Originelles Quartett

Zurück im Geschäft: Teisco Boost, Overdrive, Distortion & Fuzz im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Teisco ist ein japanischer Hersteller, der nach längerer Abstinenz seit 2018 wieder auf dem Markt vertreten ist. War man früher noch auf dem breiten Feld von E-Gitarren bis Synthesizern aktiv, beschränkt sich die Company aktuell auf wertige Effektpedale – wir haben uns ihr aktuelles Drive-Segment näher angeschaut.

Die wechselvolle Geschichte von Teisco reicht zurück bis ins Jahr 1948, das aktuelle Kapitel wurde 2018 aufgeschlagen, als der Produktname unter der Regie der in Singapur ansässigen Firma BandLab Technologies relauncht wurde – einer Company, die durch ihre gleichnamige Musik-Online-Plattform bekannt wurde und mittlerweile zahlreiche digitale Publikationen unter ihrem Dach versammelt, auf der anderen Seite aber auch klassische Brands wie den Gitarren-Hersteller Heritage oder eben Teisco vertritt. Und das mit großer Überzeugung und Liebe für das Produkt.

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Bei den vorliegenden Pedalen zeigt sich das nicht nur am japanischen Retro-Design, man spürt es auch, wenn man die Geräte in die Hand nimmt. Die massiven Zink-Gehäuse machen Haptiker glücklich, mit rund einem Pfund Effekt pro Pedal präsentieren sie sich als massive Heavy-Duty-Einheiten, die einen sehr wertigen ersten Eindruck vermitteln. Daneben haben sich die neu erweckte Company und ihre Konzernmutter in ihrem Sortiment auf Analog-Pedale konzentriert, hier ist also nicht nur die Karosserie klassisch gehalten, das Innenleben ist es ebenso. Die Pedale werden mittlerweile im Heimatland von BandLab Technologies produziert, sind mit Verkaufspreisen deutlich jenseits von 150 Euro jedoch alles andere als Billigware.


KONZEPT & ANSATZ

In puncto Buchsen beschränkt sich Teisco dem traditionellen Ansatz gemäß auf das Wesentliche: Input, Output, Netzteil. Alle Pedale wurden mit einer eigenen Farbe und einem individuellen Look versehen. Für erweiterte Sound-Optionen sind sie zudem mit verschiedenen Mini-Schaltern ausgerüstet. Diese sind so gestaltet, dass man sich vorab festlegen sollte, denn sie sind nicht nur klein, sondern auch unbeleuchtet. Und damit kommen wir gleich am Anfang zu einer Einschränkung hinsichtlich der Bedienung: Die Potis mit ihren kleinen Nasen zur Anzeige der gewählten Werte machen zwar optisch etwas her und passen gut ins Design, ihre Ablesbarkeit bei schlechteren Lichtverhältnissen ist jedoch alles andere als gut. Die hell leuchtenden Betriebs-LEDs überstrahlen zudem die Regler der oberen Reihen.

Abgesehen von dieser Einschränkung kann die Hardware absolut überzeugen – und das bis ins Detail: Am Gehäuseboden sitzen kleine Gummifüßchen, die sich aus ihren Vertiefungen herausziehen lassen, wenn man die Effekte aufs Pedalboard kletten mag. Schauen wir uns die vier Testobjekte näher an und schreiten dabei von mild nach derb.


(Bild: Dieter Stork)

BOOST

Der Anschieber der Linie arbeitet auf FET-Basis und verfügt mit Level (Ausgangslautstärke) und Gain (Eingangsempfindlichkeit) über zwei typische Regel-Einheiten, mit denen er sich vom „den Ton nur leicht färbenden Buffer“ über einen Cleanboost bis hin zum Crunchsound-Produzenten anbietet, also das klassische Terrain seiner Zunft abdeckt. Bis zu 30 dB lässt sich der Pegel anheben, wenn beide Potis voll aufgerissen werden.

