Im Interview

Andy Summers & The Police: Goldene Zeiten

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(Bild: Shutterstock / Randy Miramontez)

Während Sting nur ungern über The Police redet, tut Ex-Kollege Andy Summers nichts lieber als das. Aus gutem Grund: Der mittlerweile 79-Jährige ist mächtig stolz auf das Erreichte. Was soweit geht, dass er sogar eine Tribute-Band an das Erfolgstrio gegründet und die Restaurierung der ‘82er Tour-Doku kuratiert hat. Aus diesem Anlass gewährt er GITARRE & BASS ein kurzes, aber unterhaltsames Gespräch.

Jahrelang galt ‚Around The World‘ als echtes Sammlerstück unter Police-Fans – weil es 1982 als VHS-Kassette und Laserdisc erschien, aber nie neu aufgelegt wurde. Erst als Andy Summers ein gebrauchtes Exemplar im Internet ersteigerte, machte sich das Label auf die Suche nach den Original-Bändern und ließ der Doku über die erste Welttournee des Trios eine aufwendige Restauration zuteilwerden. Jetzt erscheint das Ganze in Original-Länge mit Bonus-Live-Material. Verfügbare Formate: DVD & CD, Blu-ray & CD und DVD & LP.

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Keine Gimmicks, kein überteuertes Boxset, sondern ein kurzweiliger Film über ein echtes Abenteuer: Eine spontane, mitunter auch chaotische Konzertreise, die The Police im März 1980 starteten – mit zwei erfolgreichen Alben im Gepäck (‚Outlandos d‘Amour‘, ‚Regatta de Blanc‘), aber ohne Erfahrung im Bereisen ferner Länder und ohne internationalen Booker. Die Drei wollten einfach die Welt sehen und Spaß haben. Das äußerte sich in einem Trip, der via Japan nach Hong Kong, Taiwan, Australien, Indien, Dubai, Ägypten, Brasilien und den USA bis zurück nach London führte – mit spontanen Gigs in Nachtclubs, Theatern, Fußballstadien oder auf Schafsfarmen. Sprich: Ohne Lichtshow, ohne Security, aber mit japanischen Girlies, die die Bühne stürmten, blökenden Schafen sowie einer Spielfreunde, die geradezu plättend war. Diese Band, das wird überdeutlich, schien für Großes geschaffen.

Andy, was die neue alte Dokumentation betrifft: Welche Erinnerungen hast du an eure erste Welttournee vom März 1980, auf der ihr in den exotischsten Lokalitäten gespielt haben? Wie abenteuerlich war das Ganze?

Es war eine fantastische und unglaublich witzige Zeit. Wir standen damals ganz am Anfang unserer Karriere, hatten gerade zwei Alben am Start, aber waren schon populär genug, um Shows auf der ganzen Welt zu spielen, und vor allem auch auszuverkaufen. Wobei einige Läden, in denen wir in diesem Rahmen aufgetreten sind, schon ziemlich kurios waren – gerade in Indien. In dem Sinne, dass sie da nie zuvor ein Rockkonzert hatten und gar nicht wussten, was sie mit uns anfangen sollten. (lacht) Unser Manager ist nach Bombay geflogen, ohne da irgendjemanden zu kennen, und hat geschaut, ob er einen kleinen Keller oder Club findet, in dem wir spielen konnten – einfach, um Indien abgedeckt zu haben. Aber letztlich hat sich der Country Club, in den er uns gebucht hat, als wahrer Glücksgriff erwiesen: Er war wie eine kleine Arena und es kamen fast 3000 Leute. Insofern hat sich das gelohnt. Aber noch wichtiger: Es war ein Riesenspaß – wie die gesamte Tour. OK, am Schluss wurde es ein bisschen chaotisch, weil es dann doch zu improvisiert war, aber das war im Grunde auch egal.

Das klingt, als wäre es in erster Linie ein Fun-Trip gewesen – und kein wirtschaftliches Unterfangen?

Durchaus, aber es war auch kein großer Verlust oder etwas in der Art. Ich denke, wir haben es damals als Investition in die Zukunft gesehen – und in das Image, das wir angestrebt haben. Nämlich eine Band zu sein, die anders ist als alle anderen. Und diese Tour hat das unterstrichen. Sie hat uns von allen anderen Bands der damaligen Zeit abgesetzt, die sich nie getraut hätten, einfach so um die Welt zu reisen. Das war etwas Neues, etwas anderes. Abgesehen davon, dass es auch spannend war, nach Ägypten, Indien und Australien zu fliegen.

Du selbst warst damals bereits Ende 30, hast in unzähligen Bands gespielt, aber nie eine derart extensive Tour unternommen. War das ein Lebenstraum – etwas, das du unbedingt erleben wolltest?

Das war es wirklich – keine Frage. Ich wollte immer mal mit einer Band um die Welt reisen, ungewöhnliche Konzerte geben und neue Dinge sehen. Aber: Es ist nicht so, als ob ich da wer weiß wie verzweifelt gewesen wäre oder an nichts anderes gedacht hätte. Es war einfach etwas, das sich davor nie ergeben hatte. Damals hatte ich nicht mehr erwartet, dass ich das mal mit einer Rockband tun würde. Von daher war das eine tolle Sache. Wenn ich so darüber nachdenke, war das vielleicht sogar die Hauptidee, als ich den anderen dieses Projekt vorgeschlagen habe… (lacht)

Das heißt: Als Session-Musiker, der du vor The Police warst, bist du im Großraum London versauert?

