05/2021

Die Platten des Monats: Jazz

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GERALD GRADWOHL GROUP: EPISODE 6

Der österreichische Gitarrist und Dozent für Jazz-Gitarre Gerald Gradwohl ist schon seit einigen Jahren in unterschiedlichen Besetzungen als Frontmann aktiv. Nachdem er sich für frühere Veröffentlichungen gerne Tribal-Tech-Mitglieder und einmal gar Scott Henderson höchstpersönlich an die Seite holte, ist sein Line-up für ,Episode 6‘ diesmal rein lokal besetzt. Warum auch in die Ferne schweifen, wenn beeindruckende Musiker direkt um die Ecke wohnen?

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Hier in Person von Thomas Kugi (sax), Jojo Lackner (bs) und Harald Tanschek (dr). Ein nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt ist damit auch, dass die Nähe zur erwähnten, amerikanischen Fusion-Institution dadurch nicht so offensichtlich ist wie in der Vergangenheit. Und das bestätigt sich auch beim Hören der Platte. Natürlich spielt die GGG auch in den acht neuen Tracks vornehmlich stark angeschrägten Funkrock, die Bandbreite ist dabei jedoch faszinierend.

,K-Log‘ beginnt mit einem beschwingten Soul-Riff, bietet in der Mitte Platz für eine Git/Sax-Doppel-Impro und verstört am Ende mit psychedelischen Ringmodulator- und Auto-Wah-Effekten. Im unterschwellig lateinamerikanischen ,The Essence Of Time‘ sowie in ,Jabo‘ bleibt der Verzerrer zugunsten einer ,Bright Size Life‘- Anmutung ausgeschaltet und ,What’s On Your Mind?‘ liefert wiederum beste Michael-Landau-Momente. Viel zu entdecken also auf gradwohl.at. mame

 


Die Musik aus den Rezensionen sowie unseren Stories findet ihr in unserer Spotify-Playlist. Die Playlist wird jeden Monat aktualisiert, mit den Inhalten der neuesten Ausgabe. Ihr könnt dieser Playlist gerne folgen, um regelmäßig neue Musik zu entdecken. Viel Spaß beim Anhören!

www.gitarrebass.de/spotify


OKABRE: EMPTY BODY EMPTY HOUSE

Ich kenne keine Band dieses Planeten, die so klingt wie Okabre. Die Klangwelten von Andreas Wahl (dr), Florian Graf (g), Thomas A. Pichler (b, synth), Rainer Fehlinger (voc, fx), Günther Gessert (theremin, marxophone) und Manfred Rahofer (electronics) sind wirklich speziell. Auf Bandcamp taggen die Österreicher ihre überwiegend instrumentale Musik mit „alternative experimental art rock avant-garde pop progressive Linz“.

Ihre Tracks entstehen oft in Zusammenhang mit künstlerischen Filmproduktionen, für die das Kollektiv entweder komponiert oder direkt live improvisierend vertont. Und immer wieder schweben einem zwischendurch ein paar warme Gitarrentöne von Florian Graf entgegen, der dieses Album übrigens auch aufgenommen und gemischt hat: Arpeggios und verhaltene Chords, die verhindern, sich im abstrakten Soundscape-Soundtrack zu verlieren. Ich liebe Musik, bei der man nicht weiß, was als nächstes kommt – Respekt: Tolles Album, aber nichts für das erste Date mit der neuen Nachbarin. Mehr unter okabre.com. lt

 

MAX CLOUTH, KABUKI, SOPHIE-JUSTINE HERR: LUCIFER DROWNING IN A SEA OF LIGHT

Den 1985 in Frankfurt am Main geborenen Gitarristen und seine Musik haben wir in diesem Magazin schon mehrfach erwähnt. Jetzt ist das fünfte Album von Max Clouth erschienen, das er zusammen mit Kabuki am Modular-Synthesizer und Sophie-Justine Herr am Cello eingespielt hat – und zwar absolut live, ohne Schnitt in den Bauer Studios in Ludwigsburg.

