensional und verführerisch im Raum verteilte. Da nervte nichts, die Mischung aus klaren Bässen, Mitten und perfekten Höhen klang einfach nur zauberhaft richtig. Das der kompakte 1×12 Amp dabei so einen großen Raumklang erzeugt, ist verblüffend. Der Varsity hat dieselben Qualitäten, aber ohne die amerikanischen Bässe. Der Sound beamt sich durch die Mitte und klatscht einem direkt auf den Solarplexus. Die Höhen des EL84ers sind präsenter als beim 6V6-Bruder, aber nicht zahnschmelzlösend. Heinz war schockverliebt, ich sehr beeindruckt.

Pater Heinz Rebellius leistet seelischen Beistand (Bild: Hoheneder)

DIE AUSTREIBUNG

Der Eindruck blieb, auch als wir den Amps mit Drive vom Vemuram Jan Ray auf die Pelle rückten. Erst als wir die Amps ohne Pedal aufgerissen haben, patzte der Twilighter. Die Bässe fransten aus, es wurde unrund und fuzzy. Diese Zerre ist Tweed-Domäne und der Twilighter ist kein Tweed-Amp. Mein Pro ist ein Tweed Amp. Und wie machte er sich im direkten Vergleich zum Magnatone Twilighter? War er schon abgewählt im Tanz um den großen Verführer? Mitnichten. Unbeeindruckt lieferte der Tweed Pro ab. Er braucht zwar ein größeres Cabinet, um beim Raumklang mitzuhalten … aber er hat es ja! Im Bright-Kanal kann er dem Twilighter locker Paroli bieten. Allerdings braucht er dafür zwei 6L6-Röhren und 28 Watt − das zeigt wie groß und laut der Magnatone mit 22 Watt und 6V6 klingt. Den Tone King sowie den Hot Rod Deluxe meldete er auch solide ab, der Varsity war nicht wirklich ein Konkurrent: Der spielte britisches Rugby und keinen American Football.

Auch Candyman Tom Wolf wollte sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen. (Bild: Hoheneder)

Ich war hocherfreut und enttäuscht. Wie immer, wenn der Traum von der Realität entzaubert wird. Der Twilighter sah für mich zwar immer noch leckerer aus als mein Pro, aber rechtfertigt das 4.290 Euro? War der Magnatone-Soundteufel erfolgreich ausgetrieben? Um unser Urteil zu überprüfen, verordneten Heinz und ich uns einen Blindtest. Ohne Optik, 5 Meter schräg entfernt von den Verstärkern. Ich mach es kurz: Den einzigen Amp, den wir erkannt haben, war meiner! Alle anderen Klänge ordneten wir falsch zu. Schockierend – alles klang gut! Der Tone King war klasse, der Hot Rod Deluxe auch. Gute Nachrichten für Leute mit kleinem Budget. Mein Fazit: Oft vergesse ich, wie gut mein Zeug klingt. Weil ich es dauernd benutze, schleift der Gewöhnungsprozess die Begeisterung ab und ich werde ein leichtes Opfer für neue Verführungen. Das ist o.k., aber es gibt eine Lösung: Bevor ich meine Geldbörse ziehe, vergleiche ich lieber und treibe den Teufel mit meinem Beelzebub aus.

Am Ende einte uns die Vernunft. (Bild: Hoheneder)

PATER REBELLIUS’ AMP-NOTIZEN:

„Tills Tweed Pro Amp hatte einen herausragenden „Honk“-Sound: diese besondere Nase in den unteren Mitten. Dazu gesellten sich ein tolle, nie zu schrille Höhen − eine starke Performance! Über den „Bright“-Input klangen die Testgitarren allerdings anders: Der Sound war ausgewogener, was mir besser gefiel. Der Magnatone Twilighter war ein hochwertig klingender Kandidat. Schimmernde, kalifornische Höhen sind seine Stärke und er ließ nichts vermissen. Seine 6V6-Röhren verliehen ihm einen typisch amerikanischen Charakter, bei dem alles passte. Für meine Ohren klang der Amp wie der kleine Bruder von Tills Tweed, wenn dieser über den „Bright“-Kanal lief.

Gänsehaut gab es bei mir nur ein einziges Mal während dieses Tests – als ich Tills Les Paul über den Magnatone Varsity mit seinen EL84-Endröhren forderte. Ein fokussierter Hieb mit britischer Verve, der mich umhaute. Ein Sound mit holzigem Aufschlag, staubigem Abgang und einer gnadenlos ehrlichen Ansage. Ich war sprachlos.

Rechts außen stand der Tone King Imperial Mk2 – edel im Look, teuer, klanglich jedoch wenig königlich. Zu wenig definierter Bass, stattdessen Höhen, die in einem „falschen“ Bereich dominierten. Ein unangenehmes Klirren, das sich auch mit dem Höhenregler nicht zähmen ließ. Angesichts des Preises hinterließ der Imperial bei mir einen eher zwiespältigen Eindruck. Apropos Preis − wer nicht viel Geld ausgeben will: Der Hot Rod Deluxe ist in allen Disziplinen solide – nie überragend, aber nie schlecht. Er klingt gediegen, ohne zu glänzen. Ein klassischer Brot-&-Butter-Amp, ein günstiger Allrounder.

Die wichtigsten Erkenntnisse? Die konnte man Minuten später anzweifeln, denn im Blindtest konnte ich die beschriebenen Sounds den Amps nicht eindeutig zuordnen. Nur Tills Tweed erkannte ich sofort – ein Beweis für seinen starken Charakter. Die Unterschiede, die wir aus zwei Metern Entfernung so klar gehört hatten, verschwanden auf der fünf Meter langen Strecke im Raum. Nicht, dass alle gleich klangen, aber die feinen Nuancen, die vorher so wichtig schienen, verloren an Bedeutung. Ein Aha-Moment mit Nachhall. Wobei: Egal! Ich kann trotz aller Blindtest-Skepsis sagen, dass ich durchaus angefixt wieder nach Hause gefahren bin – durch den oh-so-britischen Sound des Magnatone Varsity. Wobei das Wissen, dass zuhause ein prächtiger Tweed-Geselle schon ungeduldig auf mich wartet, das berüchtigte Magnatone-Fieber schon bald wieder spürbar abebben ließ.“

PS VON TILL:

Der Magnatone-Exorzismus hat also geklappt. Sollte ich mal die Chance bekommen, günstig einen Varsity/Twilighter zu ergattern oder gegen meinen Pro zu tauschen – dann … mache ich es auf jeden Fall! ●


(erschienen in Gitarre & Bass 05/2025)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich hab mir jetzt einen TC Electronic BAM 200 um 170€ zugelegt. Ein Bassverstärker für die Gitarre. Ich bin soweit begeistert – klein, leicht, laut genug und für Gitarre ebenso gut geeignet. Das bestätigt meine Vermutung, dass der wichtigste Bestandteil in der Kette eigentlich der Speaker ist.
    Der BAM 200 wird wohl meinen Sovtek MIG 50 in vielen Situationen ersetzen.

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