„Ich würde den Schaffensprozess bei Bring Me The Horizon als chaotisch bezeichnen …“

Chaos mit Methode: Bring Me The Horizon-Gitarrist Lee Malia im Interview

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(Bild: Jackson Guitars / FMIC)

Ihr setzt bei Bring Me The Horizon ebenfalls ätherische Klänge ein, die vermutlich auch teilweise von dir erzeugt werden. Welche Effekte verwendest du?

Ich habe mein Setup stark reduziert. Eigentlich benutze ich nur noch den Quad Cortex von Neural DSP für Effekte. Wir nehmen auch keine Verstärker und Boxen mehr mit auf Tournee, sondern nur noch Modeling-Amps, weil das einfach praktischer ist. Ich besitze aber natürlich noch diverse Delay- und Reverb-Pedale sowie einen Tube Screamer.

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Heißt das, du hast auch dein Marshall-Equipment eingemottet?

Damit verhält es sich wie mit den Vintage-Gitarren: Es ist etwas für zu Hause und im Studio.

Euer stilistisches Spektrum ist wie gesagt sehr breit. Wie verbindet ihr all eure Einflüsse so, dass es nicht nach einer Collage klingt?

Dafür gibt es kein einheitliches Rezept, Songs entstehen bei uns auf sehr unterschiedliche Weise. Ich würde den Schaffensprozess bei Bring Me The Horizon als chaotisch bezeichnen, aber am Ende kriegen wir doch immer irgendwie die Kurve.

Überwiegt beim Songwriting der Austausch von aufgenommenen Soundfiles oder das Jammen im Proberaum?

Wir jammen so gut wie gar nicht, was auch nur noch schwer möglich ist, weil wir gar nicht mehr alle an ein und demselben Ort wohnen. Oli verbringt viel Zeit bei seiner Frau in Brasilien, und unser Drummer Matt lebt in Los Angeles. Dass wir uns vor Studioaufnahmen treffen, um das Material konzentriert ein paar Tage lang durchzugehen, kommt vor, mehr aber nicht. Wir schicken also vorwiegend Ideen hin und her.

Vor diesem Hintergrund ist es beeindruckend, wie homogen eure Musik klingt. Strebt ihr das bewusst an?

Nein, wir feilen einfach so lange an unseren Songs, bis wir alle damit leben können. Ich schätze, je mehr Erfahrung man hat, desto versierter wird man darin.

Inwieweit ist deine Musik das Produkt des Umfeldes, in dem du lebst?

Schwer zu sagen. Ich glaube, Sheffield hat unseren Sänger Oli stärker geprägt als mich, aber man hört unserer Musik so oder so nicht an, wo wir herkommen. Allerdings wird man natürlich zumindest unbewusst von dem Ort beeinflusst, an dem man lebt. Das gilt ja nicht nur für Musiker.

Hat dein Leben als professioneller Musiker etwas an der Art und Weise verändert, wie du privat Musik konsumierst?

Du meinst, ob ich noch unvoreingenommen Musik hören kann, ohne sie zu analysieren und zu kritisieren? Ja, das kann ich definitiv nach wie vor. Ich denke eher, dass der technische Fortschritt meine Hörgewohnheiten geändert hat. Einerseits eröffnen dir die Streaming-Portale ein riesiges Universum an Musik, dessen schiere Bandbreite dich überwältigt, weshalb du letzten Endes doch immer nur die gleichen alten Sachen hörst, die du schon kennst und schätzt. Andererseits ist man bei diesem Format versucht, sich einfach von Musik berieseln zu lassen, ohne darauf zu achten, was man da gerade hört und ob es gut oder schlecht ist. Man kann also sowohl wählerischer als auch unkritischer werden.

Ihr seid immer lange auf Tour und spielt kräftezehrende Shows. Wie hältst du dich unterwegs fit und gesund?

Ich habe keine bestimmte Routine, was das angeht, doch wir sind nicht mehr die Jüngsten und lassen es allgemein ruhiger angehen. Man achtet einfach darauf, dass man es mit dem Alkohol nicht übertreibt und genügend Schlaf bekommt.

Arbeitest du momentan an einem bestimmten Aspekt deines Gitarrenspiels, und hast du einen konkreten Übungsplan?

Weder noch. Wenn ich zur Gitarre greife, setze ich mich einfach hin und spiele drauflos, meistens um neue Ideen zu bekommen. Ich würde mich natürlich gerne mehr mit meinem Instrument beschäftigen, habe aber zwei Kinder, von denen eines erst letztes Jahr zur Welt gekommen ist, also nimmt mich das Vatersein in Beschlag, und der Rest meiner Zeit fließt in die Band.

Welche drei Bring-Me-The-Horizon-Songs sollte man kennen, um einen repräsentativen Eindruck von deinem Gitarrenspiel zu erhalten?

‚Kool-Aid‘ von unserer aktuellen Platte ‚Post Human: Nex Gen‘, weil es meinen derzeitigen Sound widerspiegelt. Zweitens ‚Mantra‘ von unserem 2019 erschienenen Album ‚Amo‘, eine eingängige Hymne und trotzdem sehr heavy. Als letztes würde ich ‚Pray For Plagues‘ von unserer 2006er Debüt-LP nennen. Dieses Stück repräsentiert unseren frühen Sound und ist wegen seiner extrem technischen Gitarrenparts ein echter Fingerbrecher. ●


(erschienen in Gitarre & Bass 08/2025)

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