„Ich mag ganz frisch aufgezogene Saiten nicht, sie klingen mir nicht warm genug.“

Opeth-Bassist Martin Méndez im Interview

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(Bild: Matthias Mineur)

Wie würdest du deinen Einfluss beschreiben?

Mir geht es nie darum, andere zu beeindrucken, sondern nur darum, den Songs zu dienen. Gleichzeitig liebe ich es, wenn der Bass es schafft, dem Song eine zusätzliche Ebene zu verschaffen, anstatt ihn nur zu begleiten. Mich interessiert vor allem die melodische Seite des Bass-Spiels, ich kann allerdings auch im Highspeed-Modus spielen, wenn es darauf ankommt. Ich habe in meinem Leben unterschiedlichste Spieltechniken gelernt, aber sie alle anzuwenden kommt nur äußerst selten vor. Mir geht es um einen schönen Groove, um ansprechende Melodien und darum, dem Song zu dienen.

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Erarbeitest du deine Parts in deinem Homestudio in Barcelona?

Ja. Ich bekomme von Mikael zwei Versionen, eine mit und eine ohne Pilotbass, und entwickle dann die aus meiner Sicht passenden Basslinien. Wenn mir etwas gefällt, nehme ich es auf, allerdings nur um es nicht zu vergessen oder um es mit einer anderen Idee vergleichen zu können. Diese Aufnahmen sind ausschließlich für mich gedacht, ich spiele sie niemand anderem vor. Erst wenn wir uns in Stockholm zu den ersten Proben treffen, zeige ich Mikael meine Ideen und überprüfe, inwieweit ich seinen Geschmack getroffen habe. Mikael war diesmal sehr zufrieden, er gab mir nur noch ein, zwei Tipps, so dass ich mich zwei Wochen lang auf die Studioaufnahmen vorbereiten konnte. Als dann die Aufnahmesession begann, habe ich alle meine Ideen vorgestellt. Das Meiste davon gefiel Mikael, hier und da hatte er noch einige kleinere Änderungswünsche, auf die ich natürlich eingegangen bin. Ich mag diese Arbeitsweise, es macht Spaß im Studio zu experimentieren und improvisieren. Dadurch wird das Aufnehmen sehr spannend und inspirierend.

Hast du im Studio über einen traditionellen Verstärker oder direkt ins Mischpult gespielt?

Ich nehme mit einem regulären Amp auf, genauer gesagt: mit zwei. Der eine war mein Darkglass, der andere ein Fender Super Bassman, ein Röhrenverstärker mit einem tollen Overdrive-Sound, mit dem ich weite Teile des neuen Albums eingespielt habe. So viele Overdrive-Sounds wie diesmal gab es auf den vorherigen Opeth-Scheiben nicht. Ich finde, der sehr aggressive und gleichzeitig warme Sound passt perfekt zu den neuen Songs. Ich habe den Bassman übrigens über eine 2x12er Darkglass-Box gespielt und natürlich parallel auch ein DI-Signal aufgenommen.

Darkglass Microtubes 900 v2 (Bild: Matthias Mineur)

Gibt es irgendwelche Effektgeräte, die zum Einsatz gekommen sind?

Nein, nur der Overdrive-Sound des Amps, keinerlei Pedale. Unser Toningenieur hat lediglich bei den Songs ‚§1‘ und ‚§2‘ ein wenig Delay hinzugemischt.

Mit welchen Bässen hast du das Album aufgenommen?

Ich hatte zwar mehrere Bässe dabei, am Ende ist aber alles mit meinem weißen fünfsaitigen Sandberg-Signature eingespielt worden, den ich auch heute Abend dabeihabe. Ich habe während der Aufnahmen kein einziges Mal die Saiten gewechselt. Viele Musiker wechseln auf Tour ihre Saiten jeden Abend, im Studio sogar nach jedem Song. Ich mag ganz frisch aufgezogene Saiten nicht, sie klingen mir nicht warm genug. Ich finde am zweiten und dritten Abend einer Tour klingen sie am besten.

Méndez’ weißer Sandberg-California-Signature-Bass (Bild: Matthias Mineur)

Wie viele Tunings gibt es auf der Scheibe?

Für mich sind es nur zwei: Standard und Drop-D. Ich bleibe sowieso meistens im gleichen Tuning, da ich mit der fünften Saite und dem tiefen D genügend Variationsmöglichkeiten habe.

Wie viele Bass-Parts sind first takes?

Manche Stücke sind tatsächlich first takes, bei anderen haben wir mittendrin unterbrochen und neu angesetzt, da ich zum ersten Mal auch mit Plektrum gespielt habe.

In allen Songs?

Nein, nur bei einigen, deshalb mussten wir mitunter die Aufnahmen unterbrechen, damit ich vom Plektrum zu Fingern wechseln kann.

Welches war das aus deiner Sicht schwierigste Stück?

Soweit ich mich erinnere, war ‚§5‘ ziemlich tricky, da er viele unterschiedliche Parts hat. Wenn man sich die Songs zum ersten Mal draufschafft, hat man alle Hände voll zu tun, aber wenn sie einem in Fleisch und Blut übergegangen sind, sind sie nicht übermäßig schwierig zu spielen. Für die gesamten Aufnahmen habe ich lediglich drei Tage benötigt.

Wie eng orientierst du dich auf der Bühne an den Originalvorlagen?

Natürlich ändere ich einen Song nicht grundlegend, aber über die Jahre erfahren die Stücke immer wieder ein paar Änderungen, das macht ja gerade den Spaß des Live-Spielens aus. Dies betrifft aber nicht nur mich, sondern auch meine Bandkollegen, die immer mal wieder ein klein wenig variieren.

Letzte Frage: Wie geht es bei White Stones weiter? Wird aus dem Studioprojekt irgendwann eine richtige Live-Band?

Um ehrlich zu sein: keine Ahnung. Ich habe im Studio vieles allein gemacht, den Bass, die Gitarren, von den fünf Bandmitgliedern waren nur drei an den Aufnahmen beteiligt. Natürlich würde ich gerne damit auf die Bühne gehen, aber es fehlt vor allem an der notwendigen Zeit. Für mich ist das nicht weiter tragisch, denn mir geht es sowieso vor allem um den kreativen Part, ums Songs schreiben und darum sie aufzunehmen. Und solange ich nicht mindestens sechs Monate am Stück frei habe, was derzeit bei Opeth undenkbar wäre, wird es mit White Stones keine Konzerte geben. Aber wer weiß, vielleicht später einmal.


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2025)

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