Durch die beiden Schalter kommen jedoch weitere Varianten und Nuancen hinzu: Der linke Mini-Schieber variiert die interne Spannung von 9 Volt auf 24 Volt und sorgt so auf Wunsch für mehr Headroom im Ton. Noch deutlicher greift der rechte Switch in den Sound ein, denn er bietet drei verschiedene EQ-Profile: „Normal“ liefert einen leichten Bass-Cut, „Treble“ eine Höhenanhebung, bei „Flat“ gibt es das komplette Frequenzspektrum. In Kombination mit Drive-Pedalen und/oder einem angezerrten Amp ergeben sich damit noch weitere Einsatzmöglichkeiten.

Teisco bezeichnet ihn im Manual selbstbewusst als „Boost für jede Gelegenheit“. Dort finden sich, wie bei den anderen Pedalen auch, Beispiel-Einstellungen, die den Einstieg erleichtern und Optionen aufzeigen. In diesem Fall werden sie beschrieben als „Dein Ton, aber funkiger“ und „Dein Ton, aber schärfer“. Im Test konnte der Boost nicht nur diese beiden Versprechen einhalten, er lieferte als Teil einer Sound-Kette auch weitere zielführende Beiträge, die sich vor allem durch die EQ-Optionen gut einbringen ließen.


(Bild: Dieter Stork)

OVERDRIVE

Die gelbe Zerreinheit bedient Gitarristen, die gerne mit eher dezentem Gain-Anteil spielen oder ihren Drive-Sound mit einer Kombination mehrerer Komponenten erzeugen. Neben Reglern für Level und Gain verfügt das Pedal über einen 2-Band-EQ mit Bässen und Höhen sowie einen Mini-Switch namens „Kick“, der zusätzlichen Schub aktiviert und entsprechend für mehr Verzerrung sorgt.

Allerdings ist das Overdrive so konzipiert, dass es selbst dann und bei aufgerissenem Gain maximal mittlere Zerr-Intensitäten liefert. Beim ersten Check präsentierte sich das Pedal eher unauffällig und fast ein wenig zu sanft, doch dieser Eindruck änderte sich spätestens beim Abhören der Test-Aufnahmen.

Hier fügte sich das Teisco wunderbar und harmonisch in verschiedene Gitarren-Amp-Setups ein und überzeugte mit einem dynamischen und runden Ton, der sich von Blues und verwandten Roots-Stilen bis hin zu Classic Rock gut einsetzen lässt, vor allem in der oberen Hälfte seines Gain-Spektrums konnte das Pedal im Test mit zahlreichen guten Sounds punkten. Die beiden Klangregler greifen dabei effektiv ins Geschehen ein und sorgen für optimales Feintuning. Sehr angenehm klang das Pedal auch im Zusammenspiel mit anderen Drive-Einheiten. Am Ende gefiel es so gut, dass es gerne auf dem Tester-Board hätte bleiben dürfen.


(Bild: Dieter Stork)

DISTORTION

Wer es heftiger mag, findet in diesem Doppelpedal den passendsten Ansatz im Teisco-Programm. Das Distortion bietet nicht nur reichlich Verzerrung, sondern als einziges der Linie auch einen fußschaltbaren Boost. Damit ist es mit Abstand der vielseitigste Vertreter der Testriege. Auch hier gibt es wieder Level und Gain, dazu kommen mit Tone und Presence für die ultrahohen Frequenzen zwei Klangregler, denen mit dem Tight-Schalter ein Bass-Cut an die Seite gestellt wurde, der den Ton untenrum entschlackt, sowie mit „Muscle“ erneut eine am Gerät schaltbare Gain-Stufe.

Rechts sitzt mit „More“ eine Boost-Einheit mit bis zu 20 dB Schub, die sich separat per Fußschalter aktivieren lässt und vor der Distortion-Sektion platziert wurde, also die Gain-Menge noch weiter erhöhen kann. Alternativ kann man damit auch den Pegel eines vorgeschalteten Drive-Pedals anheben – oder sie sogar als eine Form von Cleanboost nutzen. Leute mit großen Füßen müssen ein bisschen darauf achten, nicht beide Schalter auf einmal zu erwischen.

