„Ich mag ganz frisch aufgezogene Saiten nicht, sie klingen mir nicht warm genug.“

Opeth-Bassist Martin Méndez im Interview

Anzeige
(Bild: Matthias Mineur)

Als Mitglied der schwedischen Prog-Metal-Großmacht Opeth und kreativer Kopf seines aktuellen Soloprojekts White Stones hat der Uruguayer Bassist Martin Méndez derzeit zwei heiße Eisen im Feuer. Wir haben Méndez bei einem Opeth-Konzert getroffen und ihn über Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Formationen befragt.

INTERVIEW

Martin, das dritte Album ‚Memoria Viva‘ deiner Solo-Band White Stones und die neue Opeth-Scheibe ‚The Last Will And Testament‘ haben in puncto Härte durchaus Ähnlichkeiten. Gibt es weitere Übereinstimmungen, von denen wir noch nichts wussten?

Anzeige

(lacht) Keine, außer dass ich Mitglied gleich beider Bands bin. White Stones machen die Musik, mit der ich aufgewachsen bin und die mir im Blut liegt. ‚Memoria Viva‘ ist das dritte Album mit Songs, die ich nicht nur gespielt, sondern auch komponiert habe. Ich mag diese Kombination und möchte mit White Stones eine Musik kreieren, die ähnlich experimentell wie die von Opeth ist, denn auch Opeth sind keine normale Death-Metal-Band. Gleichzeitig möchte ich niemanden nachahmen, vor allem nicht Opeth.

Was sind denn die signifikantesten Unterschiede zwischen White Stones und Opeth?

Zunächst einmal: Man kann Opeth nicht kopieren, diese Band ist einzigartig und unverwechselbar. Mikael Åkerfeldt (Opeth-Chef, Anm. d. Verf.) hat einen eigenen Stil entwickelt, für mich ist er der Beste in dieser Musikrichtung, ich bewundere ihn. Opeth und White Stones sind zwar beides harte experimentelle Metal-Bands, aber dennoch grundverschieden.

Der schwarze Sandberg California (Bild: Matthias Mineur)

Hast du den Eindruck, dass Mikael sich von den zwei ersten White-Stones-Werken inspirieren lassen und Opeth deshalb wieder einen deutlich härteren Kurs verordnet hat?

Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, dass es nach vier andersartigen Opeth-Alben sowieso an der Zeit war, wieder härter zu spielen und mit mehr Grunts zu arbeiten. Umgekehrt hat sich etwas Ähnliches ja schon einmal nach ‚Watershed‘ abgespielt. Auch damals war es für Mikael wichtig, etwas Neues auszuprobieren. Man konnte seinerzeit erkennen, dass er diese Herausforderung braucht, dass die gesamte Band sie braucht.

Weshalb?

Um zu überleben. Ich weiß nicht, ob es Opeth ohne die vier anschließenden Alben noch geben würde.

Die Entscheidung war also richtig?

Absolut! Es war für uns die perfekte Entscheidung. Ich weiß, dass es einige Fans nicht verstanden haben, beziehungsweise nicht nachvollziehen konnten. Sie fragten sich, weshalb Mikael nicht einfach im Stil von ‚Watershed‘ weitermacht. Die Wahrheit ist: Er hat es versucht, aber es hat nicht funktioniert. Nach einiger Zeit rief er mich begeistert an und erzählte mir, dass er einen neuen aufregenden Song geschrieben habe. Das war der Beginn von ‚Heritage‘. Mikael brauchte diese Veränderung, diese Neuorientierung. Und jetzt, vier Alben später, sind wir wieder dort, wo wir seinerzeit aufgehört haben.

War die Rückbesinnung unvermeidbar?

Vielleicht nicht unvermeidbar, aber sie fühlt sich richtig an. Wir unterhielten uns schon auf der vorherigen Tournee darüber, ob wir nicht wieder härter werden sollten. Mikael hatte bereits einige konkrete Ideen, und mit unserem neuen Schlagzeuger Waltteri Väyrynen war auch die entsprechende Energie da. Und ja, die Grunts sind zurück, aber die Musik insgesamt ist anders als damals bei ‚Watershed‘, sie fühlt sich frisch und neu für uns an.

Was bedeutet der neue Opeth-Schlagzeuger für dein Bass-Spiel?

Walt ist ein unglaublicher Drummer, er ist jung und trommelt voller Energie, nicht nur die neuen Songs, sondern auch das frühere Material. Ich finde, in den harten Doublebass-Passagen klingen Opeth besser denn je. Gleichzeitig spielt Walt die älteren, ruhigeren Songs sehr groovy, sehr jazzig. Normalerweise haben Bands entweder harte oder ruhige Stücke, bei Opeth gibt es beide Facetten in einem Song. Dafür den geeigneten Schlagzeuger zu finden ist nicht ganz einfach. Wir sind superglücklich mit Walt und wie er das neue Album eingetrommelt hat.

Das Pedalboard mit EBS Dynaverb und Multidrive, MXR Bass Envelope Filter, Darkglass Footswitcher und TC Electronic PolyTune (Bild: Matthias Mineur)

Gab es für ihn eine offizielle Audition?

Nein, nicht wirklich. Wir kannten ihn von Paradise Lost, die uns immer mal wieder über den Weg gelaufen sind. Walt wurde uns von unserem Drum-Tech empfohlen, der früher auch schon für ihn gearbeitet hat. Wir baten Walt, uns einen Videoclip zu schicken, in dem er Opeth-Songs trommelt. Seine Performance war so beeindruckend, dass wir ihn anschließend direkt in unseren Proberaum eingeladen haben, wo er 16 Opeth-Songs fehlerlos von Anfang bis Ende getrommelt hat. Es war unfassbar!

Er musste 16 Opeth-Songs lernen?

Ja, und zwar innerhalb einer Woche. Er konnte sie perfekt spielen, damit war die Entscheidung gefallen.

Zurück zu meiner Frage: Inwiefern hat sich durch Waltteri auch dein Bass-Spiel verändert?

Walt hat mein Leben deutlich einfacher gemacht. Ich habe schon mit den unterschiedlichsten Drummern gespielt, nicht alle waren temposicher, so dass man als Bassist höllisch aufpassen musste, um im Groove zu bleiben. Mit Walt ist das völlig anders, er spielt total entspannt und bleibt trotzdem immer im exakt richtigen Tempo. Also kann auch ich mich entspannen und mein Spiel genießen.

In welchem Entwicklungsstadium sind die Opeth-Songs, wenn Mikael sie dir zum ersten Mal schickt?

Sie sind fertig und komplett ausarrangiert und bereits genauso, wie sie später aufs Album kommen. Mikael programmiert Drums und Keyboards und alles andere, die Demos klingen großartig. Anschließend fordert Mikael mich auf, zusätzlich zu seinen Ideen meine eigenen Vorstellungen einzubringen. Er hat zwar bereits die Basis aufgenommen, aber die Feinheiten überlässt er mir.

Mehr über Einflüsse, Arbeitsweise und Gear auf Seite 2

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.