(lacht) Das könnte man so sagen. Wobei ich aber kein professioneller Session-Musiker war. Ich war nur Mitglied in vielen verschiedenen Bands, in denen ich es – aus welchen Gründen auch immer – nicht lange ausgehalten habe. Also bin ich irgendwann in die USA gegangen, habe dort ein College besucht und vier Jahre lang Musik studiert, was mir sehr geholfen hat. Als ich nach London zurückgekehrt bin, habe ich Sting und Stewart getroffen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte…

War dir nach den ersten beiden Alben, die heute als Rock-Klassiker gelten, klar, dass diese Band etwas Besonderes war?

Nicht während der Aufnahmen. (lacht) Uns war nicht bewusst, dass sie das Zeug dazu haben könnten. Wir waren einfach Musiker, die merkten, dass eine außergewöhnlich gute Chemie zwischen uns herrschte und das haben wir entsprechend genutzt: Wir haben die Magie, die vorhanden war, wenn wir uns in einem Raum befanden, eingesetzt, um eine der größten Bands aller Zeiten zu werden. Einfach, weil wir etwas Besonderes hatten und ganz anders klangen als unsere Zeitgenossen. Dazu hat jeder von uns seinen persönlichen Beitrag geleistet, und das hat dann The Police ergeben. Es war eine umwerfende Sache, die nie kopiert werden konnte. Aus dem einfachen Grund, weil unsere Beweggründe ehrlich und rein waren: Wir wollten eine tolle Band sein und mit einem eigenständigen Sound aufwarten.

Nach zwei oder drei Alben merkten wir dann, dass wir ihn hatten und er bei den Leuten sehr gut ankam. Womit aber – und das war uns damals nicht bewusst – auch das Problem einherging, dass man halt unbewusst versucht, daran festzuhalten. Nach dem Motto: „Das ist es, was wir tun.“ Was wiederum dafür sorgt, dass man anfängt, sich selbst zu kopieren und quasi sein eigenes Grab zu schaufeln. Eine komplexe Sache, die alles zerstört, was man sich aufgebaut hat. Man findet seinen Sound und Stil bzw. hat damit tatsächlich Erfolg – nur, um dann umso anfälliger für irgendwelchen Mist zu sein, den dir andere Leute einreden. Daran scheitern viele Bands – und wir gehörten leider dazu.

Andy Summer auf der Bühne mit The Police (Bild: Universal)

The Police stand für eine einmalige Kombination aus Musikalität und Bühnenpräsenz. War das euer Erfolgsgeheimnis?

In der Tat. Unsere Shows waren sehr intensiv und kraftvoll. Und natürlich haben wir – wie alle Bands – versucht, jedes Publikum für uns zu erobern und die Zuschauerzahlen bei jedem Auftritt zu steigern, was uns auch gelungen ist. Wir haben mit kleinen Clubs in Nordamerika angefangen und dort unseren Durchbruch erlebt. Wir fingen im New Yorker CBGB‘s vor 100 Leuten an, haben die gesamte Ostküste abgeklappert und als wir damit durch waren, galten wir als neue Rock-Sensation. Die Leute haben uns sofort verstanden.

Wobei dein Markenzeichen ein extrem abwechslungsreicher und farbenfroher Gitarrensound war. Welche Intention hast du damit verfolgt?

Na ja, ich habe angefangen, viele verschiedene Gitarreneffekte zu benutzen, weil ich das Gefühl hatte, dass das Teil meiner Persönlichkeit war. Ich wollte nicht nur anderthalb Stunden lang Barré-Akkorde durch einen Fender Twin spielen, wie alle anderen, sondern war da schon etwas anspruchsvoller. Und unterschiedliche Pedals miteinander zu kombinieren und Sounds mit Hall und Echo zu kreieren, aber dabei auch mit viel Bedacht vorzugehen, war ein Weg, um diese Band wirklich interessant klingen zu lassen – gerade auf der Bühne. Schließlich hatten wir keine Keyboards oder etwas in der Art. Von daher lag es an mir, da besondere Sounds, Farben und Töne abzuliefern, die ich mit meinen Pedals erzielte. Zum Glück sind damals viele spannende Effekte auf den Markt gekommen, die ich nur zu gerne genutzt habe.

Vielen Dank für das Gespräch.

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Wie kann ich an die Neuauflage der Dokumentation kommen?

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    1. Im Handel, als DVD+CD und/oder DVD+LP

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  2. Schönes Interview,.war ne tolle Zeit, damals und jetzt, während des Lesens. Dieses Interview ist wie eine Zeitmaschine. Danke dafür. The Police, waren für mich damals auch sehr Wichtig. Werde die 1. Rockpalast Nacht, mit ihnen, nicht vergessen.
    Best Wishes Euer Dirk

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  3. Ich war von Anfang an fasziniert von dieser Band. Der einzigartigen Stimme Sting`s und sein Bassspiel, Stewart Copeland an den Drums und natürlich mein Gitarrenheld Andy Summers. Habe sie Live 2008 in Düsseldorf gesehen.
    Leider viel diese Band mit ihren unglaublichen Musikern wegen Meinungsverschiedenheiten danach auseinander- wirklich sehr schade.

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  4. Was bei der Geschichte von The Police nicht vergessen werden sollte: 1977 wurden die drei durch Andy Summers in Kontakt mit Eberhard Schoener gebracht, ursprünglich als Session-Musiker, doch der Kontakt mit Eberhard sollte sich als kreativen Booster für The Police erweisen. Das Ganze fand u.a. am Stadlberg, in Miesbach/Oberbayern statt. Nachzulesen ist dies in Stings´s Gastbeitrag zur Biographie von Eberhard Schoener.
    Ach ja, und Freunde von mir erzählten, dass in dieser Zeit auf einer Party auf dem Anwesen Tanneck am Tegernsee (Familie Furtwängler) eine vollkommen unbekannte New-Wave-Band gespielt hat, die unglaublich laut war… in der Tat “Goldene Zeiten”.

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