„Ich habe Keith Richards immer schon bewundert, für mich ist er ein Held …“
50 Jahre Southern Rock: Lynyrd Skynyrd-Gitarrist Rickey Medlocke im Interview
von Matthias Mineur,
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(Bild: Lynyrd Skynyrd)
In diesem Sommer sind Lynyrd Skynyrd endlich auch wieder hierzulande unterwegs: Die größte und bedeutendste Southern Rock-Band der Welt kommt für sechs Shows nach Deutschland und feiert dabei weiterhin – wenn mittlerweile auch etwas zeitversetzt – ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Von der Urbesetzung der späten Sechziger ist seit dem Tod von Gitarrist Gary Rossington vor zwei Jahren zwar niemand mehr dabei, aber mit Johnny Van Zant, dem Bruder ihres Originalsängers Ronnie Van Zant, und Gitarrist Rickey Medlocke sind zwei langjährige Mitglieder an Bord, die dafür sorgen, dass das urwüchsige Southern-Flair der Gruppe auch anno 2025 erhalten geblieben ist.
Wir haben uns mit Rickey Medlocke verabredet, um mit ihm über die anstehenden Sommershows, den Tod von Gary Rossington und seine Rolle in der Kultband zu sprechen.
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INTERVIEW
Rickey, befindet ihr euch derzeit auf einer Abschiedstournee oder feiert ihr lediglich euer 50-jähriges Bandjubiläum und macht weiter?
Die aktuellen Shows haben das Motto ‚Celebrating 50 Years‘ und sollten ursprünglich der Abschied von allzu ausgedehnten Tourneen, nicht aber das Ende der Band sein. Gary hatte schon länger Herzprobleme und konnte so nicht weitermachen, deshalb wollten wir uns von langen Konzertreisen verabschieden. Als viele der Shows wegen der Pandemie ausfallen mussten, war zunächst unklar, ob wir überhaupt wieder spielen und die ausgefallenen Gigs nachholen würden. Natürlich plagte uns das schlechte Gewissen, denn viele Fans hatten bereits Eintrittskarten und Flugtickets für unsere Shows gekauft. Zum Glück wurde Mitte 2021 alles wieder geöffnet und wir konnten einige Konzerte spielen, unter anderem auf einem Festival in Florida und an einem Wochenende in Dallas, Texas. Doch Garys Herzprobleme wurden schlimmer und er entschied, nicht mehr zu touren. Sein ausdrücklicher Wunsch war jedoch, dass die Band nicht komplett von der Bildfläche verschwindet, sondern weitermacht. Er bat uns darum, jemanden zu suchen, der für ihn einspringt und die Songs so spielt, wie er sie selbst gespielt hätte, der also im Grunde genommen ein zweiter Gary Rossington ist.
Dieser zweite Gary Rossington heißt Damon Johnson, richtig?
Johnny Van Zant rief mich an und fragte, ob ich jemanden kenne, der genauso spielt und klingt wie Gary. Ich antwortete, dass mir auf Anhieb zwei Kandidaten einfielen, und einer davon genau der Richtige sei. Johnny wollte natürlich wissen, um wen es sich handelt, also brachte ich Damon Johnson ins Spiel. Damon und ich sind schon lange befreundet. Seit er Anfang der Neunziger bei Brother Cane gespielt und bei zwei Shows in Texas als Opener für meine Band Blackfoot aufgetreten ist, betrachte ich ihn wie meinen kleinen Bruder. Ich rief Damon also an und fragte ihn, ob er interessiert sei. Natürlich war er begeistert und auch sofort einsatzbereit. Gary war sehr glücklich mit der Entscheidung und wie fantastisch Damon seine Aufgabe löst. Er wollte nicht, dass alles auf diese Weise endet, da die Fans unsere Musik sehr lieben und unsere Songs auch noch lange nach uns eine große Bedeutung haben werden. Er sagte: „Lasst es uns anders aufziehen und die Tour einfach ‚The Big Wheels Keep On Turning‘ nennen.“ Leider ist Gary vor zwei Jahren gestorben, aber er wollte nicht, dass unsere Musik mit ihm oder mit uns stirbt.
Eine große Verantwortung, die Johnny und du da übernommen habt.
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Band weiterhin am Leben zu erhalten. Deshalb sind wir wieder unterwegs und kommen im Sommer auch nach Europa. Johnny ist schon seit 1987 dabei, während ich in den frühen Siebzigern Drummer der Skynyrd-Erstbesetzung war und 1996 als Gitarrist zurückgekehrt bin. Ich habe Gary versprochen, dass ich dabeibleibe, bis die letzte Note von ‚Free Bird‘ gespielt ist. Et voila, hier bin ich!
Kannst du mir von deinem letzten persönlichen Treffen mit Gary erzählen?
Gerne! Wir spielten eine Show im Ryman Auditorium in Nashville, die Film- und Tonaufnahmen des Konzerts wollen wir in Kürze veröffentlichen. Seinerzeit war uns nicht bewusst, dass es Garys letzte Show sein würde. Ich habe in Interviews schon öfter erzählt, dass die großartigste Erinnerung an diesen Abend die folgende ist: Gary, Johnny, Johnnys Bruder Donnie und ich mussten uns im Ryman dieselbe Garderobe teilen und jammerten darüber, wie klein der Raum ist. Dabei kramten wir alte Tourgeschichten über kleine Umkleideräume hervor, über die verschiedensten Garderoben im Laufe der Jahre, und was wir diesbezüglich so alles erlebt haben. Dabei mussten wir herzhaft lachen und hatten unendlich viel Spaß. Dann kam Gary auf die Bühne und spielte mit uns unter anderem ‚That Smell‘, ‚Sweet Home Alabama‘ und ‚Free Bird‘. Am Ende des Abends – und es ist immer noch sehr schwierig für mich, darüber zu sprechen – umarmte ich ihn und sagte ihm, dass ich ihn liebe und dass er von sich hören lassen solle. Am nächsten Tag flog ich zurück nach Memphis, wo die Familie meiner Frau lebt und wir ein kleines Haus am See haben. Eines Sonntags rief Johnny mich an und erzählte mir, dass Gary von uns gegangen sei.
Mehr über die Freundschaft mit Gary, die Band-Geschichte und Lieblingssongs auf Seite 2 …
Ein neues Lynyrd Skynyrd Album wäre allerdings sehr cool !!!