Alice Coopers Originalmusiker: Dennis Dunaway & Michael Bruce
von Matthias Mineur, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Jenny Risher)
Obwohl die Protagonisten zwischenzeitlich immer mal wieder kooperiert haben, ist das neue Alice-Cooper-Album ‚The Revenge Of Alice Cooper‘ das erste seit mehr als 50 Jahren mit seiner gesamten Originalband. Zu der zählen auch Bassist Dennis Dunaway und Gitarrist Michael Bruce, die in den frühen Siebzigern an Klassikern wie ‚School’s Out‘, ‚Elected‘, ‚No More Mr. Nice Guy‘ oder ‚I’m Eighteen‘ beteiligt waren.
Solche Hits findet man auf ‚The Revenge Of‘ zwar nicht, dafür haben Dunaway (DD) und Bruce (MB) aber ein paar sehr unterhaltsame Geschichten über ihren Boss und die „Golden Seventies“ parat!
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INTERVIEW
Dennis und Michael, wie habt ihr Alice Cooper in den Sechzigern kennengelernt, was für ein Typ war er damals?
DD: Alice und ich haben uns in der Highschool kennengelernt, er war 16, ich 17. Alice war ein auffallend dünner Junge mit einer riesengroßen Nase. Man wäre in einer Million Jahre nicht auf die Idee gekommen, dass dieser Typ jemals Leadsänger werden würde. Aber Alice hatte die Gabe, interessante Geschichten zu erzählen, und er liebte – ebenso wie ich – die Kunst. Er kannte immer die neuesten Filme und die besten neuen Songs, die gerade erst erschienen waren, so haben wir uns kennengelernt. Wir beschlossen, eine Band zu gründen, um unsere künstlerischen Ideen umzusetzen. Wenn man Alice privat kannte und ihn später auf der Bühne erlebte, konnte man kaum glauben, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte.
Und was für ein Typ warst du, Dennis?
DD: Ich war eher ruhig, ein stiller Beobachter. Aber wenn es um die Themen Kunst und Musik ging, konnte ich einiges dazu beitragen. Und wenn ich erst losgelegt hatte, war ich kaum noch zu stoppen. Auch im Proberaum mit der Band war ich sehr kommunikativ. Ich hatte ständig neue Ideen, einige gute, aber auch einige schlechte. Ich schmiss einfach sämtliche Ideen in den Raum, und die Jungs mussten sie sortieren. Ich habe von Beginn an das große Ganze gesehen, wir versuchten alles, damit es mit der Musik funktioniert.
Bassist Dennis Dunaway (Bild: Jenny Risher)
Eine Schlüsselrolle spielte auch euer Leadgitarrist Glen Buxton, nicht wahr?
DD: Oh ja, absolut! Glen zeigte uns mit seiner Gitarre in der Hand, wie man die Songs spielt. Alle schauten auf ihn, er war der Meister der Musik. Glen erklärte uns: „Du machst das, und du machst das“, so haben wir uns die Lieder draufgeschafft. Anfangs war ich so etwas wie der organisatorische Leiter, aber Glen war derjenige, der uns gezeigt hat, wie man spielt. Von ihm habe ich das Bassspielen gelernt. Dann kam Michael in die Band. Er war ein bisschen anders: Alice und ich waren Langstreckenläufer, Michael dagegen war Footballspieler.
Erinnert ihr euch noch an euer erstes Equipment?
DD: Michael spielte eine orangefarbene Gretsch Country Gentleman mit einem Double-Cutaway, und Glen eine Tobacco-farbene Gretsch Chet Atkins Tennessean mit einem Single-Cutaway.
MB: Wir hatten zunächst Fender Twin Reverbs und anschließend Acoustic-Amps, und zwar die gesamte Band, da uns dieser einheitliche Bühnen-Look gefiel. Die Acoustic-Firma war in Los Angeles ansässig und unterstützte nur zwei große Bands: Alice Cooper und The Doors. Ich erinnere mich, dass unser Tourmanager eines Tages in die Garderobe kam und sagte: „Ihr müsst deutlich leiser spielen!“ Anfangs hatten wir die Acoustic-Amps mit einem 12er Speaker und obendrauf einem Hochtonhorn. Wir konnten also gar nicht so leise spielen, ohne dass das Hochtonhorn direkt bis in die hintersten Reihen des Publikums abstrahlte. Insofern war es egal, ob wir leiser spielten oder nicht.