Geprägt wird die Musik von einem besonderen Instrument, das Max Clouth gemeinsam mit dem Instrumentenbauer Philipp Neumann entwickelt hat: Diese Doubleneck-Gitarre hat oben einen Fretless-Hals, darunter einen bundierten, und schräg unter den beiden Saitensträngen durchlaufend noch mal zwölf Resonanzsaiten installiert. Rein klanglich hat Clouth so die Möglichkeiten einer akustischen Gitarre plus den bundlosen, an einer arabischen Oud oder der indischen Sarod orientierten Hals, für die (für uns Europäer) exotisch klingende Abteilung.

Das Album war von vornherein auch als Vinyl-LP geplant, deren B-Seite Max Clouth als Solist bestreitet. Er improvisiert, unterlegt von einem leisen Drone-Sound, über vier Stimmungen: Sonnenaufgang, Mittag, Sonnenuntergang, Mitternacht. Hier kann man einige ganz eigene Facetten des Saiteninstruments Gitarre-Plus kennenlernen – ebenso viel über ökonomisches Spiel und Ausdruck. Originelle Musik. lt

 

THOMY JORDI: 8

Von jemandem der früher bei Helge Schneiders Firefuckers und bei Rosenstolz gespielt hat, hätte man etwas anderes erwartet, als ein Konzeptalbum zum Lauf des Lebens in acht Kapiteln, intoniert als verlangsamte, atmosphärische 1970er-Jahre-Jazzrock-Reminiszens. Aber warum auch nicht? Zumal das Konzept des umtriebigen Schweizer Bassisten inhaltlich wie musikalisch hier perfekt abgestimmt ist. Slow Jazz ist das Stichwort, und es ist musikalisch wie klanglich bravourös umgesetzt.

Die acht Stücke des ausschließlich auf Vinyl erhältlichen Werkes zeigen, wie fruchtbar es sein kann, wenn sich fünf Musiker – neben Jordi sind das John Voirol (reeds), Jean-Pierre von Dach (guitars), Peter Wagner (keys) und Christian Niederer (drums) – mit Achtsamkeit und Demut begegnen. Gebt den Kindern Raum, damit sie spielen, sich entdecken und entfalten können – was sie, dem Konzept des Albums folgend, hier auch tun. Kontakt zum Künstler sowie Bestellungen: www.thomyjordi.com mame

 

DR. LONNIE SMITH: BREATHE

Der 1942 in New York geborene Organist Dr. Lonnie Smith ist eine Legende, hat mit George Benson gespielt, zwei Alben mit der Musik von Jimi Hendrix aufgenommen (mit John Abercrombie an der Gitarre) und ist jetzt auf ,Breathe‘ u.a. mit Gitarrist Jonathan Kreisberg und bei den beiden Studio-Tracks des Albums mit Iggy Pop am Mikrofon zu hören. Und wenn der ,Why Can’t We Live Together‘ murmelt, zu Lonnies schmatzender Hammond B3 und den virtuosen Licks des Gitarristen, dann ist das einzigartig.

Sechs Live-Tracks von 2017 bilden das fette Mittelstück dieser Veröffentlichung; hier sind größere Besetzungen mit Bläsern zu hören – und immer mit Gitarrist Jonathan Kreisberg, den man spätestens nach dem Lesen dieser Zeilen kennenlernen muss. Cooles, chilliges, atmosphärisches Album, das dir den Club nach Hause holt. lt

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Sämtliche,hier kurz vorgestellten Werke, sind extrem jazzig,was absolut nicht meine beliebte Musikrichtung ist.Ich stehe,nach wie vor,lieber auf ultra harten Rock.Jedem,wie es ihm gefällt.Wäre prima,wenn ihr evtl. mal etwas aktuelles von Joe Satriani oder Vanja Sky vorstellen würdet.Im Voraus vielen Dank!

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    1. Dafür gibt es ja die verschiedenen „Platten des Monats“ Kategorien: Jazz, Rock, Blues etc. Finde es auch gut, dass häufig weniger bekannte Künstler vorgestellt werden. Weiter so.

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  2. Ich finde die Rubrik „Platten des Monats“ super! Man lernt Musiker und Bands aus allen Genres kennen, die man sich sonst nie angehört hätte. Von mir deshalb auch: Bitte weiter so!

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