Mit dieser Dreifach-Gain-Struktur und seiner starken britischen Note richtet es sich vor allem an Rocker und Metalheads, die in Sachen Drive gern üppige Reserven auf ihrer Seite haben. Was das Pedal abseits seiner opulenten Ausstattung sehr sympathisch macht, ist seine Grund-Abstimmung. Schon ohne große Eingriffe ertönt ein mächtiger Zerrsound, der sich sofort einsetzen lässt. Das Pedal hat dabei so viel Gain, dass es mit den aktivierten Zusatz-Stufen fast schon zu viel des Guten sein kann – zumindest wenn man abseits der ganz heftigen Metal-Pfade unterwegs ist.


(Bild: Dieter Stork)

FUZZ

Im Vergleich zu seinen drei Kollegen, die allesamt breitbandig eingesetzt werden können, präsentiert sich das Silizium-Fuzz eher als Spezialeffekt für Individualisten. Zu den drei Reglern Gain, Level und Tone gesellt sich hier ein Schieber, der eine Oktave oberhalb des Signals aktiviert. Generell eignet sich das Pedal vor allem für Singlenote-Spiel, entweder für ausgefallene Lead-Sounds oder schroffe Texturen. Außerdem klingt es in vielen Settings eher nach Synthesizer denn nach Gitarre. Das Manual gibt dazu einiges an Hilfestellung, etwa mit dem Tipp, für einen stabileren Ton erst mal oberhalb des 12. Bundes zu spielen.

Auch die Beispiel-Settings mit Bezeichnungen wie „Wenn Außerirdische Geigen hätten“ lassen darauf schließen, dass Teisco hier einen Effekt-Sonderling für außergewöhnliche Sounds und Anwendungen im Programm hat – vor allem, wenn die Oktave im Spiel ist. Es gibt sicher zahlreiche Gitarristen, die genau derartig abgefahrene Klänge suchen und gerne die Zeit aufwenden, die Optionen eines solchen Pedals auszuloten. Wer es konventioneller mag, findet unter seinen drei Kollegen ja genügend Auswahl.


(Bild: Dieter Stork)

RESÜMEE

Mit der Bandbreite der vorgestellten Pedale deckt Teisco mehr oder minder die komplette Range der Zerrpalette ab und ergänzt den Markt so um ein Quartett origineller Pedale, die zwar optisch außergewöhnlich daherkommen, in drei von vier Fällen aber eher klassische Klänge auf hohem Niveau produzieren. Durch ihr Design heben sich die Teisco-Pedale von den meisten ihrer Mitbewerber ab und bieten damit schon optisch eine interessante Alternative. Mit ihren massiven Gehäusen und dem entsprechend hohen Gewicht präsentieren sie sich zudem als Gegenentwurf zum aktuellen Trend zu Miniatur-Effekten, was klassisch orientierten Gitarristen entgegenkommen könnte.

Auch die Sounds von Boost, Overdrive und Distortion decken traditionelle Bedürfnisse ab – dank kluger Zusatzoptionen mit erweitertem Einsatzgebiet. Das Distortion ist mit seiner Ausstattung klar das vielseitigste Pedal der Linie, das Overdrive bedient seinen Einsatzzweck von dezenten bis zu mittleren Gain-Strukturen sehr gut, der Boost ist vor allem wegen seines EQ-Schalters recht breit einsetzbar. Das Fuzz als Spezialeffekt der Serie richtet sich an Freunde besonderer Sounds. Mit Preisen zwischen 170 und 200 Euro sind die Pedale zwar keine Schnäppchen, bieten jedoch auch einiges an Gegenwert.

PLUS

  • Soundpalette
  • Ausstattung & Bandbreite (speziell Distortion)
  • massives Design & Haptik
  • origineller Retro-Look


(erschienen in Gitarre & Bass 01/2022)

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