Gitarrist Michael Bruce (Bild: Jenny Risher)
Das wollte unser Manager aber nicht tatenlos hinnehmen, also fuhren wir zu Acoustic, dort wo sie ihre Verstärker und so weiter aufbewahrten. Ich entdeckte einen Amp mit zwei 12″- Lautsprecher. Leider habe ich vergessen, welches Modell es war, aber es hatte zwei Electro-Voice-Speaker. Bei Acoustic gab es damals den Service, dass man den Amp zurückschicken konnte, wenn man den Lautsprecher durchgerockt hatte. Ich weiß nicht, wie viele dieser Dinger wir durchgeblasen haben, aber jedes Mal wurden sie kostenlos ersetzt. Vielleicht ist die Firma ja auch deshalb pleite gegangen. Die Doors haben die Acoustic-Amps übrigens noch viel länger gespielt als wir.
DD: Die Acoustic-Bassverstärker waren großartig und galten seinerzeit als echte Arbeitstiere. Die Gitarrenverstärker klangen dagegen nicht so gut, deshalb haben wir mit Robby Krieger darüber gesprochen. Ich habe ihn gefragt: „Wie schafft ihr es, einen so guten Sound aus den Dingern herauszuholen?“ Er sagte: „Als erstes würde ich die komplette Elektronik austauschen.“
Welchen Bass hast du damals gespielt?
DD: Ich lebte seinerzeit in Oregon und arbeitete auf dem Bauernhof meines Großvaters. Ich hatte nicht viel Geld, mein Budget war also begrenzt. Glen Buxton nahm mich mit zu Montgomery Wards, einem seinerzeit großen amerikanischen Kaufhaus. Dort kaufte ich eine Art Starterset, es hieß Supro Airline und war ein Shortscale. Ich war glücklich. Ich ging zu Glens Haus und sagte: „Ich habe keine Ahnung, wie ich das Ding zu Hause stimmen soll.“ Ich selbst hatte nur einen ziemlich miesen Plattenspieler, bei dem man den Bass nicht hören konnte, sondern nur die Mitten und Höhen. Also musste ich mir immer eine Kneipe mit einer Jukebox suchen, um die Musik so zu hören, wie sie wirklich klang, mit allen Bässen. Glen sagte zu mir: „Denk immer daran, dass das Wichtigste sowieso das Gefühl ist.“
Wir hockten in seinem Wohnzimmer, hörten alle möglichen Schallplatten, hauptsächlich von den Rolling Stones und Chuck Berry, überwiegend Songs mit nur drei Akkorden. Wir setzten die Nadel immer und immer wieder auf die Platte, bis wir den entsprechenden Part gelernt hatten. Nach diesem Muster haben wir massenhaft Songs eingeübt und sie dann am Wochenende in Clubs gespielt. Als ich endlich sämtliche Blues-Patterns draufhatte, entdeckte ich die Yardbirds und die progressiven Bassparts von Paul Samwell-Smith. Das öffnet mir die Augen. Plötzlich musste der Bass nicht mehr nur den Grundton spielen, doch leider hatte ich nur diesen billigen Airline-Bass, der fürchterlich klang. Als die Band in Los Angeles in einen Autounfall verwickelt wurde, brachen der Hals und die Kopfplatte ab. Auch Neals Smiths Schlagzeug wurde komplett zerstört.
Drummer Neal Smith (Bild: Jenny Risher)
Wir brachten alles zu einem Musikgeschäft in Los Angeles, und der großartige Jazzgitarrist Barney Kessel reparierte meinen Bass. Barney überzeugte mich davon, ein hochwertigeres Instrument zu kaufen, obwohl ich mir ja nicht einmal ordentliche Kleidung leisten konnte. Er genehmigte mir Ratenzahlungen für alles, was ich benötigte, das war für mich der entscheidende Wendepunkt.
Gear, wilde Tour-Geschichten und mehr auf Seite 2 …
DENNIS DUNAWAY GEAR 2025:
● 1970er Fender Jazz Bass mit Split-DiMarzio-Pickups in der Halsposition
● Ampeg B-15
● Rotosound Roundwound-Strings 45-65-80-105
● Vintage Ghastly Green Herco Plektren
● Snark Tuner
MICHAEL BRUCE GEAR 2025:
● Gibson Les Paul Jr. Deluxe mit zwei P90-PUs, Bigsby-Tailpiece und Custom Volume & Phase-Switch
Apropos: War die Alice Cooper Band eine wilde Truppe?
DD: Ich würde es nicht als wild bezeichnen, sondern als sehr kreativ. Wir haben viel Theater gemacht und versucht, uns bei jeder Show von anderen Gruppen zu unterscheiden. Bis Michael zu uns stieß hießen wir noch Spiders und waren eine Coverband. Doch Michael überzeugte uns, eigene Songs zu schreiben, womit Alice und ich dann wenig später tatsächlich begannen. Wir komponierten unter anderem ‚Don’t Blow Your Mind‘, der Song ging auf Platz 11 auf AM Radio in Tucson, Arizona. In manchen Nächten hatten wir eine Toilette auf der Bühne, schmissen Klopapier ins Publikum und wickelten Alice damit ein, so dass er wie eine Mumie aussah.
Vincent Furnier aka Alice Cooper (Bild: Jenny Risher)
In einer anderen Nacht klauten wir Fernsehgeräte aus dem Büro und stellten die ganze Bühne damit voll. Außerdem gab es dieses gigantische Spinnrad, das wir in allen erdenklichen Farben bemalt hatten. Oder wir hatten plötzlich Schwarzlicht auf der Bühne, wir nannten es ‚The Electrolucent Mind Machine‘. Aber waren wir wild? Nein, wir waren einfach anders als die anderen.
Und war die Alice Cooper Band damals eine in technischer Hinsicht gute Band?
MB: Irgendwie entwickelte sie sich. Anfangs ging es nur ums Feeling, wir hatten ja gerade erst angefangen, eigene Songs zu schreiben. Wir wollten unser eigenes Ding machen, so wie die Yardbirds, die wir liebten. Bevor ich zu den Spiders kam, waren sie die beste Coverband der ganzen Gegend, auch wenn ich den Begriff „Coverband“ in diesem Zusammenhang nicht mag. Sie waren wirklich gut, hatten vor der Bühne ein großes Netz mit Spinnen aufgespannt. Bei den Spiders war ständig etwas los, nicht nur musikalisch. Deswegen wollten die Leute sie immer wieder sehen, da alle gespannt waren, was wohl als nächstes passieren würde. Mir ging es ebenso, bevor ich in die Band kam.
DD: Damals spielten wir Lieder, die uns ein Discjockey, der unseren Clubbesitzer kannte, schon vor ihrer Veröffentlichung zur Verfügung stellte. Er hatte immer die neuesten Songs der Stones, die noch niemand kannte. Also haben wir sie gelernt und abends gespielt, so dass die Leute dachten, dass es unsere eigenen Songs sind. Ursprünglich hatte Glen bei uns das Sagen, doch dann kam Michael an Bord und plötzlich hatten wir einen kreativen Kopf und fingen an, eigene Stücke zu schreiben. Die waren ungewöhnlicher, avantgardistischer und ziemlich abstrakt, allerdings bei weitem nicht so tight und gut gespielt wie die Covernummern, was allerdings auch daran lag, dass wir unsere ersten Scheiben in nur zwei Nächten einspielen mussten, jeweils von Mitternacht bis Sonnenaufgang. Aber Michael brachte eine ganz andere Perspektive mit, ab da machten wir unser eigenes Ding.
MB: Wir zogen nach Los Angeles, und obwohl das für Musiker ein ziemlich raues Pflaster war und wir uns darüber im Klaren waren, dass wir unbedingt bessere Musiker werden mussten, bekamen wir mehr Gigs als die meisten anderen Bands, mit Ausnahme von den Byrds und den Doors. Wir waren halt als schräge Band verschrien, die sogar für Hollywood fast zu schräg war. Aber wir lernten schnell und passten uns in kürzester Zeit dem damals herrschenden Trend an. Und so wurden wir innerhalb weniger Jahre eine überaus erfolgreiche Band.
Ist von diesem Zeitgeist auch auf eurem neuen Comeback-Album etwas zu finden?
MB: Früher habe ich viele Songs über Boys und Girls geschrieben, und als sich der Zeitgeist änderte, kamen Themen wie LSD und anderen aufregende Dinge hinzu. Alice hatte damals ein unglaublich großes Vokabular, das hat sich bis heute nicht geändert. Von ihm stammt all das Fantasy-Zeugs, dem wir musikalisch folgten.
DD: Im Grunde genommen lief es jetzt genauso wie damals: Wir waren bei den Aufnahmen mit der gesamten Band im gleichen Raum und verfolgten alle das gleiche Ziel. Jeder hatte ein Mitspracherecht, aber das letzte Wort hatte natürlich unser Produzent Bob Ezrin. Es lief also ziemlich genau so, wie wir es immer gemacht haben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass dieses Album abwechslungsreicher ist.
MB: In den frühen Siebzigern produzierten wir zwei Alben pro Jahr, daher hatten wir immer nur so viele Songs parat, wie wir für die jeweilige Scheibe brauchten. Diesmal hatten wir dagegen etwa 70 Nummern und konnten die besten auswählen. Aber die Energie und unser Humor sind gleichgeblieben. Aber einen entscheidenden Unterschied gibt es doch: Alice ist mittlerweile ein echter Gentleman, und auch wenn er zwischenzeitlich zum Hollywood-Vampir wird, trinkt er nur dann Blut, wenn es unbedingt sein muss, hahaha. ●
Alice Cooper & Band sind faktisch Kult! Zwar können die Songs auf der neuesten Scheibe nicht mit den Klassikern,wie z.B. Hello Hurray,Schools out,Billion Dollar Babies,No more Mr. Nice Guy,Hey Stoopid u.s.w. anknüpfen,-jedoch merkt man hier eindeutig den Bezug und die Machart des damaligen Alice Cooper Sounds,der unverkennbar bereits nach wenigen Taktfolgen bekannt ist!
Überhaupt,Alice Cooper & Band verdienen den größten Respekt und Anerkennung bezüglich ihrer Horror-Rock Show,die bis heute ihresgleichen sucht. Guillotine,Zwangsjacke,Galgen,Würgeschlangen,elektrischer Stuhl und Maskerade waren schon lange Requisiten vor den „Rock Clowns KISS“,-die nun ihr Dasein mit der letzten „End of the Road Tour“ beendeten.
Allerdings benutzte der legendäre Arthur Brown mit seinem Feuerhelm und dem zeitlosen Welthit „Fire“ bereits lange vor Alice Cooper eine martialisch wirkende Gesichts-Maskerade,die der Kostümierung eines späteren Alice Cooper extrem ähnelte. Desweiteren besitzt Arthur Brown „The God of Hellfire“ eine mehrere Oktaven umfassende Stimme,die bis dato global einzigartig ist! Mir gefallen beide Kandidaten des außergewöhnlichen Horror Rock! Mögen sie uns bitte noch recht lange erhalten bleiben!
Alice Cooper & Band sind faktisch Kult! Zwar können die Songs auf der neuesten Scheibe nicht mit den Klassikern,wie z.B. Hello Hurray,Schools out,Billion Dollar Babies,No more Mr. Nice Guy,Hey Stoopid u.s.w. anknüpfen,-jedoch merkt man hier eindeutig den Bezug und die Machart des damaligen Alice Cooper Sounds,der unverkennbar bereits nach wenigen Taktfolgen bekannt ist!
Überhaupt,Alice Cooper & Band verdienen den größten Respekt und Anerkennung bezüglich ihrer Horror-Rock Show,die bis heute ihresgleichen sucht. Guillotine,Zwangsjacke,Galgen,Würgeschlangen,elektrischer Stuhl und Maskerade waren schon lange Requisiten vor den „Rock Clowns KISS“,-die nun ihr Dasein mit der letzten „End of the Road Tour“ beendeten.
Allerdings benutzte der legendäre Arthur Brown mit seinem Feuerhelm und dem zeitlosen Welthit „Fire“ bereits lange vor Alice Cooper eine martialisch wirkende Gesichts-Maskerade,die der Kostümierung eines späteren Alice Cooper extrem ähnelte. Desweiteren besitzt Arthur Brown „The God of Hellfire“ eine mehrere Oktaven umfassende Stimme,die bis dato global einzigartig ist! Mir gefallen beide Kandidaten des außergewöhnlichen Horror Rock! Mögen sie uns bitte noch recht lange erhalten bleiben!